Protocol of the Session on December 19, 2017

Die derzeitige Situation trifft uns auch deshalb, weil der Versuch gescheitert ist, eine klare gesetzliche Lösung zu finden. Daher ist es notwendig, auch noch einmal politisch auf das Ganze zu schauen, zumal wenn wir auch noch feststellen, dass gerade in unserem Bundesland seit Jahren wesentlich weniger von den Krankenkassen pro Fall zur Verfügung gestellt wird als in anderen Bundesländern. In Bayern gibt es seit Jahren wesentlich höhere Pauschalen.

Somit haben wir hier ein landesspezifisches Problem, bei dem es sich lohnt, auch politisch nochmals darauf zu schauen. Dies haben wir mit unserem Antrag getan. Ich freue mich auf die Ausschussberatungen.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Lange, Sie sind mit Ihrer Rede am Ende?

Ich bin jetzt am Ende meiner Rede.

Es gibt noch eine Wortmeldung.

Sehr geehrter Herr Lange, das ist ja der Grund, weshalb wir den Antrag nicht ablehnen, auch wenn wir ihn fachlich vielleicht etwas fragwürdig finden, sondern ihn überweisen wollen, damit wir darüber in gegebenem Maße im Ausschuss diskutieren können.

Ich glaube, ein Selbstbefassungsantrag im Ausschuss wäre zielführender gewesen. Dann hätte man noch einmal viel breiter aufschlagen können.

Herr Philipp, ich sage mal so: Mit einem Selbstbefassungsantrag im Ausschuss kann man sicherlich vieles machen. Manchmal ist es aber notwendig, wenn eine Problemlage drückend ist, diese auch laut und öffentlich zu diskutieren, und das ist hier der Fall.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sehe keine weiteren Fragen. Dann danke ich Herrn Lange für die Ausführungen. - Wir kommen nun zum Abstimmungsverfahren. Ich konnte die Empfehlung wahrnehmen, den Antrag zur Mit

beratung in den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration und zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung zu überweisen

(Ulrich Thomas, CDU: Und Finanzen!)

- und Finanzen. Wenn darüber Einstimmigkeit besteht, bitte ich um das Handzeichen. - Ich sehe, das komplette Haus stimmt dafür. Wer stimmt dagegen? - Ich sehe niemanden. Stimmenthaltungen? - Auch nicht. Damit ist der Überweisung zugestimmt worden.

Wir nehmen noch einen kurzen Wechsel vor.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 14

Erste Beratung

Pädagogische Angebote während der verlässlichen Öffnungszeiten an Grundschulen und an Ganztagsschulen weiter auf gutem Niveau sichern

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/2171

Einbringer wird der Abg. Herr Lippmann sein. Sie haben das Wort, Herr Lippmann.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich erlaube mir vorab eine Bemerkung anderer Art zur vorherigen Debatte. Ich finde, dafür, dass das Parlament nicht einmal zur Hälfte besetzt ist, ist es unglaublich laut. Dies ist ziemlich schwierig für die Redner und wahrscheinlich auch für jene, die zuhören wollen. Vielleicht können wir das ändern.

(Beifall bei der LINKEN und bei der AfD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schule ist mehr als guter Unterricht. Pädagogen wissen, dass man Schülerinnen und Schüler in der Schule nicht nur mit Lernstoff „füttern“ kann, sondern dass die Schule auch Lebensort ist, der Zeit und pädagogische Angebote für die Entwicklung der ganzen Persönlichkeit bieten muss.

Deshalb haben wir nach unserem Schulgesetz seit etwa 15 Jahren Grundschulen mit verlässlichen Öffnungszeiten, die am Anfang sogar einmal feste Öffnungszeiten waren, und deshalb unternehmen wir seit ebenso langer Zeit Anstrengungen - teilweise mit Unterstützung seitens des Bundes -, um in den weiterführenden Schulen Ganztagsangebote aufzubauen und weiterzuentwickeln.

Seit wir jedoch in unseren Schulen den von der Landesregierung organisierten Mangel an Lehrkräften und pädagogischen Mitarbeitern inzwischen unmittelbar zu spüren bekommen, hört man vom zuständigen Minister immer wieder, dass man sich jetzt nur noch auf das Erteilen von Unterricht konzentrieren und sich dafür von lieb gewordenen Gewohnheiten aus den Zeiten des Personalüberflusses verabschieden müsse. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehen wir ausdrücklich anders.

(Beifall bei der LINKEN)

Wer glaubt, Schule auf das Stundengeben reduzieren zu können, hat von Pädagogik schlicht keine Ahnung, und er weiß auch nichts über die Entwicklung in unseren Schulen in den letzten Jahrzehnten. Betroffen von dieser Kehrtwende in der Schulpolitik der Landesregierung sind vor allem die Grundschulen mit ihren verlässlichen Öffnungszeiten von täglich fünfeinhalb Zeitstunden.

Betroffen sind aber auch die Förderschulen für die Schülerinnen und Schüler mit geistigen Behinderungen und mit Körper- und Sinnesschädigungen; denn diese brauchen vor und nach dem Schulunterricht und in den Ferien in einem verlässlichen Umfang in ihren Schulen außerunterrichtliche pädagogische Angebote für eine qualifizierte Betreuung und sinnstiftende Gestaltung ihrer Freizeit, die ihnen außerhalb der Schule kaum geboten werden können.

Betroffen sind aber zunehmend auch die weiterführenden Schulen, die sich als Ganztagsschulen profiliert und entsprechende Konzepte erarbeitet haben. Sie alle brauchen für ihre außerunterrichtlichen Angebote pädagogisches Personal, das bis vor etwa drei Jahren auch noch in ausreichendem Maße vorhanden war und nun in großen Schritten abgebaut wird. Damit hebt das Bildungsministerium die verlässlichen Öffnungszeiten der Grundschulen faktisch schrittweise auf, obwohl der Anspruch im Schulgesetz weiterhin normiert bleiben soll.

Darüber hinaus entzieht das Ministerium auch den bisher genehmigten Ganztagsschulen perspektivisch die Grundlagen. Im Bereich der Grundschulen war Sachsen-Anhalt mit den verlässlichen Öffnungszeiten bisher bundesweit relativ vorbildlich und hatte dadurch auch gute Bildungserfolge vorzuweisen.

Diese Erfolgsbilanz wird enden, unter anderem deshalb, weil die verlässliche Öffnungszeit an vielen Schulen nicht mehr realisiert werden kann. Eine solche Entwicklung ist ein klarer Rückschritt, völlig gegen den nationalen und internationalen Trend. Alle Studien weisen auf die Bedeutung von ausreichend Zeit für die Bildung der Kinder und

Jugendlichen hin und fordern mehr statt weniger Ganztagsangebote.

Mit unserem Antrag soll der Landtag ein klares Signal dafür setzen, dass diese Abwicklung der Ganztagsangebote gestoppt und das bisher erreichte Niveau nicht nur gesichert, sondern weiter ausgebaut wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Dazu werden neben den schon bekannten Forderungen, durch mehr Neueinstellungen für einen ausreichenden Personalbestand bei den Landesbeschäftigten zu sorgen, auch neue Wege zur Sicherung der pädagogischen Angebote aufgezeigt.

Im ersten Teil des Antrages stehen die Grundschulen mit ihren verlässlichen Öffnungszeiten im Fokus. Hier soll sich der Landtag zunächst dazu positionieren, dass die Kinder in der Zeit außerhalb des Unterrichtes nicht nur beaufsichtigt und aufbewahrt, sondern pädagogisch angeleitet und gebildet werden.

Das Bildungsministerium vertrat hierzu zuletzt im Bildungsausschuss die Auffassung, dass die verlässliche Öffnungszeit auch ohne pädagogische Mitarbeiterinnen, ohne Unterrichtsdeputat der Lehrkräfte und auch ohne finanzielle Mittel für die Nutzung von Angeboten durch Dritte abgesichert werden könnte.

Die Lehrkräfte, die mit 27 Wochenstunden Unterricht mehr als ausgelastet sind, sollen die Zeit vor und nach dem Unterricht außerhalb ihrer Unterrichtsverpflichtung, also praktisch ehrenamtlich, ausgestalten, genauso wie die Eltern und Großeltern oder auch ehemalige Lehrkräfte, die aus purer Verzweiflung um Hilfe gebeten werden.

Am Ende führt das alles dazu, dass Kinder über längere Zeiten, bis zu 60 Minuten und mehr, und in Gruppen mit bis zu 100 Schülerinnen und Schülern nur noch beaufsichtigt werden. Das hat mit einer verlässlichen Öffnungszeit nichts mehr zu tun und darf weder den Kindern noch den Pädagogen und den Eltern weiter zugemutet werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn wir als Gesetzgeber daran festhalten wollen, dass es weiterhin eine verlässliche Öffnungszeit an unseren Grundschulen gibt, dann müssen wir auch die Voraussetzungen für pädagogische Angebote schaffen und nicht eine Aufbewahrung auf dem Schulhof oder in der Turnhalle organisieren.

Wie das auch dann funktionieren kann, wenn in den Schulen die Lehrkräfte und pädagogischen Mitarbeiterinnen knapp werden, hat sich in verschiedenen Kommunen bereits gezeigt. Die Trä

ger der Horte waren bereit und in der Lage, der Not in den Grundschulen durch die Bereitstellung der eigenen Beschäftigten abzuhelfen.

Allerdings haben sie dabei auf ihre Kosten Leistungen des Landes übernommen und dem Land anschließend diese Leistungen entsprechend in Rechnungen gestellt - natürlich erfolglos, weil es dafür bisher keine Rechtsgrundlage und natürlich auch keine Haushaltsvorsorge gibt. Diese VorOrt-Lösungen sind aber absolut naheliegend und sinnvoll. Deshalb soll die Landesregierung genau für diese Lösungen die erforderlichen Grundlagen schaffen.

Was nicht geht, ist, kein eigenes Personal und keine Haushaltsmittel bereitzustellen und trotzdem so zu tun, als ob es weiterhin eine verlässliche Öffnungszeit gäbe, nur weil sie halt im Schulgesetz steht.

Eine wesentliche Grundlage für weitere Entscheidungen ist dabei, wie groß denn der Bedarf ist, der personell und finanziell abgesichert werden muss. Diese Frage ist seit der Einführung der festen Öffnungszeit vor 15 Jahren letztlich unbeantwortet geblieben. Der Bedarf wurde einfach dem stetig sinkenden Bestand angepasst. Der Bedarf ist das, was da ist.

Wir machen in unserem Antrag erstmals einen ganz konkreten Vorschlag für die Bedarfsermittlung. Die Zuweisung von 0,5 Stunden je Schülerin und Schüler, die für die verlässliche Öffnungszeit angemeldet sind, orientiert sich an den Werten, die in den Schulbehörden am Beginn der festen Öffnungszeiten als Planungsgrundlage angewendet wurden.

Etwas anders sieht es derzeit noch an den Ganztagsschulen aus. Doch auch hier drohen deutliche Einschnitte bis hin zum Rückbau des bestehenden Systems. Damit beschäftigt sich der zweite Teil unseres Antrages.