Es zeigt, wie die großen Parteien im Interesse ihrer Herrschaftsabsicherung den Rechtsstaat Schritt für Schritt aushöhlen und abschaffen wollen. Da die Betreiber bei Zuwiderhandlungen mit empfindlichen Ordnungsgeldern rechnen müssen, werden sie, um dies zu vermeiden, viele Kommentare und Beiträge vorsorglich und ohne Anlass löschen, und genau das ist der Sinn dieses Gesetzes. Da, meine Damen und Herren, macht die AfD nicht mit.
Im Ergebnis wird die Meinungs- und Verbreitungsfreiheit massiv eingeschränkt. Es reicht schon aus, wenn der Betreiber glaubt, dass eine strafbare Äußerung vorliegt. Während früher die Strafbarkeit gerichtlich festgestellt werden musste, um einen Eingriff in die Meinungsfreiheit zu rechtfertigen, geschieht dies nunmehr allein auf Zuruf, und man kann eigentlich so gut wie gar nichts dagegen tun. An dieser Stelle wird das Grundgesetz mit Füßen getreten.
Meine Damen und Herren! Es zeigt sich hier ganz klar, wer in der bundesdeutschen Politik die Verfassung achtet oder missachtet, wer die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger einschränkt oder nicht einschränkt. Dafür haben CDU und SPD die Quittung erhalten.
Sehr geehrte Damen und Herren! Dieses Gesetz der Schande in einem Rechtsstaat muss möglichst bald zu Fall gebracht werden. Das ist eine Hauptaufgabe unserer Bundestagsfraktion. Auch Sie im Landtag sollten sich dafür einsetzen, dass das so bald wie möglich wieder bereinigt wird.
Damit aber nicht genug, meine Damen und Herren. Strafverfolger dürfen künftig in zahlreichen Fällen verschlüsselte Internettelefonate und Chats über Messenger, wie WhatsApp, Signal oder Telegram usw., abgesichert überwachen. In einem völlig intransparenten Eilverfahren hat der Bundestag dazu mit der Mehrheit der großen Koalition einen Gesetzentwurf verabschiedet.
Das am 24. August 2017 in Kraft getretene Gesetz zur effektiveren und praxistauglichen Ausgestaltung des Strafverfahrens ermöglicht die Liveüberwachung der Bürger und deren Computer und Smartphones. Die Polizei erhält die Befugnis, bei Verdacht auf - ich zitiere - „besonders schwere Straftaten“ heimlich komplette IT-Systeme wie Computer oder Smartphones auszuspähen. Es reicht also ein Verdacht.
„Dafür ist es nötig, die Geräte der Betroffenen mit Schadsoftware in Form sogenannter Staatstrojaner zu infizieren. Damit wird die IT-Sicherheit laut Experten allgemein untergraben.“
Weiterhin hat der Gesetzgeber umfassende Rechtsgrundlagen für die Quellentelekommunikationsüberwachung und die heimlichen Onlinedurchsuchungen in der StPO geschaffen. Ermittler sollen mit dem ersten Instrument laufende Kommunikationen an der Quelle abgreifen dürfen, bevor sie verschlüsselt oder entschlüsselt wurden. Die Lizenz für ein weitergehendes Infiltrieren von Rechnern und Durchsuchen von Festplatten wird an § 100c StPO gekoppelt, der den großen Lauschangriff regelt. Es ist so gut wie ausgeschlossen, dass das vom Bundesverfassungsgericht in Streit um Computerwanzen entwickelte Recht auf Vertraulichkeit und Integrität von ITSystemen bei diesen Maßnahmen in der Praxis gewahrt wird.
Dass Sie dabei lachen, Herr Erben, kann ich gut verstehen. Es war Ihr Minister von der SPD, der das alles eingeführt hat. Dass es verfassungswidrig ist, wissen die meisten Experten in diesem Land. Deswegen muss das beseitigt werden.
Die zuvor auf der Bundesebene nur zur Terrorabwehr freigegebenen und vom BKA entwickelten Staatstrojaner sind besonders umstritten, weil die Ermittler dabei technisch gesehen genauso vorgehen wie Cyberkriminelle. So weit sind wir mittlerweile gekommen. Um auf die Geräte zu kommen, müssen die Behörden Sicherheitslücken bin hin zu Zero-Day-Exploits ausfindig machen und ausnutzen.
Wir verteidigen die Freiheit in diesem Land und den Rechtsstaat. Dieses Gesetz muss bald zu Fall gebracht werden.
Und, nebenbei gesagt nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit wurde § 30a AO abgeschafft. Es gibt seit dem 25. Juni 2017 kein Bankgeheimnis mehr in Deutschland. Wer dabei lacht, soll dies gerne tun. Ich würde dabei nicht lachen, sondern würde mir Gedanken machen, wie all diese Gesetzesmaßnahmen auf die Menschen in unserem Lande wirken, nämlich verheerend, und sie untergraben jedes Vertrauen in diesen Staat, der solche Gesetze nebenbei und ohne öffentliche Diskussion im Bundestag verabschiedet hat. Das muss alles korrigiert werden. - Danke schön.
Herr Hövelmann hat sich zu Wort gemeldet. Intervention oder Frage - das müssen Sie entscheiden, Herr Hövelmann.
Herr Präsident, ich hätte natürlich schon Interesse an der Sichtweise des Kollegen Farle. Insofern würde ich es mit Ihrem Einverständnis gern als Frage formulieren.
Gestatten Sie mir eine Bitte vorweg: Bei aller Aufgeregtheit - schreien Sie uns doch bitte nicht so an.
Herr Farle, Sie haben gerade in Ihrem Redebeitrag das durch den Deutschen Bundestag verabschiedete Gesetz als „Gesetz der Schande“ bezeichnet.
Ich will Ihnen sagen: Das ist der Ausdruck Ihrer Verachtung gegenüber dem frei gewählten deutschen Parlament. Das darf nicht unwidersprochen bleiben.
Ich will das, was Sie inhaltlich ausgeführt haben, mit einer Frage beantworten, bzw. ich möchte Sie darum bitten, mir Ihre Position dazu vorzutragen. In einer der beiden in Sachsen Anhalt erscheinenden Tageszeitungen wird Ihr Landes- und Fraktionsvorsitzender Poggenburg unter der Überschrift „Poggenburg will härtere Linie gegen Kritiker“ mit folgender Aussage zitiert - ich darf zitieren -:
„Wir werden schneller auf parteischädigendes Verhalten reagieren. Die Meinungsfreiheit ist nicht grenzenlos.“
Herr Farle, wie passt das, was Ihr Fraktions- und Parteivorsitzender zur innerparteilichen Meinungsfreiheit geäußert hat, zu dem von Ihnen vorgetragenen Grundrecht auf Meinungsfreiheit?
Ich bedanke mich erst einmal für diese Fragestellung, weil sie mir die Möglichkeit gibt, noch einmal einige Linien sehr deutlich zu machen. Wenn ich meine Verachtung gegenüber Leuten zum Ausdruck bringe, die im Bundestag Gesetze verabschieden, bei denen von zehn Sachverständigen sieben den Nachweis erbringen, dass diese Gesetze verfassungswidrig sind, dann verachte ich nicht den Bundestag, sondern ich kritisiere die Leute, die unser Grundgesetz aushebeln.
Wenn Sie etwas bezüglich der Äußerung von Herrn Poggenburg genauer wissen wollen, dann müssen Sie ihn selbst fragen. Ich werde natürlich meine persönliche Meinung dazu auch sagen. Meine Meinung ist folgende: In einer Partei kann man sehr viel streiten - das muss möglich sein -, um Politik, meinetwegen auch um Mandate. Dafür gibt es demokratische Wahlen. Es werden dann eben Leute gewählt oder nicht gewählt, auch in Parteiwahlen. Dort muss absolute Freiheit der Diskussion herrschen.
Aber diese Freiheit endet dort, wo sich Einzelne nicht an gemeinsam getroffene demokratische Entscheidungen halten, sondern die Presse und die Medien nutzen, um interne Diskussionen in die Öffentlichkeit hinauszutragen und das Ansehen der ganzen Partei zu zerstören. Das erleben wir ja auch bei anderen Parteien. Damit werden wir uns nicht abfinden. Das hat nichts mit Meinungsfreiheit zu tun.
Wir sind absolut für die Meinungsfreiheit in der innerparteilichen Diskussion. Aber es hat etwas damit zu tun, dass es vernünftige Umgangsformen auch innerhalb der Parteien geben muss. Wenn zum Beispiel Frauke Petry eine Pressekon
ferenz ausnutzt, um mitzuteilen, dass sie nicht in die Bundestagsfraktion gehen werde, und das vorher niemandem erklärt hat, dann ist das genau der Weg, der der AfD schaden soll. Da sagen wir kategorisch: Nein, das werden wir unterbinden.
Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. - Ich will nur darauf hinweisen, dass ich im Interesse eines guten Zeitmanagements pro Frage bzw. Antwort zwei Minuten Redezeit zulassen werde.
Mit der Lautstärke ist es jetzt schwierig, Herr Farle. Ich habe auch schon überlegt, ob wir das Mikrofon abstellen können, weil Ihre Stimmlage auch so reicht. Aber dann kriegt es das Protokoll nicht so richtig mit.
Ich weiß, aber die Technik hat ein Problem. - Dann fahren wir fort in der Debatte. Frau Keding spricht für die Landesregierung. Bitte sehr.