Protocol of the Session on June 21, 2017

In den letzten fünf Jahren ist in diesem Feld bundesweit leider nicht so viel passiert. Etwas, das heute auch möglich ist - das könnte sozusagen auch eine Steilvorlage für den Bildungsminister sein -, ist: Wenn wir das heute hier so beschließen, dann kann Sachsen-Anhalt nicht nur diese Entwicklung mitbestimmen, sondern tatsächlich auch Vorreiter sein.

Wir könnten tatsächlich diejenigen sein, die über die KMK diesen Beschluss erstmalig in der Bundesrepublik auf den Weg bringen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Last, but not least - alle, die mich kennen, werden wissen, dass mir das nicht gleichgültig ist -: Es gibt auch eine gleichstellungspolitische Komponente in dem Bereich. Früher haben sich die typischen Frauenberufe dadurch hergeleitet, dass man sagt, Frauen sind empathisch, Frauen sind sorgeempfindlich, die werden diese Berufe schon machen. Es war dann auch nicht nötig, da so viel zu bezahlen, weil das ja aus den Frauen selbst heraus kommt. Inzwischen haben wir ein professionelles berufsständisches Grundverständnis.

Wir haben wissenschaftliche Reflexion. Wir haben begründete Qualitätsstandards. Es ist quasi so eine Kehrrevolution, die wir erleben. Das eröffnet Möglichkeiten, wenn der Beruf in der Weise beschrieben wird, dass sich auch mehr Männer für diesen Bereich interessieren.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Und wir wissen, in unserer Gesellschaft wird der Wert einer Sache, auch eines Berufes, oft durch Geld bestimmt. Erfreulicherweise, wie ich finde, haben sich hier Einkommenssteigerungen ergeben. Das ist auch erkämpft worden von den Frauen im Feld, was ich absolut richtig finde. Und die

Mehrkosten, die sich dadurch auch für das Land ergeben - das haben wir immer wieder hier debattiert -, sind an der Stelle, finde ich, vor dem Hintergrund der gestiegenen fachlichen Anforderungen, was ich eben darstellte, absolut begründet.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Im Schnitt sind zwischen 2012 und 2016 die Einkommen um 15 % gestiegen. Das ist, wenn man das ernst meint, dass Kinder unsere Zukunft sind, eben wirklich das Mindeste, was wir hier erwarten können. Ordentliche Ausbildung braucht ordentliche Bezahlung.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Neben dieser von uns angestrebten dualen Ausbildung ist natürlich die Akademisierung ein wichtiger Punkt. Die ist, glaube ich, auf gutem Wege, ist auch weiter ein Ziel der Kenia-Koalition. Aber im Mittelpunkt des Antrages steht eben tatsächlich die dreijährige duale Ausbildung.

Die soll so sein, wie man sich das vorstellt, wie man das aus anderen Bereichen kennt, mit Ausbildungsvertrag, Ausbildungsvergütung und mit Praxiserfahrung vom ersten Tag an. Wir kennen das von den Grundschullehrerinnen und Grundschullehrern. Da wird oft beklagt, dass der Praxisbezug zu wenig gegeben ist. Gerade im Elementarbereich, finde ich, dürfen wir diesen Fehler nicht wiederholen. In einer dualen Ausbildung ist man in einer Einrichtung angedockt. Das ist gut für die Einrichtungen, weil sie sich quasi schon von Anfang an, vom ersten Ausbildungstag an, um diese Fachkraft bewerben können. Es ist aber auch gut für die jungen Menschen, weil sie von Anfang an wissen, in welchem Feld sie sich bewegen und von Anfang an das theoretische Wissen mit der Praxis vergleichen können.

Das Modellprojekt werden wir über unseren Antrag an den nötigen Stellen nachjustieren. Wir bitten die Landesregierung, sich auf der Ebene der Kultusministerkonferenz dafür einzusetzen, dass dieser Beruf bundesweit anerkannt wird. Das Modellprojekt ist eben, wie gesagt, nicht das, was wir von Anfang an mit dem Antrag vor fünf Jahren erreichen wollten, aber es ist doch eine gute Ausbildung. Ich finde es schwierig, den jungen Menschen zu erklären, warum sie mit dieser Ausbildung „nur“ in Sachsen-Anhalt tätig werden können. Das muss eine bundesweite Anerkennung nach sich ziehen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Zu einigen anderen Punkten in unserem Antrag. Wir bitten auch darum, dass Anstrengungen unternommen werden, dass die Ausbildungsvergütung sich angleicht.

Sie müssen sich das einmal vorstellen: In solch einer Klasse sitzen 15, 20 junge Menschen, die unterhalten sich natürlich. Wenn die feststellen,

dass der eine 300 € und der andere 950 € bekommt, ist es nicht erklärbar. Hier sollte man anstreben, dass es einen einheitlichen Level gibt und dass man auch versucht, das mit den Trägern zu besprechen.

Ein weiterer Punkt ist, damit die Ausbildung eben tatsächlich auch fachgerecht durchgeführt werden kann, dass die Mentorinnen vor Ort, die sich wirklich mit hohem Engagement freiwillig zur Verfügung stellen, angeleitet werden, dass sie tatsächlich Fortbildungen, die sie machen wollen, die sie aber im Moment nicht finden, bekommen, um ihre Funktion als Lehrende vor Ort auch sach- und fachgerecht ausfüllen zu können. Denn wenn wir - jetzt wiederhole ich, weil es so wichtig ist - in die dreijährige duale Ausbildung einsteigen wollen, müssen sie ja auch eine Ausbildungseignung durchlaufen, und diese Fortbildungsangebote müssen wir als Land befördern.

Die bundesweite Anerkennung des Abschlusses als Fachkraft für Kindertageseinrichtungen ist eine Selbstverständlichkeit, das habe ich eben gesagt. Aber ich glaube, genauso wichtig ist es, dass wir endlich klären - es ist misslich, dass das in den ersten zwei Jahren der Laufzeit des Modellprojektes noch nicht geschehen ist -, wie die Weiterqualifizierung zur staatlich anerkannten Erzieherin und zum staatlich anerkannten Erzieher funktionieren kann. Es war immer die Rede davon, dass es eine einjährige Anschlussqualifizierung geben kann. Das ist im Feld im Moment noch nicht zu haben. Ich glaube, wir sind verpflichtet, den jungen Menschen im Feld, aber auch den Trägern, diesbezüglich Rechtssicherheit zu geben.

Auch ist zu klären, wie wir mit dieser Ausbildung grundsätzlich weiter vorgehen wollen. Bei mir sind regelmäßig Träger, auch Kommunen, die sagen: Wir brauchen Fachkräfte, wir haben junge Leute; die würden wir gern in so einer Fachschule anmelden. Aber das macht man nur, wenn man genau weiß, wenn ich die heute anmelde, dann wird die Ausbildung auch zu Ende geführt.

Das ist etwas, was wir erreichen müssen; denn Rechtssicherheit brauchen nicht nur die jungen Menschen, sondern eben auch die Träger von Einrichtungen. Wir müssen die Ausbildung fortentwickeln. Wir müssen eine dreijährige duale Ausbildung etablieren. Wir müssen klären, in welcher Weise die jeweiligen Berufe auf den Personalschlüssel angerechnet werden, in welcher Eingruppierung, und wir müssen das schnell tun; denn der Fachkräftemangel in den Einrichtungen ist jetzt schon da. All das ist Intention unseres Antrages.

Ich bitte um Zustimmung, damit wir hier endlich loslegen können, und ich bitte auch explizit um die Unterstützung des Bildungsministeriums; denn die Fachlichkeit und die Not sind leider Gottes im

Sozialministerium am spürbarsten, aber die Ausbildungsgeschichten können wir nur gemeinsam mit dem Bildungsminister über die KMK erreichen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Abg. Lüddemann. Es gibt eine Nachfrage von Frau Hohmann.

Frau Lüddemann, eine ganz kurze Verständnisfrage: Sie sagten soeben, dass die Anschlussqualifikation noch nicht gegeben ist, also das vierte Jahr. Wir hatten, als wir diesen Evaluationsbericht, den Zwischenbericht, bekommen haben, bei der Berichterstattung der Landesregierung gehört, dass es wohl schon eine Anschlussqualifikation gibt. Allerdings hätten sich wohl da nur zwei von denen, die jetzt diese Schule absolvieren, gemeldet. Also, das ist noch unattraktiv. Vielleicht könnten Sie da kurz aufklären, warum das auf der einen Seite so gesagt worden ist, aber auf der anderen Seite Sie jetzt das vierte Jahr wohl möchten.

Frau Lüddemann, bitte.

Danke, Frau Präsidentin. - Danke für die Nachfrage. Daran merke ich jetzt, dass ich mich vielleicht nicht ganz klar ausgedrückt habe. Ich denke auch, dass es theoretisch geklärt ist. Aber in der Praxis bekommen die jungen Leute Antworten, die eben solche Unsicherheiten generieren. Ich bin wirklich in der Einrichtung gewesen und habe mir das angeguckt, was da so an Antworten kam. Das ist nichts, zu dem man sagt, da binde ich mir jetzt das vierte Jahr ans Bein, das ist eine rechtssichere Ausbildung.

An der Stelle geht es tatsächlich darum; genauso wie mit der Fortführung des Modellprojektes: Hier müssen wir sehr klar sein. Dann müssen auch die Ausbildungsstellen klare Antworten an die jungen Menschen geben, die eben nicht zu solchen Missverständnissen führen. Ist das jetzt etwas, was nach einem halben Jahr vielleicht nicht mehr existiert? Ist es dann tatsächlich eine echte Ausbildung? An der Stelle geht es tatsächlich auch um Klarheit.

Dass wir uns jetzt hier auf unterschiedlichen Levels bewegen, dass wir hier unterschiedliche Verständnisse von der aktuellen Lage haben, zeigt ja schon, dass es nötig ist, einfach vielleicht mal ein Faltblatt dazu zu machen und wirklich aufzuklären, wie der Weg ist.

Vielen Dank. Ich sehe keine weiteren Nachfragen. - Somit steigen wir in eine Fünfminutendebatte je Fraktion ein. Doch zuvor spricht für die Landesregierung Minister Herr Prof. Dr. Willingmann. Sie haben das Wort, Herr Professor.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Ich darf hier stellvertretend für Frau Kollegin Grimm-Benne den Standpunkt der Landesregierung vertreten.

Der vorliegende Antrag der Fraktionen CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Modellprojekt „Fachkraft in Kindertagesbetreuung“ sieht vor, dass eine Verstetigung und eine Ausweitung des Modells, eine geregelte tarifliche Ausbildungsvergütung und auch Fortbildungen für Praxisanleitungen im Rahmen dieses Projekts künftig realisiert werden sollen. Zudem ist das Land gehalten, sich im Rahmen der Kultusministerkonferenz für eine regelhafte bundesweite Anerkennung einer dreijährigen dualen Erstausbildung für die Erzieherinnen und Erzieher einzusetzen.

Meine Damen und Herren! Spätestens seit den ersten Ergebnissen der KiFöG-Evaluierung wissen wir, dass wir jede Erzieherin und jeden Erzieher im Land brauchen. Fast jede zweite Fachkraft ist älter als 50 Jahre. Der künftige Bedarf zeichnet sich also ab.

Wie Sie wissen, haben wir bereits zum 1. August 2015 mit dem Modellprojekt begonnen. Mittlerweile stehen wir vor dem Beginn des dritten Durchgangs. Damit haben wir schon erkannt, dass ein Bedarf bei Erzieherinnen und Erziehern bestehen wird, um allein die aus dem Beruf ausscheidenden Fachkräfte ersetzen zu können.

Um diese Lücke zu schließen, sollten mit dem Modellprojekt zunächst die Ausbildungszeit verkürzt und die Auszubildenden bereits in die praktische Arbeit in den Kindertagesstätten eingebunden werden. Dies ist das Ziel dieser quasi dualen Ausbildung.

Sie alle wissen: Wer gute Fachkräfte in der Praxis haben möchte, muss qualifizierte Anleitung anbieten. Das wurde im Modellprojekt berücksichtigt. Das Land zahlt den Praxisanleitungen in den Einrichtungen zusätzlich zwei Stunden die Woche. Doch hierbei muss inhaltlich noch nachgelegt werden.

Im dritten Quartal dieses Jahres wird das Landesmodellprojekt für die Qualifizierung von Praxisanleitungen beginnen. Das Ziel der Qualifizierung ist die Erarbeitung eines Curriculums für Praxisanleiterinnen und Praxisanleiter. Dieses soll nachhaltig

und landesweit den Kindertagesstätten über das Landesjugendamt zur Verfügung gestellt werden.

In welchem Umfang zukünftig Anleitungsstunden angerechnet werden, sollte nach der Vorlage des Abschlussberichts der wissenschaftlichen Begleitung des gesamten Modellprojekts erörtert werden.

Meine Damen und Herren! Wenn man einen neuen Weg in der Ausbildung einschlägt, ist es wichtig zu prüfen, ob er sich bewährt. Wie bereits angekündigt, werden wir Erzieherinnen und Erzieher benötigen.

Im Sozialministerium wird man sehr wohl daran arbeiten, dass diejenigen, die in zukünftigen Ausbildungen sind, als Fachkräfte bei der Novellierung des Gesetzes anerkannt werden. Vorbild hierfür könnte eine Regelung in Mecklenburg-Vorpommern sein. Eine tarifliche Eingruppierung kann aber nur empfohlen werden. Es ist uns allen bewusst, dass die Nachfrage nach Fachkräften weiter steigen wird. Wer gute Fachkräfte haben und halten will, muss auch entsprechende Anreize setzen.

Wir müssen aber auch kritisch anmerken, dass die beabsichtigten Ziele mit dem Projekt noch nicht zufriedenstellend erreicht worden sind. Um den dritten Ausbildungsgang mit insgesamt

30 Auszubildenden im August beginnen zu können, sind zurzeit noch Plätze frei.

Das Sozialministerium hat in den vergangenen Wochen bereits direkten Kontakt mit Trägern von Kindertagesstätten und den Landkreisen bzw. kreisfreien Städten aufgenommen und hat auf der Homepage geworben.

In der Tat: Um aus dem Modellprojekt eine Verstetigung zu erzielen, müssen wir intensiver an den Rahmenbedingungen arbeiten. Deutlich wird zum Beispiel, dass die Ausbildung nicht nur für Schülerinnen und Schüler ausgelegt sein sollte, sondern auch für sogenannte Quereinsteiger geöffnet werden muss. Hier liegen weitere Potenziale.

Das Land Sachsen-Anhalt hat sich als Vorsitzland der Jugend- und Familienministerkonferenz sehr für die weitere Fachkräftegewinnung von Erzieherinnen und Erziehern eingesetzt. In Abstimmung mit den anderen Ländern und dem Bund werden Ausbildungskonzepte unter Einbeziehung der KMK und weitere Maßnahmen, wie zum Beispiel die Abstimmung mit der Förderung im Rahmen der Arbeitsmarktpolitik und der Anerkennung ausländischer Abschlüsse, eingebracht. Das Sozialministerium wird hierzu in Kürze eine Initiative starten, um landesintern mit verschiedenen Akteuren nach weiteren Innovationen zu suchen und übergreifende Handlungsansätze gezielt zu fördern.

Die Weiterentwicklung des Modellprojekts „Fachkraft in der Kindertageseinrichtung“ ist ein wichtiger Baustein für die künftige Versorgung mit Fachkräften im Erzieherbereich.

Der von den Fraktionen vorgelegte Antrag greift wichtige Punkte heraus, die für eine Verstetigung sinnvoll sind und gleichzeitig die Attraktivität für die Auszubildenden, Träger und Berufsfachschulen erhöhen.

Hierzu gehört, dass eine Ausbildungsvergütung besteht und die Azubis Übergänge in passive Weiterqualifizierung erhalten. Wenn wir Fachkräfte im Land behalten wollen, müssen wir auch etwas dafür tun.