Die juristisch komplizierte Abwägung - jetzt hören Sie bitte zu -, welche Meinungsäußerungen strafbar sind und welche vielleicht widerlich, aber auszuhalten sind, wird weitgehend in die Hände von Anbietern sozialer Netzwerke gelegt, so formuliert in einem Aufsatz der Friedrich-Naumann-Stiftung. In unserem Antrag sprechen wir von einer virtuellen Entstaatlichung.
Es darf nicht sein, dass staatliche Hoheitsrechte an private Dienstanbieter übertragen und die Durchsetzung wiederum mit der Knute drohender Millionenstrafen vorangetrieben werden. Unsere staatliche Ordnung wird infrage gestellt, würden die Telemedienanbieter zukünftig verpflichtet, darüber zu urteilen, ob Nutzerinhalte rechtmäßig oder rechtswidrig sind, dabei natürlich immer die Bußgelddrohung im Nacken. Um Bußgelder zu vermeiden, werden natürlich die Dienstanbieter im vorauseilenden Gehorsam eher schnell löschen als intensiv strafrechtlich zu prüfen. Sie werden damit zu getriebenen Internet-Scharfrichtern der Regierung degradiert; allein dieser Vorgang ist bereits über alle Maße empörend. Hieran zeigen sich ganz deutlich verfassungswidrige Denkmuster unserer Bundesregierung.
Gesetzentwurf spricht von zehn sozialen Netzwerken, von jenen mit aktuell mehr als 2 Millionen Nutzern. Somit ist davon auszugehen, dass nach Beanstandung gelöschte Inhalte nicht gänzlich verschwinden, sondern über andere Kanäle ohnehin weiterhin ihre Verbreitung finden werden.
- Vielleicht schlimm genug. Leider kennen wir dies aus Bereichen wie Pornografie oder subversivem Liedgut schon in der Vergangenheit. Nutzer, welche sich in ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung beschnitten sehen - ob zu Recht oder zu Unrecht, ist erst einmal egal -, werden sich einfach andere Plattformen suchen, welche nicht unter die Kontrolle des NetzDG fallen. Gerade dies jedoch würde zu einer weiteren Spaltung der Gesellschaft und eben nicht zum gewünschten gesamtgesellschaftlichen offenen Diskurs führen.
Die AfD-Fraktion fordert die Landesregierung auf, das Netzwerkdurchsetzungsgesetz auf seine Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz prüfen zu lassen und die Verabschiedung des NetzDG im deutschen Bundesrat nach Kräften zu verhindern.
Dass wir mit der Notwendigkeit unserer Forderung nach einer rechtlichen Prüfung absolut richtig liegen und auch davon auszugehen ist, dass eine Grundgesetzwidrigkeit festgestellt wird, zeigte sich durch verschiedene Veröffentlichungen in den letzten Tagen und Wochen deutlich. Beispielsweise führt der fernsehbekannte Rechtsanwalt Joachim Steinhöfel an - ich zitiere -:
„Dem Vernehmen nach sind die Juristen über die fachliche Qualität des Gesetzes fassungslos. Die Verfassungsrechtler des wissenschaftlichen Dienstes haben
Diese Aussage entstammt einem Artikel, welcher auf Grundlage einer Ausarbeitung des wissenschaftlichen Dienstes der Bundestages, Unterabteilung Europa, Fachbereich Europa mit dem Titel „Der Entwurf des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes. Vereinbarkeit mit dem Herkunftslandprinzip.“ zu dem Schluss kommt - ich zitiere -:
Am 12. Juni 2017 erschien eine weitere Ausarbeitung des wissenschaftlichen Dienstes unter dem Titel „Entwurf eines Netzwerkdurchsetzungsgesetzes. Vereinbarkeit mit der Meinungsfreiheit.“ Ich zitiere daraus:
der Meinungsfreiheit erkannt werden. Dieser Eingriff scheint nach Abwägung der erörterten Belange nicht verfassungsrechtlich gerechtfertigt zu sein.“
Auch der Sonderbeauftragte der Vereinten Nationen für die Meinungsfreiheit David Kaye kritisiert den Gesetzentwurf scharf. In einer Stellungnahme, welche er Anfang des Monats nach Berlin sandte, kritisierte er, dass es zwar ein berechtigtes Interesse gebe, einen Schutz zu bieten vor Terrorismus, Kinderpornografie und Hassäußerungen, mit denen zu Gewalt aufgerufen werde, doch die vorgeschlagenen Regeln, die den Plattformbetreibern zu große Verantwortlichkeit aufzubürden, kaum mit internationalen Menschenrechtserklärungen wie dem Pakt über bürgerliche und politische Rechte vereinbar seien. - Auch eine ganz klare Aussage.
Nach all diesen Feststellungen der Europarechtswidrigkeit, der Unvereinbarkeit mit dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und der Unvereinbarkeit mit internationalen Menschenrechtserklärungen sollte man sich hier im Hohen Haus über alle Fraktionen darin einig sein, dass der Entwurf des NetzDG entschieden abzulehnen ist.
Auch wenn die Länderkammer den Gesetzentwurf noch verschlimmbessern sollte, wie „Heise online“ am 2. Juni berichtete, bestehen weiterhin erhebliche Zweifel, ob - ich zitiere - „das Durchsetzungsziel mit dem Entwurf rechtssicher, zweckmäßig und wirksam erreicht werden kann.“ Die Bedenken bleiben einfach bestehen.
Wenn also eine Regierungsinitiative so grundlegend falsch ist und in so vielen Punkten von so vielen Seiten heftig und berechtigt kritisiert wird, dann ist nur noch ein vertretbarer Schritt zu gehen, nämlich auf Nimmerwiedersehen weg damit,
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte noch eine Frage vorwegnehmen, welche sich Ihnen vielleicht stellen mag: Warum stellt sich gerade die AfD-Fraktion hier so deutlich gegen das NetzDG, wo es doch die Populisten stärken solle? Die bereits erwähnte Friedrich-NaumannStiftung führte dazu aus - ich zitiere -:
„Die Medienwirkungsforschung zeigt, dass eine extensive Löschung von Fake News gerade von Menschen mit verschwörungstheoretischem Weltbild als weiteres Indiz einer Elitenverschwörung interpretiert wird. Das öffnet Tür und Tor für eine politische Instrumentalisierung durch populistische
Die Antwort ist ganz einfach, sehr geehrte Abgeordnete: Egal, ob das NetzDG argumentativ irgendwelchen Populisten, Extremisten oder Verschwörungstheoretikern eine dauerhafte Argumentationsgrundlage geben könnte, die AfD als die Rechtstaatspartei anerkennt
zuallererst unser Grundgesetz. In Artikel 5 ist die Meinungsfreiheit verankert. Diese gilt es ohne Wenn und Aber zu schützen.
Vor diesem genannten Hintergrund muss die Initiative zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz als trauriger und unrühmlicher Höhepunkt einer langen grundgesetzwidrigen Bestrebung zur Einschränkung der Meinungsfreiheit gesehen werden. Nehmen wir dafür folgendes Beispiel:
Mehrere Jahre lang führte der Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen die Wochenzeitung „Junge Freiheit“ als sogenannte rechtsextreme Publikation in seinen Berichten. Die JF, ihre Mitarbeiter, Autoren und Leser wurden dadurch zu Unrecht stigmatisiert. Erst durch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Mai 2005 und Vergleich am Verwaltungsgericht Düsseldorf am 23. Juni 2006 konnte die Erwähnung der JF im Verfassungsschutzbericht Nordrhein-Westfalens
beendet werden. Das Bundesverfassungsgericht stellte also fest, dass die Erwähnung eine unzulässige Einschränkung der Pressefreiheit darstelle.
Hieran zeigt sich deutlich, wie der Staat bereits früher versuchte, gegen missliebige Meinungen vorzugehen, und dass es erst höchstrichterliche Beschlüsse brauchte, um Grundfreiheiten zu verteidigen.
Kommen wir nun aber wieder zurück zum Gesetzentwurf und zur Macht des Internets. Ich habe dazu noch ein kurzes Zitat:
„Als ich zum ersten Mal meine Meinung frei im Internet äußern durfte, fühlte ich mich wie ein anderer Mensch. Ein ganz neues Gefühl, etwas bewirken zu können, kam auf, vor allem als ich gemerkt habe, dass ich nicht der Einzige bin, der so denkt.“
Diese Aussage eines ägyptischen Bloggers verweist auf eine der wichtigsten Schlussfolgerungen in der Nachlese zum sogenannten arabischen Frühling. Gerade die sozialen Netzwerke machten die Umstürze in der arabischen Welt erst möglich. Informationen und Bilder fanden rasante Verbreitung. Massen konnten zügig mobilisiert werden,
Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich habe nicht nur das Gefühl, Sie haben schon die Zeit überschritten.
- Gut. Einen letzten Satz bitte noch. - Bei dieser klaren Aussage darf ich sicher von Ihrer aller Zustimmung zu diesem unseren Antrag mit dem Titel und Anliegen „Angriff auf die Meinungsfreiheit abwehren“ ausgehen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.