Protocol of the Session on May 5, 2017

Nach dem Masterplan steht die vollständige Umsetzung des Planes unter Haushaltsvorbehalt.

Zeitgleich mit der Verabschiedung des Masterplanes setzten das Bundesministerium für Gesundheit und das Bundesministerium für Bildung und Forschung eine Expertenkommission ein, die auf dieser Grundlage einen Vorschlag zur Änderung der Approbationsordnung für Ärzte unter Darlegung der damit verbundenen finanziellen sowie kapazitären Auswirkungen erarbeiten soll. Nach ihrer Vorsitzenden wird sie als sogenannte Harms-Kommission bezeichnet.

(Minister Marco Tullner: Harms?)

- Harms. Frau Prof. Harms leitet diese Kommission.

(Minister Marco Tullner: MdL auch mal!)

Die Vorschläge der Kommission sollen innerhalb eines Jahres nach Beschluss des Masterplans erarbeitet und dem Bundesministerium für Gesundheit sowie dem Bundesministerium für Bildung und Forschung bis zum 30. Juni 2018 vorgelegt werden.

Die Kommission wird, soweit es erforderlich ist, mehrere Varianten betrachten und gesondert bilanzieren. Dies betrifft insbesondere die verstärkte Einbeziehung von Lehrpraxen. Für konkrete Aussagen zu den anstehenden Kosten müssen daher die Ergebnisse der Harms-Kommission abgewartet werden.

Erste Schätzungen der medizinischen Fakultäten Halle und Magdeburg gehen von zu erwartenden Kosten in Höhe von etwa 1,6 Millionen € pro Jahr und Hochschulmedizinstandort aus.

Zu Frage 2: Der Masterplan entspricht überwiegend den Bedürfnissen und Interessen des Landes Sachsen-Anhalt. Die Umsetzung des Masterplans wird daher durch das Land unterstützt. Die Ausbildung der Ärztinnen und Ärzte in Deutschland ist anspruchsvoll und erfolgt auf hohem Niveau. Sie hat weltweit einen guten Ruf und ist für junge Menschen sehr attraktiv.

Gleichwohl sind auch im Medizinstudium Entwicklungen erforderlich, um die angehenden Ärztinnen wissenschaftlich und praktisch so gut wie möglich auf ihre künftige Tätigkeit vorzubereiten. Um dies zu erreichen, hat der Masterplan viele Anregungen aufgegriffen, nicht zuletzt des Wissenschaftsrates und des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen.

Der Masterplan modifiziert sowohl die Studienstruktur als auch Ausbildungsinhalte. Neben einem breiten Fachwissen sollen auch andere ärztliche Kompetenzen stärker vermittelt werden. Leitziel ist die frühzeitige Orientierung am Patien

ten. Angesichts der zunehmenden Spezialisierung in der Medizin muss der Blick auf den Patienten als Ganzen gewahrt bleiben. Besonders gestärkt werden soll die Allgemeinmedizin insbesondere im Hinblick darauf, dass eine primärärztliche Versorgung auch im ländlichen Raum künftig gewährleistet ist.

Dies kann nur durch ein umfangreiches Maßnahmenpaket gelingen, das am Studienanfang beginnt, die gesamte ärztliche Ausbildung durchzieht und ärztlichen Nachwuchs nach dem Studium zu gewinnen sucht. Dies ist nicht nur eine Aufgabe der Hochschulmedizin, die hier schon vieles auf den Weg gebracht hat, sondern auch der Wissenschafts- und Gesundheitsministerien. Gefordert sind auch Ärztekammern, Kassenärztliche Vereinigungen, ärztliche Berufsverbände und nicht zuletzt die Kassen.

In Sachsen-Anhalt gibt es hierzu schon gute Ansätze und Initiativen, zum Beispiel die Gründung der Allianz für Allgemeinmedizin. Die Stärkung der Allgemeinmedizin zielt zum einen darauf, landesweit mehr Hausärzte zu gewinnen. Zum anderen sollen aber auch künftige Spezialisten den ganzheitlichen Blick auf den Patienten erlernen. Dazu werden bereits im Studium, bei Prüfungen oder im praktischen Jahr die allgemeinmedizinischen Anforderungen hervorgehoben.

Die Partner des Masterplans Medizinstudium 2020 haben sich darauf verständigt, einer anders nicht zu behebenden ärztlichen Unterversorgung auch dadurch zu begegnen, dass künftig bis zu 10 % der Medizinstudienplätze in den Ländern vorab an Bewerberinnen und Bewerber vergeben werden können, die sich verpflichten, als Fachärzte in der Allgemeinmedizin in ländlichen Regionen tätig zu werden. Damit soll die Ausbildung der nächsten Medizinergeneration neuen Herausforderungen wie zum Beispiel in einer Gesellschaft des längeren Lebens und einer gesicherten ärztlichen Versorgung auch in ländlichen Regionen gerecht werden. Dies ist besonders für SachsenAnhalt ein wichtiges Ziel.

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Wir kommen zu Frage 3. Es spricht die Frau Abg. Dagmar Zoschke für die Fraktion DIE LINKE.

(Kristin Heiß, DIE LINKE: Die ist nicht da!)

- Die ist nicht da. Okay. Dann gehen wir zur nächsten Frage.

Frage 4 Rückübertragung der Kinderbetreuung auf die Träger der örtlichen Jugendhilfe, § 3 Abs. 4 KiFöG LSA - Teil 1

 Auf der Grundlage des § 45 Abs. 4 Satz 4 GO.LT wird die

Frage 3 und die dazugehörige Antwort zu Protokoll gegeben.

Es fragt der Abg. Tobias Rausch von der AfDFraktion. Sie haben das Wort. Bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich frage die Landesregierung:

1. Mit welchen Tatsachen begründet die Landes

regierung den von ihr aufgestellten Generalverdacht des Rechtsmissbrauchs gegen die Gemeinden?

2. Gibt es Gemeinden, die nachweislich gegen

den Subsidiaritätsgrundsatz nach den §§ 3, 4 SGB III verstoßen haben?

Vielen Dank. - Auch hier darf wieder die Ministerin Frau Grimm-Benne antworten. Sie haben das Wort, Frau Grimm-Benne.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich beantworte die Frage des Abg. Tobias Rausch für die Landesregierung wie folgt.

Zur ersten Frage. Die Landesregierung hat nach meiner Kenntnis zu keiner Zeit einen Generalverdacht geäußert. Die Landesregierung geht des Weiteren davon aus, dass sich die Gemeinden wie alle Verwaltungskörperschaften in SachsenAnhalt rechtskonform verhalten.

Kinderbetreuung und Kindertagespflege sind Leistungen der Jugendhilfe. Das Bundesrecht sieht für Leistungen der Jugendhilfe in § 85 Abs. 1 SGB VIII grundsätzlich die Zuständigkeit der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor. Gemäß unserem § 1 Abs. 1 des Ausführungsgesetzes des Kinder- und Jugendhilfegesetzes Sachsen-Anhalt sind die Landkreise und kreisfreien Städte in Sachsen-Anhalt örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe.

Demnach richtet sich der bundesrechtliche

Rechtsanspruch auf Förderung in Tageseinrichtungen in Kindertagespflege gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 24 SGB VIII gegen den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Seit dem Inkrafttreten des SGB VIII, ehemals das Kinder- und Jugendhilfegesetz, im Jahr 1991, für die neuen Bundesländer am 3. Oktober 1990, waren ergo grundsätzlich die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Leistungsverpflichteten für die Leistung Kindertagesbetreuung in Sachsen-Anhalt, die Landkreise und kreisfreien Städte.

Gemäß § 26 SGB VIII kann das Landesrecht das Nähere über Inhalt und Umfang der Leistung Kin

dertagesbetreuung regeln. Dieser Grundsatz gilt auch in Sachsen-Anhalt. Erst das Kinderförderungsgesetz 2003 ordnete die Leistungsverpflichtung den Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften zu. Sie können das noch einmal in der Drs. 4/399 auf Seite 16 ff. nachvollziehen.

Seit dem Jahr 2003 richtet sich der landesrechtliche Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung wieder gegen den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, in dessen Gebiet das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, vergleiche § 3 Abs. 4 des Kinderförderungsgesetzes. Dies war insbesondere aufgrund der Änderung der Fundamentalnorm des § 24 SGB VIII - Ausweitung des Betreuungsanspruchs - geboten.

Der Gesetzgeber verfolgte mit der Rückübertragung der Zuständigkeit auf den öffentlichen Träger der Jugendhilfe vornehmlich zwei Ziele. Zum einen wollte er eine Zuständigkeitsbündelung und damit Synergieeffekte bei den Landkreisen und kreisfreien Städte erreichen. Es sind auch zahlreiche andere durch das SGB VIII und das Kinderförderungsgesetz normierte Aufgaben bei den sozialpädagogischen Fachbehörden der oberen kommunalen Ebene verortet.

Exemplarisch seien folgende Aufgaben genannt, die vom öffentlichen Träger der Jugendhilfe wahrzunehmen sind: Sicherstellungsverantwortung

und Bedarfsplanung - § 10 des Kinderförderungsgesetzes -, Rechtsaufsicht - § 20 des Kinderförderungsgesetzes -, Anerkennung der Fachkräfte - § 21 des Kinderförderungsgesetzes - sowie die gesundheitliche Fürsorge - § 18 des Kinderförderungsgesetzes.

Des Weiteren war es Intention des Landesgesetzgebers, Interessenkonflikte in den Gemeinden abzubauen bzw. möglichen Interessenkonflikten vorzubeugen. Die Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften waren sowohl Gegner des Rechtsanspruchs, also Leistungsverpflichtete, als auch selbst Träger von Einrichtungen. Als Träger von Einrichtungen standen sie im Wettbewerb mit den freien Trägern. Da sie zugleich den Sicherstellungsauftrag hatten, drohte eine Wettbewerbsverzerrung, insbesondere bei abnehmender Kinderzahl. Sie hätten geneigt sein können, ihren eigenen Einrichtungen Vorrang zu geben.

Zur Neutralisierung des strukturellen Interessenkonfliktes bot sich die übergeordnete Ebene an. Das können Sie auch in der damaligen Landtagsdrucksache zum Gesetzgebungsverfahren noch einmal lesen. Das ist die Drs. 6/1258, Seite 17.

Ich komme nun zur zweiten Frage. Die Landesregierung geht davon aus, dass sich die Frage des Abg. Tobias Rausch nicht auf den § 3 und § 4 des SGB III bezieht - das wären nämlich Leistungen der Arbeitsförderung und der Vorrang der Vermittlung -, sondern auf § 3 und § 4 SGB VIII.

Diese Interpretation zugrunde gelegt, wird die Frage wie folgt beantwortet: Ein Strukturmerkmal der Kinder- und Jugendhilfe ist die Vielfalt von Inhalten, Methoden und Arbeitsformen wie auch die Vielfalt von Trägern unterschiedlicher Wertorientierungen. Dies ist in § 3 Abs. 1 SGB VIII normiert.

Des Weiteren definiert § 3 SGB VIII, wer Leistungen und andere Aufgaben der Jugendhilfe wahrnimmt und gegen wen sich die Leistungsverpflichtungen richten.

§ 4 Abs. 1 SGB VIII bestimmte, dass die öffentliche Jugendhilfe partnerschaftlich und somit gleichberechtigt mit der freien Jugendhilfe zusammenarbeiten soll.

Der vom Abg. Tobias Rausch benannte Subsidiaritätsgrundsatz wird in § 4 Abs. 2 SGB VIII normiert. Als Funktionsschutz der freien Jugendhilfe wird der öffentlichen Jugendhilfe Zurückhaltung bei der Etablierung eigener Maßnahmen auferlegt. Sie soll von eigenen Maßnahmen sowie geeigneten Einrichtungen, Diensten und Veranstaltungen von anerkannten freien Trägern betrieben und rechtzeitig geschaffen werden können.

Die Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe regelt § 75 SGB VIII. Da keine kreisangehörige Gemeinde in Sachsen-Anhalt Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist, ist es strittig, ob sie de jure überhaupt gegen den Subsidiaritätsgrundsatz des § 4 Abs. 2 SGB VIII verstoßen kann. Dessen ungeachtet sei jedoch darauf verwiesen, dass die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe gemäß § 3 Abs. 1 SGB VIII die Vielfalt der Trägerlandschaft sicherstellen sollen.

Eben jene Vielfalt ist gefährdet, wenn Verwaltungskörperschaften durch eine Doppelfunktion, nämlich Träger von Einrichtungen und Anspruchsgegnerin des Rechtsanspruchs, in eine konflikthafte Situation gebracht werden. Sobald sich diese Gefahr insbesondere bei der Anerkennung von Kosten einer mit der Doppelrolle verbundenen Interessenkollision in der Vergangenheit verwirklichte, kam es vereinzelt auch zu gerichtlichen Auseinandersetzungen.

Jene Vielfalt ist gefährdet, wenn Verwaltungskörperschaften durch eine Doppelfunktion, nämlich als Träger von Einrichtungen und als Anspruchsgegnerin des Rechtsanspruchs, in eine konflikthafte Situation gebracht werden. Sobald sich diese Gefahr, insbesondere bei der Anerkennung von Kosten einer mit der Doppelrolle verbundenen Interessenkollision, in der Vergangenheit verwirklichte, kam es vereinzelt auch zu gerichtlichen Auseinandersetzungen.