Sehr geehrte Damen und Herren! Hiermit eröffne ich die 26. Sitzung des Landtages von SachsenAnhalt der siebenten Wahlperiode. Dazu möchte ich Sie, verehrte Anwesende, auf das Herzlichste begrüßen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Versuchen Sie Ihren Geräuschpegel doch etwas zu senken, damit man diese Dinge nicht einige Male wiederholen muss. - Vielen Dank. Es geht doch.
Im Namen des Hohen Hauses sowie auch persönlich gratuliere ich dazu recht herzlich und wünsche alles Gute.
Entschuldigungen von Mitgliedern der Landesregierung. Mit Schreiben vom 26. April 2017 bat die Landesregierung für die 13. Sitzungsperiode folgende Mitglieder zu entschuldigen:
Staats- und Kulturminister Herr Robra entschuldigt sich heute ganztägig wegen der Teilnahme an der Konferenz der Chefin und Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder mit dem Chef des Bundeskanzleramtes in Berlin.
Ministerin Frau Prof. Dr. Dalbert entschuldigt sich heute und am Freitag ganztägig wegen der Teilnahme an der 59. Umweltministerkonferenz in Bad Saarow.
Minister Herr Prof. Dr. Willingmann entschuldigt sich am Freitag ab 15 Uhr wegen der Teilnahme an der Abschlussveranstaltung der 5. Gaterslebener Gespräche des Leibniz-Institutes für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung zum Thema: „Die digitale Revolution und ihre Folgen“.
Zur Tagesordnung. Sehr geehrte Damen und Herren! Die Tagesordnung für die 13. Sitzungsperiode des Landtages liegt Ihnen vor.
Uns liegen in der Aktuellen Debatte unter Tagesordnungspunkt 7 vier Themen vor, wobei § 46 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung bestimmt, dass in einer Aktuellen Debatte bis zu drei Themen behandelt werden. Mir wurde signalisiert, dass alle vier Themen behandelt werden sollen. - Ich sehe auch keinen Widerspruch.
Gibt es weitere Bemerkungen zur Tagesordnung? - Auch das sehe ich nicht. Dann können wir so verfahren.
Zum zeitlichen Ablauf der 13. Sitzungsperiode. Die morgige 27. Sitzung des Landtages beginnt um 9 Uhr.
Regierungserklärung der Ministerin für Arbeit, Soziales und Integration Frau Grimm-Benne zum Thema: „Zukunft der Arbeit in SachsenAnhalt: faire Löhne, gleiche Chancen, sozialer Zusammenhalt“
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erteile hiermit der Ministerin Frau Petra GrimmBenne das Wort. Sie haben das Wort, Frau Ministerin.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Gute Arbeit ist Kernziel der Arbeitsmarktpolitik des Landes Sachsen-Anhalt. Gute Arbeit ist eine wichtige Voraussetzung für die Fachkräftesicherung, Fachkräftegewinnung und Fachkräfteentwicklung in Sachsen-Anhalt.
Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, Maßnahmen und Entwicklungen zu unterstützen, die gute Arbeit voranbringen. Ich möchte heute die Gelegenheit nutzen, um darzustellen, wie wir auf diesem Weg vorangekommen sind und welche Aufgaben vor uns liegen.
Was würde sich für eine solche Bilanz besser eignen als die Woche des 1. Mai? Und was würde sich für einen Ausblick besser eignen als eine Landtagssitzung im Mai, die mit einer großen Digitalisierungskonferenz des Arbeits- und des Wirtschaftsministeriums zum Thema Arbeit 4.0 endet?
Das macht die Spanne auf: die - lassen Sie es mich so formulieren - historischen, aber immer hochaktuellen Verpflichtungen, „gute Arbeit“ zu realisieren, und die Anforderungen, die die Zukunft an uns stellt. Digitalisierung, demografische Entwicklung, Fachkräftemangel, sich verändernde Anforderungen an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - das sind hier die Stichworte.
Wir haben in Sachsen-Anhalt viel erreicht, aber wir haben dennoch auch viele Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen: Aufstocker, Leiharbeiter, die schlechter entlohnt werden als ihre festangestellten Kollegen, und viele, insbesondere
Frauen und Alleinerziehende, die unfreiwillig in Teilzeit arbeiten und heute schon sehr genau wissen, wie schlecht ihre Rente morgen sein wird. Wir haben junge Männer und Frauen, die gut ausgebildet sind und dennoch häufig lange brauchen, bis sie den ersten unbefristeten Arbeitsplatz haben, der die Sicherheit bietet, die sie sich wünschen, wenn sie eine Familie gründen wollen.
Wir haben viele Menschen, die von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen sind und an denen der Aufschwung auf dem Arbeitsmarkt bisher vorbeigegangen ist. Wir alle kennen Menschen, für die die sich verändernden Bedingungen Chancen gebracht haben und die erfolgreich ihren Weg gehen, aber eben auch diejenigen, die unter Leistungsdruck oder Unsicherheit leiden.
Das ist der Hintergrund, wenn es um gute Arbeit, um eine gute Gestaltung der Arbeitswelt in Sachsen-Anhalt geht.
Was ist erreicht worden? - Zunächst einmal: Die Situation am Arbeitsmarkt hat sich deutlich positiv entwickelt. Die Arbeitslosigkeit in Sachsen-Anhalt ist unter die 10%-Marke gefallen. Die aktuelle Quote liegt bei 8,6 % und damit 1,3 % unter dem Vorjahreswert. Das sind die aktuellen Zahlen vom gestrigen Tage.
Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung reicht mit aktuell rund 780 000 Beschäftigten wieder an das Niveau von 2002 heran.
Die Chancen für ältere Menschen am Arbeitsmarkt sind weiter gestiegen. Der Beschäftigtenanteil der Älteren liegt in Sachsen-Anhalt inzwischen bei 39 %; knapp jede vierte Stellenbesetzung im Jahr 2015 erfolgte mit einer Person über 50 Jahre.
Die Chancen und Perspektiven für junge Menschen am Arbeits- und Ausbildungsmarkt sind so gut wie noch nie. Die Situation am Ausbildungsmarkt hat sich in den vergangenen Jahren fast vollständig gedreht.
Im Bereich der Berufsausbildung sind die Übernahmequoten nach der Lehre kontinuierlich auf zuletzt 78 % gestiegen. Damit wurden 2016 anteilig etwa doppelt so viele übernommen wie zehn Jahre zuvor.
Hier zeigt sich: Der Arbeitsmarkt in SachsenAnhalt bietet Chancen und Perspektiven, aber er wird immer mehr zu einem Fachkräftemarkt. Der Wettbewerb um Fachkräfte und Auszubildende gewinnt an Schärfe.
Wir wollen die Attraktivität des Arbeitsortes Sachsen-Anhalt für gut qualifizierte Fachkräfte weiter stärken. Darum geht es uns.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Weiterhin geht es aber auch darum, möglichst vielen Menschen eine gute Beschäftigung und Teilhabe am Arbeitsleben zu ermöglichen. Denn auch das gehört zum Befund: Es gibt eine verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit. Wir brauchen also Angebote, um sie bei der Reintegration in den Arbeitsmarkt zu unterstützen.
Die Integration der Geflüchteten in den Arbeitsmarkt steht als weitere wichtige Aufgabe an. Das schließt ein, dass die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse gut funktioniert.
Was zeichnet gute Arbeit aus und worauf setzen wir? - Die beste Basis für gute Arbeit bildet ein Tarifvertrag. Ich möchte es hier sehr deutlich betonen: Die Stärkung der Sozialpartnerschaft und der Tarifbindung bleibt eine der wichtigsten Aufgaben der Arbeitsmarktpolitik in Sachsen-Anhalt. Es ist das gemeinsame Ziel der Landesregierung und der Sozialpartner, die Tarifbindung in Sachsen-Anhalt zu erhöhen.
Seit 2010 steigt bei uns der Anteil tarifgebundener Betriebe. Wir haben in Sachsen-Anhalt den höchsten Anteil tarifgebundener Betriebe sowie den höchsten Beschäftigtenanteil in tarifgebundenen Betrieben aller neuen Bundesländer. Die Entwicklung der Löhne und Gehälter ist positiv, auch wenn hier leider oftmals noch eine deutliche Differenz zu den bundesweiten Durchschnittslöhnen besteht. Wir sehen hier also positive Entwicklungen; diese müssen wir aber weiter stärken.
Aber auch zwischen einzelnen Berufs- oder Personengruppen gibt es Gehaltsunterschiede. Ziel der Arbeitsmarktpolitik ist auch gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Dies ist nicht allein im Hinblick auf Leiharbeit zu betrachten, sondern auch im Hinblick auf die Lohnungleichheit zwischen Mann und Frau und auch im Hinblick auf Geflüchtete. Dies gelingt besten im Rahmen von Tarifverträgen!
Natürlich ist eine Grundvorsetzung für gute Arbeit eine gerechte Entlohnung. Dafür setzen wir uns als Landesregierung ein, und wir werden zusammen mit den Sozialpartnern daran arbeiten. Gerade bei Themen wie Leiharbeit - das möchte ich hier betonen - sind neben gesetzlichen Vorgaben, die verbessert wurden, die mir aber weiterhin nicht restriktiv genug sind, tarifliche Regelungen und Betriebsvereinbarungen wichtig, die die Situation und die Perspektive der Beschäftigten verbessern.
So ist zum Beispiel jetzt die IG Metall derzeit in Verhandlungen über einen neuen Tarifvertrag zu Leih- und Zeitarbeit in der Metall- und Elektroindustrie. Sie ist dafür gescholten worden, dass sie bezüglich der Überlassungshöchstdauer von der gesetzlichen Öffnungsklausel über 18 Monate
hinaus Gebrauch macht und darüber verhandelt, dass Leiharbeit auch über 48 Monate zulässig ist. Aber das ist immer noch besser, als wenn in dieser Branche manche Menschen Leiharbeit schon über zehn Jahre in einem Betrieb ausüben. Deswegen sage ich immer noch: Es muss tarifliche Regelungen und Betriebsvereinbarungen geben, die die Situation der Leiharbeiter verbessern.
Aber gute Arbeit ist auch mehr als ein gutes Einkommen. Arbeit dient nicht allein dazu, Geld zu verdienen, Arbeit dient auch der individuellen Selbstverwirklichung und Zufriedenheit. Arbeit darf vor allem auch nicht krank machen. Daher müssen Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz sichergestellt werden.
Arbeit sieht sich verändernden Erwartungen gegenüber. Es gibt neue Erwartungen an das Arbeitsleben. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, hohe Flexibilität bei gleichzeitig maximaler Sicherheit und Work-Life-Balance sind nur einige Schlagworte dabei.
Die Ansprüche an die Arbeit erweitern sich, es entstehen plurale Ansprüche an Arbeit und das Erwerbsleben. Hierbei gilt es für die Politik und die Sozialpartner darauf einzugehen. Dafür werden wir uns stark machen und den Dialog der Sozialpartner stärken.
Erstens. In der Pflege, in der Eingliederungshilfe und bei den Leistungen der Rehabilitation und Teilhabe werden wir in den kommenden Jahren die Herausforderungen des demografischen Wandels meistern müssen. Die steigende Zahl von Menschen mit Pflege- und Reha-Bedarfen wird den Einsatz von deutlich mehr Fachkräften erforderlich machen. Wir werden nur dann genügend Menschen für diese anspruchsvollen Berufe gewinnen können, wenn wir bereit sind, die Arbeitsbedingungen im Sinne von guter Arbeit zu gestalten.