Im Gegenteil, die weiter notwendige Konsolidierung des Landeshaushalts und eine in die Zukunft gerichtete solide Vorsorge […] werden weitgehend über Bord geworfen. Für schlechte Zeiten angesparte Reserven werden in Zeiten sprudelnder Steuereinnahmen unnötig geschröpft […] Nur mit der Planung […] globaler Mehreinnahmen, globaler Minderausgaben sowie dem Zugriff auf Rücklagen und Vermögen gelingt es, den Landeshaushalt auszugleichen. Eine Beschränkung der Ausgaben oder gar nennenswerte Sparanstrengungen sucht man vergebens.“
Der Bund der Steuerzahler hat recht, das ist auch unsere grundsätzliche Position. Er hat unter dem Titel „ Sachsen-Anhalt - Solide Finanzpolitik nicht in Sicht“ diesen Befund getroffen, dem wir uns anschließen.
Ich unterlege das mit ein paar Beispielen. Positiv war, dass die zu hohe Veranlagung der Steuereinnahmen wieder rückgängig gemacht wurde. Das war positiv; das müssen wir anmerken. Denn es wurden vorher in dreistelliger Millionenhöhe zu hohe Steueransätze getroffen.
Aber das wurde wieder kompensiert durch eine wesentlich höhere Entnahme aus den Rücklagen. Und zwar sollten ursprünglich 168 Millionen € entnommen werden, nach dem aktuellen Haushaltsplanentwurf sollen 299 Millionen € entnommen werden.
Ich frage Sie: Ist das eine solide Finanzpolitik? - Ich billige Ihnen zu, dass Sie aus dem alten Überschuss einen großen Teil wieder in die Rücklagen eingebracht haben, aber den hätte man möglicherweise auch zur Schuldentilgung verwenden können.
- Komplett, meine ich. - Beispiel: Steuerschwankungsreserve. Laut erstem Haushaltsplanentwurf sollten 175 Millionen € aus der Steuerschwankungsreserve entnommen werden. Im Januar 2017 sprach der Rechnungshofpräsident Barthel diesbezüglich von einer - ich zitiere - „Plünderung der Steuerschwankungsreserve“.
Laut aktuellem Haushaltsplanentwurf sollen nunmehr sogar über 355 Millionen € entnommen werden. Insgesamt belaufen sich die Entnahmen somit auf über 650 Millionen €; das heißt aus der allgemeinen Rücklage 299 Millionen €, aus der Schwankungsreserve 355 Millionen €.
Man muss bei alledem wissen, dass die Steuerschwankungsreserve eigentlich dazu da ist, dass Mindereinnahmen in Zeiten konjunktureller Einbrüche ausgeglichen werden können. Unsere Steuerschwankungsreserve wird in den nächsten zwei Jahren auf den Nullpunkt zurückgefahren, kurz darüber.
Nun attestiert sich die Kenia-Koalition einerseits Rekordsteuereinnahmen - das heißt, wir sind jetzt auf der Spitze einer konjunkturellen Entwicklung -, anderseits machen wir die Rücklagen für schlechte Jahre dicht. Das ist insofern besonders dramatisch, weil wir nicht wissen, was uns die Zukunft bringen wird.
Ich will nur einen einzigen Risikofaktor benennen. Wenn die Zinsen in unserem Land nur um 1 % steigen - das ist eine Frage der Zeit, wann die Zinsen wieder nach oben gehen; das sieht man an der US-Wirtschaftspolitik -, das hat der Herr Finanzminister einmal sehr treffend im Finanzausschuss gesagt, dann bedeutet das 200 Millionen € für uns an Zinslast.
Das heißt, hier wird ein Haushalt verabschiedet, der im Moment schön aussieht. Böse ist, wer dabei denkt, dass wir im September Bundestagswahlen haben und dass das vielleicht etwas mit der Bundestagswahl zu tun haben könnte.
Der also jetzt richtig schön aussieht, aber auf Kosten künftiger Generationen möglicherweise tönerne Füße hat. Bereits im Januar 2017 urteilte der Bund der Steuerzahler - ich zitiere -:
„Die Steuerschwankungsreserve, in der nach ihrem Sinn und Zweck Reserven für Konjunktureinbrüche und Notlagen angesammelt werden sollen, soll 2017 weitgehend verbraucht werden.“
„Diese Vorgehensweise ist ein finanzpolitisches Desaster und hat mit Vorsorge für die Zukunft nichts zu tun.“
Was er sonst noch schreibt, will ich nicht zitieren. „Eine unseriösere Zukunftsvorsorge ist kaum vorstellbar“ usw.
Ich will nur den Grundgedanken herausarbeiten. Wir können uns jetzt alle freuen und uns an Ihren Worten begeistern. Die sind auch sehr gut vorgetragen worden, muss ich absolut sagen. Aber wir müssen wirklich wissen, was dem Haushalt zugrunde liegt. Wenn wir das aus den Augen verlieren, dann machen wir als Landtag ganz große Fehler.
Beispiel Talsperrenbetrieb und Landgestüt Prussendorf. Wenn der Haushalt so toll ist, warum entnehmen wir dann aus dem landeseigenen Talsperrenbetrieb weitere 10 Millionen € an Rücklagen? Warum steht das Landgestüt Prussendorf mit dem Verkauf von Agrarflächen von 5 Millionen € möglicherweise zur Disposition?
Ich erkenne positiv an, was der Kollege Heuer im Finanzausschuss ganz klar gesagt hat - ich sage das nur, weil wir uns gerade in die Augen gucken -, ich erkenne an, dass die CDU gesagt hat: Wir wollen möglicherweise darauf verzichten und wir wollen eine Wirtschaftlichkeitsberechnung angucken. Aber ich sage hier ganz klar: Solche Sachen kenne ich aus der Vergangenheit - nicht hier aus dem Landtag, da war ich noch nie - aus anderen Zusammenhängen. Es heißt erst, wir machen das Ding zu, dann heißt es, wir müssen noch warten und dann geht das scheibchenweise. Ehe wir uns versehen haben, ist es passiert.
Wir möchten, dass dieses Landgestüt Prussendorf auf jeden Fall erhalten bleibt und dass der Haushalt nicht dadurch saniert wird, dass man dort an einer Stelle Geld herauszieht, die nicht in Ordnung ist. Das Landgestüt brauchen wir. Deswegen darf dieser Grund und Boden dort nicht veräußert werden.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Thema der globalen Minderausgabe. Das ist eigentlich die wichtigste Frage, das muss ich ganz offen sagen.
Was ist eine globale Minderausgabe? - Die meisten von uns kennen ein bisschen von der Buchführung usw. Sagen wir einmal, Sie nehmen 1 Million € ein und Sie haben Ausgaben von 1,2 Millio
nen €. Wie bringt man so etwas zum Ausgleich? - Man kann die Bilanz direkt fälschen, indem man irgendwelche Ausgaben weglässt oder Einnahmen dazutut, die man gar nicht hat. Dann ist es sowieso geschehen.
Man kann aber auch den haushalterischen Trick verwenden, der in Parlamenten offensichtlich mittlerweile weitgehend üblich ist: Man setzt eine globale Minderausgabe ein. Das heißt, man hat 1 Million € Einnahmen, man hat 1,2 Millionen € Ausgaben und sagt: Jetzt machen wir 200 000 € als globale Minderausgabe hinein. Das bedeutet 1,2 Millionen € Ausgaben. Von den Ausgaben werden 200 000 € abgezogen, es bleibt 1 Million € übrig. Also ist mit 1 Million € zu 1 Million € alles gedeckt.
Das ist natürlich falsch. Es verletzt die haushaltspolitischen Grundsätze der Klarheit und Wahrheit des Haushalts. Das ist auch rechtlich nicht so einfach zulässig. Denn es müsste eigentlich klar sein, bei welchen Haushaltstiteln am Ende gespart werden soll. Das müsste eigentlich geklärt sein, sonst darf man das gar nicht machen. Das ist eigentlich nur ein Buchhaltungstrick.
Dazu sage ich: Es geht um ernstzunehmende Zahlen. Die globale Minderausgabe erhöht sich von ursprünglich 263 Millionen € auf 323 Millionen € im aktuell vorliegenden Entwurf. Hinzu kommt noch einmal eine globale Minderausgabe bei den Personalausgaben, wenn ich es richtig sehe, in Höhe von 130 Millionen €. Wenn ich das zusammenrechne, ist der Haushalt mit etwa 450 Millionen € gar nicht gedeckt.
Das heißt, mit einem Trick wird eine rechnerische Deckung dieses Haushalts erreicht, weil sich die Ministerien in der Zeit, die sie zur Verfügung hatten, einfach nicht einigen konnten, bei welchen Titeln am Ende eingespart wird.
Meine Damen und Herren! Das hat die „Volksstimme“ schon im Oktober 2016 als Buchungstrick bezeichnet, wenn die Regierung eine globale Minderausgabe beschließt: „Diese wohlklingende Vokabel ist nichts anderes als eine Finanzlücke.“
Ich möchte noch einen kurzen Exkurs zu dem machen, was ich besonders negativ finde: die Aufblähung des Personaletats an den Stellen, wo wir eigentlich nicht ausbauen wollen. Sie kennen das Parkinson‘sche Gesetz. Ich will über solche Dinge jetzt nicht groß reden. Wenn an der Spitze der Verwaltung und der Behörden immer weiter ausgebaut und ein Wasserkopf produziert wird - und den Eindruck habe ich - und andererseits das Geld dort knapp ist, wo Stellen in der Umsetzung fehlen, wo es für die Bevölkerung relevant und wichtig ist, dann haben wir eine generelle Falschentwicklung.
Was haben wir nach der Wahl erlebt? - Es wurden drei neue Staatssekretärsstellen geschaffen, von denen jede 125 000 € kostet, und es wurden für jedes Ministerium sieben Neueinstellungen festgelegt. Das bedeutet: Mehr als 60 zusätzliche Stellen mit einem Gesamtvolumen von 3,6 Millionen €. Ich unterstelle, dass diese Feststellung aus - -
- Ja, das soll irgendwann wegfallen, wenn diese Legislaturperiode zu Ende ist. Aber wer glaubt eigentlich, dass die Stellen wegfallen, die man zu Beginn einer Regierungsperiode einrichtet?
- Ja, das ist postfaktischer Unsinn, richtig. Oder Sie haben etwas anderes gesagt, aber ich greife einfach das Wort „postfaktisch“ auf, weil es Blödsinn ist. Das ist Unsinn.
„Hier regiert einerseits das Prinzip Hoffnung, andererseits wird der Verzicht auf Programme und Maßnahmen riskiert, die gerade im Haushalt beschlossen worden sind.“
Die Kenia-Koalition verlässt sich also auf das Prinzip Hoffnung; die bekanntlich auch zuletzt stirbt. Aber die als globale Minderausgabe getarnte Finanzlücke in den letzten Wochen hat sich noch einmal wesentlich vergrößert. Das ist charakteristisch für den vorliegenden Haushalt.
Deshalb, meine Damen und Herren, wird die AfDFraktion diesem Haushalt - das wird Sie nicht wundern - auch nicht zustimmen.