Protocol of the Session on March 3, 2017

Aus diesen Gründen macht unsere Fraktion den Wolf, dessen Name für viele Menschen bereits zum Reizthema wird, erneut zum Gegenstand eines Antrags, der dringenden Handlungsbedarf einfordert, um den betroffenen Menschen und dem Wolf einen neuen Anfang für ein Zusammenleben zu bieten.

Daher, werte Kollegen Abgeordnete, tun Sie etwas für die betroffenen Akteure, sonst haben Sie es nicht mehr nur mit wütenden Tierhaltern zu tun, sondern mit einem Großteil der Bevölkerung.

Wohin eine derartig geschürte Stimmung führt, wie sie regional zu spüren ist, zeigen nicht nur die illegalen Abschüsse, sondern vor allem die bereits einmal stattgefundene Ausrottung des Wolfs in Deutschland. Der Wolf wird zum Symbol

tier für eine generelle Ablehnung der Finanzierung von Artenschutzmaßnahmen, da nach Volkes Meinung das Geld für Lehrer, Polizisten und andere gesellschaftliche selbstgeschaffene Probleme priorisiert wird.

Um diese Argumentation zu befeuern, muss der Wolf nicht einmal allein agieren, denn Biber, Wildgänse, Kranich, Graureiher und Kormorane sind weitere Beispielarten, deren Schäden in Land- und Teichwirtschaft den Zorn weiter oder wieder hochkochen lassen. Wenn dann keine direkten Schäden entstehen, dann sorgen Hamster und Wachtelkönig dafür, dass Investitionen und Arbeitsplätze verhindert werden.

Die Frage ist: Wohin soll das alles führen? Wann hören derartige monetäre Abwägungsdiskussionen endlich auf? - Offenbar scheinen wir nur ein Argument zu kennen, um derartige Probleme zu lösen: Das wäre dann der Griff zur Flinte und in die Natur. So wie wir sie uns zurechtbiegen, ist das dann wieder in Ordnung. Nur sind wir dann wahrscheinlich um ein paar Arten ärmer.

(Zustimmung bei der AfD)

Deshalb, werte Abgeordnete, wenn der Wolf in unseren heimischen Wäldern eine echte akzeptierte Überlebenschance haben soll, dann muss jetzt gehandelt werden. Unterstützen Sie daher unseren Antrag. Er ist gut. Er ist durchdacht. Er spiegelt die derzeitigen Konflikte wider, auf welche die Politik schnellstmöglich und ohne Evaluierung endlich zu reagieren hat.

Die betroffenen Menschen und der Wolf benötigen jetzt unsere Hilfe, denn abgewandelt nach dem großen Zoologen und Altvater der Verhaltensforschung Konrad Lorenz: Nur was man kennt, kann man schätzen, und nur was man schätzt, wird man schützen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Frau Funke. - Es gibt keine Anfragen. Somit können wir, bevor wir in die Debatte einsteigen, der Ministerin Frau Prof. Dalbert für die Landesregierung das Wort erteilen. Sie haben das Wort, Frau Ministerin.

Danke, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin etwas verwundert über den vorliegenden Antrag, haben wir doch an dieser Stelle vor vier Wochen eine ausführliche und aus meiner Sicht insgesamt auch recht sachliche Debatte über die Situation rund um den Wolf geführt und auch über die unmittelbar anstehenden Schritte. So wurde eigentlich vor vier Wochen alles gesagt.

Aber nun gut, mir ist natürlich bewusst, dass die Rückkehr des Wolfes die Menschen hier im Land bewegt. Wir alle wissen, dass der Wolf durch verschiedene Abkommen streng geschützt ist. Deswegen habe ich mich auch gleich nach meinem Amtsantritt dieses Themas angenommen.

Beraten, Schützen, Entschädigen - in diesen drei Bereichen standen seit langer Zeit wichtige Entscheidungen an, die wir nun endlich Schritt für Schritt abarbeiten. Wie ich Ihnen in der Sitzung im Februar angekündigt habe, haben wir inzwischen ein Wolfskompetenzzentrum in Iden gegründet. Es ist zurzeit im Aufbau, und wir erwarten, dass das Wolfskompetenzzentrum schon bald in der Beratung und Prävention beim Wolf- und Herdenschutz voll handlungsfähig sein wird, nicht zuletzt auch dank des heute Vormittag verabschiedeten Haushalts.

Die Förderung von Herdenschutzhunden wir in Kürze möglich sein. Des Weiteren habe ich die schon seit 2014 - wir hörten dies gerade - in der Bearbeitung befindliche Überarbeitung der Leitlinie Wolf forciert und abgeschlossen. Sie ist vor zwei Tagen zur Anhörung an die Verbände versandt worden. Am 19. April wird dazu in meinem Haus ein Gespräch mit den betroffenen Akteuren stattfinden.

Lassen Sie mich noch auf ein Thema eingehen, das in meiner Rede im Februar nicht so ausführlich behandelt wurde, den sogenannten Problemwolf. Hier gehen wir immer von einzelnen Individuen aus. Wann dieses einzelne Tier vergrämt oder nach § 45 Abs. 7 des Bundesnaturschutzgesetzes gegebenenfalls in letzter Konsequenz getötet werden darf, wird anhand von objektiven Kriterien bei der Einzelfallbewertung entschieden. Dazu gibt auch die Leitlinie Wolf Auskunft.

Außerdem erarbeitet die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf gerade fachlich im Auftrag der Länder einen deutschlandeinheitlichen Kriterienkatalog zur Definition von Problemwölfen. Diese Dokumentations- und Beratungsstelle dient weiterhin dazu, einen engen fachlichen Austausch mit den anderen Bundesländern, in denen Wölfe leben, zu gewährleisten.

Wie ich Ihnen bereits vor vier Wochen dargelegt habe, hat die Landesregierung drei Leitaufgaben: Beraten, Schützen und Entschädigen. Damit sind wir auf einem guten Weg, die Konflikte mit dem Wolf zu entschärfen und unsere Nutztierhalter und Nutztierhalterinnen besser zu unterstützen. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Sie können gleich vorn stehen bleiben; denn es gibt zwei Anfragen.

Gut. Wunderbar.

Als Erster spricht Herr Roi und im Anschluss Herr Harms. - Bitte, Herr Roi.

Frau Dalbert, zunächst einmal muss ich Ihnen recht geben: Ja, wir haben vor vier Wochen darüber diskutiert. Wissen Sie, was das Problem ist? - In einer Aktuellen Debatte diskutiere ich eben. Das Problem potenziert sich immer mehr. Das ist die „Volksstimme“ von heute. Dort ist zu lesen: „Wut der Bauern auf Dalbert wächst“. Frau Dalbert, ich glaube damit sind Sie gemeint. Genau das ist der Hintergrund unseres Antrages. Wir fordern in diesem Antrag endlich konkrete Maßnahmen, beispielsweise unter Punkt 2.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Frau Dalbert hat es doch gerade erklärt!)

Die Aufklärung der Bevölkerung soll fundiert geschehen. Wir wollen nicht nur darüber reden oder Parteitagsbeschlüsse fassen, wie es die CDU immer tut, sondern wir wollen im Landtag endlich tätig werden und in der Landesregierung konkret tätig werden. Das ist der Hintergrund unseres Antrags. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis.

(Zustimmung bei der AfD)

Frau Dalbert, das war jetzt keine Frage. Sie können aber gern darauf erwidern.

Ich will gern auf diese Intervention reagieren, weil sie mir die Möglichkeit gibt darzulegen, welche konkreten Schritte wir ergriffen haben in der Politik der Landesregierung und weniger im Plenum; denn ich glaube, darum muss es gehen, also nicht darum, was wir im Plenum sagen, sondern darum, was wir für die Menschen im Land tun.

Ganz konkret haben wir ein Wolfskompetenzzentrum gegründet. Sie haben heute Vormittag einen Haushalt verabschiedet, der es uns erlaubt, dort unter anderem eine Person einzustellen, die für den Herdenschutz zuständig sein wird und die dazu beitragen wird, den Herdenschutz zu verbessern. Dies ist ein Haushalt, der es uns ermöglicht, dort eine Person einzustellen, die die Aufklärung und Beratung der Bevölkerung vorantreiben wird.

Ich habe schon dargelegt, dass wir demnächst den Herdenschutzhund fördern können. All das

sind konkrete Maßnahmen, die wir auf den Weg gebracht haben, um den Konflikt zwischen den Menschen und dem zu uns zurückgekehrten Wolf und insbesondere auch zwischen unseren Tierhaltern und Tierhalterinnen und dem zurückgekehrten Wolf zu entschärfen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der nächste Fragesteller ist Herr Harms. Danach spricht Herr Lieschke. - Bitte, Herr Harms.

Frau Ministerin, wir leben gemeinsam in SachsenAnhalt, in Deutschland. Ist der Wolf in SachsenAnhalt und in Deutschland vom Aussterben bedroht?

Frau Dalbert, bitte.

Herr Harms, Fragen werden auch nicht dadurch besser, dass man sie immer wieder stellt. Aber ich will Ihnen trotzdem gern antworten. Die Debatte darüber, was eine sich selbst tragende Population ist, wann wir mit Blick auf den Wolf eine Obergrenze erreicht haben, haben wir vor vier Wochen geführt.

Ich gucke mir die Dinge danach immer noch einmal sehr genau an. In Europa ist der Wolf vom Aussterben bedroht. Ich habe mich kundig gemacht, was es für Schätzungen gibt, was eine sich selbst tragende Population ist. In Deutschland spricht man von 4 000 Wölfen. Im Augenblick sind wir bei knapp 500 Wölfen. Die minimale Beschreibung, die ich gefunden habe, sind 1 000 Wölfe bei einer einzeln lebenden Population oder 250 Wölfe, wenn sich mehrere Populationen vernetzen.

Die Frage - das habe ich auch gefunden -, was ist eine Obergrenze, haben wir nicht schon eine Obergrenze erreicht, ist im Jahr 2014 im Europäischen Parlament gestellt worden. Diese Frage hat unter anderem McAllister gestellt.

Die EU hat darauf im Jahr 2014 geantwortet, wir denken nicht daran, irgendeine Beschränkung aufzuerlegen. Der Wolf hat noch keine sich selbst tragende Populationsgröße erreicht. Zudem hat die EU ausgeführt - deswegen erwähne ich das -, dass zu dem günstigen Erhaltungszustand, den das EU-Recht vorschreibt, nicht nur die Größe einer Population gehört, also 1 000 Wölfe, 4 000 Wölfe, sondern dazu gehören Prognosen darüber, ob das Aussterben verhindert wird. Es geht um

eine langfristige Bewertung genetischer und ökologischer Aspekte. Es geht um das Ausbreitungsgebiet und den Lebensraum.

Die Frage, wann hat man eine Obergrenze erreicht, um eine Populationsregulation vorzunehmen, ist komplex. Sie liegt offensichtlich bei allen Zahlen, die man findet, jenseits dessen, was wir in Deutschland mit knapp 500 Wölfen bzw. in Sachsen-Anhalt mit knapp 100 Wölfen haben. Es geht dabei nicht nur um eine numerische Frage.

Herr Harms, Sie haben eine Nachfrage? Eine kurze Frage, bitte.

Ich frage nur, damit ich zu Hause berichten kann, was ich hier erlebt habe, Frau Ministerin.

Davon gehe ich aus.

Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie eine solche Obergrenze mit Blick auf die Zahlen, die Sie heute genannt haben, beim Achtfachen des heutigen Bestandes sehen?

Ich bin nicht dazu berufen, Obergrenzen zu definieren. Das überlasse ich den Fachwissenschaftlern und Fachwissenschaftlerinnen. Ich habe nur darüber referiert, was eine Range ist, welche Zahlen man finden kann. Zudem habe ich darauf hingewiesen, dass eine numerische Definition allein nicht hinreichend ist, um einen günstigen Erhaltungszustand einer Population zu beurteilen.

(Daniel Roi, AfD: Sie müssen dazu doch ei- ne Meinung haben!)

Sie haben bereits zwei Fragen gestellt. Jeder kann nur zwei Fragen stellen. Nunmehr stellt Herr Lieschke eine Frage.

Sie sagten, dass Sie von dem einzelnen Problemwolf ausgehen. Nun ist es aber so - ich habe dazu heute einen Bericht in der „Welt“ gelesen -, dass mittlerweile ganze Gruppen von Wölfen an Traktoren in der Landwirtschaft vorbeigehen und dass die Wolfsberater, die es im Raum Cuxhaven gibt, mittlerweile mit Knüppeln hinter den Wölfen herlaufen, um die Schafherden zu schützen.

Meine Frage geht dahin: Sollten Sie nicht schon jetzt Konzepte für den Fall entwickeln, dass es sich nicht nur um einen Problemwolf handelt, sondern eine ganze Gruppe von Wölfen? Haben Sie sich darüber schon einmal Gedanken gemacht?