Ein wichtiger Faktor sind die deutschen Grenzen, die zu sichern sind. Dabei bleibt die AfD. Das ist das Hauptproblem, das wir seit zwei Jahren haben, und daneben, wenn die Grenzen gesichert sind, eine unverzügliche Rückführungsmaßnahme für Leute, die hier sind und nicht hierher gehören.
Fangen Sie bitte nicht damit an, in den Nachfolgebeiträgen in der Debatte über die Unmöglichkeit der Grenzsicherung zu reden. Erdogan bekommt Milliarden von uns, damit er unsere versäumte Grenzsicherung übernimmt. Gleichzeitig macht sich die deutsche Politik durch Frau Merkel, wie gestern in den Medien sichtbar war, von der Türkei erpressbar. Das noch zum Thema Außenpolitik unseres wehrhaften Rechtsstaats.
Wir akzeptieren aber die politische Posse, dass in Deutschland mittlerweile an jedem Weihnachtsmarkt, zu jedem Feiertag und zu jedem größeren Volksfest Betonpanzersperren aufgestellt werden, Landespolizisten mit schweren Schutzwesten und Maschinenpistolen patrouillieren und Panzerwagen umherfahren. Einerseits nehmen wir hin, dass wir sprichwörtlich Hunderte von kleinen Grenzanlagen bei uns, mitten im Herzen von Deutschland aufbauen, im Alltag unserer Gesellschaft. Andererseits wettern wir gegen jeden Verfechter einer effektiven Sicherung der Außengrenzen. Noch unglaubwürdiger geht es wirklich nicht mehr, liebe Abgeordnete.
Vielen Dank. Bevor ich zum nächsten Debattenredner komme, dem Abg. Herrn Striegel von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, habe ich die ehrenvolle Aufgabe, Austauschschülerinnen und schüler des Vereins American Field Services aus Stendal bei uns im Hohen Hause recht herzlich begrüßen zu dürfen. Herzlich willkommen!
(Beifall im ganzen Hause - Katrin Budde, SPD: Wenn das der Eindruck von Deutsch- land ist, dann schönen Dank!)
Ich hoffe, dass ich einen besseren Eindruck von unserem schönen Land hinterlassen kann als der Vorredner.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sieben Frauen und drei Männer verletzt ein Attentäter schwer. Durch Splitter seiner mit TNT gefüllten Bombe kommt ein ungeborenes Kind ums Leben. Der Täter bleibt über Jahre auf freiem Fuß, obwohl Recherchen unter anderem der Antifa ihn schon kurze Zeit später mit der Tat in Verbindung bringen. Erst nach 17 Jahren klärt die Polizei diesen Bombenanschlag durch einen Zufallstreffer auf. Die Rede ist von einem rechtsterroristischen Attentat, das sich im Juli 2000 in Düsseldorf ereignete.
Im Sommer zuvor beginnt in Nürnberg die Serie von heimtückischen und über fast ein Jahrzehnt andauernden Mordanschlägen gegen Migranten und Polizisten. Erst durch Zufall, einen missglückten Banküberfall, wird der innere Kreis dieses weit verzweigten rechten Terrornetzwerks aufgedeckt.
Zwei der Terroristen erschießen sich. Die dritte Hauptverdächtige steht gemeinsam mit Unterstützern bis heute vor Gericht. Die Aufklärung der Taten weist nicht nur auf ein zum Himmel schreiendes Versagen der Sicherheitsbehörden, sondern auch auf eine über Jahre andauernde Zusammenarbeit des Verfassungsschutzes mit zahlreichen Personen aus diesem Terrornetzwerk hin.
Terror, das zeigt sich, begleitet uns nicht erst, seitdem islamistische Attentäter ihre Anschlagsziele auf die Bundesrepublik Deutschland ausgeweitet haben und unser Land nicht mehr nur als Rückzugsraum und zur Vorbereitung nutzen wie bei den Flugzeuganschlägen auf das World Trade Center am 11. September 2001.
Der jüngste Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz mit zwölf Toten und Dutzenden Schwerverletzten hat uns noch einmal schmerzlich klar gemacht, was vorher viele ausblendeten: Terror betrifft uns. Er bedroht das friedliche Zusammenleben in unserem Land. Er ist eine reale, ganz konkrete Gefahr - eine Erkenntnis, die wir den Betroffenen rechtsterroristischer Anschläge über Jahrzehnte verweigerten, weil wir sie als Mehrheitsgesellschaft nicht als Opfer solcher Terrortaten identifizierten oder; schlimmer noch, die Opfer und ihre Familien aus rassistischen Gründen selbst für ihr Schicksal verantwortlich erklärten.
Hier hat nicht nur der Staat, sondern wir als Gesellschaft haben versagt. Den Opfern des Rechtsterrorismus ist in unserem Land bis heute keine Gerechtigkeit widerfahren.
(Zustimmung bei den GRÜNEN - Eva Feußner, CDU: Den Opfern des Linksterro- rismus auch nicht! Leider!)
Auch im Hinblick auf den Attentäter vom Breitscheidplatz, der mit seiner Mordtat zwölf Menschen in den Tod riss, zeigt sich: Wir müssen über Terrorismus, wir müssen über Sicherheit reden. Wir müssen darüber reden, wie wir als freie, demokratische Gesellschaft auf Angriffe reagieren.
Wer wie die AfD eine solche Terrortat zur Hetze gegen Muslime, zur Anstachelung niederer Instinkte und zum Angriff auf Geflüchtete nutzt, ist ein ebenso großer Feind unserer offenen Gesellschaft wie islamistische Gewalttäter. Es ist perfide, den Flüchtlingsstatus des Attentäters des IS als Argument gegen geflüchtete Menschen per se zu gebrauchen. Es dient nur der Spaltung unserer Gesellschaft, der Trennung zwischen einem vermeintlichen Wir und einem Die, wenn von rechtsextremen Politikern ein Generalverdacht gegen alle Muslime oder alle Geflüchteten konstruiert wird.
Unsere offene, demokratische Gesellschaft ist jedoch nicht durch die Anschläge selbst bedroht. Viel stärker verändert sie sich durch unseren Umgang mit den Terrortaten. Wo ohne Aufklärung des Tatgeschehens lang geplante Sicherheitsgesetze aus der Tasche gezogen und umgesetzt werden, die Bürgerrechte infrage stellen, rechtsstaatliche Prinzipien wie die Unschuldsvermutung hintergehen und eine anlasslose Massenüberwachung möglich machen, schwächt sich der Rechtsstaat aus Angst vor seinen Feinden selbst. Die Terroristen hätten ihr Ziel, die Überwindung der offenen Gesellschaft, erreicht.
Der Rechtsstaat ist kein starker Staat. Er ist ein wehrhafter Staat und ein intelligenter Staat. Als intelligenter Staat wird er den Terror, werden wir den Terror gemeinsam besiegen. Das kann und wird gelingen, wenn wir uns nicht in „die“ und „wir“ spalten lassen, wenn wir unsere Freiheit verteidigen und wenn wir uns klar machen, dass absolute Sicherheit - der Innenminister wies darauf hin - ein falsches Versprechen ist.
Wir stehen auch angesichts einer sich weiter verschärfenden Weltlage vor einer massiven sicherheitspolitischen Herausforderung, wie es sie nie zuvor gab.
Auch wenn durch die erfolgreiche Arbeit der Sicherheitsbehörden in Deutschland islamistische und terroristische Anschläge verhindert werden konnten, ist es hochwahrscheinlich, dass es weitere Versuche und wohl auch weitere erfolgreiche Anschläge geben wird.
Auch Sachsen-Anhalt muss sich deshalb noch stärker als bisher mit der Möglichkeit von Terrortaten auseinandersetzen. Das gilt für den Alltag, aber auch für weit über unser Land hinausreichende große Massenveranstaltungen, zum Beispiel das in diesem Jahr stattfindende Reformationsjubiläum.
Wir dürfen dabei nicht einseitig nur auf die sicher vorhandene islamistische Bedrohung schauen. Die Durchsuchung des Generalbundesanwalts in der vergangenen Woche unter anderem in Querfurt und das Auffinden von Waffen in diesem Zusammenhang sollten uns auch noch einmal klar machen: Eine ebenso große Gefahr geht derzeit von radikalisierten Rassisten und Rechtsterroristen aus.
Verbindungen im Fall der Durchsuchung in Querfurt reichen bis in den Landtag hinein. Dass AfDPolitiker virtuellen Kontakt zu einer Person haben, bei der eine illegale Waffe gefunden wurde und die mit Mordfantasien gegen Geflüchtete auffiel, bestürzt mich.
Quebec zeigt. Die Sicherheitsbehörden müssen deshalb mit aller Konsequenz auch gegen solche Bestrebungen vorgehen.
Wir sollten Waffenfunde wie in Querfurt oder wie in dieser Woche in Dessau - kein rechtsterroristischer Hintergrund - auch zum Anlass nehmen, den illegalen Waffenbesitz in diesem Land einzudämmen.
Dazu braucht es striktere Regeln und eine Amnestie, mit der wir illegale Waffen dauerhaft aus dem Verkehr ziehen. Wir GRÜNE werden deshalb hier einen neuen Vorstoß auf den Weg bringen. Wir sind froh, dass wir uns diesbezüglich an der Seite des Bundesinnenministeriums wissen.
Wie aber umgehen mit der Terrorgefahr? Wir GRÜNE setzen auf zielgerichtete Gefahrenabwehr statt Pauschalverdächtigungen und Massenüberwachung. Wir sind die liberale Stimme für Bürgerrechte in diesem Land. Wir wissen, die sichersten Staaten sind weltweit jene, in denen am sorgfältigsten auf rechtstaatliche Verfahren geachtet und die Ausgrenzung einzelner Bevölkerungsgruppen vermieden wird. Aufgabe grüner Politik ist es, Bürgerrechte zu sichern.
Unsere Fraktion hat deshalb am Dienstag ein Positionspapier mit der Überschrift „Sicherheit gewährleisten - den Rechtstaat verteidigen“ beschlossen. Wir setzen darin erstens auf die Stärkung der Polizei, zweitens auf mehr Prävention, drittens auf die vorurteilsfreie Fehleranalyse bei Sicherheitsoperationen in der Vergangenheit, viertens auf die konsequente Nutzung bestehender rechtlicher Befugnisse und fünftens auf die Entwicklung eines modernen Gefahrenabwehrgesetzes für unser Land Sachsen-Anhalt.
Erste Schritte, um den Personalbestand der Polizei zu erhöhen, wurden durch uns bereits umgesetzt. Bis zum Ende der siebenten Legislaturperiode strebt die schwarz-rot-grüne Koalition eine Polizeistärke von 6 400 Beamtinnen und Beamten an.
Wir wollen dabei darauf achten, dass die Polizei auch in ihrer Zusammensetzung ein Abbild unserer Gesellschaft wird. Der gute Kontakt zu allen Menschen, die in Sachsen-Anhalt leben, Sprachkompetenz und interkulturelle Sensibilität bei den Beamtinnen und Beamten machen unser Land sicherer.
Prävention als Teil einer effektiven Strategie für innere Sicherheit. Wir müssen alles tun, damit junge Menschen nicht in menschenverachtende, gewaltpropagierende Ideologien abgleiten. Radikalisierung muss dort bekämpft werden, wo sie entsteht. Gleichzeitig muss die Identifikation mit der freien, toleranten und vielfältigen Gesellschaft unterstützt werden.
Sachsen-Anhalt braucht ein Programm, das präventiv gegen Radikalisierung in salafistischen Milieus wirkt. Prävention kann Anschläge verhindern. Das Beispiel Bobbe zeigt, dass wir nicht einseitig nur die Sicherheitsbehörden stärken, sondern auch Sozialarbeiter befähigen müssen, um Radikalisierung zu erkennen. Im Zusammenspiel beider Faktoren wächst Erfolg.
Ich bin, ebenso wie der Kollege Erben, dafür dankbar, dass die muslimischen Gemeinden diese Auseinandersetzung sehr proaktiv führen, dass sie gute Kontakte zu den Sicherheitsbehörden haben. Das ist ein Pfund, mit dem wir wuchern können.