abgelehnt - zuletzt durch die Justizministerkonferenz im November 2013. Lassen Sie mich kurz die Gründe referieren.
Erstens. Das Grundgesetz garantiert den Richtern und nicht den Staatsanwaltschaften völlige Weisungsfreiheit und Unabhängigkeit.
Zweitens. Das Grundgesetz unterwirft die Regierungstätigkeit einer umfassenden parlamentarischen Kontrolle. Die Strafverfolgung gehört zur Regierungstätigkeit. Das externe Weisungsrecht ist somit Bedingung des in der Verfassung angelegten Prinzips der parlamentarischen Verantwortlichkeit der Regierung. Eine solche Verantwortung kann nur dann wahrgenommen werden, wenn die Ressortleitung auch rechtlich in der Lage ist, in begründeten Einzelfällen Weisungen zu erteilen, um gravierende Fehler im Ermittlungsverfahren zu beheben.
Drittens. Das Grundgesetz bindet die Exekutive an Gesetz und Recht, Artikel 20 Abs. 3 des Grundgesetzes. Das Legalitätsprinzip, niedergelegt in der Strafprozessordnung, begrenzt das externe Weisungsrecht. Jede willkürliche oder auch nur sachfremde externe Weisung im Einzelfall ist nach geltendem Recht ausgeschlossen, ja wird bei einer bewussten Überschreitung der rechtlichen Grenzen seinerseits mit erheblichen strafrechtlichen Sanktionen belegt, zum Beispiel Verfolgung Unschuldiger - § 344 StGB - oder Strafvereitelung im Amt - § 258a StGB.
Soweit die AfD auf die Resolution Nr. 1685 aus dem Jahr 2009 der Parlamentarischen Versammlung rekurriert, verkennt sie das Ziel dieser Resolution, nämlich die Abschirmung gegen Weisungen - das wird in Ziffer 3.2. sehr genau ausgeführt - zumindest dann, wenn solche Weisungen die gerichtliche Verwertung von Ermittlungen verhindern würden. Genau das ist es aber, was in Deutschland bereits durch das Gesetz geregelt ist und verhindert und unter Strafe gestellt wird.
Die Vorschläge für eine unabhängige europäische Staatsanwaltschaft können auch nicht als Begründung herangezogen werden; denn die europäische Staatsanwaltschaft wird als überstaatliche Institution organisiert und soll dem Schutz der finanziellen Interessen der Mitgliedstaaten dienen. Deswegen soll sie von Weisungen der EU freigestellt werden. Spiegelbild dieser Weisungsfreiheit ist im Gegenzug eine Rechenschaftspflicht gegenüber den Gremien der Europäischen Union.
Meine Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE hat den Antrag der AfD genutzt, um ihrerseits erneut die Debatte zu einer stärkeren Selbstverwaltung der Justiz aufzurufen. Auch diese Debatte ist wiederholt geführt worden. Der Deutsche Bundestag hat im Jahr 2013 einen entsprechenden Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE abgelehnt. Lassen Sie mich auch hierfür kurz die Gründe referieren.
Erstens. Das Grundgesetz enthält kein Gebot einer strikten Gewaltentrennung, sondern sieht stattdessen vor, dass sich die Gewalten gegenseitig begrenzen und kontrollieren. Diese notwendige gegenseitige Einflussnahme bedingt dann, dass die Justiz nicht völlig autonom von der Legislative und Exekutive verwaltet wird.
Zweites. Artikel 92 des Grundgesetzes vertraut die rechtsprechende Gewalt den Richtern an. Davon werden die richterlichen Tätigkeiten erfasst, nicht aber die in der Justiz genauso notwendigen vorgelagerten verwaltenden Tätigkeiten, beispielsweise Personalentscheidungen oder Aufstellung und Vollzug des Haushaltsplanes. Die Justizverwaltung ist somit von der rechtsprechenden Gewalt zu unterscheiden und unterliegt auch aus diesem Grunde dem Zuständigkeitsbereich der Exekutive.
Drittens wird das Demokratieprinzip herangezogen, und zwar in der Ausprägung, dass sich alle Staatsgewalt auch auf das Staatsvolk zurückführen lassen muss. Wenn Richter nur von Richtern ernannt werden, also von Gremien, die nur von Richtern bestellt sind, die dann nicht parlamentarisch und auch nicht durch Wahl legitimiert sind, dann fehlt die Legitimation für den Bereich.
Es gibt eine aktuelle Untersuchung des Weltwirtschaftsforums für den Zeitraum 2014 bis 2015. Im Rahmen dieser Untersuchung sind Führende aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung befragt worden, wie es mit der Unabhängigkeit der Justiz aussehe. Deutschland belegt den 15. Platz von 144 Staaten. Frankreich, Italien und Spanien, die als klassische Vertreter einer sich selbst verwaltenden Justiz gelten, liegen weit abgeschlagen dahinter.
Meine Damen und Herren! Ich empfehle Ihnen aus den referierten Gründen die Ablehnung des Antrages der AfD, aber auch die Ablehnung des Alternativantrages. - Vielen Dank.
Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich finde es schon bedenklich, wenn jetzt, wie in der Begründung des Antrages der AfD, aber auch in dem Redebeitrag die Kausalität hergestellt wird, dass Kriminelle durch kriminelle Unterwanderung der Regierung, der Politik dann auch Einfluss auf die Staatsanwaltschaft nehmen können. Genau das ist das, was Sie darzustellen versuchen, dass politischer Einfluss, und der viel
leicht noch kriminell unterwandert, entstehen kann, wenn vom Weisungsrecht gegenüber der Staatsanwaltschaft Gebrauch gemacht wird.
Dieses weise ich auch im Namen der SPD-Fraktion zurück. Wir sprechen uns eindeutig dagegen aus, dass solch ein Zusammenhang hergestellt wird, der nicht belegt ist. In keinem Satz haben Sie Beispiele angeführt, haben Sie dargestellt, wie Sie diese Behauptung unterlegen können. Sie vermuten, stellen dar, es könnte sein, man sollte versuchen - -
Genau das ist es, was Sie immer wieder versuchen mit Unwahrheiten, mit Unterstellungen, die dann irgendwann verhaften sollen und als wahr angesehen werden. Aber Sie können das nicht belegen.
Wir sind der Überzeugung, dass unsere Staatsanwaltschaft hier in Sachsen-Anhalt und auch in der Bundesrepublik gut aufgestellt ist und dass sie politisch unabhängig handelt. Die Behauptung, dass hier ein Einfluss erfolgt, ist nicht wahr.
Eingetretener Vertrauensverlust ist genau das, was Sie dann zu entwickeln versuchen. Wir wehren uns dagegen, dass ständig durch Behauptungen und Fehldarstellungen das Vertrauen in den Staat unterwandert wird.
Zuletzt wurde die Problematik auch im Thüringer Landtag im September des letzten Jahres diskutiert. Es klingt immer gut, wenn verlangt wird, dass wir weisungsungebundene Staatsanwälte fordern. Aber Sie haben selbst in Ihrer Rede zitiert, dass die gesetzlichen Grundlagen gar nicht von dem dargestellten Weisungsrecht sprechen, sondern davon, dass dienstlichen Anweisungen des Vorgesetzten nachzukommen ist und dass das Recht auf Aufsicht und Leitung der Landesjustizverwaltung hinsichtlich aller staatsanwaltschaftlichen Beamten des betreffenden Landes geregelt ist.
Ein Weisungsrecht und vielleicht noch eine politische Einflussnahme ist im Gesetz nicht vorgesehen. Wir müssen hierbei zwischen dem Weisungsrecht, wie ich es eben benannt habe, und der Kontrolle einer Behörde unterscheiden.
Die Staatsanwaltschaft als eigenständige Behörde ist eine unabhängige Behörde, die aber dem Weisungsrecht des Ministeriums untersteht. Sie leitet die Ermittlungsverfahren und ist verpflichtet, strafbare Handlungen zu verfolgen. Sie entscheidet darüber, ob ein hinreichender Tatverdacht vorliegt
und ob das Verfahren mit der Anklage dem Gericht vorzulegen ist. Sie setzt das fort, was vorher durch die Polizei ermittelt worden ist. Würde die Staatsanwaltschaft übrigens ein Verfahren wider besseres Wissen nicht eröffnen, wäre dies Strafvereitelung im Amt. Und das wäre dann strafbar.
Die Abschaffung des Weisungsrechts gegenüber den Staatsanwaltschaften hätte zur Folge, dass sie vollkommen unabhängig agieren und im Ergebnis der unabhängigen Justiz gleichgestellt würden. Wie auch die Frau Ministerin schon ausgeführt hat: Die Unabhängigkeit ist nach unserem Grundgesetz allein für die Richterinnen und Richter vorgesehen.
Die Arbeit der Behörde der Staatsanwaltschaft bedarf einer demokratischen Kontrolle. Die Kontrolle wird durch die Justizministerin wahrgenommen, die wiederum dem Parlament, uns gegenüber verantwortlich ist.
Den einzigen Fall, dass die Wahrnehmung des Weisungsrechts zu einer parlamentarischen Untersuchung und einer entsprechenden Diskussion und Kontrolle geführt hat, gab es in Thüringen. Dieses - wenn Sie immer von Verantwortung und Transparenz sprechen - wollen Sie doch bestimmt nicht aushebeln. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag und auch den Änderungsantrag der LINKEN ab. - Vielen Dank.
Es gibt keine Fragen. Dann fahren wir fort. Für die Fraktion DIE LINKE spricht Frau Abg. von Angern. Frau von Angern, Sie haben das Wort.
Danke, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren Abgeordneten! Meine Fraktion hat sich bewusst entschieden, heute einen Alternativantrag unter dem Titel „Konsequente Umsetzung der Gewaltenteilung, Einführung der Selbstverwaltung der Justiz“ einzubringen. Die Überschrift spricht für sich.
Es geht uns nicht nur darum, einen einzigen Mosaikstein im Gefüge einer zu stärkenden Unabhängigkeit der Justiz auszutauschen. Es geht uns als LINKE in erster Linie und vor allem darum, das Gesamtbild der Stärkung des Gewaltenteilungsprinzips und der Demokratisierung der Justiz zu betrachten sowie mit dem Ziel weitreichender Strukturveränderungen innerhalb der dritten Gewalt zu prüfen. Dazu gehört auch, das vorhandene Weisungsrecht gegenüber der Staatsanwaltschaft auf den Prüfstand zu stellen.
Wir haben als Fraktion nicht ohne Grund im November-Plenum einen Antrag zur Personalstrategie in der Justiz gestellt, um die dritte Gewalt auf
tragfähige Füße zu stellen. Ich bin sehr gespannt, was die Anhörung am 17. Februar im Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung bringen wird bzw. ob die Koalition entsprechend den sich dort möglicherweise ergebenden Mehrbedarfen nachjustieren wird.
Es geht uns also als Fraktion um die Justiz als Ganzes und nicht um Teilbetrachtungen. Man muss klar sagen: Das, was von uns gefordert bzw. auf den Prüfstand gestellt wird, ist etwas, was mit dem Grundgesetz sehr wohl vereinbar ist.
Der Deutsche Richterbund ist heute schon mehrfach zitiert worden. Er fordert seit mehreren Jahren eine selbstverwaltete Justiz, wie sie in fast allen Ländern Europas jetzt schon üblich ist. Als dritte Gewalt sollte sie sich in ihren Organisationsbereichen tatsächlich selbst verwalten können. Das könnte beinhalten, dass sie das Recht erhält, ihren Haushalt unmittelbar beim Parlament einzuwerben, im verfassungsrechtlich zulässigen Rahmen auch Personalentscheidungen selbst zu treffen und dass eine Rechenschaftspflicht direkt gegenüber dem Parlament besteht.
Allerdings - das muss man klar sagen - haben wir es bei den Punkten, die ich genannt habe, mit einem völligen Neudenken der Justiz zu tun. Das ist eine Herausforderung für alle Seiten, für die Justiz, für die Landesregierung, aber auch für uns als Mitglieder des Landtages. Deshalb der Vorschlag von uns, eine Anhörung zu machen und mit den Betroffenen zu reden. Ich weiß, es gibt viele in der Justiz, die sich wünschen würden, sowohl bei den Richtern als auch bei den Staatsanwälten, darüber zu reden, was das bedeutet.
Wir sind schon vor vielen Jahren erste Schritte in diese Richtung gegangen. Das haben nicht alle mitbekommen. Aber mit der Budgetierung im Einzelplan 11 wurde tatsächlich ein Schritt in Richtung mehr Selbstverwaltung bezweckt und wird auch tatsächlich realisiert.
Meine Damen und Herren! So einfach wie die Forderung nach Selbstverwaltung allerdings klingt, ist sie in der praktischen Umsetzung nicht. Gerade als Abgeordnete ist mir das Kontrollrecht sehr, sehr wichtig. Das ist hier auch schon ein paar Mal angeklungen. Es ist nicht ganz unberechtigt die Frage in den Raum gestellt worden: Wer kontrolliert denn eigentlich eine tatsächlich unabhängige Staatsanwaltschaft?
Das erfolgt teilweise natürlich durch das Gericht. Das unabhängige Gericht selbst wird vom Volk kontrolliert, die nichtöffentlichen Verhandlungen von den Anwälten, die mit im Saal sind. Aber die Staatsanwaltschaft arbeitet bis zur Erhebung der Anklage de facto im Geheimen. Dabei spielt der Generalstaatsanwalt eine wichtige Rolle.
In Sachsen-Anhalt ist die Position des Generalstaatsanwaltes nicht politisch besetzt. Ich sage auch gleich, dass wir daran nichts ändern wollen. Aber dessen muss man sich bewusst sein: Wenn man hier eine Änderung im Gefüge vornimmt, verändert man auch die Möglichkeit von Kontrolle. Deswegen finden wir es richtig, diese Diskussion, die möglicherweise im Bundestag berechtigterweise schon geführt worden ist, die wir aber auch in den Landesparlamenten führen sollten, auch hier zu führen.
Denn - damit will ich keine Negativbotschaften senden - es gilt auch für uns zu verhindern, auch nur den kleinsten Anschein zu erwecken, dass Politik auf gerichtliche Entscheidungen, auf Entscheidungen der Staatsanwaltschaft Einfluss
nimmt. Das zerstört Vertrauen in die Funktionsfähigkeit des Rechtsstaates. Ich sage aber auch ganz deutlich: Ich bin seit 15 Jahren im Parlament und mir ist kein einziger Fall bekannt geworden, wo das geschehen ist. Ich gehe einmal grundsätzlich davon aus, dass wir unsere Kontrollmöglichkeiten sehr wohl korrekt ausgeführt haben.