Protocol of the Session on February 2, 2017

Wenn man das Thema ernsthaft und nicht nur als Schaufensterantrag diskutiert, dann müsste man sich auch über die Ausgestaltung einer solchen Steuer unterhalten. Der Antrag der Fraktion DIE LINKE lässt es komplett offen.

Darüber, wozu die Einnahmen, die ja in einer Zeit der Haushaltsüberschüsse entstünden, verwendet werden sollten - wollen wir neue Aufgaben übernehmen, kleinere Einkommen entlasten und dergleichen -, ist nichts zu lesen. Auch der Realität, dass das Steueraufkommen gerade in unserem Bundesland sehr gering wäre, muss man sich stellen.

Dass Kenia nicht an der Spitze der Bewegung zur Einführung der Vermögensteuer stehen wird, ist jetzt nicht sonderlich überraschend. Die unterschiedlichen programmatischen Positionen der Koalitionsparteien dazu setze ich einmal als bekannt voraus. Der Antrag der Fraktion DIE LINKE will sicherlich im Hinblick auf die anstehende Bundestagswahl das offenlegen und die Widersprüche in unserer Koalition herausarbeiten. Ach, du meine Güte! Da gibt es gerade andere Aufgaben.

Wir haben uns mit dem Alternativantrag entschlossen, nicht über das Stöckchen zu springen. So lassen wir eingedenk der verschiedenen Positionen in unserer Koalition eine Positionierung zur Vermögensteuer offen - das ist Ihnen sichtlich aufgefallen - und bitten die Landesregierung lediglich, uns über die aktuellen Initiativen Dritter und die Auswirkungen auf Sachsen-Anhalt zu unterrichten. Das haben wir Ihnen vorgelegt.

Spannend ist ja eigentlich die gesellschaftliche Frage, die hinter der Diskussion über die Vermögensteuer steht. Tatsächlich zeigen die Statistiken, dass sich die Schere zwischen arm und reich in unserer Gesellschaft weiter öffnet. Der Abstand wird größer. Das kann für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft eine große Gefahr darstellen, nämlich dann, wenn sich größere Teile der Gesellschaft aus wichtigen Lebensbereichen und Entscheidungsprozessen ausgeschlossen fühlen bzw. es schlicht sind.

Die Ursachen für die aktuelle gesellschaftliche Krise, die wir in den westlichen Industriestaaten sehen, sind vielfältig. Dass fehlender sozialer Zusammenhalt in den Gesellschaften und die stärker werdende soziale Spaltung die Probleme zumindest verschärfen, ist, meine ich, naheliegend.

Möglicherweise ist es auch kein Zufall, dass gerade das Land der westlichen Welt, in dem die sozialen Unterschiede besonders groß sind, die USA, in besonders dramatischer Weise betroffen ist.

Die Wirkung der gespaltenen amerikanischen Gesellschaft sehen wir nun jeden Tag in den Nachrichten. Wenn wir für unsere Gesellschaft solche Entwicklungen verhindern wollen, müssen wir auch den sozialen Ausgleich der Gesellschaft sicherstellen.

Ein Teil der Lösung liegt auch in der Ausgestaltung des Steuersystems. Es muss so gestaltet sein, dass wir in der Lage sind, die öffentlichen Aufgaben zu finanzieren. Nicht der Nachtwächterstaat, wie er von Neoliberalen, aber auch so manchem Rechtspopulisten angestrebt wird,

(Zurufe)

- na, so manchem Rechtspopulisten, das müssen Sie selbst entscheiden - sondern ein handlungsfähiges Gemeinwesen ist das Ziel, das in der Lage ist, seine Infrastruktur zu erhalten, Bildung, Sicherheit, Rechtssicherheit, soziale Sicherheit, Gesundheit, Kultur, natürliche Lebensgrundlagen usw. zu gewährleisten, und zwar für alle.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Zur Gerechtigkeit gehört auch, dass wir die Aufgaben, die wir jetzt für unsere Generation haben, auch jetzt durch unsere Generation finanzieren, also nicht per Neuverschuldung auf zukünftige Generationen verschieben.

Um den so bestehenden Finanzbedarf für unser Gemeinwesen zu decken, sind wir auf Steuern angewiesen. Die müssen wir so einnehmen, dass wir jeden nach seiner Leistungsfähigkeit belasten. Die starken Schultern müssen eben auch ihren Teil tragen.

Die mit großer Hingabe diskutierte Vermögensteuer ist da nur ein Teilaspekt. Es geht auch um

die Erbschaftsteuer, die Abgeltungssteuer, die kalte Progression und insbesondere um die steuerliche Praxis.

Wir haben hier im Landtag auf Antrag meiner Fraktion in der Vergangenheit schon die Gelegenheit gehabt, die Problematik der Steuersparmodelle zu debattieren, mit denen sich international tätige Großunternehmen zum Teil fast vollständig aus der Finanzierung des Gemeinwesens herausziehen, dessen Nutznießer sie aber sind; das kann so nicht bleiben.

Dass zu dem gerechten Steuersystem auch die Ermöglichung der grundgesetzlich garantierten freien Entfaltung der Persönlichkeit gehört, die natürlich auch die wirtschaftliche Betätigung meint, möchte ich als wichtige und ebenfalls zu beachtende Kehrseite der Medaille erwähnen. Wenn wir von Gründerklima und Innovationskraft sprechen, muss man das auch bei steuerlichen Gestaltungen mitdenken. Aber das, meine ich, hat mit der Vermögensteuer nicht wirklich was zu tun.

Über die Wiedereinführung der Vermögensteuer wird entscheidend nicht im Landtag oder im Bundesrat entschieden, sondern letztlich im Bundestagswahlkampf 2017. Wir Bündnisgrünen haben uns dazu klar positioniert. Das Ergebnis der Wahl wird zeigen, ob es für die Einführung der Vermögensteuer neben einer gesellschaftlichen Mehrheit auch eine parlamentarische Mehrheit gibt. - Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abg. Meister. - Der nächste Debattenredner ist für die CDU-Fraktion der Abg. Herr Szarata. Herr Szarata, Sie haben das Wort. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Alle Jahre wieder, meistens wahrscheinlich nicht zufällig vor Wahlen, holt DIE LINKE die Ideologiekeule aus dem Schrank und fordert ein Mehr an Steuerbelastungen unserer Bürger, diesmal die Vermögensteuer.

(Beifall bei der CDU - Zurufe)

Schaut man in sich das Wort „Vermögensteuer“ aber genauer an, stellt man ziemlich schnell fest, dass das Wort „Vermögen“ darin steckt.

Wenn man zu Zeiten sprudelnder Steuereinnahmen im Bund, im Land und sogar in den Kommunen weiterhin nach neuen Steuern, also Belastungen der Menschen, ruft, dann wünsche ich mir, dass wir endlich mal eine Unvermögensteuer einführen.

(Zustimmung bei der CDU)

Das würde uns dann vielleicht die eine oder andere Ideologiedebatte von links oder von rechts ersparen.

(Zuruf: Oder Ihre!)

Im Falle der Vermögensteuer hätten wir dann sogar eine Win-Win-Situation; denn die Parteien, die ideologiefrei zum Wohle der Bürger arbeiten, hätten mehr Zeit für wichtige, zeitgemäße Diskussionen, und die Ideologen unter uns müssten sich bei einer Regierungsbeteiligung nicht immer für ihre gebrochenen Wahlversprechen rechtfertigen.

Nehmen wir mal - das tut mir fast leid, weil die Koalition so gnädig mit uns umgegangen ist - den Altkanzler Gerhard Schröder, der das Interesse an der Vermögensteuer, sobald er Kanzler geworden war, schnell verloren hat. Auch Sigmar Gabriel, als niedersächsischer Ministerpräsident ganz an der Spitze der Bewegung, hat, als er dann im Bund etwas zu sagen hatte, seine Forderung nach der Vermögensteuer entweder vergessen oder hat zumindest nicht darauf bestanden. Genauso tut es ihm übrigens der designierte Spitzenkandidat der SPD gleich. Auch die GRÜNEN haben mit Winfried Kretschmann einen prominenten Landesherrn, der sich gegen die Vermögensteuer einsetzt. Vom linken Vorzeige-MP Ramelow hört man diesbezüglich übrigens auch nichts. Eigentlich hat man sich doch schon lange von der Vermögensteuer verabschiedet.

Als Union lehnen wir die Vermögensteuer nicht aus ideologischen Gründen ab,

(Zurufe: Nein! - Doch! - Oh! - Ach!)

sondern weil wir davon überzeugt sind, dass sie am Ende nichts bringt, auch keine Gerechtigkeit.

(Zustimmung bei der CDU)

Aus Zeitgründen verzichte ich auf einen politikphilosophischen Diskurs, was jede Partei als Gerechtigkeit empfindet.

Ganz grundsätzlich vertreten wir die Auffassung, dass die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land nicht übermäßig durch Steuern belastet werden sollten und dass das Prinzip der Leistungsfähigkeit auch weiterhin Grundprinzip für unsere Steuerpolitik bleiben soll.

Es ist doch so, dass der deutsche Arbeitnehmer schon jetzt bis zum 11. Juli eines Jahres für den Fiskus arbeitet.

(Zurufe von der LINKEN)

52 % des Einkommens zahlt ein deutscher Arbeitnehmer bereits jetzt durchschnittlich an den Staat.

(Zurufe von der LINKEN)

Da uns das alles bewusst ist, schauen wir nicht, wie die LINKEN, danach, wie wir aus unseren Bürgern immer mehr Geld herauspressen können,

(Beifall bei der CDU)

sondern unser Ansatz ist, sich zu fragen, welche Aufgaben überhaupt nötig sind und welche Aufgaben gegebenenfalls nicht aus einem Landes- oder Bundeshaushalt bezahlt werden müssen.

(Zurufe von der LINKEN)

Gerade angesichts der immer noch rekordverdächtigen Steuereinnahmen auf allen Ebenen ist doch die Einführung zusätzlicher Belastungen für den Bürger erst dann legitim,

(Zurufe von der LINKEN)

wenn alle Anstrengungen zur Haushaltsdisziplin unternommen worden sind. Auch ohne Vermögensteuer entspricht die Besteuerung dem Prinzip, dass einkommensstarke Schultern höher an der Finanzierung des Staates beteiligt werden als schwache Schultern. So schultern die einkommensstärksten 10 % der Einkommensteuerpflichtigen 55 % des gesamten Einkommensteuervolumens, während sie lediglich 37 % des gesamten Einkommens erzielen. Wollte man also in Richtung Gerechtigkeit argumentieren, sollte man nicht eine zusätzliche Steuer einführen, die auch noch kaum Wirkung erzielt, sondern kleine und mittlere Einkommen und Unternehmen entlasten.

(Unruhe bei der LINKEN)

Mal davon abgesehen, dass, wie bei der Erbschaftsteuer, schon einmal besteuertes Vermögen noch einmal besteuert wird, ist die Vermögensteuer auch ein Hemmschuh für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland; dagegen wenden wir uns ganz strikt.

(Beifall bei der CDU)