Protocol of the Session on December 16, 2016

Auch die Einbeziehung weiterer Personengruppen in die Rentenversicherung löst vielleicht kurzfristig Probleme, weil mehr Geld in die Kasse kommt, aber auch das nur anfänglich in geringerem Maße. Es wurde schon erwähnt, mehr Beitragszahler führen auch zu mehr Leistungsbeziehern. Langfristig werden wir also zusätzliche Aufgaben haben.

Bei der Rentendebatte unterliegt man schnell der Versuchung, mit der Forderung nach höheren Renten auf Stimmenfang zu gehen. Wir dürfen an dieser Stelle nicht die Belange aller Generationen aus dem Blick verlieren. Die Lasten, die wir künftigen und aktuell Beschäftigten aufbürden, müssen auch tragbar sein. Auch die Generation der heutigen Rentnerinnen und Rentner ist nicht daran interessiert, dass ihre Enkel aufgrund hoher Soziallasten kaum noch eigenen Spielraum haben.

Wir sehen auch als Fraktion der CDU in diesem Landtag einen entsprechenden Beratungsbedarf und plädieren daher für die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration. - Vielen Dank.

Danke, Herr Krull. Ich sehe eine Wortmeldung, und zwar wieder von Herrn Tobias Rausch. Deswegen hat er das Wort. Sie können entscheiden, ob Sie darauf antworten.

Herr Krull, ich finde, es ist Wahnsinn, wie Sie immer über Armut reden. Bei der Kinderarmut haben Sie einen positiven Effekt von 2 % als positiv verkauft. Hierzu sagen Sie, so viele seien von der Grundsicherung nicht betroffen. Jetzt frage ich Sie, ob Sie die Regularien kennen, nach denen man eine bedarfsorientierte Grundsicherung bekommt, und ob Sie wissen, wie viel Eigenkapital und Ersparnisse Sie dann noch haben dürfen, und ob Sie ein Eigenheim haben dürfen oder nicht. - Das wäre die erste Frage.

Die zweite Frage ist: Was ist Ihrer Ansicht nach eigentlich das Problem, das für die Altersarmut verantwortlich ist, das längere Arbeiten, das Renteneintrittsalter, das Rentenniveau, die geringen Löhne? Das würde ich gern wissen.

Bitte.

Mir sind die Regelungen bekannt, was das angesparte Vermögen betrifft, was eigengenutzte Immobilien angeht. Die Regelungen sind mir bekannt. Es gibt natürlich immer wieder auch Härtefälle.

Was Sie eben angesprochen haben, worin der Lösungsansatz besteht, darüber könnten wir jetzt stundenlang philosophieren, weil es unheimlich viele Stellschrauben in diesem Rentensystem gibt. Das auszuführen, dafür haben wir die Ausschussarbeit. Ich bitte Sie, vielleicht möchten Sie

jemanden im Ausschuss vertreten und dazu auch eine Expertenanhörung durchführen.

(Tobias Rausch, AfD: Mache ich!)

Das ist wirklich ein Thema, das wir hier an dieser Stelle nicht lösen werden. Dazu brauchen wir nicht nur den Bundestag. Wir brauchen eine gesamtgesellschaftliche Debatte, wie es die Ministerin auch schon angedeutet hat.

(Robert Farle, AfD: Gut! Sehr gut! - Tobias Rausch, AfD: Gute Antwort!)

Danke. Ich sehe keine weiteren Fragen. - In Fortsetzung der Debatte spricht jetzt Herr Tobias Rausch für die AfD-Fraktion.

Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Die Rente ist sicher - so war es einmal in Deutschland. Wie sieht es heute aus? Fast jeder zweite Bundesbürger in Deutschland fürchtet, dass die Rente im Alter nicht zum Leben reichen wird. Es ist ein Faktum: Bis zum Jahr 2030 werden sagenhafte 40 % aller Rentner arm sein. Kein Wunder, fast zwei Drittel aller Bundesbürger haben Angst vor der Altersarmut. Quelle: Emnid.

Nur jeder Zweite sorgt heute privat vor. Stolze 36 % können sich die private Vorsorge schlicht und einfach nicht leisten. Der Grund: Sie sind heute schon arm.

(Zustimmung bei der AfD)

Wundern Sie sich noch über Schlagzeilen wie diese zwei: „Junge Leute riskieren Altersarmut“, MDR, April 2016, oder: „Wie arm wird Deutschland?“, „DIE ZEIT“, Juni 2016. Diese Schlagzeilen beschreiben das Scheitern der Altparteien in der Rentenpolitik, und wir sprechen von einem dramatischen Scheitern, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Zustimmung von Volker Olenicak, AfD)

Von Norbert Blüms Versprechen, die Rente ist sicher, liebe CDU, ist nicht mehr viel übrig geblieben.

Werfen wir einen Blick auf die verfügbaren Zahlen und Fakten. Nur Fakten können Sie, verehrte Kollegen - jetzt hätte ich Herrn Striegel angesprochen, aber er ist zu diesem wichtigen Thema nicht da; anscheinend interessiert es ihn nicht -,

(André Poggenburg, AfD: Kaffee! Er ist Kaf- feetrinken!)

aus Ihrer postfaktischen Sozialromantik zurückholen. Es ist ein Faktum, dass ab dem Jahr 2030 rund 40 % aller Rentner, also Millionen alter Menschen, ihr Leben in erdrückender Armut werden

fristen müssen - von Ihnen gewollt, von Ihnen verursacht, von Ihnen herbeigeführt.

Ein anderes Faktum: Von 2006 bis 2016 ist die Altersarmut in Deutschland um 25 % gestiegen, von 4,5 Millionen Menschen auf 5,6 Millionen Menschen. Dieser Umstand ist nicht weiter hinnehmbar, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der AfD)

Wie ist es eigentlich dazu gekommen, dass man in bitterer Armut landet, nachdem man 40 bis 45 Jahre lang hart gearbeitet und all seine Sozialabgaben treu geleistet hat, habe ich mich gefragt.

Mitte der 90er-Jahre hatten wir noch eine gute gesetzliche Rente. Warum heute nicht mehr? Ich begab mich auf Spurensuche und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Es war diesmal nicht die CDU, die das verursacht hat, sondern die daran Schuldigen sind die SPD und die GRÜNEN. Sie haben eine fulminante Lobbypolitik hingelegt, wie es die Art von raffinierten, listigen Parteien ist.

(Beifall bei der AfD)

Wie haben Sie es dem Bürger verkauft? - Ganz einfach: Sie haben Ängste geschürt.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Damit ken- nen Sie sich ja aus!)

Es kommt eine riesige demografische Lücke auf uns zu. Das Rentensystem wird kollabieren, wenn wir es nicht radikal ändern, haben Sie tagaus, tagein populistisch gerufen - Ängste schüren und eine Lösung formulieren, die einfach klingt, aber einfach brutal war. Wer sind bis heute die einzigen Nutznießer Ihrer Lösung? - Richtig: die Versicherungslobby.

Zu den historischen Fakten, wie ist es gelaufen? Ungefähr so: Wenn man etwas vorhat, dann gründet man Institute. Sie müssen Gutachten schreiben, damit man die politischen Vorhaben mit Urteilen unabhängiger Experten begründen kann. Meinhard Miegel und Kurt Biedenkopf gründeten das Institut für Wirtschaft und Gesellschaft. Dann gab es ein zweites Institut, das Deutsche Institut für Altersvorsorge. Man prüft brav die Lage und kommt zu dem gewünschten Ergebnis, die gesetzliche Rente ist zu hoch.

Nach den Instituten kommen Kommissionen - natürlich streng unabhängig. Bundeskanzler Schröder beruft eine Expertenkommission ein. Sie stellt fest, wir brauchen eine Rentenreform. Sie erinnern sich: Es war die Rürup-Kommission, eine Kommission voller Unabhängiger, wie zum Beispiel Prof. Dr. Rürup von der Axa oder Gothaer oder Prof. Raffelhüschen von der Ergo. Keine Fragen, alles klar, SPD und GRÜNE, sie machen Millionen Alter arm und Versicherungen um Millionen und Abermillionen reicher.

(Starker Beifall bei der AfD - Zuruf von der AfD: Richtig!)

Wie machen Sie das? - Ganz einfach: Die RürupKommission sagt, die Rente muss um 25 % herunter, her mit einer Privatvorsorge. Die Versicherungen machen das schon.

Was machen Schröder und seine rot-grüne Koalition? - Sie gehorchen. Das war die Rentenreform von 2004. Das ist also das, was Sie unter guter Sozialpolitik verstehen, liebe Kollegen der GRÜNEN und der SPD.

Fakt ist, ca. 40 % der Deutschen verdienen weniger als 2 000 € brutto. Sie können rechnen. Rechnen Sie bitte. Wir wollen ja nicht postfaktisch sein - Ihr Lieblingswort.

Natürlich, liebe Kollegen in der CDU, niemand wirft Ihnen vor, direkt schuld an der Armut dieser Alten zu sein; denn diese respektlose und zutiefst menschenfeindliche Sauerei, was Sie Rentenpolitik nennen, hat eine sozialdemokratische Bundesregierung mit Unterstützung der GRÜNEN gemacht. Was man Ihnen und der CDU vorwerfen kann und muss, ist aber, dass Sie bislang nichts unternommen haben, um dieses Desaster zu beenden.

(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

Jedermann soll von seiner Rente leben können, würdig und stolz, ohne nebenbei arbeiten zu müssen.

Wissen Sie, was ich mir wünsche: ein Deutschland, in dem ältere Menschen einen respektvollen, sicheren Lebensabend verbringen dürfen, eingebettet in eine echte Solidargemeinschaft aller Deutschen im Interesse unserer Alten von heute und von morgen. - Ich danke Ihnen.

(Starker Beifall bei der AfD - Zuruf von der AfD: Jawohl!)

Frau Lüddemann, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte auch dem Kollegen Rausch danken für dieses flammende Plädoyer für eine neue rot-grüne Bundesregierung.

(Lachen bei der AfD)

So verstehe ich das; denn Sie haben hier sehr dezidiert ausgeführt, was wir damals in die Riester- und die Rürup-Rente investiert haben. Wir sind aber nicht mehr dazu gekommen - Sie wissen, dass die zweite Amtszeit etwas verkürzt war -, die Bürgerversicherung einzuführen. Das wäre nämlich das Projekt, das wir auch noch vorhaben. Es ist sehr schön, dass Sie das unterstüt

zen, dass wir das ab September des nächsten Jahres unter Rot-Grün auf Bundesebene fortsetzen können.

(Jan Wenzel Schmidt, AfD: Hauptsache Sie schaffen 5 %! - Heiterkeit bei der AfD)

Die Bürgerversicherung ist eine klare Lösung für das, was Sie hier in Teilen zu Recht anprangern. Es müssen auch Beamte, Freiberuflerinnen und Freiberufler, Selbstständige, Abgeordnete in die Rentenversicherung einzahlen. Wir müssen den Kreis des Solidarprinzips - das ist schon lange kein Solidarprinzip mehr; es ist kein Solidaritätsgedanke, der sich darin niederschlägt - weiter ziehen. Genau das hatten wir schon damals vor.

(Tobias Rausch, AfD: Genau!)