Protocol of the Session on November 24, 2016

Besonders pikant ist, dass Sie, Herr Finanzminister, ihr als zusätzliche Aufgabe die Erbringung von Beratungs- und anderen Dienstleistungen im Oktober 2016 in die Satzung geschrieben haben, und das ohne den Finanzausschuss zu informieren. Darüber wird noch zu sprechen sein.

Sachsen-Anhalt steuert auf eine Krise bisher nicht gekannten Ausmaßes in der Unterrichtsversorgung zu. Der Trümmerhaufen vergangener Personalpolitik kann nicht über Nacht beseitigt werden. Es muss beherzter zugepackt werden. Der Haushaltsplanentwurf bietet nicht die erforderlichen Spielräume, um durch Neueinstellungen ausgeschiedene Lehrkräfte zu ersetzen und die aufgerissenen Lücken zu schließen. Wir fordern, mehr ausfinanzierte Stellen in den Landeshaushalt aufzunehmen.

Gleiches gilt für pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es ist mir im Übrigen unverständlich und es widerspricht den Aussagen Ihres Koalitionsvertrages, dass bei den pädagogischen Mitarbeitern nicht die vereinbarte Zielzahl von 1 800 Vollzeitäquivalenten erreicht wird, sondern dass im Jahr 2017 1 525 geplant sind und im Jahr 2018 nur noch 1 468. Wie Sie dann auf 1 800 kommen wollen, müssen Sie mir einmal erklären.

Wir wollen die staatlichen Seminare weiter ausbauen. Schon ein Blick auf die Alterspyramide der Lehrerschaft zeigt, dass wir einen hohen und wachsenden Ersatzbedarf haben. Hinzu kommen wieder steigende Schülerzahlen - erfreulich - und die Notwendigkeit, die in den letzten Jahren gewachsenen Versorgungslücken zu schließen. Da

zu müssen wir mehr ausbilden und auch Seiteneinsteigern den Weg in die Schulen öffnen.

Es geht aber auch darum, sie adäquat zu qualifizieren und die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sie nicht auf Dauer als Lehrkräfte zweiter Klasse bezahlt werden. Dazu brauchen wir auch neue und erweiterte Angebote der staatlichen Seminare sowie einen berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst.

Um soziale Bildungsbarrieren abzubauen, wollen wir eine vollständig eigenbeitragsfreie Schülerbeförderung auch in der Sekundarstufe II.

(Beifall bei der LINKEN)

Bildung ist eine wesentliche Grundlage für die demokratische Entwicklung der Gesellschaft, gerade jetzt, wo grundlegende humanistische Werte infrage gestellt werden. An Bildungseinrichtungen, Hochschulen und Erwachsenenbildungsstätten wurden vor allem in den letzten Monaten durch großes Engagement erhebliche Integrationsleistungen erbracht.

Das, was vor allem an den allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen geschafft wurde, wie hier Kinder ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger und geflüchtete Jugendliche aufgenommen wurden, verdient größte Hochachtung.

(Beifall bei der LINKEN)

Dafür müssen wie weiterhin gute Bedingungen schaffen. Wir brauchen die Sprach- und Integrationslehrkräfte. Wir brauchen aber auch solche Angebote wie die Servicestelle für interkulturelles Lernen. Sie darf nicht der Finanznot zum Opfer fallen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Wir brauchen eine höhere Wertschätzung für die Arbeit an den Einrichtungen der Erwachsenenbildung, und keine immer neue Kürzungsspirale auf diesem Gebiet. Und wir brauchen die Netzwerke, die Akteure und Kampagnen für Demokratie, die von der Landeszentrale für politische Bildung, vom Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration und von anderen finanziert und begleitet werden. Kürzungen in diesen Bereichen lehnen wir ab.

(Beifall bei der LINKEN)

Noch eine Anmerkung zu den Sprachlehrern. Deren Weiterbeschäftigung ab dem 1. Januar 2017 scheitert nicht an fehlenden Qualifikationen, sondern am fehlenden politischen Willen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Die Verlängerung der Befristung bis zum Schuljahresende ist keine Frage der Qualifikation; denn die Lehrkräfte sind ja eingestellt worden und ar

beiten in der Sprachförderung zur allgemeinen Zufriedenheit.

Selbst wenn der Bedarf an Sprachförderunterricht ab dem 1. Januar 2017 tatsächlich geringer würde, was wir bestreiten, dann müssten die ehemaligen Sprachförderkinder aber den normalen Unterricht der Regelschüler erhalten. Auch dies erzeugt einen entsprechen Unterrichtsbedarf, wofür entsprechend viele Lehrkräfte benötigt werden.

Mit dem Ausscheiden von Sprachlehrkräften müssten also zeitgleich in fast gleichem Umfang andere, normal ausgebildete Lehrkräfte eingestellt werden. Davon ist aber seitens der Landesregierung bisher keine Rede. Vielmehr soll das Arbeitsvolumen der Sprachlehrkräfte schlicht wegfallen.

(Eva Feußner, CDU: Die Rechnung geht nicht auf! Das wissen Sie! Die machen nur den Sprachunterricht!)

Das bedeutet, dass die Unterrichtsversorgung von 99,5 % - -

(Eva Feußner, CDU, unterhält sich mit Dr. Katja Pähle, SPD)

- Frau Feußner, ich möchte Ihnen kurz die Folgen vorrechnen. Frau Feußner!

(Eva Feußner, CDU: Entschuldigung, ich bin jetzt von mehreren Seiten angespro- chen worden!)

Ich möchte Ihnen jetzt die Folgen vorrechnen. Der Wegfall der Sprachlehrer bedeutet nämlich, dass die Unterrichtsversorgung von 99,5 % auf deutlich unter 99 % sinken wird. Sie haben das Ziel 103 % formuliert.

(Eva Feußner, CDU: Das wird wohl so sein!)

Schon deshalb sollte man an diesen Sprachlehrern festhalten.

Auch der von uns geforderten Übernahme auf feste Stellen spätestens zum Ende des Schuljahres steht bei den meisten Beschäftigten nicht eine zu geringe Qualifikation entgegen. Die übergroße Mehrheit verfügt über einen wissenschaftlichen Hochschulabschluss oder über einen DDR-Lehrerabschluss. Solche Abschlüsse werden inzwischen auch bei normalen Stellenausschreibungen längst gesucht und zugelassen.

Hierbei stellt sich also die Frage, wie ernst es Ihnen mit den im Koalitionsvertrag vereinbarten Zielen zur Sprachförderung und wie ernst es Ihnen mit dem Ziel der Integration ist.

Zweifel darf man auch haben, wenn ich an die vereinbarte elektronische Gesundheitskarte für Asylbewerberinnen denke. Zur elektronischen Gesundheitskarte für Asylbewerberinnen steht im Koalitionsvertrag:

„Das Land setzt sich für eine bundesweit einheitliche Reglung zum Zugang zu medizinischen Leistungen ein. Bis dahin wird das Land eine Asylbewerberkarte einführen. Diese enthält alle Registrierungsdaten und ermöglicht damit den unmittelbaren Gang zum Arzt. Die Abrechnung erfolgt wie bisher zwischen Arzt und Landkreis. Damit fallen der hohe Verwaltungsaufwand im Landkreis und die Verwaltungsausgaben für den Einsatz der elektronischen Gesundheitskarte weg. Zwei Jahre nach Einführung dieser Asylbewerberkarte erfolgt eine Überprüfung.“

In der Sitzung des Sozialausschusses am vergangenen Mittwoch fand ein Fachgespräch zum Thema Gesundheitsversorgung in der ZASt statt. Wir fragten nach dem Arbeitsstand bei der Einführung der Karte. Von einem Vertreter des Innenministeriums hieß es dazu sinngemäß: Die Lage des angespannten Haushaltsplanes sei bekannt; im Startjahr würden dafür Kosten in Höhe von etwa 4 Millionen € anfallen, danach jeweils von ca. 2,8 Millionen € per annum. Angeblich seien spezielle Lesegeräte in allen Arztpraxen erforderlich. Man müsse jetzt eine Prioritätenabwägung vornehmen.

Was heißt das? Will die Koalition die Karte oder will sie sie nicht?

Die Vertretungen der Kommunen machten uns in diesem Fachgespräch klar, dass es schon seit Monaten keine Gespräche dazu mehr gab. Es stellt sich jetzt also heraus, dass mit dem Verweis auf die angeblich hohen Kosten, die wir hier gänzlich infrage stellen müssen, die Einführung der Karte auf den Sankt-Nimmerleins-Tag vertagt werden soll.

Dass es schlicht nicht notwendig ist, ein neues System einzuführen, das wissen Sie. Die Gruppe derer, die tatsächlich nach dem Asylbewerberleistungsgesetz versorgt werden muss, wird ohnehin immer kleiner.

Zumindest die CDU scheint aber grundlegend von der Frage gepeinigt zu sein, wie denn - koste es, was es wolle - zu 100 % sichergestellt werden kann, dass niemand aus diesem Personenkreis auch nur eine kleine Leistung in der Gesundheitsversorgung mehr bekommt, als es das Asylbewerberleistungsgesetz vorsieht, und das ist die Akutversorgung.

Indes gibt es Bundesländer, die im Sinne einer humanen Versorgung tatsächlich zusätzliche Mittel eingestellt haben. In Thüringen werden Mittel in Höhe von 1 Million € für die psychologische Versorgung und in Höhe von 500 000 € für anonyme Krankenscheine bereitgestellt. In Brandenburg hat man im Rahmen der Novellierung des

Aufnahmegesetzes nicht zuletzt den Sozialarbeiterinnenschlüssel deutlich verbessert.

Auch hierbei stellt sich die Frage nach der Ernsthaftigkeit der vereinbarten Ziele.

Wir begrüßen ausdrücklich die Erhöhung der Grundfinanzierung für unsere Hochschulen als längst überfällige Maßnahme. Allerdings gibt der vorliegende Planentwurf keine Auskunft dazu, wie die Investitionen der Universitätsklinika gestemmt werden können. Hierbei sieht meine Fraktion Handlungsbedarf.

Wir fordern, dass die Investitionssumme kurzfristig auf 7 Millionen € pro Jahr angehoben wird. Mittelfristig ist je Klinik ein Betrag von 10 Millionen € pro Jahr vorzusehen. Darüber hinaus sind im Einzelplan 20 die Bauvorhaben abzusichern. Wir sollten auch nach Finanzierungsalternativen suchen, um unsere Kliniken zügig auf den für die Forschung und Lehre sowie die Maximalversorgung unserer Bürgerinnen und Bürger notwendigen Stand zu bringen.

Mit diesem Haushaltsplanentwurf ist endlich die Frage der Finanzierung des rechtsmedizinischen Instituts abzuräumen. Es kann nicht sein, dass die Aufgabe der Gewaltopferambulanzen mit Mitteln finanziert wird, die aus der Lehre und der Krankenversorgung abgezweigt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Hierüber sollten Sie, Frau Grimm-Benne, nachdenken, statt über die Zusammenlegung von Aufsichtsräten zu schwadronieren. Und nachzudenken gibt es viel im Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration, zum Beispiel über die Frage, wie die seit Jahren brachliegende Aufgabe der Krankenhausfinanzierung gelöst werden kann.

Das duale Finanzierungssystem weist dem Land als originäre Aufgabe die Finanzierung der Investitionen in Krankenhäuser zu. Alle Bundesländer haben in den vergangenen Jahren dieses Aufgabenfeld sträflich vernachlässigt.

In den neuen Bundesländern fiel das lange Zeit nicht sehr auf, da es auf der Grundlage des Artikels 14 des Gesundheitsstrukturgesetzes einen Sonderfonds gab, aus dem viele umfassende Investitionen finanziert werden konnten. Aber mit Rückgriff auf diese Mittel wurde auch diese originäre landespolitische Aufgabe immer mehr als Einsparpotenzial der Landespolitik missbraucht. Inzwischen liegen die neuen Bundesländer wieder ganz hinten. Und Sachsen-Anhalt stellt im Vergleich der ostdeutschen Länder das Schlusslicht dar.

Herr Prof. Schütte, der Vorsitzende der Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalts, hat dies am vergangenen Donnerstag beim zweiten Kranken

haus-Expertenforum in Magdeburg eindrücklich dokumentiert. Die Studie, die die Krankenhausgesellschaft im vergangenen Jahr in Auftrag gegeben hat, geht von einem anwachsenden Investitionsstau im Bereich der Pauschalförderung in Höhe von 963 Millionen € aus.

Der derzeitige Investitionsbedarf beträgt demnach 164 Millionen €. Darüber hinaus prognostizierte die Studie einen Krankenhausinvestitionsbedarf bis zum Jahr 2025 in Höhe von 191 Millionen €. Selbst wenn wir einmal bösartig unterstellen, dass der Bedarf nur halb so hoch ist, wie in dieser Studie angegeben, sehen wir, dass der Haushaltsplan nicht annähernd adäquate Summen ausweist.