Protocol of the Session on October 28, 2016

- bitte sehr, das sage ich auch sehr gerne -, dass es natürlich Ihre Vorsitzende war, die Ihnen erst die Ausübung Ihrer Arbeit jetzt ermöglicht, nämlich gegen die Terroristen Stellung zu beziehen. Denn sie hat sie mit der totalen Grenzöffnung und der Einladung, wie wir sie seit September vorigen Jahres kennen, erst hereingebeten.

Also beißt sich dann doch die Meinung in der CDU ein wenig. Sie sollten sich bitte auf eine Position festlegen. Es wäre schön, wenn es die Position wäre, die auch die AfD vertritt. - Danke.

(Beifall bei der AfD)

Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Minister Stahlknecht.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Clown, der Angst und Schrecken verbreitet, statt für Heiterkeit und Kinderlachen zu sorgen - das klingt wie eine Kurzbeschreibung von Stephen Kings 30 Jahre altem Roman „Es“ oder dessen Verfilmung von 1990. Das könnte heute ebenso in den Tageszeitungen stehen und Vorfälle schildern, wie sie in den letzten Tagen und Wochen immer häufiger vorgekommen sein sollen. Oder selbsternannte Könige bzw. Reichsbürger, die eigene Königreiche bzw. Staatsgebiete ausrufen. Auch das klingt eher nach Hollywood und ist leider doch immer häufiger Realität.

Man könnte Phänomene wie die der sogenannten Gruselclowns oder der selbsternannten Könige und Reichsbürger mit einem Kopfschütteln abtun, schließlich bricht sich doch hier vor allem eine Exzentrik in einem bislang unbekannten Ausmaß Bahn. Aber viele Bürgerinnen und Bürger fühlen sich zunehmend - und dies auch nicht zu Un

recht - bedroht durch diese und ähnliche Verrohungen der Sitten.

Von schwerer Verrohung der Sitten müssen wir sprechen, wenn wir uns an den toten FCM-Fan Hannes erinnern. Auch wenn der Fall juristisch derzeit noch nicht aufgeklärt ist, steht heute eines fest: Ein ums Leben gekommener Fußballfan, dessen Tod im unmittelbaren Zusammenhang mit seiner Anhängerschaft zu einem bestimmten Verein zu stehen scheint, ist eine Tragödie, die uns sprachlos macht.

(Beifall bei der AfD - Zustimmung bei der CDU)

Sprachlos vor Trauer, aber auch sprachlos vor Entsetzen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir können nicht zulassen, dass Sport Menschen derart gegeneinander aufstachelt und aufhetzt, dass Leib und Leben in Gefahr sind. Sport soll verbinden und darf nicht tödlich enden.

Entsetzt müssen wir aber auch sein über beinahe alltägliche Meldungen, deren Alltäglichkeit selbst wiederum Grund mindestens zum Kopfschütteln böte. Ich denke an einen Vorfall in der vergangenen Woche, als ein 16-jähriges Mädchen am Magdeburger Hauptbahnhof bespuckt, geschubst, mit Wasser übergossen, ins Gesicht geschlagen und gewürgt wurde. Hauptverdächtige ist in diesem Fall ein 14-jähriges Mädchen.

Ich bin daher der CDU-Fraktion außerordentlich dankbar dafür, dass wir uns heute einmal intensiver mit der inneren Sicherheit auseinandersetzen. Denn die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger - ich betone an dieser Stelle: die Sicherheit unserer mehrheitlich rechtschaffenen Bürgerinnen und Bürger - sieht sich immer wieder mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Auf drei Aspekte möchte ich diesbezüglich besonders eingehen.

Zum einen ist die Globalisierung längst kein abstrakter Begriff mehr. Sie endet nicht mehr vor unseren Haustüren. Das Weltgeschehen nehmen wir längst nicht mehr durch die Abendnachrichten oder Tageszeitungen wahr. Durch das Internet wissen wir immerzu, was irgendwo auf dieser Welt passiert.

Genauso wissen aber auch Kriminelle heute in kürzester Zeit Dinge, die uns gefährden werden und gefährden können. Die Welt ist durch das Internet, durch Smartphones und Tablets enger zusammengerückt, in guter wie in schlechter Hinsicht.

Die Globalisierung ist für uns als Bundesland auch sicherheitspolitisch relevant. Ich erinnere an dieser Stelle an den Terrorverdächtigen al-Bakr, der in Mitteldeutschland lebte und nach derzeitigem Kenntnisstand von unserem sächsischen Nachbarbundesland aus einen Anschlag auf deutsche Bürger und Menschen plante.

Auch die sogenannten Gruselclowns sind letztendlich ein Phänomen infolge der Globalisierung, führen sie uns doch vor Augen, dass destruktive, ja bösartige Kreativität Grenzen in kürzester Zeit überwindet und potenzielle Kriminelle heute binnen kürzester Zeit auch durch noch so abstrus scheinende Ideen inspiriert werden können.

Für eine umfassende Bewertung etwaiger Vorfälle im Zusammenhang mit den sogenannten Gruselclowns in Sachsen-Anhalt mag es derzeit - so wie es Herr Schulenburg gesagt hat - noch zu früh sein. Doch lassen Sie mich an dieser Stelle, insbesondere vor dem 31. Oktober, Halloween, schon einmal ganz entschieden klarstellen: Der Rechtsstaat hat weit weniger Humor, als manche der Gruselclowns hoffen mögen, und das werden wir auch durchsetzen. Wer Mitmenschen in Angst und Schrecken versetzt, bedroht oder gar verletzt, dem wird das Lachen gewiss bald vergehen.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, neben den angedeuteten Schattenseiten der Globalisierung gibt es natürlich noch das, was wir klassische Vergehen oder latente Kriminalität nennen können. Verbrechen hat es leider im menschlichen Zusammenleben immer gegeben und es wird sie weiterhin geben.

An dieser Stelle kommt dem Staat die entscheidende, sprich gesellschaftlich befriedende Rolle zu. Die Landesregierung unter Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff und mit mir als für die Sicherheit zuständigem Minister weiß, die innere Sicherheit ist das höchste Gut und der grundlegende Anspruch der Bürgerinnen und Bürger gegenüber dem Staat. Die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten ist die ureigene Aufgabe des Staates.

Die Landesregierung reagiert auf die sich stetig ändernde Sicherheitslage mit einer Sicherheitsoffensive. Sachsen-Anhalt ist ein sicheres Bundesland und soll es auch bleiben. Die Sicherheitsoffensive der Landesregierung in dieser Legislaturperiode reagiert nun auf veränderte Sicherheits- und Bedrohungslagen; denn ohne Sicherheit ist Freiheit unmöglich und undenkbar.

Deshalb werden wir in den kommenden Jahren die Sach- und Personalausstattung der Polizei konsequent verbessern, die Prävention intensivieren und die Sicherheitspartnerschaft mit den Kommunen in unserem Land vorantreiben.

Wir schaffen mit einem vor Jahren noch nahezu unvorstellbaren Einstellungskorridor eine Sollstärke von zunächst 6 400 Polizeivollzugsbeamten, entlasten unsere Polizei durch die Einstellung von Hilfs- und Wachpolizisten und optimieren konsequent die Ausstattung der Polizei.

Vielfältige Maßnahmen, um den Personalbestand der Polizei zu erhöhen, wurden bereits umgesetzt.

So wurden in diesem Jahr in der Fachhochschule der Polizei in Aschersleben 350 neue Polizeianwärterinnen und Polizeianwärter eingestellt. Weitere 700 Anwärterinnen und Anwärter folgen im nächsten Jahr.

Neben einer ausreichenden Personalstärke ist uns die adäquate Ausrüstung unserer Polizistinnen und Polizisten natürlich ebenso wichtig. Daher haben wir in diesem Jahr für die Bewältigung von Terrorlagen eine Spezialmunition eingeführt. Zudem werden wir die Einsatzkräfte mit leichten ballistischen Schutzhelmen ausstatten, die im Vergleich zu den bisherigen Schlagschutzhelmen einen deutlich höheren Schutz bieten.

Das Spezialeinsatzkommando wird bereits in diesem Jahr die benötigten ballistischen Schutzschilde bekommen sowie ein sondergeschütztes Fahrzeug auf der Basis eines Transporters. Mit diesem Sonderfahrzeug wird es möglich sein, neue taktische Strategien bei der Klärung von Einsatzlagen anzuwenden. Insofern hat das Land im Jahr 2016 bereits 7,5 Millionen € in die technische Ausstattung der Polizei investiert und weitere Investitionen werden folgen.

Sicherheit beginnt vor Ort zu Hause. Die Bürgerinnen und Bürger in unserem Bundesland haben das Recht, sich daheim in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft und in ihrem Wohnort sicher zu fühlen. Aus diesem Grund wollen und werden wir die Sicherheitspartnerschaft mit den Kommunen in dieser Legislaturperiode vertiefen.

Die Planungen für die Auftaktveranstaltung mit dem Titel „Kommunale Kriminalprävention für mehr Sicherheit in Sachsen-Anhalt“, die noch im Dezember dieses Jahres stattfinden soll, laufen derzeit im Innenministerium an; denn wir wollen bei Fragen der inneren Sicherheit nicht über, sondern miteinander reden, nämlich mit den Zuständigen und natürlich auch mit den Betroffenen.

Die Sicherheitsoffensive der Landesregierung setzt neben einer ausreichenden bzw. erhöhten Schlagkraft und der erwähnten Sicherheitspartnerschaft mit den Kommunen auch auf eine verstärkte Prävention.

Dieser Dreiklang aus guter Ausstattung, partnerschaftlichem Miteinander mit den Kommunen, auch in Fragen der inneren Sicherheit, und verstärkter Prävention folgt unserem Anspruch, uns voller Leidenschaft aber zugleich mit Augenmaß und aus einem tiefen Verantwortungsbewusstsein heraus für ein sicheres Sachsen-Anhalt einzusetzen, in dem die Bürgerinnen und Bürger sich zu Recht sicher fühlen können.

Das können unsere Bürgerinnen und Bürger auch; denn unsere Polizei leistet hervorragende Arbeit, und zwar Tag für Tag im Großen wie im Kleinen unmittelbar vor Ort als Regionalbereichs

beamte wie auch im ganzen Land. Insofern gilt mein und unser Dank unseren Polizeibeamtinnen und -beamten im Land.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der AfD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen, was Politik tun kann, damit Bürger sich sicher fühlen, und das tun wir und das tun wir oftmals auch nicht allein. So haben wir beispielsweise unmittelbar nach dem tragischen Tod von Hannes gemeinsam mit Vertretern von Vereinen, Fanprojekten, Medien und Polizei am 20. Oktober beim 10. Runden Tisch „Gewalt im Fußball“ gemeinsam eine Erklärung auf den Weg gebracht, in der sich alle Verantwortlichen noch einmal entschieden für einen friedlichen Sport und für eine besonnene Fankultur ausgesprochen haben.

Auch auf die Reichsbürgerproblematik in den Reihen der Polizei haben wir sofort und unmittelbar reagiert. Ich bin dafür gescholten worden, dass ich Reichsbürger als gestört bezeichnet habe. Das kann und werde ich nicht zurücknehmen. Wer die Bundesrepublik Deutschland als Staat nicht anerkennt, lebt, höflich formuliert, in einer Scheinwelt.

(Beifall im ganzen Hause - Robert Farle, AfD: Gestört!)

Wer zudem für den Staat arbeitet, den es vermeintlich nicht gibt, gehört eher in eine Behandlung als auf staatliche Gehaltslisten. Daher: Ja, Reichsbürger sind gestört oder auch schizophren. Das schließt aber nicht aus, dass sie auch gefährlich sein können. Das will ich hier in aller Entschiedenheit sagen: Reichsbürger sind irre, aber irre heißt nicht, dass sie ungefährlich sind.

Von wem Gefahr ausgeht, liebe Kolleginnen und Kollegen, der wird die volle Härte des Rechtsstaates zu spüren bekommen, mag er die Existenz dieses unseres Staates noch so entschieden leugnen; denn es ist die Gewaltbereitschaft, die Spinner zu Gefährdern macht.

(Zustimmung von Rüdiger Erben, SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Neben den Schattenseiten der Globalisierung mit Konsequenzen auch für das, was man gewöhnlich Kriminalität nennen könnte, müssen wir heute aber auch über das sprechen, was ich bereits angedeutet habe und was mein dritter und letzter Punkt sein soll, nämlich die Verrohung der Sitten.

Wir dürfen es als Gesellschaft nicht hinnehmen, wenn uns Nachrichten über sinnlose Gewalt kalt lassen, wenn wir bei Meldungen über gewalttätige Kinder nicht aufschrecken, wenn Polizistinnen und Polizisten bei Gesprächen mit Kollegen, Freunden oder Familienangehörigen nur noch als Bullen be

zeichnet werden. Ein bekanntes Bonmot drückt es sehr schön aus:

„Achte auf deine Gedanken, denn sie werden deine Worte. Achte auf deine Worte, denn sie werden deine Taten. Achte auf deine Taten, denn sie werden deine Gewohnheiten.“

Gewalt, liebe Kolleginnen und Kollegen, fängt immer mit Worten an.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LIN- KEN und bei der AfD)

Wenn wir es als Gesellschaft zulassen, dass Beleidigungen, Pöbeleien und all das, was man heutzutage wohl als Hate-Speech bezeichnet, unwidersprochen bleiben, dann stehen wir vor einem krassen zivilisatorischen Rückschritt. Diesbezüglich wachsam zu sein und besonnen zu reagieren ist die tagtägliche Aufgabe von jedem und jeder von uns.

Ich sprach bereits darüber, dass Polizistinnen und Polizisten viel zu häufig nur noch als Bullen bezeichnet werden. Ich erwarte von den Bürgerinnen und Bürgern Widerspruch; sei es gegenüber Kollegen, Freunden oder Familienangehörigen, wenn es zu abwertenden, beleidigenden Äußerungen über unserer Polizistinnen und Polizisten kommt. Denn diejenigen, die unsere Sicherheit garantieren und verteidigen, haben es schlicht nicht verdient, angepöbelt zu werden.

(Zustimmung von Ralf Geisthardt, CDU)

Wer das dennoch macht, der handelt schlicht unanständig.

(Beifall bei der AfD, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hier ist es an den Anständigen, dies auch entschieden zu artikulieren.