Protocol of the Session on November 20, 2020

(Zuruf von Frank Bommersbach, CDU)

- Ja, Herr Bommersbach, wenn ich Ihnen jetzt das Wort gegeben hätte, dann wäre sozusagen die Intervention auch in Ordnung gewesen. Ich bemühe mich demnächst ausdrücklich, auch nach oben zu schauen.

(Zuruf von Frank Bommersbach, CDU)

- Herr Bommersbach, ja, es kann sein, dass auch ich einen Fehler gemacht habe. Das habe ich eben zugegeben. Aber das ist keine Art und Weise, jetzt hier ein Zwiegespräch zwischen uns zu führen.

(Zuruf von Frank Bommersbach, CDU)

Jetzt spricht für die CDU-Fraktion Herr Thomas. Bitte.

(Zustimmung - Frank Bommersbach, CDU: Ich will Ihnen nur sagen, dass das keine Art und Weise ist, die Leute hier oben nicht zu berücksichtigen und nicht zu Wort kommen zu lassen! - Weitere Zurufe)

Herr Thomas, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren, vor allen Dingen von der Fraktion DIE LINKE. Ja, Frau von Angern, man kann sich hier hinstellen und sagen, es ist die Verantwortung eines Abgeordneten, sich um bestimmte Leute zu kümmern. Das kann man tun.

Man kann auch, wenn man eine Debatte zur aktuellen Coronasituation führt, eine Gruppe betrachten, sozusagen monokausal. Das ist in diesem Fall die Kunst- und Veranstaltungsbranche. Ich nehme für meine Fraktion allerdings in Anspruch, dass wir die gesamte Wirtschaft in Sachsen-Anhalt und die gesamte Gesellschaft im Auge haben und dementsprechend handeln und die Hilfen bereitstellen.

(Beifall)

Meine Damen und Herren! Ich bin immer wieder überrascht davon, wie wir über die Coronakrise diskutieren. Wir wissen seit mindestens einem halben Jahr, es wird die schlimmste Krise nach dem Kriege sein, tun aber immer so, als ob es gar

nicht so schlimm wäre. Wir werden jetzt mit den ersten Auswirkungen vertraut gemacht und wundern uns immer darüber, was die Coronakrise in ihren Auswirkungen tatsächlich bedeutet.

Das erinnert mich ein bisschen an die Diskussion über unsere demografische Entwicklung. Wir wussten vor 20 Jahren schon, wie alt wir einmal in Sachsen-Anhalt werden. Jetzt sind wir erschrocken darüber, wir sind alle so alt und uns fehlt der Nachwuchs.

Wir tun gut daran, nicht darüber zu diskutieren, warum, wieso, weshalb, oder die ganze Coronageschichte nicht gar zu leugnen, sondern sollten uns über diejenigen unterhalten, die auf Hilfe warten, nämlich diejenigen, die betroffen sind. Sie sind betroffen, weil es politisch so verantwortungsvoll veranlasst wurde, bestimmte Einschränkungen vorzunehmen, die nun einmal bestehen.

Soweit ich weiß, leben wir immer noch in einem Rechtsstaat. Wenn es eine Regel gibt, dann gilt es, diese auch einzuhalten. Ich kann die Regel gut oder schlecht finden, aber sie ist doch da. Dann kann ich doch wohl zumindest von denen, die sich zu einem demokratischen Rechtsstaat bekennen, erwarten, dass sie sich an diese Regelungen halten.

(Beifall)

Meine Damen und Herren! Die Hilfsprogramme des Bundes und der Länder sorgen dafür, die Gesundheit der Menschen zu schützen, die Wirtschaft zu stabilisieren und den sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft zu wahren. Wir tun gut daran, daran weiter mitzuwirken und den Zusammenhalt der Gesellschaft zu wahren.

Auch der Umfang der Hilfsprogramme ist atemberaubend. Allein für die Wirtschaft hat der Bund in Summe bis zum heutigen Tag 71 Milliarden € bereitgestellt. Hinzu kommen noch milliardenschwere Programme der einzelnen Bundesländer sowie der KfW. Letztere hat über den KfWSchnellkredit inzwischen Kredite in Höhe von 45,6 Milliarden € bewilligt. Im Übrigen ist der Staat dafür zu 100 % in der Haftung. Diese Hilfen sind richtig und notwendig. Ich danke allen, die daran beteiligt waren, diese Hilfen auf dem Weg zu bringen.

Darin schließe ich ausdrücklich auch die Finanzpolitiker in diesem Hohen Hause ein, die in auch für unser Land nicht ganz einfachen Zeiten Mittel in Höhe von 500 Millionen € für einen Nachtragshaushalt bereitgestellt haben. Dafür danke ich insbesondere auch unserem Landesfinanzminister Herrn Michael Richter, der an der Spitze der Bewegung stand und das möglich gemacht hat. Das ist keine Selbstverständlichkeit.

(Beifall)

Wer spricht denn heute noch von den Hilfen, die wir damals ausgereicht haben, im März, April und Mai, für Friseure und all diejenigen, die damals Geld brauchten, die heute Gott sei Dank noch am Netz sind, die heute dafür dankbar sind. Auch damals haben wir uns nicht darüber gestritten, aber gehofft, dass diese Hilfen möglichst unbürokratisch und schnell an den Mann kommen. Wir haben mithilfe der Investitionsbank und des Wirtschaftsministeriums mehr als 40 000 Anträge bearbeitet.

Das zeigt, wozu wir in der Lage sind. Dann muss man in diesen Tagen nicht sagen, es wären Schnellschüsse oder es würde alles zu lange dauern. Wir wissen, wie es geht. Ich denke, wir werden es auch in dieser neuen Phase wieder hinbekommen. Ich vertraue unserer Landesregierung mit unserem Ministerpräsidenten an der Spitze, der es heute dankenswerterweise auch für sich zur Chefsache erklärt hat. Wirklich vielen Dank.

(Beifall)

Meine Damen und Herren! Es unterscheidet uns von manch anderen, insbesondere auch in der SPD-Fraktion - Herr Hövelmann, ich bin ausdrücklich dankbar für Ihre sachliche Rede auch mit dem Hinweis darauf, dass einige Dinge schon überholt sind, über die wir uns noch vor eineinhalb Wochen gestritten haben -, dass wir im Blick haben, dass irgendwann die Rechnung für die Hilfen kommt, die wir heute ausreichen.

(Beifall)

Zum Schluss müssen wir den Leuten, denen wir heute die Hilfe ausreichen, erklären, warum sie womöglich über höhere Steuersätze - man hört ja das eine oder andere -

(Zuruf von Thomas Lippmann, DIE LINKE)

einen Teil dieser Hilfe wieder zurückzahlen müssen. Deswegen ist es wichtig, dass wir mit Augenmaß vorangehen und die Hilfen zielgerichtet ausreichen, aber hier nicht irgendwelche Zwischenrufe machen. - Herr Lippmann, Sie hatten Ihre Chance. Ihre Bewerbungsrede für die SPD, die Sie heute hier gehalten haben - bzw. Ihre Fraktionskollegin -, wird den Leuten draußen nicht helfen.

Meine Damen und Herren! Auch wenn wir aktuell noch keine konkreten Zahlen auf dem Tisch haben, scheinen die Hilfsmaßnahmen mit der Soforthilfe im Frühjahr, mit den bisher zwei Überbrückungshilfen, mit der Kurzarbeiterregelung, mit der Übernahme der Sozialbeiträge, mit der Grundsicherung und mit den KfW-Kreditprogrammen besser zu wirken als gedacht - Gott sei Dank, ist man versucht zu sagen.

Die jüngsten Konjunkturaussichten machen

durchaus Hoffnung darauf, dass Deutschlands Wirtschaftsleistung nicht so stark einbricht wie zunächst befürchtet. Auch die aktuellen Steuerschätzungen zeigen, dass die Steuerausfälle für die Länder moderater zu bewerten sind als ursprünglich prognostiziert.

Aber, meine Damen und Herren, es wird so lange Probleme für bestimmte Branchen geben, wie der Impfstoff nicht vorhanden und die Bevölkerung nicht gegen das Virus geimpft worden ist. Dazu - das muss man mit aller Deutlichkeit sagen - gehören eben auch viele Branchen und Unternehmen, von denen Sachsen-Anhalt sehr viele hat und von denen es auch sehr stark profitiert: Hotels und Gaststätten, das Beherbergungsgewerbe, Eventunternehmen, die Schausteller, Theater und Kinos, die Busbranche, tourismusnahe Dienstleistungen, Klubs und Diskotheken und auch die gesamte Reiseindustrie mit ihren Reisebüros, Flugzeugen und Kreuzfahrtschiffen.

Meine Damen und Herren, Sie fragen nach einer Perspektive, wie es mit uns weitergehen soll. Ich darf, auch weil wir in Sachsen-Anhalt, hier in Magdeburg, diskutieren, uns in Erinnerung rufen, dass wir hier in Sachsen-Anhalt ursprünglich darüber nachgedacht hatten, das Öffnungsregime am 1. November zu lockern. Wir wollten tun, was möglich war, wenn die Zahlen nicht explodiert und so in die Höhe geschnellt wären wie jetzt. Ich hoffe sehr, dass wir zeitnah zu unserem eigenen Weg, nämlich zum Sachsen-Anhalt-Plan, zurückkehren können.

Ich darf auch hierbei unserem Ministerpräsidenten danken, der diesen schwierigen Weg zwischen der Verantwortung für die Gesundheit der Menschen in diesem Land und Lockerungen, um der Beschränkung der Wirtschaftsleistung entgegenzuwirken, immer wieder neu finden und dieses Vorgehen immer wieder neu verteidigen muss. Herr Ministerpräsident, die CDU-Fraktion steht fest an Ihrer Seite und unterstützt Sie ausdrücklich bei Ihrem Sachsen-Anhalt-Plan.

(Beifall)

Meine Damen und Herren! Inzwischen sind vom Bund zwei weitere Hilfsprogramme angekündigt worden. Mit der sogenannten Novemberhilfe und der Überbrückungshilfe III, die ab dem 1. Januar startet, wurden zahlreiche Forderungen der CDUFraktion in den Hilfenkatalog übernommen. Dazu gehören unter anderem die Erstattung der Kosten für Hygienemaßnahmen, die Erstattung der Kosten für den Steuerberater, die Aufnahme von Eventunternehmen, Klubs und Diskotheken in die Nothilfeprogramme, aber auch die sogenannte Künstlerhilfe. Das alles wird nun kommen. Die Novemberhilfe im Umfang von mehr als 10 Milliar

den € bietet eine zentrale Unterstützung für Unternehmen, Betriebe, Selbstständige, Vereine und Einrichtungen, die von den aktuellen Coronaeinschränkungen besonders betroffen sind.

Damit das Geld schnell bei den Betroffenen ankommt - meine Damen und Herren, damit sind wir wieder bei der Zeit -, werden Abschlagszahlungen ab Ende November erfolgen - ab Ende November, also vier Wochen nach dem Zeitpunkt, an dem die Einschränkungen in Kraft getreten sind. Schneller waren wir auch im Frühjahr nicht.

Das Verfahren der Abschlagszahlungen umfasst folgenden Rahmen: Soloselbstständige erhalten zunächst eine Abschlagszahlung in Höhe von bis zu 5 000 €, andere Unternehmen von bis zu 10 000 €. Die Antragstellung und Auszahlung erfolgt vollelektronisch über die Plattform

www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de. Die Antragstellung startet in der letzten Novemberwoche 2020, voraussichtlich - das haben wir heute schon gehört - am 25. November. Erste Auszahlungen sollen Ende des Monats erfolgen. Damit erfolgt die Antragstellung einfach und unbürokratisch.

Leider Gottes - auch das müssen wir im Blick haben - gibt es aber auch hierbei immer wieder Missbrauch. Deswegen ist es klar, dass mindestens vorgesehen ist, dass sich der Antragsteller mit seiner Identität richtig vorstellt, damit man es auch nachverfolgen kann.

Meine Damen und Herren! Die Hilfsmaßnahmen laufen also an. Sie laufen in einem Tempo an - das hat Herr Meister dankenswerterweise schon ausgeführt -, dass wir als Land auch nicht schneller gewesen wären, wenn wir es rechtssicher hätten machen wollen. Das ist ein gutes Signal.

(Zustimmung)

Genau dieses Signal sollten wir aussenden und nicht der Versuchung unterliegen - einzelne Kollegen aus der SPD machen das hin und wieder -, uns hier vorzuwerfen, wir würden gegen etwas sein oder auf der Bremse stehen. Sie wissen, es ist nicht nur nicht hilfreich, es belastet auch das Klima in der Koalition. Es ist genau das, was wir momentan nicht brauchen können. Vielmehr brauchen wir Einigkeit, wie wir sie im Frühjahr hatten, damit die Hilfen auch jetzt die Betroffenen erreichen.

(Beifall)

Meine Damen und Herren! Ich will es noch einmal mit aller Deutlichkeit sagen: Dass wir als CDU als Bremser bei den Nothilfen hingestellt werden, das ist schon ein starkes Stück. Kein Bundesland, auch kein SPD- und kein links regiertes, ist in Vorleistung gegangen. Das hat auch gute Gründe; denn bis vor wenigen Tagen bestand überhaupt

keine Klarheit über die Bundesregelungen und die Modalitäten.

(Zustimmung)

Wie es immer so ist: Damit es rechtssicher ist, müssen zunächst EU-beihilferechtliche Probleme abgeklärt werden. Es musste der Nachweis erbracht werden, dass eine Billigkeitsleistung kein Vollkostenersatz ist. Es gab keine Bund-LänderVereinbarung über die Rückerstattung vorausgezahlter Gelder. Schlussendlich waren nicht einmal die Auszahlungsmodalitäten klar.

Ich sage Ihnen ganz deutlich, ich gebe den Betroffenen lieber Bundesgeld als Landesgeld, weil wir im Land das Geld womöglich noch für ganz andere Sachen benötigen werden.