Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kollegen! Der Raubbau in unserer Krankenhauslandschaft schreitet voran. Diesmal hat es den Harz erwischt. Viele andere Regionen in Sachsen-Anhalt haben es schon hinter sich. Im Harz ist es jetzt aktuell Thema.
Es wurde wie immer ein Gutachten vorgelegt, das Umstrukturierungs-, Optimierungsmaßnahmen in einzelnen Klinikbereichen, einzelnen Stationsbereichen beinhaltet. Von den Konsequenzen solcher Umstrukturierungen, solcher Optimierungen, solcher Verbesserungen können die Menschen beispielsweise in Havelberg, in Genthin ein Lied singen, denn diese Konsequenzen sind in aller Regel nicht auf den Patienten ausgerichtet.
Immer wieder taucht im Zusammenhang mit diesen Umstrukturierungen, dieser Verbesserungen ein Gutachten auf, und zwar in der Regel von der WRG Consulting. Diese hat mit ihren radikalen Vorschlägen auch schon in Bitterfeld-Wolfen für Aufsehen gesorgt. Der Landrat dort hat auch diese Firma beauftragt zu analysieren, wie die Versorgungsstrukturen im Landkreis optimiert werden können.
Das ist passiert. Es gab dieses Gutachten, auch für Bitterfeld-Wolfen. Was darin stand, kennen wir bereits. Es soll sich auf die Grundversorgung mit Luft nach oben fokussiert werden. Also, auf Deutsch gesagt, alles, was kein Geld bringt, alles,
was nicht profitabel ist, soll geschlossen werden. Es soll sich auf das konzentriert werden, was Kohle bringt. Konkret waren das in Bitterfeld Wolfen die Frauenheilkunde und die Geburtshilfe, welche nicht profitabel sind und dementsprechend wegfallen sollten.
Was ist passiert? Die Menschen in BitterfeldWolfen haben sich das nicht gefallen lassen, haben auch dank der AfD-Kollegen vor Ort den Druck auf die Straße gebracht, haben dagegen demonstriert. Und was ist passiert? - Der Landrat hat, Gott sei Dank, zurückgerudert. Der Druck war erfolgreich. Hier möchte ich jedem Bürger, der damals Gesicht gezeigt hat, und auch meinen Kollegen vor Ort noch einmal ganz herzlich danken.
Nun geht es aber zum Harz. WRG Consulting wurde auch im Harz beauftragt, diese Versorgungsstrukturen zu überprüfen, und kam erstaunlicherweise zu dem Ergebnis, dass einzelne Stationen ausgelagert, zusammengeschlossen oder sogar geschlossen werden sollten. Beispielsweise war auch hier wieder die Geburtsklinik Thema, dazu die Orthopädie oder auch die Lungenklinik in Ballenstedt in Gänze.
Das muss man sich einmal überlegen. Denn in den aktuellen Zeiten, wo Sie uns jeden Tag aufs Neue die Dramatik des Coronavirus, die Gefährlichkeit auch für die Lunge um die Ohren hauen, müssen wir gleichzeitig heute darüber debattieren, eine hervorragende Lungenklinik hier in Sachsen-Anhalt schließen zu müssen. Das lässt sich eigentlich nicht wirklich erschließen.
Dafür gibt es eigentlich nur zwei Erklärungen. Entweder wissen Sie mehr als wir und die Auswirkungen auf die Lunge sind gar nicht so schlimm, wie Sie es uns sagen, oder Sie sind selbst nicht mehr Herr der Lage bei der Entwicklung Ihrer eigenen Krankenhauslandschaft und haben die Kontrolle völlig verloren.
Jetzt aber zurück zu den Umstrukturierungen. Ich habe mir einmal angeschaut - das ist vielleicht für alle Kollegen interessant -, in wessen Hände die Landkreise und damit indirekt natürlich auch die Landesregierung die Versorgungsverantwortung in Form dieser Gutachten legen, und zwar in die Hände dieser WRG Consulting.
Wenn man sich die WRG Consulting einmal anschaut, dann stellt man Folgendes fest. Auf ihrer Website treten sie wie folgt auf: „Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, begleitende Rechtsberatung sowie Unternehmensberatung für Gesundheitsorganisationen, privatrechtliche Gesellschaften sowie Kommunen“. Sie beschreiben ihr Leistungsspektrum detaillierter und haben einen Ex
„Das Thema Strategie ist im Krankenhaus unweigerlich mit dem Aufbau neuer Leistungsbereiche oder Geschäftsfelder verbunden. Mechanismen wie Mengensteigerungen oder einseitige Wirtschaftlichkeitsmaßnahmen funktionieren nicht mehr bzw. nur noch eingeschränkt. Immer mehr folgt die Wettbewerbssicherung im Krankenhaus dem Grundsatz: ‚Stimmt das Medizinkonzept, klappt‘s auch mit der Wirtschaftlichkeit.‘“
Ich habe es mir einmal intensiver angeschaut und recherchiert. Auf diesen Unterseiten der WRG Consulting, die über unsere Krankenhauslandschaft hier mitentscheiden, finden wir zehnmal das Wort „Strategie“, zwölfmal das Wort „Finanzen“ und 30-mal das Wort „Wirtschaft“ oder „Wirtschaftlichkeit“. Wissen Sie, wie oft man die Wörter „Patient“, „Patientenversorgung“ oder „Patientensicherheit“ findet? - Gar nicht. Nirgendwo auf dieser Seite taucht das Wort „Patient“ auf. Man sieht ganz klar die Prioritäten, welche bei dieser Versorgungsoptimierung gesetzt werden und welche zu der Situation geführt haben, die wir haben, nämlich dass ich hier alle zwei Monate stehen und immer wieder das Gleiche beantragen muss.
Es erklärte sich mir aber auch deutlicher, als ich mir das Management dieser Firma angesehen habe, weil darunter sieben Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, ein Diplom-Wirtschaftsingenieur und ein Diplom-Kaufmann stehen, allerdings niemand mit einer fachlichen Expertise im Gesundheitswesen.
Liebe Kollegen! Ich möchte - das möchte ich auch betonen - in keinem Fall die Kompetenzen, die wirtschaftlichen Kompetenzen der WRG Consulting infrage stellen. Es gibt auf jeden Fall unzählige Unternehmen im Bereich der freien Wirtschaft, der Industrie, der Dienstleistungen und des Gewerbes, für die eine solche Firma ein Mehrwert sein kann und für die diese Expertisen durchaus berechtigt sind. Es kann und darf doch wohl aber nicht wahr sein, dass wir immer und immer wieder die Geschicke unserer Versorgungsstrukturen und das Patientenwohl in derartige Hände legen.
Sie lernen einfach nicht aus den Fehlern der Vergangenheit. Sie lassen das Thema Gesundheit - das habe ich Ihnen in meinen Augen eigentlich
ganz klar bewiesen - mehr und mehr zu einem Geschäft verkommen. Genau das wollen wir hier und heute mit unserem Antrag verhindern.
Liebe Kollegen! Die Häuser im Harz - das wissen Sie auch, wenn Sie sich anschauen, wie viel Geld hineingeflossen ist; zum Glück sind auch noch ein paar Leuchttürme da - sind gut ausgestattet. Sie sind wichtig für die Versorgungsstruktur im Harz. Viele Patienten und viele Bürger vertrauen jeden Tag aufs Neue auf diese Kompetenzen.
Wir wollen mit unserem Antrag eigentlich nur eines: Wir wollen ein klares Bekenntnis der Landesregierung zu den gegenwärtigen Stationen, zur gegenwärtigen Versorgung. Wir möchten, dass es so bleibt, wie es ist. Wir möchten, dass sich jeder Harzer auf diese Versorgungsstruktur auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten verlassen kann.
Ich bitte Sie ganz herzlich, heute dieses Bekenntnis abzugeben, damit wir den Bürgern und Patienten vor Ort diese Sorgen, die sie gerade umtreiben, nehmen können. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Herrn Siegmund für die Einbringung des Antrags. In der Debatte ist eine Redezeit von drei Minuten Redezeit je Fraktion vorgesehen. Für die Landesregierung spricht die Ministerin Frau Grimm-Benne. - Frau Ministerin, Sie haben das Wort.
Herzlichen Dank. - Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Das kreiseigene Harzklinikum Dorothea Christiane Erxleben besteht aus den Krankenhausstandorten Quedlinburg, Wernigerode und Blankenburg. Die Lungenklinik Ballenstedt gehört zu 51 % ebenfalls dazu.
Der Landkreis Harz verfügt über eine sehr gute medizinische Infrastruktur. Insbesondere im Bereich der stationären Krankenhausversorgung ist die Krankenhausdichte eine der höchsten im Lande. Sie ist auch gerechtfertigt; denn der Landkreis ist auch einer der bevölkerungsstärkeren.
Angesichts der Tatsache, dass die Strukturveränderungen innerhalb dieses Krankenhausverbundes in der Region die Menschen selbstverständlich bewegt und die Lungenklinik Ballenstedt im Krankenhausplan formal als eigenes Krankenhaus geführt wird, will ich doch ein paar Worte aus der Sicht der Krankenhausplanung in dieser Angelegenheit sagen.
Krankenhausversorgung. Gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Regionen des Landes sind ein hohes Gut, zu dem sich die Landesregierung bekennt. Unser Gestaltungsspielraum hat allerdings auch Grenzen. Man sollte bei dieser Diskussion nämlich nicht vergessen, dass wir kein staatliches Krankenhauswesen haben wie zum Beispiel Italien, Großbritannien oder Dänemark. Krankenhäuser sind kaufmännisch geführte Betriebe, die ihre Betriebskosten erwirtschaften müssen. Die Krankenhausentgelte werden auch nicht vom Land gezahlt, sondern von den Benutzern des Krankenhauses bzw. von der gesetzlichen Krankenversicherung.
Die Länder sind für die Investitionsfinanzierung der Krankenhäuser zuständig. Damit diese planvoll geschieht, gibt es eine staatliche Krankenhausplanung, an der neben dem zuständigen Ressort der Landesregierung auch die Krankenkassen, die Krankenhäuser, die kommunalen Gebietskörperschaften, die Ärztekammer und die kassenärztliche Vereinigung beteiligt sind.
Krankenhausplanung ist aber nichts Statisches, sondern ein dynamischer Prozess. Der demografische Wandel, der technische Fortschritt und nicht planbare Ereignisse wie zum Beispiel eine Pandemie zwingen dazu, die stationäre Krankenversorgung immer wieder an die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten anzupassen.
Nun konkreter: Die Krankenhausplanung ist eine Infrastrukturplanung. Sie legt Standorte und Fachabteilungen fest, für welche die Einrichtungen bei den gesetzlichen Krankenkassen sodann abrechnen können. Dabei kann sich ein Krankenhaus auf mehrere Standorte verteilen. Im Krankenhausplan des Landes ist es trotzdem als nur ein Krankenhaus enthalten. Dies ist zum Beispiel beim Harzklinikum mit seinen drei stationären Standorten der Fall. Es wird als ein Klinikum geführt. Welche Fachabteilung vorgehalten wird, ist nicht Gegenstand der Krankenhausplanung, zumal alle drei Standorte im gleichen Landkreis angesiedelt sind. Insofern ist die Zentralisierung der Geburtsmedizin und der Pädiatrie in Wernigerode nicht Gegenstand der Krankenhausplanung.
Die Lungenklinik Ballenstedt wird, obwohl das Harzklinikum Mehrheitseigentümer ist, im Plan noch als eigenes Krankenhaus geführt. Gleichwohl sind die genannten Veränderungen natürlich auch bei uns im Ministerium angezeigt worden.
Ausgangspunkt ist, wie in der Presse und auch heute berichtet worden ist, das Gutachten zur weiteren Entwicklung des Harzklinikums. In diesem selbst in Auftrag gegebenen Gutachten werden einige Veränderungen empfohlen, die zum
In Wernigerode zum Beispiel wird gegenwärtig ein letzter Bauabschnitt fertiggestellt, den das Land auch ausdrücklich finanziert hat. Dieser beinhaltet im Wesentlichen die Überführung der Kinderklinik an den Hauptstandort. Damit hat Wernigerode alle Voraussetzungen für ein hervorragendes und beispielgebendes Zentrum für Geburtsmedizin und Pädiatrie und erfüllt auch alle qualitativen Anforderungen an das Fachpersonal, was für die weitere Entwicklung ganz wichtig ist.
Wenn also die Pläne zur Zentralisierung umgesetzt werden, auch der Abteilung in Quedlinburg, die genannt worden ist, nach Wernigerode, dann bedeutet das für die Versorgung von Neugeborenen und Kindern einen deutlichen Qualitätssprung. Das heißt nicht, dass sie bislang in Quedlinburg schlecht versorgt worden wären, aber die Leistungskonzentration bedeutet bis zu einem gewissen Punkt immer eine Erhöhung von Qualität. Nach meinem Kenntnisstand soll die Abteilung in Quedlinburg auch nicht geschlossen werden.
Letztlich obliegt es dem Kreistag des Landkreises Harz, eine abschließende Entscheidung herbeizuführen. Ich will es noch einmal ergänzen. Ich habe immer gesagt, wir wollen die Standorte erhalten, aber nicht jedes Krankenhaus muss die gleiche Leistung anbieten. Ich finde, im Harzklinikum ist es in besonders guter Art und Weise gelungen, an allen Standorten eine gewisse Spezialisierung hinzubekommen, sodass ich denke, dass es mit Augenmaß gemacht wird. Letztlich muss im Kreistag darüber entschieden werden. - Herzlichen Dank.
Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Frau Ministerin für die Stellungnahme der Landesregierung. Für die CDU-Fraktion spricht jetzt der Abg. Herr Thomas. - Herr Thomas, Sie haben das Wort.