Protocol of the Session on November 20, 2020

Danke. Ich habe auch hierzu keine Wortmeldung gesehen.

(Zuruf von Dr. Falko Grube, SPD)

- Keine. Herr Grube, ich muss Sie enttäuschen.

(Zuruf)

Für die Fraktion DIE LINKE macht sich Herr Henke bereit. Er kann sogleich seinen Debattenbeitrag halten. Herr Henke, warten Sie kurz, bevor Sie anfangen. - Werte Kolleginnen und Kollegen, die Plätze, auf denen die Schilder liegen, bitte nicht besetzen. Die haben einen Grund. Ich bitte die Kollegen der AfD, wieder auf den Abstand zu achten.

(Zuruf)

- Wunderbar. - Herr Henke, haben Sie jetzt das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Eigentlich gibt es keinen aktuellen Bezug zu der Aktuellen Debatte

(Zurufe)

außer der Löblichkeit des Radfahrens und des beklagenswerten Dauerzustandes schlechter oder nicht vorhandener Radwege im Land. In der Begründung ist auch noch ein Formulierungsfehler enthalten. Eine Strategie ist für den Radverkehr erst einmal zu schaffen, bevor wir sie schärfen können; denn das Land brauchte zuerst eine Strategie, wie auch der ADFC regelmäßig bemängelt.

Die Kollegen der Bündnisgrünen beklagen heute also ein weiteres unerfülltes Versprechen aus

dem Koalitionsvertrag. Es ist tatsächlich zu wenig geschehen. Wir LINKEN teilen die kritische Analyse der Bündnisgrünen, auch wenn die CDU in der vergangenen Sitzung noch die GRÜNEN für ihre Unterstützung beim Straßenbau gelobt hat.

(Beifall)

Leider wurden bei den Straßenbauaktivitäten nicht immer Radwege mit geplant und gebaut. Unsere Fraktion hat am 27. Oktober einen ähnlich lautenden Selbstbefassungsantrag für den LEV beantragt, mit dem man wohl im Januar das Thema noch einmal konkreter behandeln kann. Wie traurig der Mittelabfluss bei den eingestellten Mitteln ist, hat Frau Lüddemann ausgeführt.

(Zurufe)

Der einst festgeschriebene Anteil von 8 % für die Radwege war ursprünglich geplant, in realen Zahlen hat er sich tatsächlich verringert. Außerdem geht aus der Antwort hervor, dass 78 % davon voraussichtlich abfließen werden. Unsere Zahlen sagen etwas anderes. Vermutlich rührt die Diskrepanz aus der Abweichung zwischen Mittelbeantragung und tatsächlicher Ausschüttung. Aber selbst diese nie erreichten 8 % waren nicht übermäßig ambitioniert. Noch ist die aktuell eingestellte Summe in Höhe von 4,5 Millionen € kein Katalysator für den Radwegebau.

In Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern werden beispielsweise andere Summen für sicheres Radfahren und Klimaschutz ausgegeben. Letzteres, Mecklenburg-Vorpommern, gibt im Jahr 2020 für den Radwegebau Mittel in Höhe von mehr als 21 Millionen € aus, davon 6,4 Millionen € aus Landesmitteln. Ich betone: Landesmittel.

Baden-Württemberg investiert in den Jahren 2020/2021 Mittel in Höhe von knapp 60 Millionen € in den Ausbau von Rad- und Fußwegen. Bayern geht auch ambitioniert voran. Es hat für 2020 bis 2024 ein Radwegebauprogramm aufgelegt. Mit Mitteln in Höhe von insgesamt 200 Millionen € sollen 400 km Radwege entstehen. Ich gebe meinen Neid offen zu.

(Beifall)

Aber nur so ist ein Modal Split von 20 % für den Radverkehr zu erreichen. Bei uns im Land sind leider die Mittel für den Radverkehr in den vergangenen Jahren verlorengegangen, weil die Richtlinie Nachhaltige Mobilität kaum Anträge und keine Abflüsse verzeichnete - aufgrund technischer Umsetzungsprobleme. Nun ja.

Fazit: Immerhin wurde eine Radverkehrskoordinatorin installiert. Aber bei dem Wust ungelöster Probleme wird nicht einmal eine Frau das alles lösen können.

(Beifall)

Dazu sind ein Radverkehrswegeplan und die Bedarfspläne erstellt worden, jedoch waren und sind die Umsetzung und Fortschreibung des Radverkehrsplanes schleppend. Die aktuelle Fortschreibung wird erst im kommenden Jahr vorgelegt - viel zu spät, um noch Maßnahmen in dieser Legislaturperiode anzustoßen.

Zu Beginn der Legislaturperiode hat die Koalition im Dezember einen Antrag mit dem Titel „Radverkehr professionell und zielgerichtet fördern“ gestellt. Wir haben damals einen Änderungsantrag eingereicht, in dem wir die Erstellung eines Aktionsplanes für einen ganzheitlichen Landesradverkehrsplan für ein lückenloses Radwegenetz forderten. Das sollte nicht unterteilt werden nach touristisch, Alltagsnutzung, innerorts, außerorts und nicht nur auf bestimmte, nach Bedarf gewichtete Hauptachsen.

Immerhin soll dieses Grundverständnis unserer Forderung nach Begutachtung durch das Deutsche Institut für Urbanistik im Jahr 2021 in dem dann zu beschließenden Landesradverkehrsplan 2030 enthalten sein. Toll. Darin sind beinahe revolutionäre Ideen. Darin steht, dass die verschiedenen Ebenen - Gemeinde, Landkreis, Land - zusammenarbeiten sollen. Dafür brauchen wir eine Begutachtung. Wenn ich dann an die Aussage des Ministers erinnere, dass drei verschiedene Ministerien acht Förderprogramme bearbeiten sollen - das wird abenteuerlich, was da kommt.

(Beifall)

Wer weiß, was im Jahr 2030 hier dann analysiert wird.

Den Kommunen die Baulast der freiwilligen Aufgaben zu überlassen, verlagert die Problematik und bringt keinen richtigen Schwung. Das Lavieren der Stadtverwaltung Magdeburg mit Blick auf die Forderungen aus dem aktuellen Bürgerbegehren zeigt dies deutlich. Selbst der hiesige Verkehrsbeigeordnete beklagt im öffentlichen Bürgerdialog ermessenseinschränkende Vorgaben des zuständigen Ministeriums, durch die die Handlungsspielräume der Kommunen zugunsten des Radverkehrs begrenzt sind.

(Zuruf: Hat er recht!)

Die Radverkehrsentwicklungskonzepte der Kommunen sind gut. Sie müssten jedoch an Landesplanungen und Maßnahmen angebunden werden. Aus der Sicht der Stadtentwicklung müssen alle wichtigen Wegeverbindungen aufgenommen werden, auch die Anbindungen an überörtliche Radwege.

(Beifall)

Ideal wären nun einmal Radwegeverbindungen zwischen allen Gemeinden unseres Landes. Wir haben im schon erwähnten Antrag auch die Frage

der Radabstellplätze konkretisiert und ein explizites Förderprogramm dafür gefordert. Er wurde abgelehnt. Apropos Radabstellplätze: Die Chance wurde im Herbst in diesem Raum wieder einmal verpasst, als unser Antrag und die ADFC-Anregung bei der Überarbeitung der Landesbauordnung abgelehnt wurden, Radabstellplätze ausdrücklich in die Bauordnung aufzunehmen.

(Zuruf: Leider!)

Radschnellwege sind auch ein trauriges Kapitel. Es gibt Bundesmittel. Die Landesregierung hat jedoch bis heute keine konkreten Projekte eingereicht, lediglich werden im Land zwei Varianten zwischen Oberzentren modellhaft erwogen.

(Zuruf)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die damals in unserem Änderungsantrag beantragte und abgelehnte jährliche Berichterstattung zum Zustand des Landesradwegenetzes und zum Radverkehrsanteil am Modal Split blieb ebenso unbehandelt.

Warum es in Sachen Radwegebau nicht recht vorangeht, ist auch kein Geheimnis. Wir hörten es schon. Personelle Ressourcen fehlen, nicht nur im Ministerium, sondern besonders auch in der Landesstraßenbaubehörde, in Kommunalverwaltungen und Planungsbüros. In den Kommunen herrscht Not an Frau und Mann.

Ganz aktuell: Corona zeigt, wie wichtig Mobilität, besonders zu Fuß oder per Rad, im Moment ist. Der Verein Changing Cities verlangt dauerhafte coronasichere Rad- und Fußwege und spricht sich dafür aus, in und zwischen den Kommunen das Straßennetz und den Städtebau entsprechend zu gestalten.

(Zuruf - Heiterkeit)

- Das hat etwas mit Breiten zu tun. Na ja, gut. - Die Landesregierung ist in den vergangenen vier Jahren entgegen allen Versprechen bei der Radinfrastruktur nicht so recht in den Tritt gekommen. So werden auch die Vision Zero und eine Umsetzung des Klimaenergiekonzeptes Zukunftsmusik bleiben.

Geehrte Damen und Herren! Der Hauptmangel aber bleibt. Der Gesamtblick auf eine Verkehrswende, also Verkehrsverlagerung auf Schienen und Wasserwege, gar die Möglichkeit der Verkehrsvermeidung durch Verbesserung von ÖPNVAngeboten wurde nicht untersucht. Aber nur so können Radwege in engen bestehenden Städten entstehen. Stattdessen beschloss die Bundesregierung in dieser Woche ein neues, milliardenschweres Konjunkturprogramm für die Autoindustrie, also ein „Weiter so!“ zugunsten der Straße. Ein zeitgleich sehr symbolträchtiges Zeichen für diese Fehlentwicklung sahen wir in der erneuten

Insolvenz der Fahrradherstellung in Sangerhausen. Drastischer geht es kaum.

(Zustimmung)

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, unser Landtag geht mit gutem Beispiel voran. Wir fördern mit der Änderung zum Abgeordnetengesetz die finanzielle Entschädigung für dienstliche Fahrradnutzungen. - Wenigstens etwas. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall)

Herr Henke, es gibt eine Frage von Herrn Siegmund. Wollen Sie diese beantworten?

Wenn ich ihm etwas erklären kann.

Dann, Herr Siegmund, können Sie sie stellen.

Vielen Dank, Herr Henke. Ich bitte in der Tat um eine Erklärung. Herr Henke, was sind coronasichere Radwege?

Ich habe Ihnen das schon zugerufen, aber Sie waren während meiner Ausführungen gerade in ein Gespräch vertieft. Das hat etwas mit Mindestbreiten zu tun, wissen Sie, Abstand.