Protocol of the Session on November 19, 2020

(Zustimmung)

Interessant ist an der Diskussion zwischen Ihnen und der AfD-Fraktion, meiner Fraktion, dass das Interesse an MINT-Fächern kontinuierlich nachlässt. Also, trotz des Digitalzeugs, das Sie massig in die Schulen hineinpumpen, finden sich immer weniger fitte junge Leute, die in der Lage und willens sind, sich in ein Thema zu versenken und wirklich ein schweres MINT-Fach zu studieren. Stattdessen gehen sie massenweise in die Schwätzfächer. Das wird uns schaden; das wird jetzt schon bemerkt.

(Thomas Lippmann, DIE LINKE: Wie Sie, Herr Tillschneider! - Heiterkeit - Weitere Zu- rufe)

- Nein, nein, ich habe gesagt: massenweise.

(Zuruf)

- Nein, nein, diese Fächer, die Geisteswissenschaften, kann man nämlich missbrauchen, wenn man es darauf anlegt,

(Zurufe)

weil nämlich die Qualitätsmaßstäbe in den Geisteswissenschaften nicht so hart sind. Sie sind eher feiner. Deshalb kann man, wenn man sozusagen nicht viel tun will, dort besser durchkommen. Germanistik ist - -

(Zuruf)

- Übrigens habe ich ja Islamwissenschaften studiert, also ich habe eine harte Philologie betrieben.

(Lachen - Zurufe)

- Ja, genau, ich habe Arabisch und Persisch gelernt. Wir hatten bei uns in der Zwischenprüfung Durchfallquoten von 80 %. Also, da machen Sie mir nichts vor.

Aber darum geht es jetzt nicht, es geht darum, dass wir ein Defizit haben,

(Unruhe)

das Sie ignorieren. Wir haben zu wenige junge Leute, die sich für MINT-Fächer entscheiden.

(Zurufe)

Und das schadet unserer Wirtschaft. Deshalb sollte man, statt einfach zu sagen „Weiter so!“, sich fragen, was wir in unserem Bildungssystem grundlegend falsch machen.

(Zurufe)

Fazit: Wir verfolgen mit unserem Antrag zwei Anliegen und Sie schmettern ihn ab. Aber das kommt zurück. Wir wollen eine grandiose Ressourcenverschwendung verhindern. - Das ist das eine. Und wir streben an, eine Sackgasse zu verlassen.

Denn die Digitalisierung, die Sie betreiben, folgt dem Beispiel Holland. Ich komme noch einmal auf Holland zurück, weil dort sehr interessante Studien herausgekommen sind, die nachweisen, dass diese Steve-Jobs-Schulen, die das idealtypisch exerzieren, was Sie wollen, gescheitert sind.

Die Schüler, die diese Schulen verlassen, können nachweislich viel weniger als diejenigen, die konventionell unterrichtet wurden. Sie nehmen das nicht zur Kenntnis. Gut, das ist Ihre Verantwortung; Sie sind in Regierungsverantwortung. - Vielen Dank.

(Beifall)

Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Herrn Dr. Tillschneider für den Redebeitrag.

Wir kommen jetzt zum Abstimmungsverfahren. Einen Antrag auf Überweisung in einen Ausschuss konnte ich nicht wahrnehmen. Deshalb stimmen wir jetzt direkt über den Antrag der AfD-Fraktion in der Drs. 7/6819 ab. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist die AfD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion DIE LINKE. Stimmenthaltungen? - Ich sehe keine. Damit ist dieser Antrag abgelehnt worden und der Tagesordnungspunkt 5 ist erledigt.

Wir führen hier vorn einen Wechsel durch.

Meine Damen und Herren!

Wir kommen jetzt zum

Tagesordnungspunkt 6

Beratung

Regierungserklärung des Staats- und Kulturministers Herrn Rainer Robra zum Thema: „SOS - Kultur, Kulturland Sachsen-Anhalt, nachhaltig und zukunftsfähig, trotz Corona“

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erteile zunächst dem Staats- und Kulturminister Herrn Rainer Robra das Wort zur Abgabe der Regierungserklärung. Sie haben das Wort. Bitte.

Schönen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Heute bin ich genau 30 Jahre beruflich in Sachsen-Anhalt tätig.

(Beifall)

Am 19. November 1990 - ich weiß das nur deshalb, weil mein Sohn an diesem Tag Geburtstag hat - habe ich als Staatssekretär im Justizministerium angefangen. Es ist mir eine Freude, diesen Tag inmitten des Landtages von Sachsen-Anhalt zu begehen, den ich seit seiner zweiten Sitzung begleite.

(Zustimmung - Zuruf: Oh!)

Doch dies, meine Damen und Herren, wäre kein Grund, eine Regierungserklärung zur Kultur in Sachsen-Anhalt zu halten, mitten im zweiten Lockdown, der weite Teile der Kultur in Deutschland abermals vom Netz getrennt hat. Ich möchte vielmehr gerade jetzt für das ganze Land ein deutliches Bekenntnis zum besonderen Stellenwert von Kultur in Sachsen-Anhalt abgeben, ganz besonders für die vielen freien Kulturschaffenden, auch in der Technik und im Service drumherum, die außerhalb der relativ geschützten öffentlichen Institutionen von Kulturarbeit leben und sich nun schon seit dem Frühjahr in einer existenziellen Krise befinden.

Betroffen ist auch die Veranstaltungswirtschaft, die für Menschen, die Kultur genießen wollen, ein Lebenselixier ist, und für solche, die Kultur schaffen, gute Engagements bietet. Ich will bei alledem gar nicht differenzieren zwischen Bereichen, die ihr Publikum mit Abstrichen noch erreichen, wie Literatur oder Malerei, und solchen, die vor allem in Musik, Tanz und freien Theatern essenziell auf offene Bühnen angewiesen sind.

Die Lage ist dramatisch und rund 1,5 Millionen Menschen, gute Steuerzahler, sind direkt oder indirekt betroffen. Die jährliche Besucherzahl ist in der Kultur höher als im Sport, die Entbehrungen sind entsprechend gravierend.

Alle in der Kultur sollen wissen: Bei den aktuellen Kontaktreduzierungen geht es nicht um wichtig oder weniger wichtig, um gute oder weniger gute Hygienekonzepte. Wer jetzt nicht für das Publikum öffnen darf, der genießt keine geringere Wertschätzung. Es geht ausschließlich darum, vermeidbare Außenkontakte zu minimieren, Ausgehanlässe zu reduzieren, also darum, die Vermehrung des Virus zu bremsen.

Noch sind Kitas, Schulen und die Wirtschaft tabu. Und wenn wir jetzt weiter erfolgreich sind, dann können wir wieder auf den Sachsen-Anhalt-Weg zurückkehren. Und das heißt für die Kultur, die Nähe zum Publikum zu ermöglichen, damit Künstler ihr Geld mit ihrer Kunst verdienen können und nicht auf staatliche Alimentation angewiesen sind.

Das hat zwischen Ende Mai und Ende Oktober bei uns ziemlich gut funktioniert, dank kluger Konzepte und disziplinierter Besucher. Käme es bei uns wie in Nachbarstaaten zu Ausgangssperren, wäre es gleichgültig, was geöffnet und was geschlossen ist, weil niemand mehr käme. Das müssen wir gemeinsam mit vereinten Kräften verhindern. Dank der Vernunft und Disziplin der meisten Menschen waren wir dabei bisher nicht erfolglos.

Meine Damen und Herren! In dieser schweren Zeit möchte ich der Öffentlichkeit beispielhaft bewusst machen, wie vielfältig Kultur bei uns in Sachsen-Anhalt ist, wie viele Menschen sich beruflich und ehrenamtlich dafür engagieren und jetzt natürlich von der traurigen Entwicklung besonders betroffen sind. Gleichzeitig gibt mir das Gelegenheit, gegen Ende dieser Legislaturperiode vor dem Landtag über einige Aspekte der Kulturpolitik Rechenschaft abzulegen.

Mit der Übernahme der Verantwortung für den Kulturbereich habe ich mich mit Staatssekretär Dr. Schellenberger sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der personell verstärkten Kulturabteilung aufgemacht, Kultur auch im ländlichen Raum zu stärken; denn Kultur geht alle an. Außerdem wollten wir eine Reihe von Konfliktfeldern konsolidieren und natürlich die Koalitionsvereinbarung umsetzen.

Wie versprochen, ist der Kulturetat kontinuierlich gesteigert worden. Aktuell umfasst er für die Kernaufgaben rund 107 Millionen € im Jahr 2020 und 116 Millionen € im Jahr 2021. Jubiläen und Investitionen wurden gesondert finanziert. Das gesetzte Ziel ist damit erreicht worden. Dafür, meine Damen und Herren, möchte ich mich ausdrücklich

bei den Abgeordneten des Landtages bedanken, vor allem bei den Koalitionsfraktionen.

(Zustimmung)

Vor dem Hintergrund der haushaltspolitischen Herausforderungen appelliere ich an Sie, sich weiter zu der besonderen Verantwortung für die einzigartige Kulturlandschaft Sachsen-Anhalts zu bekennen und so auskömmliche wie verlässliche finanzielle Ressourcen bereitzustellen, auch zur Abmilderung der Coronafolgen.

Für die Theater und Orchester hat die Landesregierung nach den komplizierten Vorjahren ihre Zuwendungen erheblich angehoben. Die starke jährliche Dynamisierung gestattet es den Trägern, in der Regel wieder Tarif zu zahlen und ihren Personalstamm zu halten.

Das sind stabilisierende Faktoren, die im Bundesvergleich Anerkennung erfahren haben und in der aktuellen Coronapandemie helfen, dass diese Häuser nicht in Existenznöte geraten. Dessau, Eisleben und Halle, die in den Jahren 2014 bis 2018 stark unter Konsolidierungsdruck standen, erhalten zusätzliche Mittel.

Kleine Häuser brauchen sich keine grundsätzlichen Sorgen mehr zu machen. Das hat dort die Bereitschaft zu Investitionen geweckt, die wir fördern. Das Theater Naumburg erhält ein neues Haus, die Theater Eisleben und Stendal sowie im Nordharzer Städtebund werden grundlegend, behindertengerecht, energetisch oder wegen des Brandschutzes saniert.

Ich habe in den vergangenen Jahren viele wunderbare Aufführungen gesehen, in kleinen und in großen Häusern, in allen Sparten. Ich danke allen künstlerisch Verantwortlichen und ihren Ensembles für ihr großes Engagement, auch in den Coronawochen.