Protocol of the Session on November 19, 2020

Wir haben ein Ergebnis. Wir haben zu dem Antrag der Koalitionsfraktionen 42 Jastimmen, 21 Neinstimmen und 14 Stimmenthaltungen. Zehn Abgeordnete waren nicht anwesend. Demzufolge ist dieser Antrag mehrheitlich angenommen worden. Damit sind wir jetzt am Ende dieses Tagesordnungspunktes.

Ich will jetzt zumindest Aufmerksamkeit bei den Fraktionsvorsitzenden und den parlamentarischen Geschäftsführern erzeugen, soweit sie im Raum sind. Es ist die Ansage erfolgt, dass am morgigen Tag die Tagesordnungspunkte 20 und 23 getauscht werden sollen. Meiner Meinung nach ist das zwischen den Fraktionen verabredet worden.

Etwas, das allerdings nicht verabredet worden ist, ist, dass wir uns jetzt eine Stunde im Zeitverzug befinden. Wir haben jetzt folgendes Problem: Wir haben zumindest eine - ich will sie nicht Mittagspause nennen - Unterbrechung um 14 Uhr geplant. Wir haben jetzt noch die Punkte aus dem Prioritätenblock, die wir eigentlich nicht auseinanderreißen wollten. Das bedeutet aber, dass diese Unterbrechung um etwa 15 Uhr erfolgen wird. Falls es dazu noch Innovationsbedarf gibt oder wir eventuell darüber reden, einen dieser Punkte nach der Mittagspause zu behandeln, dann müssten die parlamentarischen Geschäftsführer das jetzt miteinander bereden.

(Zurufe: Jetzt! - Die machen wir jetzt! - Jetzt machen wir das!)

- Der Vorschlag aus den Fraktionen ist, jetzt eine Mittagspause zu machen.

(Zurufe: Ja! - Genau! - Cornelia Lüdde- mann, GRÜNE: Nein!)

- Ich höre Zustimmung aus den Fraktionen, deren Anträge jetzt kommen. Deswegen würde ich gar keinen Aufstand machen und würde darüber nicht groß abstimmen lassen. Dann machen wir das so. Dann gehen wir jetzt in die Mittagspause. Wir sehen uns hier wieder um 13:30 Uhr.

Unterbrechung: 12:36 Uhr.

Wiederbeginn: 13:32 Uhr.

Werte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Ich will jetzt, nach der Mittagspause, fortfahren.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 3

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Landesversammlungsgesetzes und von Zuständigkeiten für die Aufgaben nach dem Versammlungsrecht

Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 7/6832

Änderungsantrag Fraktion AfD - Drs. 7/6896

Einbringer des Gesetzentwurfes der Landesregierung ist Minister Herr Stahlknecht. Herr Minister, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Versammlungsgesetz ist mittlerweile nahezu elf Jahre alt bzw. seit elf Jahren in Kraft und hat sich nach unserer Auffassung grundsätzlich gut bewährt. Die praktischen Erfahrungen der Versammlungsbehörden und der Polizei haben jedoch gerade jetzt wieder gezeigt, dass einige Normen der Nachjustierung bedürfen, um den Ansprüchen an ein modernes meinungs- und versammlungsfreundliches, bei Bedarf aber auch befugnisstarkes Versammlungsrecht zu genügen.

Mit der vorgesehenen Gesetzesänderung soll das Schutzgut der öffentlichen Ordnung Eingang in die Generalklausel des Landesversammlungsgesetzes finden. Auf Artikel 37a der Landesverfassung, die wir gerade erst gemeinsam beschlossen haben, soll in diesem Zusammenhang explizit verwiesen werden.

Dieses im Versammlungsgesetz des Bundes enthaltene Schutzgut war seinerzeit im Interesse der Versammlungs- und Meinungsfreundlichkeit nicht in das Landesrecht übernommen worden. Damit sind die versammlungsbehördlichen Eingriffsbefugnisse auf unmittelbare Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit beschränkt. Das Schutzgut der öffentlichen Ordnung war lediglich in Form konkretisierender Tatbestände aufgenommen worden, um bestimmte symbolträchtige Orte und Tage unter besonderen versammlungsrechtlichen Schutz zu stellen. Dies hat sich in der

Praxis als problematisch erwiesen, da es den Versammlungsbehörden ohne diesen Auffangtatbestand in der Generalklausel regelmäßig verwehrt wird, gerade auf neuartige und atypische Gefahrensachverhalte versammlungsrechtlich angemessen zu reagieren.

Als nachteilig hat es sich zudem erwiesen, dass der Regelungsgehalt des im Versammlungsgesetz des Bundes enthaltenen Uniformierungsverbotes nur teilweise in das Landesrecht übernommen worden war. Dadurch ist das öffentliche Tragen von Uniformen, Uniformteilen oder uniformähnlichen Kleidungsstücken außerhalb von Versammlungen nicht strafbewehrt, selbst wenn dies Ausdruck einer gemeinsamen politischen Gesinnung ist und davon eine einschüchternde Wirkung ausgeht. Das Tragen gleichartiger Kleidungsstücke ist vom Landesversammlungsgesetz gar nicht erfasst, obwohl es die gleiche Wirkung entfalten kann. Diese Regelungslücken sollen mit der Gesetzesänderung geschlossen werden.

Weiterhin hat der Landesgesetzgeber darauf verzichtet, das Schutzwaffen- und Vermummungsverbot bei sonstigen Veranstaltungen außerhalb von Versammlungen aus dem Bundesrecht in das Landesrecht zu übernehmen und in der Folge Verstöße hiergegen unter Strafe zu stellen. In der Praxis der Strafverfolgungsbehörden hat dies zu rechts- und sicherheitspolitisch unbefriedigenden Ergebnissen geführt. Die Gesetzesänderung soll dieses Defizit beheben.

Mit einer Ergänzung der Regelung zur Anmeldepflicht und der Bestimmung, dass die Anmeldung einer Versammlung frühestens zwei Jahre vor deren Beginn wirksam erfolgen kann, soll Bestrebungen entgegengewirkt werden, durch teilweise viele Jahre im Voraus vorgenommene Anmeldungen insbesondere exponierte Orte oder historisch bedeutsame Daten für andere Anmelder zu blockieren. Zudem soll unnötiger Verwaltungsaufwand bei den Versammlungsbehörden vermieden werden.

Neben der Änderung des Landesversammlungsgesetzes soll auch eine Änderung der versammlungsbehördlichen Zuständigkeiten erfolgen. Gemäß der Zuständigkeitsverordnung des SOG sind für die Wahrnehmung versammlungsrechtlicher Aufgaben bislang die Landkreise und die kreisfreie Stadt Dessau-Roßlau sowie für die Gebiete der kreisfreien Städte Magdeburg und Halle die Polizeiinspektion Magdeburg bzw. die Polizeiinspektion Halle zuständig.

Im Zuge der weiteren Kommunalisierung und Vereinheitlichung staatlicher Aufgaben sollte ursprünglich die versammlungsbehördliche Zuständigkeit von den Polizeiinspektionen auf beide kreisfreie Städte übertragen werden. Weitergehende Überlegungen führten jedoch letztlich

dazu, dass es den Städten Magdeburg und Halle freigestellt wurde, zukünftig die versammlungsbehördliche Zuständigkeit zu übernehmen. Sie wurden daher im Vorfeld der Erarbeitung des Gesetzentwurfes gebeten, sich zu äußern.

Der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Magdeburg Herr Dr. Trümper hat mitgeteilt, dass er von der Option einer Zuständigkeitsübertragung nicht Gebrauch machen wolle. Der Herr Oberbürgermeister der Stadt Halle hat sich zu der ihm gestellten Frage ausweichend geäußert. Da er jedoch zurückliegend die versammlungsbehördliche Zuständigkeit bereits mehrfach öffentlichkeitswirksam eingefordert hat, wird davon ausgegangen, dass er mit der Gewährung des gebotenen Finanzausgleiches seine Forderung aufrechterhält, sodass zukünftig die Stadt Halle selbst zuständige Versammlungsbehörde ist.

Das sind die wesentlichen Änderungen, die wir Ihnen heute vorschlagen. Wir bitten darum, das in die zuständigen Ausschüsse zur weiteren Beratung zu überweisen. - Herzlichen Dank dafür.

(Zustimmung)

Herr Minister, es gibt von einem Abgeordneten eine Frage, und zwar von Herrn Loth.

Herr Loth, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Minister Stahlknecht, ich habe eine Frage. Das Versammlungsrecht, das Recht, sich unter freiem Himmel zu versammeln, ist das letzte Abwehrrecht, das der Bürger hat, der mit verschiedenen Maßnahmen der Regierung nicht einverstanden ist. Dieses Recht kann natürlich durch Gesetze und Verordnungen beschnitten werden, das ist klar, das steht auch im Grundgesetz. Jedes Land macht dann seine spezifischen Gesetze dazu. Diese Gesetze sollten aber klar sein. Es sollte definiert sein und es sollte wirklich für jeden verständlich sein, was damit bezweckt wird.

Helfen Sie mir bitte zu verstehen: Was sind „gleichartige Bekleidungen“? Ist es, wenn Sie zum Beispiel mit Ihren Personenschützern unterwegs sind - Sie sind dann eigentlich eine Versammlung, Sie sind drei Leute; wenn Sie dazu noch eine Meinung kundtun, wäre es sogar eine öffentliche Versammlung - und Sie alle die gleiche Kleidung

tragen, dann ein Verstoß gegen das neue Versammlungsgesetz? - Das wäre meine Frage. Was ist „gleichartig“?

Ich helfe Ihnen mit einem Blick in die Geschichte.

(Oliver Kirchner, AfD: Das wird nichts Gu- tes! - Heiterkeit)

- Herr Kirchner, vielleicht für Sie nicht, das mag sein.

(Unruhe)

Es gab in der Weimarer Republik ein Uniformverbot für die NSDAP, weil die immer mit SA-Kleidungsstücken - bis 1934 war es ja eher die SA - demonstriert haben. Das hat man dann verboten. Der damalige Gauleiter von Berlin Herr Dr. Goebbels hat dann gesagt: Jetzt machen wir das mal ganz anders. Die Uniform bestand dann aus einer schwarzen Tuchhose und einem weißen Hemd - normale Zivilkleidung. Aber sie waren wieder uniformiert. Genau das haben wir, damit sich diese Geschichte nicht an anderer Stelle wiederholt, unter anderem an dieser Stelle mit im Blick gehabt. Die Frage ist jetzt beantwortet?

(Zuruf: Und mit welcher Notwendigkeit? - Robert Farle, AfD: Man kann auch Schwarz- Schwarz machen! Man kann doch ganz in Schwarz gehen, voll vermummt! - Unruhe)

- Herr Farle, das war jetzt nicht unbedingt ein sinnstiftender Beitrag, aber immerhin.

Herr Minister, Herr Loth hat noch eine kleine Nachfrage.

Ich bedanke mich für den geschichtlichen Exkurs.

(Minister Holger Stahlknecht: Gern! - Hei- terkeit)

Allerdings stellt sich bei mir die Frage: Wo ist heute die Notwendigkeit, SA-Schlägertrupp-Versammlungen zu verbieten, die sich andere Hemden anziehen? Wo ist dieses Problem heute akut, das Sie gerade beschrieben haben? - Denn Gesetze sollten immer auf die Lage reagieren, die wir haben. Wenn Sie das hier so als Änderung einbringen, muss ja etwas vorliegen.

Es gibt genug Beispiele, wo uniformiert gelaufen worden ist, beispielsweise durch Maskentragen usw.

(Zurufe: Masken? Was? - Robert Farle, AfD: Da siehst du es! - Zurufe: Werden dann auch die 1.-Mai-Demos verboten? - In der Begründung stehen doch Beispiele drin! Ihr müsst doch nur mal gucken!)

In der Begründung werden im Übrigen Beispiele aufgeführt. Eines aus der Geschichte habe ich Ihnen genannt. Ich habe Ihnen andere genannt. Insofern erschließt sich das. Wenn Sie gleichartig gekleidet sind, um damit den Eindruck einer homogenen Masse in einer Versammlung zu erzeugen und damit eine politische Willensbekundung auch durch gleichartige Kleidungsstücke zum Ausdruck zu bringen, dann sind wir zukünftig in der Lage, das zu verbieten. Somit ist das generell abstrakt erklärt.

(Unruhe)