Protocol of the Session on October 15, 2020

Ein rötlicher Staub legte sich auf Oberflächen in diesem Stadtteil. Erste Vorkommnisse soll es nach Aussagen des Landrates bereits im Jahr 2013 gegeben haben. Weitere gab es im Jahr 2015. Nun, im Jahr 2020, gab es sie wieder.

Wir haben uns mit dem Thema bereits im Ausschuss befasst. Die Behörden sagen, das Risiko für das Auftreten von sogenanntem Flugrost bzw. von Eisenablagerungen könnte aus der Nähe zu Bahnanlagen und Gleisen resultieren, im Zusammenhang mit den Folgen von mehr als 60 Jah

re langer Metall verarbeitender und chemischer Industrie stehen oder eventuell auch aus Produktions- und Transportprozessen gewerblicher Unternehmen in den Ereignisjahren resultieren.

Der Staub tritt nicht permanent, sondern sporadisch auf, und hat zu den hier bereits genannten Folgen geführt. Nach den Meldungen von betroffenen Anwohnern - ich habe mir das auch vor Ort angeschaut; ich bin regelmäßig, das heißt, fast jede Woche, in Staßfurt - hat es Ortsbegehungen und unangemeldete Kontrollen in insgesamt sechs Firmen gegeben, die gegebenenfalls als Verursacher infrage kommen könnten.

Zuständig sind sowohl der Landkreis als auch das Landesverwaltungsamt und das LAU. Luftmessungen wurden durchgeführt, Staubmessstellen aufgestellt. Es wurde ein prophylaktischer Filterwechsel angeordnet und realisiert. Unterlagen der letzten Jahre zur Eigenüberwachung sämtlicher Produktionsanlagen wurden kontrolliert. Filtereinrichtungen und Staubproben wurden analysiert, doch konnten hierbei bis heute keine Auffälligkeiten oder Überschreitungen der genehmigten Werte bei Unternehmen in Staßfurt festgestellt werden.

Bei der Beprobung von Böden und Lebensmitteln in angrenzenden Gärten wurden ebenfalls keine Auffälligkeiten festgestellt. Nirgendwo wurden bei Messungen Grenzwerte überschritten, so die Auskunft der Behörden. Selbst strengere Prüfwerte für Kinderspielplätze wurden bei den Bodenproben, beispielsweise in Gärten, weit unterschritten. Im Ergebnis aller Untersuchungen konnte kein Verursacher zweifelsfrei festgestellt werden.

(Zuruf: Das war 2015!)

Somit - jetzt kommen wir zum Punkt des Antrages - bleiben die Geschädigten auf ihrem Schaden sitzen und haben die Aussage im Hinterkopf: Eine Gesundheitsgefährdung bestand nie. Dennoch sind Schäden vorhanden. Ein Schadensersatz könnte nur gegenüber einem festgestellten Verursacher beansprucht werden. Damit kann und darf man sich nicht zufriedengeben.

(Zustimmung - Zuruf: Richtig!)

Deswegen empfehlen wir die Überweisung sowohl des Antrages als auch des Alternativantrages in den Umweltausschuss des Landtages. Dorthin gehören sie.

Im Übrigen haben wir bei der letzten Befassung mit dem Thema im Ausschuss, die mich angesichts der dort erhaltenen Aussagen von Vertretern der Institutionen, die mit der Prüfung beauftragt wurden, genauso sprachlos machte, bereits vereinbart, das Thema weiter aufzuarbeiten. Denn mit dem Ergebnis kann und darf man sich nicht zufriedengeben.

Ich will zum Schluss nur noch Folgendes anmerken - ich glaube, es ging allen Kolleginnen und Kollegen so -: Wenn - -

Sehr geehrter Kollege, Sie haben Ihre Redezeit schon weit überschritten. Ich habe Ihnen schon Etliches an Sekunden dazugegeben.

Gut, deswegen formuliere ich den Schlusssatz.

Den letzten Satz, bitte.

Deswegen soll mein Schlusssatz sein: Wenn man im „Tatort“ sieht, wie anhand eines Maikäferflügels schwerste kriminelle Straftaten mithilfe der Wissenschaft und Technik aufgeklärt werden, die uns zur Verfügung stehen, dann kann man keinem in Staßfurt oder anderswo erklären, dass man den Verursacher nicht herausbekommt. Darauf setzen wir.

(Zustimmung)

Vielen Dank, Herr Gürth. Ich habe keine Wortmeldungen gesehen. - Damit kommt der nächste Debattenredner an die Reihe. Für die Fraktion DIE LINKE spricht Herr Abg. Lange. Herr Lange, Sie dürfen jetzt und haben das Wort. Bitte.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Über die Vorfälle mit dem roten Staub in Staßfurt und seine Folgen wurde in der Debatte bereits berichtet. Wir haben eine lange Ausschussberatung dazu gehabt, die mich ernsthaft ratlos und verärgert zurückgelassen hat.

Das Phänomen tritt zum wiederholten Male auf - mit allen beschriebenen Folgen für die Menschen vor Ort; mit Schäden, Verunsicherung und Misstrauen -, und weder das Landesverwaltungsamt noch das Landesumweltamt sehen sich veranlasst, Proben von dem Staub zu entnehmen, um ihn gründlich zu untersuchen. Ein völlig unmotivierter Staatssekretär Rehda begründete das im Ausschuss mit: keine akute Gesundheitsgefahr. Ich habe mich ernsthaft gefragt, ob er vielleicht keine Lust mehr auf sein Amt hat. Es wurde geäußert: Na ja, das Ganze ist teuer, so eine Spurenstoffanalyse ist aufwendig und überhaupt ist es fraglich, ob man den Verursacher findet.

Meine Damen und Herren! Dieses Herangehen ist empörend und muss sich prinzipiell ändern.

(Beifall)

Ich habe dann mit meiner Kollegin Bianca Görke über den Ausschuss und die dort getroffenen Aussagen gesprochen. Sie kommentierte nur zynisch, dass in Staßfurt ja auch die Fische auf dem Weg ins Labor so verwesten, dass die Todesursache nach einem Massensterben nicht mehr festgestellt werden könne.

Meine Damen und Herren! Das ist die Stimmung vor Ort. Und das ist ein Problem.

(Zustimmung - Zuruf: Ja!)

Wenn sich die Leute mit solchen Umweltproblemen allein gelassen fühlen, wenn das Vertrauen darin schwindet, dass alles unternommen wird, um die Verursacher von Umweltverschmutzung festzustellen - diese sollten im Falle des roten Staubs dafür haften, wenn Schäden entstehen -, dann schwindet das Vertrauen in den Staat und seine Institutionen. Das können wir uns nicht leisten.

(Beifall)

Daher hat DIE LINKE einen Alternativantrag gestellt und gefordert, dass solchen Umweltverschmutzungen prinzipiell auf dem Grund gegangen wird - egal wo sie auftauchen.

Wir haben im Ausschuss auch gehört, dass es Zufall war zu erfahren, wenn Maßnahmen eingeleitet wurden. Auch das kann es im Informationszeitalter nicht sein. Es braucht Aufklärung und Transparenz, um jedem Eindruck von Mauschelei entgegenzuwirken. Auch das möchten wir mit unserem Alternativantrag erreichen.

Falls Sie das mit dem maschinenlesbaren Format noch nicht verstehen: Es geht um die OpenSource-Kiste, nämlich darum, dass Informationen direkt weitergegeben werden, dass Informationen sozusagen auch proaktiv in die Bevölkerung hineingegeben werden.

Sie haben in dem Fall jetzt die Ausschussberatung vorgeschlagen. Wir werden sie führen. Wir hoffen, dass wir diesmal vom grünen Umweltministerium mehr erfahren - und zwar das, was geht, und nicht immer nur das, was nicht geht.

(Beifall)

Vielen Dank, Herr Abg. Lange. Auch hierzu sehe ich keine Wortmeldungen. - Wir kommen zum nächsten Debattenredner. Für die SPD-Fraktion wird der Abg. Herr Dr. Schmidt reden. Sie dürfen jetzt und bekommen von mir das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zur Sache ist jetzt hier schon eine Menge gesagt worden. Das muss ich gar nicht alles wiederholen. Eines muss ich allerdings auch im Namen meiner Fraktion wiederholen. Auch wir sehen es so: Es ist nicht akzeptabel, diese Situation unter den Augen der Leute so geschehen zu lassen und zu sagen, man schaut mal, mal was man machen kann, stellt dann fest, dass man den Verursacher nicht ermitteln kann, definiert, dass keine akute Gesundheitsgefährdung besteht,

und stellt dann den Betrieb ein. Ich habe jetzt mit Freude vernommen, dass die Ministerin das auch so sieht und die Behörde jetzt in Wallung bringt.

Ich will die Liste der Problemchen und Ungereimtheiten nur noch um zwei Dinge ergänzen. Es ist gesagt worden, es sei nicht ausgeschlossen, dass auch auf der Bahnlinie transportiertes Gut für den Staub verantwortlich sein könne. Wenn das so ist, dann stellt sich natürlich jedem die Frage: Wieso hat man nicht mal mit der Bahn Kontakt aufgenommen und geprüft, was wann in den Zeiträumen, in denen die Staubimmissionen aufgetreten sind, transportiert worden ist? - Wenn im Landesverwaltungsamt fünf Jahre lang keiner auf eine solche Idee kommt, dann ist das schon irgendwie betrüblich.

Die Frage, warum die Staubsammelbehälter im Juli 2020 abgebaut und dann nicht wieder aufgebaut wurden, als das Phänomen im August 2020 wieder auftrat, so zu beantworten wie Herr Rehda, der gesagt hat, man habe dafür keine Notwendigkeit gesehen, ist eben nicht so wahnsinnig ermutigend.

Insofern ist es richtig, dass die Dokumente im Zusammenhang mit diesem Antrag jetzt in den Ausschuss überwiesen werden. Dort werden sie auf die Bemühungen der Ministerin treffen, jetzt für Aufklärung zu sorgen.

Das ist nicht nur deshalb wichtig, weil die Leute in Staßfurt natürlich ein Interesse daran haben, dass ihr Problem geklärt wird, ihnen ihre Angst genommen wird und sie einen Verantwortlichen finden, an den sie ihre Schadensersatzansprüche richten können. Vielmehr ist es auch deshalb wichtig, weil es ein Problem insgesamt ist. Kontrolldichte und Effizienz, also das Erwischen der bösen Buben, zeigt auch den anderen Buben, dass es sich nicht lohnt, zu bösen Buben zu werden oder nach und nach darin hineinzugleiten, schludrige Buben zu sein.

Das brauchen wir nicht nur wegen des einen potenziellen Verursachers, sondern auch wegen der vielen anderen drumherum, von denen wir

erwarten, dass sie sich an die Regeln halten. - Vielen Dank.

(Zustimmung)

Vielen Dank, Herr Abg. Dr. Schmidt. Ich sehe auch hierzu keine Wortmeldungen. - Wir kommen zum nächsten Debattenredner. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wird der Abg. Herr Aldag sprechen. Sie dürfen jetzt, Herr Aldag. Ich erteile Ihnen das Wort. Bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Herr Büttner, wir haben bereits im Ausschuss eine Auseinandersetzung darüber gehabt, in welcher Art und Weise und in welchem Ton man über komplexe Sachverhalte diskutiert und im kontroversen Austausch von Argumenten auch den gegenseitigen Respekt bewahrt.

Ich bin deswegen sehr froh, dass Sie sich heute an Ihr Manuskript gehalten und die Emotionen weggelassen haben und wir das Ganze auf einer sachlichen Ebene diskutieren können. Denn im Ausschuss haben Sie die Behörden und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch pauschal als unfähig hingestellt und pauschal allen Behörden grundsätzliches Versagen unterstellt. Das will ich so nicht im Raum stehen lassen.

Ja, auch ich bin mit vielen Dingen unzufrieden. In Staßfurt haben wir es wirklich mit einem Phänomen zu tun. Es ist der zweite Fall, bei dem Dinge passieren, die die Umwelt betreffen, mit denen die Bürgerinnen und Bürger nicht zufrieden sind. In beiden Fällen können wir die Verursacher des Phänomens nicht feststellen. Das stimmt auch mich unzufrieden. Deswegen habe ich im Namen meiner Fraktion den Selbstbefassungsantrag gestellt, um eben dieses Thema in den Landtag zu tragen.

Aber noch einmal: Mitnichten ist es so, dass die Behörden komplett versagt haben. Ich will ihnen auch nicht grundsätzliche Unfähigkeit vorwerfen. Denn wir haben es in den Ausführungen der Ministerin gehört: Es wurden viele Dinge unternommen. Wir waren uns im Ausschuss alle darüber einig, dass wir nicht zufrieden sind und es viele Unklarheiten gibt. Aber ich habe heute von der Ministerin vernommen, dass das Problem erkannt wurde, man nachbessern will und dementsprechend die Untersuchungen, die Sie in Ihren Anträgen gefordert haben, vornehmen will.

Deshalb ist es richtig und sinnvoll, beide Anträge in den Ausschuss zu überweisen, um sie dort noch einmal zu diskutieren und auch nochmals die Stellungnahmen der Behörden und des Minis

teriums entgegenzunehmen und zu diskutieren. Ich bitte somit um die Überweisung der beiden Anträge in den zuständigen Ausschuss. - Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Abg. Aldag. Auch hierzu gibt es keine Wortmeldungen. - Zum Ende der Diskussion kommen wir nochmals zur AfD-Fraktion; Herr Büttner hat noch einmal das Wort. Bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich bedanke mich zunächst für das rege Interesse heute, für die positive Resonanz auf diesen Antrag sowie für das Interesse im Umweltausschuss. Ich muss deutlich sagen, dass mir gut gefallen hat, dass bei einer unideologischen Sache, die im Prinzip fast politikfrei ist und bei der es wirklich um Staubemissionen geht, die eigentlich gar nicht passieren dürfen, eine Zusammenarbeit möglich ist bzw. man gemerkt: So muss Politik funktionieren. Man stellt fest, hier funktioniert etwas nicht; und dann werden alle gemeinsam das Ministerium genauer unter die Lupe nehmen, und das ist dort passiert.