Protocol of the Session on October 15, 2020

möglich, mit den Vorschriften der Landesverfassung zum Auskunftsrecht der Abgeordneten gegenüber der Landesregierung zu argumentieren, weil es ausdrücklich um ein Thema geht, das ausschließlich den Landtag selbst betrifft. Deswegen ist die Situation so, wie sie ist.

Dann habe ich Folgendes: Für die CDU-Fraktion ist kein Redner gemeldet worden. Für die Fraktion DIE LINKE ist ebenfalls kein Redner gemeldet worden. Auf meiner Liste steht, dass Herr Grube für die Koalitionsfraktionen spricht. Deswegen hat Herr Grube jetzt das Wort. Bitte.

Herr Präsident! Hohes Haus! Wir erleben heute den nächsten Akt der Schmierentragödie, die die AfD hier seit vier Jahren aufführt und deren Titel lautet: „Hütet euch vor den bösen Linken!“, wobei bei Ihnen in den Rollen natürlich DIE LINKE, die GRÜNEN und auch die SPD auftauchen und - wie wir zu unser aller Verblüffung gelegentlich feststellen müssen - auch die CDU.

(Zuruf: Gerade!)

Die Taktik ist klar. Sie wollen die Gefahr von links möglichst groß aufblasen, damit die Gefahr von rechts möglichst klein erscheint. Aber ich sage Ihnen ganz klar: Vor dem Hintergrund der Morde des NSU, vor dem Hintergrund der Lecks in den Sicherheitsorganen, vor dem Hintergrund der Todeslisten Ihrer Geistesgenossen aus Mecklenburg-Vorpommern, auf denen Tausende Politikerinnen und Politiker,

(Zurufe)

Journalistinnen und Journalisten und andere den Rechten missliebige Personen auch aus Sachsen-Anhalt stehen, und vor dem Hintergrund des Terroraktes von Halle vor einem Jahr sage ich Ihnen: Die größte Gefahr in diesem Land kommt von rechts außen, die größte Gefahr für dieses Land sind der Rechtsextremismus und der Rechtsterrorismus.

(Beifall)

Sie, die das dauernd relativieren, machen sich mit schuldig. Mit jeder Relativierung dieser Gefahr, mit jeder Relativierung des Nationalsozialismus, mit jeder Verharmlosung von Rechtsextremisten und Antisemiten in Ihrer Partei werden die Toten von Halle auch zu Ihren Toten, meine Damen und Herren.

(Beifall - Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Die Strategie hinter Ihrem Treiben ist klar: Vor vier Jahren war das die Strategie der neuen Rechten, die Gefahr von links heraufzubeschwören, um

sich für die Mitte der Gesellschaft als Retter anzubieten. Donald Trump versucht mit der gleichen Masche immer noch, die Wahl in zwei Wochen zu gewinnen.

(Zuruf: Na, der wird ja auch gewinnen!)

Bei dem gucken Sie sich gerne Strategien ab. Das haben wir auch gestern wieder gesehen, als Herr Farle hier über die Defizite bei der Briefwahl sinniert hat und Sie versucht haben, Misstrauen bezüglich einer Briefwahl zu schüren.

(Zustimmung - Zurufe)

Teil dieser Strategie ist auch die Diffamierung wichtigster gesellschaftlicher Gruppen, wie Vereine, Verbände, Gewerkschaften und Kirchen. Sie versuchen, möglichst viele Leute, die gegen Sie und Ihre Machenschaften aufstehen, mit Dreck zu bewerfen.

(Zuruf)

Da werden Sie uns - damit meine ich auch alle anderen - immer auf der richtigen Seite finden: also nicht auf Ihrer. Wir werden alles Mögliche tun, damit Sie keinen Erfolg haben.

(Zurufe: Das gelingt Ihnen aber nicht! - Wir sind stärker als Sie! - Weitere Zurufe)

Aber heute, vier Jahre nach Beginn der Wahlperiode, ist das nicht mehr so Strategie, sondern nackte Panik.

(Zurufe)

Es ist für Sie eine existenzielle Frage geworden, wie es weitergeht mit der Beobachtung durch den Verfassungsschutz. In einer Zeit, in der Ihr eigener Bundesvorstand den ehemaligen Spitzenkandidaten aus Brandenburg aus der Partei wirft, in der ein Bundestagsabgeordneter aus Magdeburg, der durch harten Antisemitismus aufgefallen ist, aus der Partei geworfen wurde,

(Zurufe)

aber trotzdem wieder als Bundestagskandidat aufgestellt wird, in einer Zeit, in der Ihre eigene Fraktionsreferenten Waffen horten, um sich auf den Rassenkrieg vorzubereiten,

(Zurufe: Was ist mit dem Thema? - Das hat damit gar nichts zu tun!)

und wo klar ist, dass es an der Spitze Ihrer Partei hoffähig ist, beim Thema „Geflüchtete“ nicht nur auf Abschiebung zu setzen,

(Robert Farle, AfD: Lass ihn doch quat- schen, wirklich! - Lydia Funke, AfD: Er sagt nichts zu der Kommission! - Weitere Zu- rufe)

sondern auch auf Kugeln und Gaskammern, und der Pressesprecher der Bundestagsfraktion

(Robert Farle, AfD: Lasst den Deppen doch reden!)

nicht deshalb rausgeflogen ist, weil er so denkt, sondern weil er erwischt wurde, ist das natürlich für viele in Ihrer Partei und auch in Ihrer Fraktion eine existenzielle Frage,

(Zurufe: Zum Thema!)

zum Beispiel wenn sie Beamte oder Angestellte im öffentlichen Dienst sind und dort schon die Frage ist, wie sich das denn mit der Mitgliedschaft in Ihrer Partei verträgt, die auch in Gänze vom Verfassungsschutz beobachtet werden könnte und sollte.

In einer Zeit wie dieser, in der Ihnen der Arsch auf Grundeis geht, kommen Sie heute mit der Geschäftsordnung. Ich muss Ihnen sagen: Wir sind in den letzten vier Jahren schon einiges von Ihrer gespielten Ahnungslosigkeit bei parlamentarischen Abläufen und Ihrer Verächtlichmachung des Parlamentes gewohnt.

(Zuruf)

Aber dass Sie Ihre Unfähigkeit und Ihre Faulheit in dieser Enquete-Kommission, dass Sie die Parteilichkeit Ihrer Sitzungsleitung und vor allem, dass Sie Ihre fortgesetzte Weigerung, sich an geltenden Recht und Gesetz zu halten, anderen in die Schuhe schieben wollen, das ist dreist - selbst für Ihre Verhältnisse.

(Beifall)

Ich will einmal zum AfD-Pannenregister in dieser Enquete-Kommission kommen. Zuerst gab es Herrn Poggenburg als Vorsitzenden dieser Kommission, der vieles gemacht hat, aber bestimmt nicht, deren Sitzungen unparteiisch leiten. Den haben Sie dann selbst als Fraktionsvorsitzenden abgesägt, und damit hatte sich das Problem auch erledigt.

Dann hat sich Herr Roi als Vorsitzender der Kommission damit hervorgetan, dass er hier im Parlament über Abläufe in der Kommission gelogen hat. Als dann noch herauskam, dass er selbst ein großes Interesse daran hat, an NaziDemos teilzunehmen, hat das Parlament in einem Akt von Selbsthygiene beschlossen, dass es keine gute Idee ist, so jemanden eine Kommission leiten zu lassen.

Dann Ihre bockige Farce mit dem Minderheitenvotum zum Zwischenbericht und Ihre fortgesetzte Weigerung, sich an Recht und Gesetz zu halten.

(Daniel Roi, AfD: Unsere Weigerung? Das ist wirklich lächerlich!)

Ja, Sie haben ein Recht auf ein Minderheitenvotum.

(Daniel Roi, AfD: Ach!)

Das ist in diesem Haus übrigens noch nie von jemandem bestritten worden.

(Zuruf: Doch, Sie haben es bestritten!)

Was das Minderheitenrecht allerdings nicht umfasst, ist das Recht, aus dem Minderheitenvotum eine Anklageschrift auch gegen Einzelpersonen zu machen, die mit Sachverhalten aufwartet, die nie in der Kommission zur Sprache kamen. Das hat der GBD übrigens schon mit Stellungnahme vom 13. bzw. vom 17. Dezember 2018 festgehalten. Darin steht: Fraktionen müssen dafür Sorge tragen, dass Datenschutzbestimmungen eingehalten werden. - Das sollte relativ einfach sein. - Namen von Personen, die keine Person des öffentlichen Lebens sind, müssen geschwärzt werden.

Über die Frage, ob Tatsachen oder Tatsachenbehauptungen, die nicht in der Kommission erörtert wurden, in den Bericht aufgenommen werden, muss die Kommission notfalls mit Mehrheit entscheiden.

Meine Damen und Herren von der AfD, es gibt keine Mehrheit in der Kommission, das, was Sie an Dingen irgendwoher zusammenkopiert haben, das nie in der Kommission Thema war, in den Bericht einfließen zu lassen, und damit ist Ihr Minderheitenvotum einfach rechtswidrig.

(Zustimmung)

Wir demokratischen Parteien oder, wie Sie sagen, Altparteien halten uns an Recht und Gesetz.

(Lachen)

Die AfD weigert sich, das zu tun. Dieses Parlament ist Teil des Rechtsstaates. Solange Sie kein nicht rechtswidriges Minderheitenvotum vorlegen, kann das hier auch nicht auf die Tagesordnung gesetzt werden, und das bleibt so.