Protocol of the Session on October 14, 2020

Aufgrund der vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst empfohlenen und vom Ausschuss übernommenen Änderungen in § 161 Abs. 2 des Kommunalverfassungsgesetzes soll der Begriff der „außergewöhnlichen Notlage“ durch die Terminologie „einer landesweiten epidemischen oder pandemischen Lage“ ersetzt werden.

Dies bedingt jedoch die Anpassung des gleichen Terminus in § 56a Abs. 1 Satz 3 des Kommunalverfassungsgesetzes, welcher auf § 161 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 Bezug nimmt und insofern einer einheitlichen Terminologie bedarf.

Bei der Herausgabe der Ihnen in der Drs. 7/6681 vorliegenden Beschlussempfehlung wurde diese notwendige Änderung bereits vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst berücksichtigt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Ausschuss für Inneres und Sport bittet um Zustimmung zu dieser Beschlussempfehlung unter Berücksichtigung der von mir dargestellten und bereits enthaltenen Änderungen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Vielen Dank, Herr Abg. Kohl. - Den Tagesordnungspunkt 1b bringt der Abg. Herr Farle ein. - Herr Farle, Sie dürfen zum Pult gehen und haben auch gleich das Wort. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Unter der Überschrift „Reine Briefwahl abwenden und grundgesetzkonforme Urnenwahl garantieren - Aushebelung der Verfassung verhindern“ hat die AfD-Fraktion heute einen wichtigen Antrag eingebracht, um die vom Grundgesetz normierten Rechte zu schützen.

Als die Nationalsozialisten im Jahr 1933 in die Regierung kamen, riefen sie mit verfassungsmäßig zweifelhaften Verordnungen den permanenten Ausnahmezustand aus und setzten elementare Grundrechte außer Kraft. Was wir jetzt mit den sogenannten Coronaverordnungen der Regierungen in Bund und Land erleben, ähnelt diesem antidemokratischen Prozess.

(Olaf Meister, GRÜNE: Das ist unglaublich!)

In den Artikeln 1 bis 20 unseres Grundgesetzes sind die Grundrechte und die Strukturprinzipien der Bundesrepublik festgelegt. Die Ewigkeitsklausel garantiert die unveränderlichen Grundrechte und die Grundbedingungen des demokratischen Verfassungsstaates.

Mit der Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes vom 28. März wurde das Tor zur Notstandsgesetzgebung weit aufgestoßen. Im Jahr 1933 hieß es noch „Verordnung […] zum Schutz des

Deutschen Volkes“. Im Jahr 2020 heißt es - Zitat -: „Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“. Beschlossen wurde es fast auf den Tag genau 87 Jahre nach dem Ermächtigungsgesetz.

Darin wird der Gesundheitsminister ermächtigt, Verordnungen zu erlassen und ohne Zustimmung des Bundesrates Ausnahmen von den Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes zuzulassen - ein eklatanter Bruch des Legalitätsprinzips.

Mit § 5 Abs. 2 des Infektionsschutzgesetzes wurde ein Notverordnungsrecht geschaffen, das dem Gesundheitsministerium für den Fall einer epidemischen Notlage von nationaler Tragweite Befugnisse einräumt, die mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sind. Dadurch werden die Kompetenzen im gewaltenteiligen Gefüge des Grundgesetzes verschoben und der inhaltlichen Kontrolle und Gestaltung durch den Bundestag und die Länderparlamente entzogen. Damit wird also genau das geschaffen, was gemäß Artikel 80 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes ausgeschlossen werden sollte.

Der fast vollständige Übergang der Entscheidungsgewalt an die Exekutive des Staates in Bund und Ländern ohne parlamentarische Mitwirkung ist nicht hinnehmbar. Die zur Bekämpfung der Pandemie getroffenen Maßnahmen resultieren aus einer Form von Ausnahmezustand, wie es ihn seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gegeben hat.

Das beginnt damit, dass die epidemische Lage nicht exakt definiert ist. Sie genügt nicht dem Bestimmtheitsgebot, weil die Feststellungsvoraussetzungen fehlen. Der Bundestag soll die epidemische Lage wieder aufheben, wenn die Voraussetzungen entfallen sind. Wie soll er das aber feststellen, wenn doch diese Feststellung der Willkür der Regierungskoalition vollständig unterliegt?

Der Regierungsvirologe Drosten sagte kürzlich: Die Maßnahmen könnten dauerhaft werden. Die Propaganda in den Medien stimmt die Leute schon seit Monaten auf die sogenannte neue Normalität ein. Dahinter verbergen sich nichts anderes als ein permanenter Ausnahmezustand und dauerhafte Grundrechtseinschränkungen.

Wenn Grundrechte eingeschränkt werden, dann kommt es auf die Verhältnismäßigkeit an. Je länger die Maßnahmen andauern, desto wichtiger wird die Prüfung, ob die Maßnahmen noch im Verhältnis zum angestrebten Ziel stehen.

Die Bundesregierung hat die PCR-Tests zur Entscheidungsgrundlage gemacht - Tests, die zu 1 % bis 1,5 % falsch positive oder falsch negative Ergebnisse liefern. Weitergehende Entscheidungsgrundlagen legt die Bundesregierung nicht vor.

Der Fall Bayerns zeigt, dass nicht nur keine Abwägungsprozesse stattgefunden haben, die laut unserer Verfassung vorgeschrieben sind, sondern überhaupt keine Akten vorliegen, die die weitreichenden Maßnahmen überprüfbar machen würden. Schon seit Wochen liegen die positiven Testergebnisse bei sagenhaften 1,4 Millionen Tests pro Woche im Fehlertoleranzbereich der PCRTests.

Mit den falsch positiven Testergebnissen infolge der Massentestungen wird dieser Ausnahmezustand fortlaufend weiter begründet. Dabei reicht ein Blick in die Krankenhäuser und die Auslastung der Intensivbetten aus, um zu zeigen, dass hier etwas ganz gewaltig faul ist.

(Beifall)

Weil die Menschen das immer besser durchschauen, werden sie in verschiedenen Bundesländern mit drastischen Bußgeldern überzogen. Durch die Coronamaßnahmen werden das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das Versammlungsrecht, die Vereinigungsfreiheit, die Freizügigkeit, die Bewegungsfreiheit, die Berufsfreiheit, die Eigentumsgarantie und die Freiheit der Religionsausübung eingeschränkt.

Vor einem halben Jahr konnte man sich noch auf die Unwissenheit bezüglich des Coronavirus berufen, heute geht das nicht mehr. Diese Pandemie bewegt sich eindeutig auf dem Niveau einer milden Grippe, und das wissen vor allem diejenigen, die im Gesundheitswesen arbeiten.

Nun soll die Axt an ein Kernelement des Grundgesetzes, nämlich die Wahlrechtsgrundlagen, gelegt werden. In Artikel 20 Abs. 2 des Grundgesetzes heißt es - Zitat -:

„Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.“

Artikel 28 und Artikel 38 listen die entscheidenden Grundsätze für die Ausgestaltung von Bundestags- und Landtagswahlen auf. Die Wahlen sind in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl abzuhalten. Das sind unabdingbare Demokratiegrundsätze, die unabänderlich und nicht verhandelbar sind. Sie sind das Kernstück der parlamentarischen Demokratie.

Und, meine Damen und Herren, was sagt es über eine Landesregierung aus, wenn sie sich an diesen Grundsätzen vergreift? Mit der jetzt geplanten Änderung des Landeswahlgesetzes soll der Innenminister ermächtigt werden, die im Grundgesetz garantierten Wahlgrundsätze - ich zitiere - pandemiebedingt außer Kraft zu setzen.

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages kommt in einer Stellungnahme zur Verfassungsmäßigkeit von reinen Briefwahlen am 23. März 2020 zu folgendem Ergebnis - Zitat -:

„Das Bundesverfassungsgericht hatte

mehrfach über die Zulässigkeit der Briefwahl zu entscheiden und hat festgestellt, dass die Briefwahl die Wahlrechtsgrundsätze der Freiheit, Geheimheit und Öffentlichkeit einschränkt. […] Die Regelung einer reinen Briefwahl würde den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Vorgaben für die Umsetzung und Konkretisierung der Wahlgrundsätze nicht gerecht.“

Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass die Urnenwahl das Leitbild ist und Abweichungen davon ganz besonders begründet werden müssen.

Schon der Text des Gesetzentwurfes der Landesregierung, der heute vorliegt, ist selbstentlarvend. Dort ist von - Zitat - einer Landeswahlleiterin die Rede, die in Eigenregie über die Durchführung der reinen Briefwahl entscheiden soll. Noch ehrlicher wäre es gewesen, wenn direkt Frau Christa Dieckmann von der CDU namentlich benannt gewesen wäre. Und am ehrlichsten wäre es gewesen, wenn man einfach Holger Stahlknecht hineingeschrieben hätte, weil die Landeswahlleiterin ohnehin dem Innenminister unterstellt ist.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Das ist Unfug! - Weiterer Zuruf: Das ist Unsinn!)

Das, meine Damen und Herren, geht überhaupt nicht. Weil die Briefwahl aus organisatorischen Gründen in einem Viermonatszeitraum vor der Landtagswahl angeordnet werden muss, kann die Entscheidung nur auf einer Prognose beruhen. Das macht aus der Entscheidung für eine reine Briefwahl eine reine Willkürentscheidung; denn man kann nicht drei Monate vorher wissen, ob an dem Tag gewählt werden kann oder nicht. Da muss man schon die Buchela aus Bonn sein oder irgendein anderer Wahrsager.

Eingriffe in die Wahlrechtsgrundsätze bedürfen eines zwingenden Grundes. Eine Prognose kann niemals eine zwingende Begründung darstellen. Die Entscheidung für eine reine Briefwahl kann unter Coronabedingungen schon allein aus diesem Grund nicht rechtmäßig sein. Die Coronapandemie liefert keinen zwingenden Grund, warum die Stimmabgabe per Urne nicht möglich sein soll. Wenn jeder trotz Pandemie mit Maske am öffentlichen Nahverkehr teilnehmen kann, dann kann er selbstverständlich auch in einem gut durchlüfteten Wahllokal unter Wahrung von Abständen und bei Einhaltung der AHA-Regeln abstimmen. Das leuchtet doch jedem Menschen ein.

(Beifall - Alexander Raue, AfD: Jawohl!)

Mit der reinen Briefwahl werden der Wahlmanipulation Tür und Tor geöffnet. Aus vielen Ländern sind großflächig gefälschte Wahlen bekannt.

(Zuruf: Stendal!)

Die CDU Stendal und der ehemalige CDU-Landtagspräsident können als Experten auf diesem Gebiet angesehen werden, meine Damen und Herren.

(Zustimmung)

Frankreich schaffte die Briefwahl in den 70er-Jahren wegen der Wahlmanipulation wieder ab. Im März dieses Jahres wurden in ganz Frankreich die Gemeindewahlen trotz Pandemie als Urnenwahl organisiert. Die Möglichkeit der Briefwahl gab es überhaupt nicht, aber Frankreich lebt immer noch.

Großbritannien führte Anfang der 2000er-Jahre eine reine Briefwahl durch. Doch wegen Wahlmanipulationen wurde diese Briefwahl in dem darauffolgenden Fall wieder abgeschafft.

In Birmingham wurden 2004 Postboten bestochen, Briefkästen aufgebrochen und mit Korrekturflüssigkeit Stimmzettel, auf denen die Konservativen und Liberalen angekreuzt waren, zugunsten von Labour geändert.

Bei der Briefwahl sind die Manipulationsrisiken systembedingt. Weil die Briefwahl strukturell nicht öffentlich ist, kann keine Wahlkontrolle durch den einzelnen Bürger stattfinden.

(Beifall)

Bei zurückliegenden Wahlen kamen die Betrügereien meist nur dadurch heraus, dass Leute ins Wahllokal gegangen sind und ihnen dort gesagt wurde, sie hätten schon per Briefwahl abgestimmt. So läuft die Sache.

Bei den Kommunalwahlen in Dachau im Jahr 2002 kam heraus, dass die CSU die Briefwahlen bereits seit dem Jahr 1984 systematisch gefälscht hatte.

(Zuruf: Was?)

Das ist gerichtlich festgestellt.

Die Briefwahl hat ihre Berechtigung, wenn sie begründet ist. Auch jetzt kann jeder, der sich im Ausland aufhält oder einen anderen Grund hat, beispielsweise weil er krank ist, an der Briefwahl teilnehmen. Das soll auch nicht geändert werden.

Aber wenn man sich das ansieht: In keinem anderen Bundesland ist der Anteil der Briefwähler so niedrig wie in Sachsen-Anhalt. Bei der Bundestagswahl im Jahr 2017 lag der Anteil bei 18 %. Zudem muss berücksichtigt werden, dass von diesen 18 % wiederum nur zwei Drittel postalisch wählten; während ein Drittel zur Vorabwahl ins Rathaus gegangen ist.