Protocol of the Session on September 11, 2020

(Beifall)

Natürlich sind Ausnahmen und Lockerungen wichtig. Natürlich muss uns allen bewusst sein, dass wir es mit massiven Freiheitseinschränkungen zu tun haben, die ausdrücklich nur die Ausnahme sein dürfen. Aber unsere Aufgabe als Politikerinnen ist es ganz klar, dies verantwortungsvoll zu lösen. Wir haben eine Vorbildwirkung.

(Zuruf)

Und ein äußerst schlichter populistischer Politikansatz à la „Maske weg!“, „Covid-19 weg!“ wird der Herausforderung nicht gerecht, meine Damen und Herren.

(Zurufe)

Das ist eine kindliche Logik des Lichtschalters; Krise an, Krise aus. Das funktioniert in unserer Gesellschaft so nicht. Sie reiten die Welle der Angst und ich sage Ihnen: Schämen Sie sich!

(Beifall)

Ich sage aber auch mit aller Deutlichkeit: Dass Ihnen der Ministerpräsident mit seinem Alleingang beim Bußgeld assistiert hat, macht es nicht besser. Der Magdeburger Solist, so schrieb „Der Spiegel“, fürchtet den Volkszorn. - Ich fürchte Politiker, die aus Angst vor dem Volk nicht das Notwendige tun.

(Beifall - Zurufe)

Ich möchte Sie daran erinnern, wie leicht es Ihnen fiel, ein Bußgeld in Höhe von 100 € für das Nutzen von Kinderspielplätzen in der Zeit des Lockdowns festzusetzen. Ging es dabei nur um die Kinder und um die Eltern? - Und jetzt knicken Sie vor einem vermeintlichen Wählerwillen ein.

Und - das will ich auch sagen - der Alleingang des Ministerpräsidenten zeigt auch, ihm fehlt ein Demokratieverständnis.

(Zurufe)

Ja, wir müssen täglich neu darüber entscheiden: Wollen wir maximale Freiheit oder ein minimales Risiko? - Das ist aber Sache der gesamten Politik und vor allem von uns im Landtag. Wir sind dafür verantwortlich; wir sind zu diesen Entscheidungen legitimiert. Das hat jedoch bisher nicht stattgefunden.

Schauen Sie doch nach Mecklenburg-Vorpommern. Manu Schwesig hat ganz offensiv einen Corona-Zukunftsrat ins Spiel gebracht. Sie hat selbstverständlich die Fraktionen des Landtages -

im Übrigen alle Fraktionen des Landtages - dazu eingeladen. Und Sie schreiben in der Siebten Eindämmungsverordnung auch noch schwarz auf weiß fest, dass die Landesregierung Einvernehmen mit der Kenia-Koalition hergestellt hat.

Der Landtag von Sachsen-Anhalt ist aber mehr. Diesbezüglich ist die Verfassung ganz deutlich. Dieses Signal zeigt, Sie in der Landesregierung haben - auch wenn ich Sie jetzt ansehe - keinen Respekt vor der Opposition und keinen Respekt vor dem Landtag bzw. vor der Verfassung.

(Beifall)

Das kann man so machen; es ist aber nicht schlau.

(Beifall)

Meine Damen und Herren! Diese Krise stellt uns vor große Herausforderungen. Wir werden an anderer Stelle noch über die Kosten und natürlich auch über die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen reden müssen.

Letzter Satz.

Ja. - Wir werden nicht dabei zusehen, wie Sie uns als Opposition ignorieren und sich davor drücken, die Kosten der Krise sozialgerecht zu stemmen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall)

Erst einmal frage ich Sie, Frau von Angern: Wollen Sie eine Frage des Herrn Siegmund beantworten?

(Zurufe)

Okay. - Wollen Sie jetzt eine Frage des Herrn Borgwardt beantworten?

Selbstverständlich.

(Zurufe)

Dann los.

Sehr verehrte Kollegin von Angern, den inhaltlichen Teil Ihrer Ausführungen teile ich ausdrücklich. Ich habe mich gemeldet, weil Sie etwas - sicherlich intelligent - vorgebracht haben, das - möglicherweise wurde es von den Medien so aufgenommen, weil es einfach klingt - falsch ist. Und zwar geht es um den Punkt, warum die Opposition bei der Kabinettsentscheidung nicht gefragt wurde. Nennen Sie mir bitte einmal eine Kabinettsentscheidung - in welchem Landtag auch immer -, bei der die Opposition vor der Kabinettsentscheidung gefragt wurde.

Dazu verweise ich einfach auf die vielen anderen Landtage in Deutschland, in denen es die Landesregierungen tatsächlich auch vor dem Hintergrund der Glaubhaftigkeit der eigenen Maßnahmen und des Vertrauens in die Politik viel klüger geschafft haben, den gesamten Landtag und auch die Oppositionsmeinungen mit einzubeziehen. Ich habe ganz bewusst das Beispiel aus MecklenburgVorpommern genommen, weil dort die CDU mitregiert und es Mitgestaltungswillen der CDU im Landtag ist.

Ich finde, es ist an der Zeit, weg von den Eindämmungsverordnungen durch die Landesregierung, die formal korrekt sind, hin zu der eigentlichen, der ersten Entscheidungsgewalt zu kommen, dem Landtag von Sachsen-Anhalt.

(Beifall)

Bei dieser Kritik bleibe ich.

(Beifall)

Herr Borgwardt, bitte.

Ich stelle trotzdem fest, dass es bisher in diesen Fragen keine Entscheidung des Kabinetts in Sachsen-Anhalt gibt, die die Opposition moniert hat. Nicht in diesen Fragen; ich will das noch einmal erklären. Dass hinterher Entscheidungen, die im Kabinett getroffen worden sind, nachfragbar sind und im Landtag mehrfach diskutiert werden, ist etwas anderes, als wenn Sie sagen, es ist verwunderlich, dass die Opposition nicht mit am Kabinettstisch sitzt. - Erste Bemerkung.

Die zweite ist - -

(Unruhe)

- Darf ich? - Die zweite ist: Es ist mir gut erinnerlich aus meiner Fraktion sowie andere Fraktionen auch außerhalb der Koalition, dass wir gebeten

wurden, Hinweise zu geben, und das haben wir auch gemacht. Das hat die Dehoga gemacht. Ich könnte jetzt mehrere Verbände aufzählen, die nicht unbedingt der Regierungskoalition zuzurechnen sind, deren Hinweise in großen Teilen in den unterschiedlichen Verfügungen berücksichtigt wurden.

Ich sehe also nicht, dass jemand ausgeschlossen wurde. Ich verstehe Ihre Äußerung also nicht. Dass man das breiter kommuniziert - - Ich kenne mehrere Foren, in denen die ersten Verordnungen kommuniziert wurden, und zwar mehrfach von Frau Ministerin Grimm-Benne und vom Herrn Ministerpräsidenten. Genauso wäre es einen Antrag hier im Landtag wert gewesen, diesbezüglich nachzufragen.

Herr Borgwardt. - Ich darf antworten?

Ja, jetzt. Okay.

Herr Borgwardt, bringen Sie doch einmal eine andere Perspektive ein. Es ist nicht so, dass das krude Zeug, das wir vorhin gehört haben, nicht auf einen Resonanzboden in Sachsen-Anhalt und in Deutschland fällt.

(Zuruf)

Vielleicht würde es Ihnen sogar helfen, wenn Sie uns hier in Gänze mit einbeziehen würden, um das Vertrauen in das Handeln bezüglich der Dinge, die die Landesregierung hier vollziehen muss, tatsächlich zu erhöhen. Das ist doch unser beider Interesse. Ich will doch gar nicht am Kabinettstisch sitzen - noch nicht.

(Heiterkeit)

Aber das ist doch das Moment. - Herr Borgwardt, Sie haben es nicht erlebt, ich arbeite aber daran, dass Sie es erleben werden. Die Regierenden von heute können morgen in der Opposition sitzen. Nicht vergessen!