Protocol of the Session on September 10, 2020

Zusammengefasst möchte ich dazu sagen: Der EU-Aufbauplan soll mit finanziellen Transfers in die Südländer bewirken, dass diese EU durch Steuergeschenke des deutschen Steuerzahlers zusammengehalten wird, um die Illusion der vereinigten Staaten von Europa in der EU umzusetzen.

Das geht alles auf Kosten unserer Bevölkerung. Der Ausplünderung Deutschlands werden keine Grenzen mehr gesetzt, wenn diese Pläne verwirklicht werden. Genau dagegen richtet sich dieser Antrag, den wir heute eingebracht haben. Es muss Schluss sein!

Wir sind nicht mehr die Reichsten in Westeuropa. Wir sind vermögensmäßig noch nicht einmal - -

Herr Farle, Ihren letzten Satz bitte.

In Ordnung, ich bin gleich am Ende. - Wir sind die Zahlmeister für eine illusionäre und falsche Idee, die unsere Bevölkerung immer mehr ausbeutet. Das darf nicht geschehen.

(Beifall)

Vielen Dank, Herr Farle. Ich habe eine Wortmeldung des Abg. Herrn Dr. Schmidt gesehen. - Sie haben das Wort. Bitte.

Eine Kurzintervention. - Herr Farle erzählt ja ganz oft Sachen, die in der Tendenz so nicht stimmen. Jetzt hat er etwas erzählt, das auch in Zahlen nicht korrekt ist. Er hat gesagt, das Medianeinkommen liege in Deutschland bei ungefähr 60 000 € und in anderen Ländern weit jenseits der 100 000 €, in Spanien etwa bei 160 000 €. Das ist falsch.

Das Medianeinkommen der deutschen Haushalte liegt ungefähr bei 24 000 € - ich habe es gerade nachgeschlagen -, das Medianeinkommen in

Spanien liegt bei etwa 17 000 € und in Polen, dem größten Empfängerland, bei 11 000 €. Sie, Herr Farle, haben vom Medianvermögen gesprochen. Das ist etwas ganz anderes als das Medianeinkommen der Haushalte. Diesbezüglich treffen Ihre Zahlen ungefähr zu. In Deutschland beträgt das Medianvermögen nur 51 000 €. Aber wissen Sie, woran das liegt? - Das liegt nicht daran, dass der

durchschnittliche Spanier oder Italiener oder Grieche oder Pole viel mehr Geld auf dem Konto hat als der durchschnittliche Deutsche. Das liegt daran, dass dort viel mehr Superreiche steuerlich nicht gegriffen werden, in Deutschland aber schon, jedenfalls ein bisschen. Und das finde ich gut so.

Herr Farle, Sie haben die Möglichkeit, darauf zu erwidern.

Die Zahlen, die Sie jetzt genannt haben, stimmen mit Sicherheit nicht.

(Zurufe)

Was ein Medianeinkommen ist, das weiß ich ganz genau. Es ist aber richtig, dass das Vermögen in diesen Ländern tatsächlich exorbitant höher ist als bei uns. Die Rentenzahlen stimmen auch; die gehen früher in Rente. Ich kenne sogar eine Menge Leute persönlich und privat, auf die das zutrifft, zum Beispiel aus Italien. Ich kann nur sagen, das liegt vor allem daran, dass sie steuerlich nicht so stark zur Kasse gebeten werden wie wir.

(Zuruf)

Die anderen Länder erpressen uns regelrecht bei den EU-Verhandlungen. Damit Frau Merkel für ihre Windräderpolitik, für ihre erneuerbaren Energien die Zustimmung bekommt, will sie immer wieder neue Milliarden ins Ausland verschenken. Das muss endlich beendet werden.

(Beifall)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr. Vielen Dank. - Noch einen Hinweis an Herrn Dr. Schmidt: Wir sind ja noch am Anfang des Lernprozesses. Bitte stellen Sie sich bei Kurzinterventionen immer gleich ans Mikrofon, damit wir wissen, wer eine Kurzintervention machen oder eine Frage stellen möchte.

Jetzt hat die Landesregierung das Wort. In Vertretung für Herrn Staatsminister Robra wird Herr Minister Tullner sprechen. Sie haben jetzt das Wort.

Frau Präsidentin! Wenn ich nicht Mitglied der Landesregierung wäre, würde ich zu dem Abstimmungsverhalten der LINKEN beim vorigen Tagesordnungspunkt etwas sagen. Aber es wird andere Möglichkeiten geben, sich damit noch einmal auseinanderzusetzen.

Nein, das geht jetzt auch gar nicht, Herr Tullner.

Das geht nicht; deswegen mache ich es auch gar nicht.

(Heiterkeit)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Namen der Landesregierung - dafür bin ich hier - bitte ich Sie, dem vorliegenden Antrag der AfD-Fraktion nicht zuzustimmen. Diese Bitte richtet sich ausdrücklich an alle Fraktionen in diesem Haus, abseits der AfD natürlich.

Dieser Antrag widerspricht dem Beschluss der Europaministerkonferenz vom 18. Juni 2020 zum mehrjährigen Finanzrahmen 2021 bis 2027. Er widerspricht dem Beschluss des Bundesrates vom 3. Juli 2020 zur Schaffung eines Aufbauinstruments der Europäischen Union. Und er widerspricht dem Verständnis - das ist das Wichtigste - der Landesregierung von einem starken und zukunftsfähigen Sachsen-Anhalt in einem gemeinschaftlichen und innovativen Europa, meine Damen und Herren.

Die Landesregierung begrüßt es, dass sich die Staats- und Regierungschefs bei der Sitzung des Europäischen Rates vom 17. bis 21. Juli 2020 auf einen Wiederaufbaufonds zur Bewältigung der Auswirkungen der Coronapandemie - genannt „Next Generation EU“, kurz: NG EU - und auf den neuen mehrjährigen Finanzrahmen - kurz: MFR - für die Jahre 2021 bis 2027 verständigt haben.

Diese Einigung ist ein wichtiges Signal der Kompromiss- und Handlungsfähigkeit der Europäischen Union. Sie ist aus Sicht der Landesregierung die verfahrensmäßige Voraussetzung dafür, dass die bereits laufenden Arbeiten an den umzusetzenden Gesetzesvorhaben und an den konkretisierenden Förderreglements zügig fortgesetzt werden und rechtzeitig zum Beginn der neuen Förderperiode im Jahr 2021 abgeschlossen sein könnten.

Die Europaministerinnen und Europaminister der Länder haben am 18. Juli 2020 den von der EUKommission vorgelegten und überarbeiteten Vorschlag für den mehrjährigen Finanzrahmen ab dem Jahr 2021 und die Schaffung des Aufbauinstruments „Next Generation EU“ zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie begrüßt. Von den Vorschlägen gehe das richtige und unmissverständliche Signal aus, dass Europa zusammenstehen muss.

Verbunden damit hat Sachsen-Anhalt zusammen mit den Ländern Hessen und Saarland zu Protokoll gegeben, dass auf EU-Ebene die Überlegungen für taugliche Kontrollmechanismen zur Über

prüfung der Rechtsstaatlichkeit weiterzuverfolgen sind. An dieser Stelle sehen wir weiterhin Erläuterungs- und Erörterungsbedarf, insbesondere hinsichtlich der Auswirkungen für die regionale und kommunale Ebene.

Am 3. Juli 2020 - ich komme damit schon fast zum Schluss, Frau Präsidentin - hat der Bundesrat zum Vorschlag der Europäischen Union zur Schaffung eines Aufbauinstruments Stellung genommen und festgestellt, dass dieses einen Kernimpuls für den wirtschaftlichen Neustart nach der Krise geben soll. Das Instrument wird als wichtiges Signal der Solidarität in Europa gewertet.

Bestandteil dieses Beschlusses war auch die Bitte an die Bundesregierung, vor einer Zustimmung zu prüfen, ob die Maßnahmen von „Next Generation EU“ den Anforderungen der Rechtsgrundlage in Artikel 122 des Vertrages über die Arbeitsweise der EU genügen.

Abschließend möchte ich unterstreichen, dass gerade Sachsen-Anhalt - ich werde nicht müde, das in diesem Hohen Hause immer wieder zu unterstreichen; das sagt eigentlich Herr Robra, aber ich schließe mich dem vorbehaltlos an - in größtem Maße von der Solidarität und den finanziellen Mitteln der Europäischen Union profitiert hat, nicht einmal, nicht zweimal, sondern seit gut 30 Jahren dauernd und nachhaltig. Sachsen-Anhalt wird auch in den folgenden Jahren in ganz erheblichem Maße von den EU-Geldern profitieren.

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte Sie daher, dem Antrag der AfD nicht zuzustimmen.

(Zuruf)

Vielen Dank. Ich sehe keine Wortmeldungen. - Somit können wir in die Dreiminutendebatte einsteigen. Als erster Debattenredner wird Herr Dr. Schmidt für die SPD-Fraktion sprechen. - Sie haben das Wort, Herr Dr. Schmidt.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich nenne Ihnen jetzt einmal ein paar Zahlen, die tatsächlich korrekt sind, und auch welche, die wichtig sind.

Das Bruttoinlandsprodukt der 28 EU-Staaten, noch inklusive des Vereinigten Königreiches, lag im Jahr 2019 bei 16 223 240 016 000 €. Deutschland hat dazu ein Bruttoinlandsprodukt von 3,4 Billionen € beigesteuert. Das ist unter anderem das Ergebnis von Handel.

Den Handel wickeln die Staaten der Europäischen Union im Jahr für ungefähr 7 Billionen € ab, das sind 7 000 Milliarden €, davon ungefähr zwei Drit

tel untereinander und ein Drittel mit Staaten außerhalb der EU. In Deutschland sind das 58,8 %; das entspricht 749 Milliarden €. 66 % all dessen, was nach Deutschland kommt, kommt aus den Staaten der EU. Das heißt, wir sind nicht nur von Exporten in EU-Staaten abhängig, sondern auch von Importen. Der deutsche Außenhandelsüberschuss von 200 Milliarden € wird zur Hälfte durch den Export in die EU erwirtschaftet.

Der Sonntagsbraten, das Bändchen um den Sonntagsbraten, das ihn so schön zusammenhält, die Kasserolle, der Teller, die Tischdecke mit ihren Farben, die Kartoffeln, das Kunststoffnetz, in dem die Kartoffeln sind, und auch das Gemüse und seine Verpackung kommen auf den deutschen Sonntagsbratentisch nicht ohne Ex- und Importe der EU. Denn nicht nur eine ganze Menge an Produktion, sondern auch an Vorprodukten wechselt die nationale Grenze, damit etwas entstehen kann. Wer seinen IKEA-Teller einmal herumdreht, kann das ganz leicht feststellen, Herr Rausch.

Die Volkswirtschaften der EU sind also so tief miteinander verflochten, dass sie im Grunde wie eine Volkswirtschaft sind. Die 796,4 Milliarden € an Steuern, die der Staat im Jahr 2019 eingenommen hat, jeder vierte Arbeitsplatz, ein Drittel unseres Bruttoinlandsprodukts hängen von Im- und Exporten ab.

Jetzt kommen Sie in einer Situation, in der ein großer Teil dieser mit uns verflochtenen Volkswirtschaft abzuschmieren droht, und sagen: „Oh, die Südstaaten sind ja so reich, die brauchen jetzt noch unser Geld und die haben ja schon so viel Geld auf dem Konto.“ Dabei übersehen Sie, dass wir, anders als Ihr großer Vordenker Hans Werner Unsinn erzählt, längst eine Volkswirtschaft sind.

Bei 13,5 Billiarden € Schulden, die die EU-Staaten insgesamt haben - übrigens eine EU, die hoch verschuldet ist -, ob das die EU insgesamt ist oder in einem nationalen Haushalt, ist an dieser Stelle ziemlich egal. Dann kommt die EU und sagt: Mit 750 Milliarden €, verteilt über vier Jahre - das macht 187 Milliarden € im Jahr; das ist ungefähr 1,1 % des Bruttoinlandsprodukts der Europäischen Union -, sorgen wir jetzt dafür, dass dieser Motor nicht ins Stottern kommt. Selbst wenn die Exporte nur um 10 % heruntergehen würden, würde das sofort dafür sorgen, dass in Deutschland eine Million Leute auf der Straße stehen.

Das wollen Sie jetzt verhindern. Das ist der sichere Weg zu Krise, Arbeitslosigkeit und Wirtschaftsstagnation in Deutschland. Sie wollen dieses Land in den Ruin treiben. Ob Sie das aus Inkompetenz tun oder absichtlich, ist an der Stelle ziemlich egal.

(Zustimmung - Zurufe)

Vielen Dank, Herr Dr. Schmidt. Ich sehe keine Wortmeldungen. - Wir kommen zum nächsten Debattenredner.- Ich habe keine Wortmeldungen gesehen. Sie müssen sich bemerkbar machen.

(Zuruf)

- Alles gut. - Der nächste Debattenredner wird für die Fraktion DIE LINKE der Abg. Herr Gallert sein. Sie haben jetzt das Wort.

Danke. - Nichts von dem, was wir erlebt haben, dürfte irgendjemanden in diesem Raum überraschen, weder die Rede noch der Zeitpunkt noch die Tonalität noch die Absurdität dessen, was Herr Farle uns heute vorgetragen hat.