Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Striegel, das, was Sie immer wieder von sich geben, würde ja dann glaubwürdig sein, wenn Sie jedes Mal, wenn Sie von Rechtsextremen gesprochen haben, dies ergänzen würden um Linksextreme und sagen würden, sie dürften in der Bundeswehr nicht an führenden Positionen stehen, oder was auch immer.
Denn eines muss Ihnen doch klar sein: Der Begriff „extrem“ bedeutet Gewaltbereitschaft gegen Personen und Sachen. Wer nicht gegen Personen und Sachen gewaltbereit ist, wer nicht Sachen anzündet und Böllersteine schmeißt usw. usf., der kann kein Extremer sein. Wer für seine politischen Auffassungen kämpft und im normalen politischen Diskurs diskutiert, der muss akzeptiert werden.
Aber weil Sie das immer nur im rechten Zusammenhang bringen, versuchen Sie, den Menschen einzureden, die AfD - das seien die Rechtsextremen und die Rassisten und das seien diejenigen, gegen die man vorgehen muss. Sogar eine Zeitung hat es fertiggebracht, im Zusammenhang mit der AfD auf einer ganzen Seite
Ich will versuchen, zumindest die Begriffsverwirrung bei Herrn Farle aufzulösen. Herr Farle, es gibt keine Deckungsgleichheit zwischen Gewaltbereiten und Extremisten. Das sind schon zwei sehr unterschiedliche Kategorien. Man kann als Extremist durchaus auch nicht gewaltbereit sein, und nicht jeder Gewaltbereite ist das aus extremistischen Motiven. - Das als grundsätzliche Bemerkung.
Zur Frage der Linksextremen als Bedrohung der Demokratie in der Bundeswehr. Die Anzahl der Linksextremisten, die die Bundeswehr in den letzten sechs bis sieben Jahrzehnten aus ihrem Bestand entfernen musste, ist überschaubar, würde ich sagen. Ich schaue den Kollegen Erben an; er kennt sich bei diesem Thema ein bisschen besser aus.
Sie liegt vermutlich nicht bei null. Aber sie dürfte sehr überschaubar sein. Wahrscheinlich reden wir dabei über eine einstellige Zahl. Die Bundeswehr hat jedenfalls in den letzten Jahren - darin bin ich mir sicher - insbesondere Rechtsextremisten aus der Truppe entfernt, und sie hat einige Islamisten oder Menschen, die unter dem Verdacht standen, Islamisten zu sein, aus der Truppe entfernt.
Von Linksextremisten ist mir dazu quasi nichts bekannt. Insofern lassen Sie uns das Problem als das beschreiben, was es ist. Bei der Bundeswehr gab es in den letzten Jahren immer wieder Probleme mit Rechtsextremisten. Die Bundeswehr geht zunehmend konsequent gegen diese Leute vor. Sie wappnet sich dagegen, dass diese Leute bei ihr aktiv sind.
Das ist gut, das ist richtig, das kommt auch aus der Bundeswehr selbst heraus und das ist unterstützenswert. Und es ist, glaube ich, ein wichtiger Dienst für unsere Demokratie, dass wir eine Truppe haben, in der Staatsbürgerinnen und Staatsbürger in Uniform aktiv sind und dass das auch Menschen sind, die diese Demokratie hochhalten.
Jetzt hat Herr Krull eine Intervention oder eine Frage. Ich glaube, es ist eine Intervention. Er stand am Mikrofon. Genau. - Bitte, Sie haben die Chance.
Eine kurze Vorbemerkung. Ich bin seit mehr als 20 Jahren Mitglied des Reservistenverbandes. Ich bin ein Funktions- und Mandatsträger und bin stolz darauf, dass ich diesem Verband mit mehr als 100 000 Frauen und Männern angehören darf.
Ich möchte jetzt noch einmal zur Klarstellung die Pressemitteilung des Reservistenverbandes vorbringen, die im Nachgang zu diesen Vorfällen veröffentlicht worden ist, weil jetzt mehrfach das Wort „Reservisten“ oder „Reservistenverband“ gefallen ist.
Darin heißt es: Die veröffentlichten Recherchen sind schockierend. Sie scheinen das Gedankengut einer Gruppe von Menschen offenzulegen, die jeden Realitätsbezug verloren hat und deren Gesinnung ganz klar rechtsextrem einzuordnen ist. Einige dieser Mitglieder sind auch Angehörige unseres Reservistenverbandes und haben mutmaßlich versucht, unsere Infrastruktur zu nutzen, um sich Waffen zu beschaffen. Wir prüfen aktuell, ob das trotz strenger Vorgaben gelungen ist.
Insgesamt gehen wir der Sache verbandsintern seit dem Wochenende nach und hören zunächst alle involvierten Mitglieder sowie die Verantwortlichen im Schießsport schriftlich an. Wir haben am heutigen Tage alle Verfassungsschutzbehörden angeschrieben und um Zusammenarbeit bei der Aufklärung gebeten. Als ziviler Verein sind wir zunächst auf Ermittlungsergebnisse der staatlichen Behörden angewiesen.
Der Reservistenverband duldet keinen Extremisten in seinen Reihen. Erkennen wir ein solches Gedankengut, erfolgt der sofortige Ausschluss der betreffenden Person. - Ich wollte diese ganz klare Stellungnahme meines Verbandes noch einmal zur Kenntnis geben. Für Extremisten jeglicher Couleur ist im Reservistenverband kein Platz.
Vielen Dank, Herr Kollege Krull. Ich kann das nur unterstützen und bin dankbar dafür, dass der Reservistenverband dazu so eine klare Position bezieht. Ich glaube, das ist notwendig. Ich glaube, wir müssen es als Gesellschaft gemeinsam hinbekommen, dass wir solche Leute tatsächlich möglichst frühzeitig erkennen, dass sie keinen Platz im Reservistenverband haben, dass sie nicht als Reservisten tätig sein können und dass sie tatsächlich auch keinen Schaden anrichten können, wenn sie zum Beispiel in solchen Krisenstäben eingesetzt werden. Das muss enden.
Damit sind wir am Ende dieses Redebeitrages angelangt. - Jetzt spricht für die Fraktion DIE LINKE Frau Quade. Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Herr Erben, Herr Striegel, ich glaube, wir sind eine Stufe weiter. Die AfD ist nicht nur der parlamentarische Arm des Rechtsextremismus, sondern - das zeigen die Veröffentlichungen - auch der des Rechtsterrorismus.
bereits seit Längerem haben, wenn man ihr zuhört, wenn man ihr Agieren beobachtet und wenn man ihre Verbindungen und Netzwerke betrachtet. Sie verbreitet Rassismus, völkisches Denken und Geschichtsrevisionismus, während sie ihre Angriffe auf die Demokratie als Verteidigung eben jener inszeniert, während sie an der Beseitigung der Demokratie arbeitet.
Dass ihre Akteure und auch ehemalige Mitarbeiter dieser Landtagsfraktion direkt mit Vorbereitungen zu einem gewaltsamen Umsturz des demokratischen Rechtsstaats befasst sind und wie weit ihre Vernetzungen dabei reichen, zeigen mal wieder die antifaschistischen Recherchen, die jetzt veröffentlicht wurden.
Für die Abgeordneten der AfD dürfte es das größte Ärgernis sein, dass einer ihrer ehemaligen Mitarbeiter sie als „dumm“ und „faul“ bezeichnet. Demokratinnen und Demokraten müssen andere Dinge ernsthaft alarmieren, manche hier im Hause wohl auch endlich wachrütteln und vor allem zum Handeln auffordern. Deshalb ist es notwendig und richtig, diese Debatte zu führen.
Die Veröffentlichungen der „taz“ und von „Sachsen-Anhalt rechtsaußen“, jenem Rechercheportal, das die AfD auch hier schon versucht hat zu inkriminieren, zeigen, wie aus Burschenschaften stammende Mitarbeiter der AfD, unter anderem der Fraktion hier in Sachsen-Anhalt, paramilitärische Strukturen geschaffen haben, sich bewaffnet haben und gezielt Strukturen von Reservisten und Bundeswehr nutzen.
In den Chatgruppen dazu wurde die AfD-Fraktion hier im Land angesichts ihrer Stimmung, die „ausgelassen hitleristisch“ genannt wird, gelobt. Es wird die Waffenbeschaffung diskutiert und organisiert. Man verabredet sich zu Schießtrainings und allem Weiteren, was für einen Bürgerkrieg, der herbeigesehnt wird und der „Rassenkrieg“ genannt wird, gebraucht und als nützlich erachtet wird.
der jetzt veröffentlichten Recherchen. Denn sie zeigen, Strukturen von Bundeswehr, von Reservisten bis hin zu aktuellen oder eben nicht mehr ganz so aktuellen Coronakrisenstäben werden gezielt genutzt, um Ressourcen zu erschließen, Informationen zu bekommen, selbst Einfluss zu nehmen, sich zu bewaffnen und weitere Mitstreiter zu gewinnen.
Es geht hierbei nicht - das muss man noch einmal ganz deutlich sagen - um ein paar Leute, die die Bevorratung zu ernst nehmen. Das historische Vorbild für diese Gruppe sind die Freikorps. Untrennbar mit ihnen verbunden sind politische Morde.
Eine entscheidende Rolle bei der Organisierung spielt der burschenschaftliche Background der Hauptakteure des jetzt aufgedeckten und offensichtlich militanten Netzwerkes. Es sind eben jene Seilschaften, die als Bünde fürs Leben gelten. Es sind eben jene Burschenschaften, die Herr Tillschneider gern stärker in die Studentenschaft integrieren wollte und denen er eine Toleranz attestierte, an der sich sich so manches linke Netzwerk ein Beispiel nehmen könne. Es sind eben jene Burschenschaften, über deren Charakter und Einordnung und Problematisierung als rechts und teilweise eben rechtsextrem auch hier im Hause politisch gestritten wird.
Es sind eben jene Burschenschaften, von denen einerseits Herr Raue bestritt, dass sie Rekrutierungspool für die AfD seien, die andererseits einige Monate später aber von Jan Wenzel Schmidt hier an dieser Stelle gelobt wurden, weil die AfDFraktion ihnen - Zitat - viele fähige und tüchtige Mitarbeiter verdanke.
Es sind eben jene Burschenschaften, meine Damen und Herren, von denen die Landesregierung nahezu nichts weiß.
Die Veröffentlichungen zeigen auch, wie wenig die staatlichen Informationen und Einschätzungen mit der Realität zu tun haben. Noch im April dieses Jahres antwortete die Landesregierung auf eine Kleine Anfrage von mir, dass ihr keine rechtextremen Burschenschaften in Sachsen-Anhalt bekannt seien. Zum ebenfalls wichtigen Akteur beim Kampf gegen die staatliche Ordnung, dem Institut für Staatspolitik, sieht es ähnlich aus. Was die Landesregierung dazu weiß, will sie der Öffentlichkeit vorenthalten.
Herr Minister, das hat nicht mit der Frage zu tun, wie viele Nachrichten der Verfassungsschutz lesen darf oder will. Über die Einordnung von Burschenschaften wurde schon zu Zeiten gestrit
Um die Gefährlichkeit der Situation, in der wir uns befinden, zu verstehen - das gehört zwingend dazu -: Angesichts von ebenfalls immer wieder öffentlich werdenden Verflechtungen von Teilen des Sicherheitsapparates mit eben dieser burschenschaftlichen Szene, aber auch angesichts von jahrelang prägendem Einfluss von Personen wie Gordian Meyer-Plath, der als Verfassungsschutzpräsident in Sachsen den gleichen burschenschaftlichen Verbindungen angehörte wie diese rechtsextremen Vorstreiter des sogenannten Rassenkrieges, stellt sich eben immer wieder die Frage: Unfähigkeit oder Unwille?
Immer neue Informationen über rechtsextreme Strukturen innerhalb der Bundeswehr, die Informationsweitergabe durch Polizisten an rechtsextreme Gruppen, Polizisten, die rechtsextreme Straftaten begehen oder decken, auch die offensichtlich fehlende Bereitschaft, diese Strukturen offenzulegen und umfassend aufzuarbeiten, zeigen ein gefährliches Problem in Polizeien und Bundeswehr, in Sicherheitsbehörden und in der Sicherheitsarchitektur. Dafür, meine Damen und Herren, reichen Aktuelle Debatten nun wirklich nicht aus. Es braucht hier tatsächlich endlich schonungslose Aufklärung, umfassende Aufarbeitung und auch personelle Konsequenzen.
Und ja, es wird Zeit, dass dieser Landtag sich endlich mit den fachlich dazu vorliegenden Anträgen befasst und Beschlüsse fällt.