Protocol of the Session on May 8, 2020

Ich meine den Vorschlag zum Ausreichen des Mittagessens. Seit acht Wochen sind die Schulen und die Kitas geschlossen. Wenn das ein irgendwie umsetzbarer Vorschlag wäre, wäre er längst realisiert worden. Dann hätten wir längst irgendwelche Ergebnisse. Das Geld liegt da einfach rum.

Die Eltern kriegen das, weil sie aus bedürftigen Verhältnissen kommen. Sie müssen jetzt - in drei Teufels Namen - das Geld bekommen. Also machen Sie da keinen Kopfstand. Finden Sie vor allem eine Lösung, damit wir das nicht im Ausschuss behandeln müssen. Es wäre absurd, wenn wir das tun müssten. Sorgen Sie dafür, dass es einfach vernünftig gemacht wird. - Vielen Dank.

(Beifall)

Weitere Fragen sehe ich nicht. Wir stimmen jetzt über die drei vorliegenden Anträge ab. Zuerst stimmen wir über die Drs. 7/6019 ab. Ich lese noch einmal den Titel vor: Grundeinkommen für Soloselbstständige und Kleinunternehmer*innen. Es kam der Vorschlag, den Antrag zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung sowie zur Mitberatung in den Ausschuss für Bildung und Kultur zu überweisen. Wenn es so bleibt, stimmen wir darüber ab. - Wer für die Überweisung stimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Fraktion DIE LINKE und die Regierungskoalition. - Wer stimmt dagegen? - Das ist die AfD-Fraktion. Gibt es Stimmenthaltungen? - Ich sehe keine. Damit ist dieser Antrag überwiesen worden.

Wir stimmen dann über den Antrag in der Drs. 7/6020 ab. Er hat den Titel: Versorgung mit Mittagessen für Kinder während der Pandemie sicherstellen. Es ist der Vorschlag unterbreitet worden, den Antrag in den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration zu überweisen. Dann stimmen wir darüber ab. Wer für die Überweisung dieses Antrages in den genannten Ausschuss ist, den bitte ich um das Kartenzeichen.

(Zuruf: So ein Quatsch!)

- Das sind die Regierungskoalition und alle Mitglieder der AfD-Fraktion.

(Unruhe)

Wer stimmt dagegen? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Gibt es Stimmenthaltungen? - Ich sehe keine. Damit ist auch dieser Antrag in den genannten Ausschuss überwiesen worden.

(Unruhe)

Wir stimmen als Letztes über den Antrag in der Drs. 7/6021 ab.

(Zuruf)

Er hat den Titel: Studierende und Hochschulen in Coronazeiten nicht vergessen - Keine Konsolidierungsbeiträge - Keine Langzeitgebühren, Sozialfonds für Studierende auflegen. Der Antrag soll zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung und zur Mitberatung in den Finanzausschuss überwiesen werden.

Wer dafür stimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Regierungskoalition und die Fraktion DIE LINKE. Wer stimmt dagegen? - Das ist die AfD-Fraktion. Gibt es Stimmenthaltungen? - Ich sehe keine. Damit ist auch dieser Antrag überwiesen worden und wir führen in der Sitzungsleitung einen Wechsel durch.

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir kommen nun zu

Tagesordnungspunkt 4

Aktuelle Debatte

Grundrechtseinschränkungen während der

Coronapandemie - welche Lehren aus der Krise gezogen werden müssen

Antrag Fraktion AfD - Drs. 7/6033

Die Redezeit beträgt zehn Minuten je Fraktion. Die Landesregierung hat ebenfalls eine Redezeit von zehn Minuten. Es wurde folgende Rednerreihenfolge verabredet: AfD, SPD, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU.

Zunächst hat die Antragstellerin das Wort. Für die für die AfD-Fraktion hat der Abg. Herr Farle das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Am vergangenen Montag wurden die ersten Lockerungen der Pandemiebekämpfungsmaßnahmen durch die Landesregierung veranlasst. Die AfD-Fraktion begrüßt diese Entscheidung und fordert darüber hinaus eine schnelle und umfassende Rückkehr zur Normalität, um weiteren Schaden von unserer Bevölkerung abzuwenden.

Die als Lockdown oder als Shutdown bezeichneten Maßnahmen stellen die massivsten Grundrechtseinschnitte in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland dar. Grundrechtseingriffe unterliegen stets einer Abwägung. Entscheidend dabei ist, ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen gewahrt bleibt und das Maß der Zumutbarkeit nicht überschritten wird.

Welche Grundrechte waren betroffen? - Der verschärfte § 28 des Infektionsschutzgesetzes ermöglicht unter anderem die Einschränkung folgender Grundrechte: Freiheit der Person, Versammlungsfreiheit, Freizügigkeit, Unverletzlichkeit der Wohnung, nicht zu vergessen die Religionsfreiheit und die Berufsfreiheit.

Sind diese Maßnahmen berechtigt gewesen?

Als Anfang März die Zahl der positiv Infizierten sprunghaft anstieg, war noch nicht klar, welche Gefahr von dem neuen Coronavirus tatsächlich ausgeht. Die Mehrheitsmeinung tendierte damals zu der Einschätzung, dass das Gefahrenpotenzial mit dem ersten pandemischen Coronavirus

SARS-CoV-1 zu vergleichen sei. Es fehlte die Datenbasis für eine seriöse Einschätzung.

Bekannt war jedoch, mit welch drastischen Mitteln China, also das Land, in dem der neue Virus zuerst ausbrach, reagierte; und zwar mit der Abriegelung von 60 Millionen Menschen im Großraum Wuhan, dem industriellen Herzen der Volksrepublik.

Nach dem Grundgesetz ist der Staat zum Schutz von Leib und Leben der Bevölkerung verpflichtet; allerdings unter Beachtung des Prinzips der praktischen Konkordanz. Im Falle einer Bedrohung unbekannten Ausmaßes kommt es nach Ansicht des Verfassungsrichters Udo Di Fabio zu einer gesteigerten Schutzpflicht des Staates. In der Phase des Katastrophenfalls, also der akuten Bedrohungslage, bleibt keine Zeit für eine ausgewogene Güterabwägung, insbesondere dann nicht, wenn die Gesundheit der Allgemeinheit gefährdet erscheint.

In einem solchen Moment ist jede Regierung dazu verpflichtet, quasi im Blindflug Entscheidungen unter Unsicherheit zu treffen. Weil der Katastrophenfall keine abschließende Bewertung des Regierungshandelns zulässt, also ob die getroffenen Maßnahmen gut oder schlecht, verhältnismäßig oder nicht sind, genießt die Exekutive in aller Regel einen breiten gesellschaftlichen Rückhalt. Wichtig ist nur, dass entschlossen gehandelt wird, wobei ein Nichthandeln selbstverständlich auch eine politische Handlung darstellt.

Die Begründung der Bundesregierung für den Shutdown war, zum Schutz der Bevölkerung die Ausbreitung des Virus einzudämmen, um eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern.

Über diese erste Phase eines vermuteten Katastrophenfalls sind wir aber längst hinaus. Das Gesundheitssystem ist mittlerweile gut gerüstet. Nie gab es mehr Intensivbetten als heute und nie standen mehr freie Betten ungenutzt leer.

Die Ausbreitung des Virus ist seit Wochen stark rückläufig. Die Anzahl der Genesenen nähert sich

der Anzahl der Infizierten von Tag zu Tag weiter an. Von Überlastung des Gesundheitssystems kann keine Rede sein. Mit der Rückkehr zur Normalität drängt sich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der Grundrechtseingriffe auf. Anders als in der ersten Phase muss dies im Sinne einer ständigen Abwägung beurteilt werden.

Mittlerweile liegt auch eine ausreichende Datenbasis vor, um die Verhältnismäßigkeit der Grundrechtseingriffe zu überprüfen. Verhältnismäßig ist eine Maßnahme dann, wenn sie einen legitimen Zweck verfolgt und zur Erfüllung dieses Zwecks geeignet, erforderlich und angemessen ist.

Sämtliche dieser Maßnahmen sind damit begründet, dass sie dem Zweck dienen, Menschenleben zu schützen. Als solche sind sie legitim im Sinne des Grundgesetzes, geeignet erscheinen sie auch. Erforderlich sind sie jedoch nur dann, wenn kein milderes Mittel zur Verfügung steht, um denselben Erfolg mit derselben Sicherheit zu erzielen. An dieser Erforderlichkeit mangelt es vor allem in Bezug auf den in der Wirtschaft praktizierten Shutdown.

Aktuell wird die Reproduktionszahl vom RKI mit 0,75 angegeben. Anhand der veröffentlichen Berichte des RKI wissen wir heute, dass die Reproduktionszahl bereits am 21. März 2020, also zwei Tage vor Inkrafttreten des Shutdowns, bei unter eins lag. Seitdem ist sie kontinuierlich gefallen.

In Sachsen-Anhalt beträgt die Verdoppelungszeit der Fallzahlen nach den Angaben des Pandemiestabs aktuell 29 Tage. Es befinden sich 20 Patienten in Intensiv- und Beatmungsbetten. 450 Intensiv- und Beatmungsbetten stehen in unserem Land leer. Danach gibt es bis jetzt in einem Zeitraum von exakt acht Wochen kumuliert 46 Coronasterbefälle; insgesamt 1 592 angeblich Coronainfizierte, von denen aber schätzungsweise 1 250 schon genesen sein sollen. Das RKI schätzt die Anzahl der Genesenen sogar auf 1 400.

Das mildere Mittel wäre gewesen, den schwedischen Weg einzuschlagen. Am Beispiel Schwedens zeigt sich eindeutig, dass der Shutdown nicht erforderlich war; denn auch in Schweden ist keine Überlastung der Intensivbetten eingetreten. Was hat Schweden besser geschafft? - Sie müssen keine Furcht vor einer zweiten Welle dieser Grippe haben, weil die Durchseuchung - -

(Zuruf)

- Sie verstehen ja von nichts etwas.

(Lachen - Zuruf)

Fakt ist: In Schweden gibt es jetzt den großen Vorteil, dass schon wesentlich mehr Menschen infiziert worden sind

(Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)

und aufgrund dieser Infektion schon Abwehrkräfte gebildet haben, wie das bei jeder Grippeepidemie auch der Fall ist.

(Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Denn wie die Daten der schwedischen Gesundheitsbehörde zur Reproduktionsrate belegen, verlief die schwedische Ausbreitungskurve analog zur deutschen - schauen Sie sich die Kurven an; ich habe es mir genau angeschaut -, und zwar ohne Shutdown.

(Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Es war genau die gleiche Spitze nach den gleichen Wochen, die erreicht wurde. Danach erfolgte kontinuierlich ein Abstieg.