Protocol of the Session on May 7, 2020

Berichterstatter hierzu wird der Abg. Herr Steppuhn sein. Sie haben das Wort, Herr Abgeordneter.

Danke sehr. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 7/5932 wurde in der 98. Sitzung des Landtages am 30. März 2020 zur Beratung in den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration überwiesen. Mitberatende Ausschüsse wurden nicht eingesetzt.

Mit Ihrem Antrag fordert die Fraktion DIE LINKE, dass sich die Landesregierung auf der Bundesebene für die Schaffung von klaren und verbindlichen Regelungen für den Arbeitsschutz einsetzt, die sich den Anforderungen während der Coronapandemie anpassen.

Für den Fall, dass es nicht zu bundeseinheitlichen Regelungen für den Arbeitsschutz kommt, soll die Landesregierung eine dritte Eindämmungsverordnung für das Land Sachsen-Anhalt erlassen. Außerdem soll sich die Landesregierung dafür einsetzen, die bisherige Kurzarbeiterregelung dahin gehend zu ändern, dass für die Dauer der Coronapandemie das Kurzarbeitergeld auf 90 % des letzten Nettogehaltes angehoben wird.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration behandelte den Antrag in der 50. Sitzung am 15. April 2020 mit dem Ziel der Erarbeitung einer Beschlussempfehlung für den Landtag. Aufgrund der Covid-19-Krise wurde diese Sitzung im Rahmen einer Telefonkonferenz durchgeführt.

Dem Ausschuss lag zur Beratung der Entwurf einer Beschlussempfehlung der Koalitionsfraktionen mit dem neuen Titel „Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besser in der Pandemie schützen“ vor. Die Koalitionsfraktionen sprachen sich darin insbesondere für die Schaffung zeitnaher Regelungen zur Verbesserung der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten

aus, welche bundeseinheitlich gelten müssen. Des Weiteren fordern die Fraktionen der CDU, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dass niemand, der Kurzarbeitergeld bezieht, damit unter den gesetzlichen oder tariflich vereinbarten Mindestlohn fällt.

Der Beschlussvorschlag der Koalitionsfraktionen wurde vom Ausschuss mit 6 : 0 : 3 Stimmen angenommen. Eine entsprechende Beschlussempfehlung liegt dem Landtag nunmehr in der Drs. 7/5997 vor. Im Namen des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Integration bitte ich das Plenum um Zustimmung. - Vielen Dank.

(Beifall)

Vielen Dank, Herr Abg. Steppuhn. - Bevor wir in die Dreiminutendebatte der Fraktionen einsteigen, hat für die Landesregierung die Ministerin Frau Grimm-Benne das Wort. Bitte, Sie haben das Wort.

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die gegenwärtige Coronapandemie stellt Deutschland wie viele andere Länder vor eine beispiellose Herausforderung, auf die auch im Rahmen des Arbeitsschutzes reagiert werden muss. Der vorliegende Antrag der Fraktion DIE LINKE „Klare Regelungen für den Arbeitsschutz und Arbeitnehmer*innenrechte“ wurde am 15. April 2020 im Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration ausführlich erörtert. Es wurde ein Beschlussvorschlag erarbeitet.

Diesem Beschlussvorschlag zum Arbeitsschutz ist die Landes- zusammen mit der Bundesregierung bereits dahin gehend nachgekommen, dass ein bundesweit abgestimmter Coronaarbeitsschutzstandard in Kraft gesetzt wurde. Sie wissen, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, die Länder und die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung diesen Arbeitsschutzstandard in Abstimmung mit den Sozialpartnern erarbeitet haben. Dieser Arbeitsschutzstandard umfasst in detaillierter Form die notwendigen Arbeitsschutzmaßnahmen, um auch auf betrieblicher Ebene einen wirksamen Beitrag zur Unterbrechung der Infektionsketten zu leisten.

Die Arbeitgeber sind verpflichtet, aktuell und fortlaufend ihre Gefährdungsbeurteilung nach dem Arbeitsschutzgesetz hinsichtlich der erforderlichen Coronaschutzmaßnahmen anzupassen. Eckpfeiler sind die Gewährleistung des Mindestabstandes von 1,50 m bei den betrieblichen Tätigkeiten, die stringente Beachtung notwendiger Hygiene

maßnahmen am Arbeitsplatz und in allen sanitären Gemeinschaftsräumen sowie eine optimierte Arbeitszeit- und Pausengestaltung.

Der Arbeitsschutzstandard beinhaltet auch Maßnahmen zum Schutz ausländischer Beschäftigter, insbesondere für Saisonarbeiter und Erntehelfer in der Landwirtschaft.

Da wir in Sachsen-Anhalt bereits seit Anfang dieser Woche wieder Friseurtermine wahrnehmen können, möchte ich auch darauf hinweisen, dass die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege für diese Branche einschlägige Informationen für geeignete Coronaschutzmaßnahmen veröffentlicht hat. Auch für weitere Branchen stehen detaillierte Informationen zur Verfügung.

Das Landesamt für Verbraucherschutz hat übrigens nicht nur eine Telefonhotline zu spezifischen arbeitsschutzrechtlichen Fragestellungen in der Zeit der Coronapandemie geschaltet, sondern hat zwischenzeitlich seine Beratungs- und Aufsichtstätigkeit zur Einhaltung des Arbeitsschutzstandards intensiviert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Am 22. April 2020 hat sich der Koalitionsausschuss des Bundes bekanntermaßen auf eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes verständigt. Aufgrund der schweren wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise sind Millionen von Beschäftigten von Kurzarbeit betroffen. Bei der Bundesagentur für Arbeit haben bereits mehr als 700 000 Betriebe Kurzarbeit angemeldet. Das Kurzarbeitergeld wird erhöht, und zwar unabhängig von der Dauer der Kurzarbeit. Bisher zahlte die Bundesagentur für Arbeit bei Kurzarbeit 60 % bzw. für Eltern 67 % des Lohnausfalls.

Alle diese Punkte gelten bis zum 31. Dezember 2020. Damit werden die Regelungen aus der Beschlussempfehlung zu einem erheblichen Teil umgesetzt. Gerade im Vergleich zu unseren Nachbarländern haben wir damit einen guten Weg für unseren Arbeitsmarkt gefunden. - Lieben Dank.

Herzlichen Dank noch einmal für das Desinfektionsspray. Aber ich bin Asthmatikerin und habe gerade mehr mit diesem Desinfektionsspray zu tun als hoffentlich mit dem Virus.

(Heiterkeit)

Herzlichen Dank, dass Sie mir zugehört haben.

(Heiterkeit - Zurufe)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Ich kann nur bestätigen: Ich merke das hier oben auch. Ich habe arg damit zu kämpfen, nicht auch einen Husten

anfall zu bekommen; denn das Spray breitet sich doch sehr stark in der Luft aus. Aber das ist so. Vielleicht sollte man etwas weniger von dem Spray benutzen und/oder nur das Tuch nehmen.

(Zurufe - Heiterkeit)

Frau Ministerin, ich sehe keine Wortmeldungen. Somit können wir gleich in die Debatte einsteigen. Wie vereinbart, beträgt die Redezeit je Fraktion drei Minuten.

(Unruhe)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe gerade erfahren, dass ein Tagesordnungspunkt auf heute vorgezogen werden soll. Ich bin fast geneigt zu sagen, wir machen das nicht - denn Sie haben sehr viel Redebedarf - und setzen den Punkt nicht mehr auf die heutige Tagesordnung. Wenn Sie das dennoch möchten, dann bitte ich Sie, den Geräuschpegel zu senken. Es ist sehr anstrengend, Ihnen hier zu lauschen.

Aber nichtsdestotrotz: Bei diesem Tagesordnungspunkt sind wir jetzt bei der Debatte angelangt. Der Abg. Herr Kirchner von der AfDFraktion hat jetzt das Wort. Bitte, Herr Kirchner.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Werte Abgeordnete! Hohes Haus! Klare Regeln für den Arbeitsschutz und klare Regeln für Arbeitnehmerrechte - dagegen kann niemand etwas haben, so auch wir nicht. Natürlich muss man die Anforderungen beim Arbeitsschutz in Zeiten der Coronapandemie anpassen. Natürlich brauchen wir einen gewissen Abstandsschutz in Betriebs- und Arbeitsstätten sowie die Bereitstellung von Schutzausrüstung und Desinfektionsmitteln. Aber wer kann denn die Art und Weise des Umgangs mit diesen Maßnahmen im Unternehmen besser einschätzen als das Unternehmen selbst? - Deswegen sagen wir: Grundaussagen können von den Politikern im Bund getroffen werden, aber die spezielle Umsetzung muss vor Ort entschieden werden, und zwar von den Unternehmen selbst.

Wir tun uns schwer mit bundeseinheitlichen Regelungen, da es in den Bundesländern verschiedene Voraussetzungen, verschiedene Fallzahlen und unterschiedliche Ausnahmeregelungen gibt. Für uns sind bundeseinheitliche Regelungen auch gar nicht erstrebenswert, weil wir den Shutdown so schnell wie möglich beenden wollen und zu einer Normalität zurückfinden wollen, zumal die Zahlen und die Umstände es hergeben und die Situation es erforderlich macht. Denn unserer Meinung nach ist der Punkt erreicht, an dem der Schaden von Verordnungen größer ist als ihr Nutzen.

In einigen von der Coronakrise betroffenen Branchen gibt es Berufe im Niedriglohnbereich. Es

sind Beschäftigungsverhältnisse, in denen weniger als zwei Drittel des Medianbruttoverdienstes gezahlt werden, zum Beispiel im Hotelgewerbe, in der Gastronomie, im Reinigungsgewerbe oder in der Lager- und Logistikbranche. In diesen Bereichen bringt der Arbeitsausfall die Menschen an die Armutsgrenze und führt schlichtweg zu einem nicht lebensstandardsichernden Fakt.

Wir fordern daher für die Arbeitnehmer im Niedriglohnbereich die Anhebung des Kurzarbeitergeldes auf 80 % des ausgefallenen Nettoentgelts bzw. für die Beschäftigten mit Kindern auf 90 %.

Eine familienfreundliche Ausgestaltung des Kurzarbeitergeldes ist mit Blick auf den Existenzdruck einkommensschwacher Eltern sinnvoll und geboten. Dennoch bleibt für uns das Kernziel der sofortige Ausstieg aus dem Shutdown unter Berücksichtigung von Abstands- und Hygieneregeln. Denn nur das hilft uns jetzt und hilft den Beschäftigten im Land am meisten. - Vielen Dank für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit.

(Beifall)

Vielen Dank, Herr Abg. Kirchner. Ich sehe keine Wortmeldungen. - Somit können wir gleich zum nächsten Debattenredner kommen. Herr Abg. Krull, Sie können sich schon einmal vorbereiten. Ihr Platz wird gleich vorbereitet. Herr Abg. Krull, Sie haben jetzt das Wort.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Viele Beschäftigte leisten in der aktuellen Lage wirklich Außergewöhnliches, angefangen vom Gesundheits- und Pflegebereich über den Groß- und Einzelhandel bis hin zu der Logistik, in der Ver- und Entsorgung und dem öffentlichen Dienst, um nur einige Bereiche zu nennen.

Deshalb ist es wichtig, dass wir die Beschäftigten auch unter den derzeitigen Rahmenbedingungen durch einen effektiven Arbeitsschutz schützen. Die Ausnahmeregelungen, die aktuell in unterschiedlichen Bereichen existieren, müssen schnellstmöglich - sobald es vertretbar ist - zurückgefahren werden.

Das Land hat im Rahmen seiner Pandemieverordnungen schon Regelungen zum Thema Arbeitsschutz erlassen. Auch das zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist aktiv geworden. Neben der Herausgabe des sechsseitigen SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards wurden folgende Kernpunkte kommuniziert:

„1. Arbeitsschutz gilt weiter und muss bei einem schrittweisen Hochfahren der Wirt

schaft zugleich um betriebliche Maßnahmen zum Infektionsschutz vor dem Coronavirus ergänzt werden!

2. Sozialpartnerschaft nutzen, Arbeits

schutzexperten einbinden, Angebote arbeitsmedizinischer Vorsorge ausweiten!

3. Der Sicherheitsabstand von mindestens 1,5 m wird universell auch bei der Arbeit eingehalten - in Gebäuden, im Freien und in Fahrzeugen!“

Das ist beim letzten Punkt sicherlich durchaus streitbar.

„4. Abläufe werden so organisiert, dass die Beschäftigten möglichst wenig direkten Kontakt zueinander haben!

5. Niemals krank zur Arbeit!

6. Zusätzlichen Schutz bei unvermeidlichem direkten Kontakt sicherstellen!