Ach, wissen Sie, Herr Poggenburg, wenn Sie der Meinung sind, dass Herr Tillschneider nicht für die AfD spricht, dann sollten Sie ihn hier nicht reden lassen.
Damit haben wir diesen Debattenbeitrag beendet und kommen zum nächsten. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Herr Meister. Bitte sehr.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Zielstellung des Antrags ist eindeutig. Die Koalitionsfraktionen wollen mehr Gleichstellung und Geschlechtergerechtigkeit an den Hochschulen in unserem Land. Wir wollen eine nachhaltige Förderung von Geschlechtergerechtigkeit in Wissenschaft und Forschung.
Ich weiß, dass diese Forderung in diesem Hause zumindest seit den Wahlen nicht mehr ohne Weiteres Konsens ist. Herr Tillschneider hat es dargelegt.
Ich möchte Sie kurz mit Zahlen quälen: Zu Beginn der letzten Legislaturperiode, im Jahr 2012, hatte meine Fraktion eine Große Anfrage gestellt. Das war schon kurz Thema bei Herrn Lange. Damals sind uns Zahlen mitgeteilt worden, die im Jahr 2010 bestanden. Demnach waren 51 % der Studienanfängerinnen und Studienanfänger und 54 % der Absolventinnen und Absolventen weiblich; der weibliche Anteil lag bei den Promotionen bei 44 %, bei den Habilitationen bei 19 %, bei den C3- und W2-Professuren bei 22 % und bei den C4- und W3-Professuren bei lediglich 10 %.
Man muss kein großer Fan von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sein, um hierbei irgendwie das Gefühl zu haben: Das ist nicht gerecht.
Wenn Sie sagen, das hat etwas mit Leistung zu tun - so habe ich Herrn Tillschneider verstanden -, dann muss ich sagen: Das ist doch unrealistisch. Sie können doch nicht ernsthaft behaupten, dass es eine Leistungsfrage ist, wenn eine bestimmte Rubrik bei den Professuren zu 90 % mit Männern besetzt wird. Dann sagen Sie ja, dass die
Dann möchte ich auf die freie Entscheidung abstellen. Es gibt unterschiedliche Hemmnisse. Es gibt rechtliche Hemmnisse; diese sind weitgehend abgebaut. Aber es gibt eben tatsächliche Hemmnisse; diese sind nicht abgebaut. Deswegen haben wir nicht nur bei den Hochschulen, sondern in vielen gesellschaftlichen Bereichen unterschiedliche Quoten von Frauen und Männern in Gremien, die etwas zu beschließen haben.
Wenn wir einmal in ganz andere Branchen, etwa in die Politik, schauen, dann stellen wir ebenfalls fest, dass es dort mit der Gleichstellung nicht so weit her ist. Das ist von Fraktion zu Fraktion noch ein bisschen unterschiedlich. Dann zu sagen, die Frauen wollen das nicht, ist doch Unsinn.
Man sieht es an meiner Fraktion, wo man von jeder Frau, die in der Fraktion war oder ist, sagen kann: Sie brennt für die Politik und macht ihre Geschichte.
Aber dass wir bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine paritätische Besetzung haben, liegt eben daran, dass wir Änderungen vorgenommen haben, um diese tatsächlichen Hemmnisse zu beseitigen. Das ist bei uns die Quotenregelung. Ich weiß, das wird woanders anders gesehen, aber das war natürlich ein Hemmnis, das wir beseitigt haben. Deswegen haben wir jetzt eine andere Repräsentation.
Ich meine, das tut der Politik gut und würde auch dem Wissenschaftsbetrieb gut tun. Gerade im Hinblick auf die Islamwissenschaften habe ich häufig den Eindruck, dass mehr weibliche Kompetenz durchaus weiterführen würde.
Auch die SPD hatte im Jahr 2015 eine Große Anfrage gestellt. Damals waren sogar noch geringere Werte zu verzeichnen. Diese waren gesunken. Jetzt hat sich der Wert wieder mühsam etwas nach oben bewegt. Der Frauenanteil in Führungspositionen im Hochschulbereich in Sachsen-Anhalt bewegte sich im Jahr 2015 zwischen 17 und 47 % und liegt im Durchschnitt bei 27 %.
Wir sehen, je höher in Wissenschaft und Forschung die Hierarchieebene und die Besoldungsstufe sind, desto dünner wird die Luft für qualifizierte Frauen - eine Situation, die wir auch in anderen Bereichen der Gesellschaft vorfinden. Ich meine, wir müssen dem tatsächlich entgegenwirken. Die Nichtnutzung solcher Potenziale ist
auch volkswirtschaftlich ein Problem. Ich fand es sehr schön, dass Herr Philipp sehr dezidiert und differenziert darauf eingegangen ist.
Wir haben in der letzten Legislaturperiode - wir haben hierbei vermutlich die schwarz-rote Landesregierung mit unserer mitreißenden Großen Anfrage mitgerissen - Initiativen aufgesetzt und die Erhöhung des Frauenanteils per Kaskadenmodell in die Zielvereinbarungen zwischen dem Land und den Hochschulen aufgenommen. Herr Lange hat das schon erwähnt.
Im aktuellen Koalitionsvertrag einigten sich die Partner darauf, den Prozess der Erhöhung des Frauenanteils in wissenschaftlichen Führungspositionen zu beschleunigen. Mit der Aufnahme in die Koalitionsvereinbarung können die Hochschulen bei einer verbindlichen und sukzessiven Umsetzung dieses Modells vom Land finanzielle Unterstützung bekommen. Der Grundsatz der Hochschulautonomie bleibt natürlich unberührt. Mit einem guten Konzept zur Umsetzung können die Hochschulen im Rahmen der im Koalitionsvertrag definierten Profilierungsprozesse Unterstützung in Anspruch nehmen.
Am Donnerstag der vergangenen Woche stand das Thema Geschlechtergerechtigkeit in der Wissenschaft auf der Tagesordnung des Bundestags. Ich meine, wenn man sich das ansieht, dann sind wir dabei sogar weiter.
Nicht nur die genannten Großen Anfragen, sondern auch viele wissenschaftliche Untersuchungen, auch internationale, sowie Analysen von Verbänden plädieren heute für eine bessere Durchlässigkeit für Frauen im wissenschaftlichen Betrieb.
Auf das Thema Beteiligungsrechte der Gleichstellungsbeauftragten sind der Minister und auch Frau Kollegin Pähle bereits eingegangen. Ich möchte noch ein paar Punkte betonen. Wir haben das Landesprogramm für ein geschlechtergerechtes Sachsen-Anhalt, das sich auch mit diesen Fragestellungen befasst und mehrere Forderungen aufmacht. Eine Stärkung der Vereinbarkeit von Studium, Forschung und Familie ist ein wesentlicher Punkt, um solche Hemmnisse zu beseitigen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Unterstützung der wissenschaftlichen Karriere von Frauen, ebenso die Sicherung der Teilhabe von Frauen an Entscheidungsgremien.
Die Rechte der Gleichstellungsbeauftragten sind zu stärken; auch das wurde schon gesagt. Wir brauchen eine Festschreibung hinsichtlich der Mindestausstattung der Gleichstellungsarbeit und müssen Kindererziehungszeiten berufungsför
dernd berücksichtigen. Wir haben vereinbart, das Hochschulgesetz zu novellieren. Dabei müssen wir diese Punkte im Blick haben.
Danke, Herr Meister. - Ich sehe keine Nachfrage. Dann können wir in der Debatte fortfahren. Frau Dr. Pähle als Einbringerin hat noch einmal das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich erst einmal darüber, dass der Antrag im Hohen Haus grundsätzlich zustimmungsfähig ist. Das wird die Abstimmung gleich zeigen. Ich gehe davon aus, dass dem Antrag mehrheitlich zugestimmt wird. Das freut mich, weil es zeigt - -
Ja, auf die Ankündigung müssen Taten folgen. Aber, Herr Lange, ich garantiere Ihnen, dass relativ schnell ein Entwurf des Hochschulgesetzes den Landtag erreichen wird, mit dem wir genau diese Dinge im Hochschulgesetz zu verankern versuchen, damit wir sagen können: Wir haben nicht nur etwas angekündigt, sondern wir ergreifen auch die notwendigen Maßnahmen.
Außerdem hat mir die Debatte zwei andere Dinge gezeigt. Erstens: Es ist sehr klug, dass in Landtagen nicht darüber entschieden wird, welche Studienrichtungen abgeschafft gehören und welche nicht.
Das war in der letzten Legislaturperiode hier schon öfter Thema. Dafür gibt es die Freiheit der Wissenschaft. Hierzu werden innerhalb der Wissenschaft Diskussionen geführt. Es werden Themen aufgetan, an verschiedenen Stellen entwickeln sich daraus dann tatsächlich neue Studiengänge, neue Studienrichtungen. Zum Glück ist dieses Recht, dass die Wissenschaft das für sich selbst entscheiden kann, im Grundgesetz festgehalten.
Die zweite Sache, die sich mir gezeigt hat: Es ist hilfreich, noch einmal darauf hinzuweisen, dass die Einführung des Kaskadenmodells an sich nicht dazu führt, dass irgendjemand - egal, ob Männlein oder Weiblein -, der seinen Hochschulabschluss in der Tasche hat, von irgendjemandem gezwungen werden kann, mit einer Promotion zu beginnen
oder diese Promotion zu beenden. Das wird nicht passieren. Aber wir müssen darüber nachdenken, ob es Unterstützungsmöglichkeit gibt, gerade in Fächern, in denen bei den Erstsemestern vielleicht eine Studentin in einem Raum mit 20 Studenten sitzt.
Herr Tillschneider, ich weiß nicht, ob Sie sich das vorstellen können. Ich habe genug Gespräche geführt mit toughen jungen Frauen, die in Bereichen unterwegs sind, die nicht klassische Frauenstudiengänge sind. Dazu gehören Mathematik, Ingenieurwissenschaften, all diese Dinge. Sie berichten schon davon, dass sie an vielen Stellen durch die Mehrzahl der männlichen Studienkollegen gemobbt werden.
- Wenn Sie das mit einem lauen „Oh!“ kommentieren, sagt mir das schon, dass Sie für solche Dinge anscheinend kein Gespür haben.
Ich finde es nicht in Ordnung, wenn das passiert. Ich finde es auch nicht in Ordnung, wenn Männer belächelt werden, die Erzieher werden wollen. Ich finde das einfach nicht in Ordnung.
Genau an diesen Stellen geht es darum, bestimmte Dinge zu ermöglichen, beispielsweise um Frauen, die qualifiziert sind, zu sagen: Jawohl, wir haben ein Programm, in dem du promovieren kannst; wir schaffen ein Programm, in dem du beispielsweise auch die Zeiten für den Ausfall zugunsten der Familie angerechnet bekommst.
Das schaffen wir. All diese verschiedenen Möglichkeiten wollen wir einfach auf den Weg bringen und weiter aufrechterhalten. Wir wollen unterstützen, um für eine Chancengerechtigkeit zu sorgen; denn wir wissen, dass Frauen und Männer unterschiedlich sind. Und das ist gut so.
Man darf aus dieser Unterschiedlichkeit keinen Nachteil erlangen. Das ist der Hintergrund von Gleichstellungspolitik. Nicht mehr wollen wir tun.