Es gibt die Möglichkeit einer Intervention oder einer Nachfrage. Ich würde sie in einem Fall zulassen. - Herr Farle, Sie haben das Wort. - Herr Knöchel, Sie können überlegen, ob Sie darauf reagieren wollen.
Sie sollten wirklich einmal darüber nachdenken, dass Sie in einer Scheinwelt leben. Sie leben nicht in der Realität. Denn mehr als die Hälfte der Menschen, die grenzenlos zugewandert sind, sind eben nicht Familien und sind auch keine Flüchtlinge. Das sind die amtlichen Zahlen. Bitte lesen Sie einmal die Statistik, und verdummen Sie nicht die Menschen in unserem Land, die es besser wissen, weil sie diese Menschen kennen.
Dieses Thema ist viel zu wichtig. Und die Aussage von Herrn Rausch war absolut richtig. Dass wir für die Kinder in den vergangenen Jahren zu wenig getan haben, auch für junge Familien, die in unserem eigenen Land wieder mehr Kinder haben sollen, diese Aussage ist richtig.
Und die zweite Aussage ist genauso richtig: Auf einmal fließen pro Jahr - merken Sie sich die Zahlen; denn das sind die Zahlen von Herrn Schäuble - mehr als 20 Milliarden €, wenn man sämtliche Kosten einbezieht, für eine Bevölkerungsgruppe, die in unsere Sozialsysteme nie etwas eingezahlt hat und zum größten Teil auch nichts einzahlen wird. Wir leben in der Realität und nicht in Ihrer Fiktion!
Ich erinnere jetzt einmal an das Verfahren. Wir befinden uns noch immer in der Debatte. Es haben zwei Fraktionsvorsitzende geredet. Ich würde jetzt gern in der Debatte fortfahren.
Es gab eben eine Zwischenintervention, auf die der Fraktionsvorsitzende nicht mehr reagiert. Es gibt inzwischen drei weitere Wortmeldungen aus der AfD-Fraktion. Ich werde diesen Prozess jetzt abbrechen und in der Debatte fortfahren.
jetzt nicht der Versuchung verfallen zu erklären, was der Unterschied zwischen Sozialsystemen und sozialen Unterstützungssystemen ist. Frau Göring-Eckardt hat nämlich genau darauf abgestellt.
Ich unterstelle einmal, dass es für jeden Politiker in diesem Land wünschenswert ist, dass auch diejenigen, die hierher zuwandern, in unsere Sozialsysteme einzahlen. Dafür wollen wir die Voraussetzungen schaffen. - Das ist die eine Geschichte.
(Zustimmung bei den GRÜNEN - Tobias Rausch, AfD: Einzahlen ist nicht auszahlen! Das ist ein Unterschied!)
Ich glaube, es ist auch unstrittig in diesem Hohen Hause, dass in diesem Land zu wenig für Kinder getan wird.
Strittig ist, dass es an den Flüchtlingen läge. Auch wir GRÜNEN - das können Sie nachlesen - haben immer gesagt - außerparlamentarisch und innerparlamentarisch -, das ist eine Frage der Verteilung der Mittel in diesem Land. Das ist eine politische Frage.
Wir wollen daran arbeiten, dass es mehr zugunsten der Kinder geht; denn tatsächlich sind in Sachsen-Anhalt 24 % aller Kinder arm. Das lässt sich am Hartz-IV-Satz festmachen.
Ich will das einmal etwas sortieren, damit wir tatsächlich wissen, worüber wir reden. Nach dem aktuellen Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz - so heißt das - werden aus den statistischen Erhebungsgruppen unter anderem folgende Bedarfspositionen herausgerechnet: Malstifte für Kinder, Speiseeis im Sommer, Campinggeräte und auch solche Kuriositäten wie Weihnachtsbaum, Adventsschmuck, Regenschirme, Zimmerpflanzen und - Zitat - billiger Modeschmuck.
Man stelle sich das bildlich vor - ich überspitze es einmal bewusst -: Es sitzt ein Kind in einer ziemlich kargen Wohnung; zum Malen fehlen die Stifte; wenn der Eiswagen draußen vor der Wohnung klingelt, dann kann es nur zuschauen. Auf einen Urlaub zu hoffen, hat es sich längst abgewöhnt. Nach zwei Freibadbesuchen im Monat ist Schluss. Und nicht nur, dass kaum Geschenke unter dem Weihnachtsbaum liegen, nein, dieser ist auch noch mit geborgten Stiften selbst gemalt, weil nicht vorgesehen. Wenn dann - auch das ist traurige Realität in diesem Land - noch Strom
Das ist aus grüner Sicht für die fünftreichste Industrienation der Welt beschämend. Deswegen müssen wir an eine Neuberechnung der Regelsätze herangehen.
Das darf nicht nur Makulatur sein, damit das Bundesverfassungsgericht nicht über Gebühr strapaziert wird, sondern das muss grundsätzlich geschehen.
Wenn man beispielsweise die Regelsatzgruppe 5, Jugendliche zwischen sechs und 14 Jahren, die einmalig 21 € mehr bekommt, betrachtet, dann ist das eine schöne Sache, um den Fokus darauf zu richten. Das lenkt aber davon ab, dass bei kleineren Kindern gar nichts erhöht wurde und der Regelsatz in der Gruppe 1 nur um die homöopathische Dosis von 5 €.
Es gibt Massen von Studien - darauf ist auch die Frau Ministerin schon eingegangen -, die die negativen Auswirkungen von Lebenslagen in Armut beschreiben, gerade bei Kindern: schlechterer Gesundheitszustand, sowohl körperlich als auch seelisch, ein deutlich kürzeres Leben, schlechtere Bildungschancen und schlicht und ergreifend das Umgehen mit einer gesellschaftlichen Zuschreibung, die gern Bilder einer sogenannten Unterschicht bemüht, um Armut gleichzusetzen mit moralischem Versagen.
Nicht von ungefähr kommt die aktuelle Bertelsmann-Studie über Kinderarmut - auch diese ist hier schon ausführlich eingeführt worden - zu dem Ergebnis, dass Kinder aus armen Familien überdurchschnittlich oft sozial isoliert sind.
An den Regelsätzen können wir hier auf der Landesebene - das ist Arbeitsteilung; das muss man zur Kenntnis nehmen - wenig machen. Es ist Aufgabe der Bundespolitik, tätig zu werden. Ehe jetzt die übliche Frage der Linksfraktion kommt - ja, von Rot-Grün sind damals bei der Einführung von Hartz IV Fehler gemacht worden und, ja, das wollen wir korrigieren.
Deswegen will ich konkret zu dem kommen, was man tun kann. Alle kennen mich. Ich bin immer dafür zu schauen, was man selbst tun kann. Ich möchte ein Beispiel, das noch nicht genannt worden ist, einführen für das, was wir hier im Land konkret tun können.
Ich bin sehr stolz darauf, dass wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben, eine Sonderförderung für Kitas in sogenannten sozialen Brennpunkten einzuführen. Ich bin fest davon überzeugt, dass gute Kindertagesbetreuung Armutsprävention ist. Gerade in sozialen Brennpunkten brauchen wir
die besten Kitas. Dort existieren besondere Bedarfe. Daraus ergeben sich besondere Herausforderungen in den Einrichtungen. Deswegen ist eine gezielte finanzielle Sonderförderung aus unserer Sicht gut eingesetztes Geld.
Den betroffenen Einrichtungen soll ein Budget zur Verfügung gestellt werden, um spezielle eigene Programme zu entwickeln. Man soll auch Leistungen Dritter einkaufen können, um zum Beispiel den Kindern ganz konkrete Angebote machen zu können, etwa im Bereich der Gesundheitsprävention, im Bereich von gesundem Essen, zur Sprachförderung, zur Stärkung von Kinderbeteiligung oder auch zur Stärkung der Erziehungskompetenz der Eltern.
Chancengerechtigkeit zu stärken heißt, Ungleiches ungleich zu behandeln, um allen gleiche Ausgangsbedingungen zu ermöglichen.
Im höheren Kindheitsalter müssen wir uns dem Schulabbruch noch stärker präventiv widmen. Unsere grüne Strategie ist bekannt: mehr Ganztagsschulen, mehr Gemeinschaftsschulen, mehr multiprofessionelle Teams. Das frühe Sortieren der Kinder ist nach wie vor auch in SachsenAnhalt nur ein Aussortieren nach sozialer Herkunft. Die Nachteile eines erschöpften Elternhauses werden zulasten der Kinder verstärkt.
Es ist eben ein Unterschied, ob man gemeinsam mit den Eltern ganz in Ruhe am eigenen Schreibtisch Hausaufgaben machen kann oder ob man das mittenmang zwischen Einkaufen und Beaufsichtigung der Geschwister allein tun muss, weil die alleinerziehende Mutter arbeiten muss.
Auch nach der Schule gibt es Möglichkeiten, beispielsweise die assistierte Ausbildung. Sie hilft denjenigen, die Entwicklungsdefizite haben, und uns, Armutsprävention zu betreiben. Jede abgeschlossene Ausbildung ist ein guter Start in die Zukunft.
Ich möchte auch noch auf den Bereich der Teilzeitausbildung hinweisen. Wir haben auch Menschen in Ausbildung, die sehr früh Kinder bekommen haben. Die Stärkung der Teilzeitausbildung ist eine gute Möglichkeit, um auch ihnen eine abgeschlossene Berufsausbildung zu ermöglichen.
Last, but not least ist auch der von den regierungstragenden Fraktionen vereinbarte soziale Arbeitsmarkt ein Mittel der Armutsbekämpfung. Er verbessert auf der einen Seite die Einnahmesituation von Familien und stärkt auf der anderen Seite das Selbstvertrauen der betroffenen Menschen. Vom „Hartzer“ zum Bürgerarbeiter, vom Bürgerarbeiter zum normalen Angestellten - das ist der Weg, den wir vorgeben wollen, eine ganz konkrete Maßnahme, die wir hier im Land vorantreiben können.
Den ganz großen Wurf - damit schließt sich der Kreis zum Beginn meiner Rede - werden wir hier im Land nicht erreichen können. Den werden wir nur auf der Bundesebene schaffen. Das grüne Mittel der Wahl ist die Kindergrundsicherung. Damit wäre ganz besonders auch der sozialen Abwertung und Diskriminierung von heutigen Hartz-IV-Kindern abgeholfen.
Ich will es, auch wenn das jetzt einige wieder aufregt, noch einmal ganz deutlich sagen: Diese Kindergrundsicherung, die nach außen hin ganz deutlich zeigt, dass die Gemeinschaft bereit ist, für alle Kinder Sorge und Verantwortung zu tragen, ist selbstverständlich für alle Kinder. - Vielen Dank.