Protocol of the Session on September 17, 2015

Deutschland bleiben.

Sollte das BAMF - es war einmal die Rede davon, 2 000 Stellen zu schaffen und entsprechende Einstellungen vorzunehmen - in der Lage sein, die Anträge zeitnah zu bearbeiten, ist die Justiz an der Reihe. Man darf davon ausgehen - die Zahlen sind ja schon gestiegen -, dass diejenigen, die einen ablehnenden Bescheid bzw. die Abschiebeverfügung, von der Frau Ministerin gesprochen hat, bekommen haben, dann dagegen rechtlich vorgehen werden.

Ich möchte nicht - dazu trägt der Gesetzentwurf bei -, dass der schwarze Peter, weil es länger dauert, dann bei der Justiz liegt. Wir müssen die Verwaltungsgerichtsbarkeit darauf vorbereiten,

dass dann, wenn diese Welle auch bei der Justiz ankommt, die Verwaltungsgerichte diese Dinge zeitnah bearbeiten können. Dazu ist die Aufhebung der Zuständigkeitskonzentration ein Weg.

Ob wir mit vier Stellen, die die Justiz bekommen hat, mehr Richterstellen, gewissermaßen personell hinreichend - -

(Frau von Angern, DIE LINKE: Die sind doch vorgezogen worden!)

- Die sind vorgezogen, gut. Aber mithin: Ob die Justiz damit personell das Problem bewältigen kann, werden wir sicherlich zu einem späteren Zeitpunkt diskutieren müssen.

Die Aufhebung der Zuständigkeitskonzentration ist ein wichtiger und richtiger Schritt, was nicht sagt - das ist im Vorfeld an mich herangetragen worden -, dass das VG Magdeburg schlechte Arbeit leistet. Die Eilverfahren laufen dort wohl im Bundesdurchschnitt vorbildlich. Aber: Wir müssen die Arbeit auf mehreren Schultern verteilen.

Insoweit bitte ich auch im Namen meiner Fraktion um Überweisung des Gesetzentwurfes in den Rechtsausschuss. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke sehr, Kollege Dr. Brachmann. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht Frau von Angern.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ja, die Flüchtlingszahl und die Zahl der Asylsuchenden steigen, und zwar bundesweit, nicht nur in Sachsen-Anhalt.

Ja, bisher ist nur das Verwaltungsgericht Magdeburg für Asylverfahren in Sachsen-Anhalt, die gerichtsanhängig sind, zuständig. Wir haben es gerade noch einmal gehört: Es wurde zusätzliches Personal eingestellt. Aber es sind eben nur vorgezogene Neueinstellungen.

Und: Ja, wir werden sicherlich auch davon ausgehen können, dass die Verfahrenszahlen weiter steigen.

Nun stellt sich allerdings die Frage: Welche Schlussfolgerungen ziehen wir aus diesen Fakten? - Die Koalitionsfraktionen ihrerseits wollen den Weg gehen, die Konzentration der Asylverfahren beim Verwaltungsgericht aufzuheben. Wenn ich mir einmal die Begründung und auch alle Debattenbeiträge, die sich inhaltlich sehr ähnelten, vor Augen führe, komme ich zu dem Schluss, dass doch alles ganz einfach zu sein scheint und alles dafür und nichts dagegen spricht.

Ich kann für meine Fraktion schon jetzt ankündigen, da das ein Gesetzentwurf der Koalition ist, also keine schriftliche Anhörung der Betroffenen stattgefunden hat, dass wir beantragen werden, dass es entweder ein Fachgespräch oder eine Anhörung gibt, in denen die Präsidenten der Verwaltungsgerichte und des OVG bzw. die Personalräte gehört werden.

DIE LINKE interessiert sehr wohl, wie es denjenigen geht, die dieses Gesetz umsetzen müssen. Besteht tatsächlich der Druck, den die Frau Ministerin hier beschrieben hat, bei den Richterinnen

und Richtern, aber auch beim nichtrichterlichen Personal? Wie schätzen sie diesen Lösungsvorschlag, den Sie soeben vorgetragen haben, und die möglichen Ergebnisse tatsächlich ein?

Ich denke, wir sind gut beraten, gerade weil die Lösung so einfach zu sein scheint, genau hinzuschauen und mit denjenigen zu reden, die das Gesetz umsetzen müssen.

Meine Damen und Herren! Ich möchte auch einen Blick über den Tellerrand hinaus wagen, nämlich in den Bundesrat. Im Bundesrat liegt ein Gesetzentwurf des Landes Brandenburg vor, der in der nächsten Woche auch beraten wird, wonach eine Öffnungsklausel angestrebt wird, die eine Asylzuständigkeitskonzentration nach Herkunftslän

dern ermöglichen soll.

Das Land Brandenburg verfolgt damit den klaren qualitativen Ansatz: Nicht mehr Schultern sollen mehr leisten, sondern gut ausgebildete, fitte Leute sollen noch mehr leisten. Es versucht also eine Aufteilung nicht nach Gerichten, sondern nach Herkunftsländern. Man erwartet dadurch einen quantitativen Effekt, und zwar die Steigerung der Erledigungszahlen innerhalb kürzerer Zeiträume.

Ich zitiere aus dem Gesetzentwurf:

„Ziel der Konzentrationsmöglichkeit nach Herkunftsländern ist es, den Einarbeitungs- und Aktualisierungsaufwand in Bezug auf die einzelnen Herkunftsländer besser zu bewältigen und dem zuständigen Spruchkörper eine weitergehende länderbezogene Spezialisierung zu ermöglichen.“

Sehr geehrte Damen und Herren! Genau das passiert momentan auch im Verwaltungsgericht Magdeburg. Nicht nur das! Laut Jahresbericht ist auf die aktuelle Situation, also auf die steigenden Fallzahlen, reagiert worden. Inzwischen ist eine 8. Kammer gegründet worden. Sämtliche Kammern im Verwaltungsgericht Magdeburg beschäftigen sich - nach Ländern aufgeteilt - mit den Asylverfahren. Es gibt darüber hinaus aber noch weitere personelle Möglichkeiten, die eingeleitet worden sind, um Verfahrensdauer und Belastungen auch im allgemeinen Geschäftsbereich zu minimieren,

(Zuruf von Herrn Borgwardt, CDU)

als Stichwort nur: Mediationsverfahren.

Nach einem Vergleich der Statistiken aus den 90er-Jahren, in denen die von Herrn Borgwardt angesprochene Entscheidung für die Asylkonzentration getroffen worden ist, sollte man auch nicht unnötigen Aktionismus an den Tag legen; denn zum Glück haben wir die damaligen Zahlen der Verfahren noch lange nicht erreicht.

Ja, Sie haben es benannt: Ein Nachteil, der schon seit 20 Jahren und auch heute besteht, ist, dass

wir lange Anfahrtswege für Antragstellerinnen aus dem Süden Sachsen-Anhalts haben. Natürlich wird die neue ZASt in Halle das noch einmal verstärken. Doch wie Sie sicherlich auch alle wissen, tragen die Antragstellerinnen und -Antragsteller die Fahrtkosten nicht selbst und die meisten der Verfahren werden im schriftlichen Verfahren, also ohne Ladung der Antragstellerinnen und Antragsteller, entschieden. Ich denke, das gehört zur Wahrheit dazu.

Wie gesagt, wir wissen nicht, wie sich die Fallzahlen tatsächlich entwickeln. Auch wir unterstützen die Forderungen der Migrantinnenorganisationen, namentlich die Beschleunigung der Verfahren. Eine schnelle Verfahrensabwicklung schafft sowohl für die Betroffenen selbst als auch für das Land und die Kommunen Rechtssicherheit, an der uns allen gelegen ist.

Dennoch: Es bleiben offene Fragen, die Sie in Ihrem Gesetzentwurf und in der Begründung dazu nicht beantwortet haben. Es muss sichergestellt werden, dass zukünftig, wenn dieses Gesetz tatsächlich diesen Landtag verlässt, auch das Verwaltungsgericht Halle entsprechend personell, sowohl im richterlichen als auch im nichtrichterlichen Bereich, ausgestattet ist. Sie sprachen ja selbst davon: Es geht nur um einen sehr geringen Personalüberhang. Richterinnen und Richter werden wir, wenn sie abgeordnet sind, nicht aus Magdeburg versetzen können.

Über das nichtrichterliche Personal sollten wir reden, aber auch über die Kosten, die dadurch entstehen. Deshalb gehe ich davon aus, dass sich auch der Finanzausschuss mit dem Gesetzentwurf beschäftigen muss.

Darüber hinaus geht es um Fachlichkeit, um die Frage, wie wir diese weiterhin gewährleisten können.

Ich denke, in meinem Redebeitrag ist deutlich geworden, dass ich das mit der Lösung, die Sie hier vorgeschlagen haben, nicht ganz so einfach sehe wie Sie. Ich hoffe, dass wir uns damit noch einmal im Ausschuss inhaltlich intensiv auseinandersetzen. - Danke sehr.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke sehr, Frau Kollegin von Angern. - Herr Borgwardt, Sie haben noch einmal für die CDUFraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Ich will es ganz kurz machen. Ich bin sehr erfreut - ich glaube, so etwas darf man auch einmal sagen -, dass nicht die übliche Populismusschlacht geführt wird in der Frage, wer hier

mehr bieten kann, sondern dass Sie einige Nuancen ansprechen, die wir sicherlich im Ausschuss besprechen können, und dass wir zumindest in dieser Frage eine Lösungsmöglichkeit aufzeigen, die in einem Konvolut von Lösungsmöglichkeiten besteht, die die Menschen von uns erwarten; das ist eine von ihnen. Dass wir nicht auf Populismus in der Frage machen, finde ich sehr gut. Vielleicht ist das ein Zeichen für unseren Ausschuss. Daher danke ich Ihnen. Zumindest Ihre drei Hauptverwaltungsbeamten erwarten, dass wir hier schnell eine Lösung finden.

Deshalb freue ich mich, dass wir uns hier auf den Weg gemacht haben, gemeinsam ein Problem anzugehen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke sehr, Herr Kollege Borgwardt. - Damit ist die Debatte beendet. Wir treten in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 6/4372 ein. Ich gehe davon aus, dass einer Überweisung nichts im Wege steht; es waren alle dafür. Bezüglich der Federführung des Ausschusses für Recht und Verfassung gibt es auch keine Gegenbemerkung.

Ich bewerte die Worte von Frau von Angern als Antrag. Ob es auch in den Finanzausschuss überwiesen wird, würde ich jetzt abstimmen lassen. Wer eine Mitberatung des Finanzausschusses befürwortet, den bitte ich um das Kartenzeichen.

(Frau von Angern, DIE LINKE: Ich bin davon ausgegangen, dass es auf die Finanzen Auswirkungen hat, dass es automatisch im Finanzausschuss ist!)

Da in dem Antrag nicht einmal das Wort „Kosten“ auftritt,

(Zuruf von Frau Niestädt, SPD)

was natürlich nicht gerade besonders gut ist,

(Frau von Angern, DIE LINKE: Dann war es ein Antrag!)

deshalb habe ich gesagt, es war ein Antrag und wir stimmen über den Antrag ab. Wer eine Mitberatung im Finanzausschuss befürwortet, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind alle Fraktionen. Damit ist das so beschlossen worden. Federführend ist der Ausschuss für Recht und Verfassung, mitberatend der Finanzausschuss.

Meine Damen und Herren! Wir treten die Mittagspause ein, vereinbarungsgemäß eine 45-MinutenMittagspause. Wir treffen uns um 12.45 Uhr wieder.

Unterbrechung: 12.02 Uhr.