ten, aber auch andere Verbände, die beklagen, dass die Vergleichszahlen, die Sie anführen, eben nicht wirklich vergleichbar sind, weil sie Unterschiedliches messen.
Ich sage Ihnen: Personalpolitik mit Vergleichswerten zu steuern, ist der untaugliche Versuch, Komplexität zu reduzieren.
Wir brauchen endlich eine Politik, die sich traut, Komplexität als positive Herausforderung anzunehmen und umzusteuern. Statt einer demografieorientierten Personalpolitik brauchen wir endlich eine aufgabenorientierte Personalpolitik.
Wir müssen Aufgaben definieren, die von bestimmten Bereichen erfüllt werden sollen. Wir müssen die Qualität definieren, mit der wir diese Aufgaben erfüllt haben wollen. Dann können wir sagen, wie viel Personal wir dazu brauchen. Dann können wir auch sagen, wie viele Ausbildungsplätze wir beispielsweise dazu brauchen.
In dem Antrag werden zwei zentrale Bereiche angesprochen, die in der landespolitischen Verantwortung liegen: Bildung und innere Sicherheit. Aber ich sage Ihnen auch sehr klar: Es gibt viele andere, nicht so prominent diskutierte Bereiche in der öffentlichen Verwaltung, denen es genauso geht wie der Polizei und der Schule.
Wenn wir uns die Bildung ansehen, dann muss ich sagen: Ich teile den Glauben des Finanzministers hinsichtlich der Verlässlichkeit der Zahlen nicht. Ich habe einmal versucht herauszufinden, ob im Schuljahr 2013/2014 tatsächlich 14 300 VZE in den Schulen zu verzeichnen waren. Ich kenne die Quelle dieser Zahl. Aber ich kenne auch Quellen, aus denen andere Zahlen hervorgehen. Wir alle wissen, dass uns unser Kultusministerium im Verlauf von wenigen Monaten vollkommen andere Zahlen vorlegt, sodass die Zahlen mehr als unzuverlässig sind.
An dieser Stelle will ich allerdings auch sagen: Liebe Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN, ich finde, auch Sie haben in Ihrem Antrag ein bisschen den Hang, Zahlen in den Raum zu stellen. Wenn man das ernst nimmt und anders steuern will, dann muss man einräumen: Wir kennen die Zahlen eigentlich nicht.
Wir wissen, dass wir an den Schulen zu wenige Lehrerinnen und Lehrer haben. Ich glaube, das ist unstrittig. Man muss sich dazu nur den Unterrichtsausfall ansehen. Aber wir wissen nicht, welches die richtige Zielzahl ist. Sie haben das Schuljahr 2013/2014 herangezogen. Wir haben aber schon jetzt 2 000 Kinder mehr in den Schulen.
Das Kultusministerium sagte, wir werden in den nächsten fünf Jahren 3 000 weitere Kinder in den Schulen haben. Wir haben Flüchtlingskinder, die zu uns kommen. In diesem Jahr kommen vielleicht 24 000 Flüchtlinge hierher. Der Kultusminister sagt, jeder dritte Flüchtling wird ein schulpflichtiges Kind, ein schulpflichtiger Jugendlicher sein. Dann haben wir weitere 8 000 in den Schulen.
Wir wissen eigentlich gar nicht, was wir tatsächlich an Ausbildungskapazität brauchen. Wir wissen nur, dass das, was in der Schule passiert, zu wenig ist. Das muss aufhören. Daher müssen wir endlich umsteuern.
Wir müssen auch über die Qualität reden. Ich will das nicht weiter ausführen, weil ich nur eine Redezeit von fünf Minuten habe. Ich nenne nur einmal das Stichwort „bedarfsreduzierende Maßnahmen“. Dabei wird es auch um die Qualität gehen, wie der Unterricht und die Stundentafel aussehen sollen.
Wir müssen uns überlegen: Was können wir jetzt tun? - Ich bin bei jenen, die sagen: Jeden Lehrer, der sein Staatsexamen mit wenigstens befriedigend abgeschlossen hat, sollten wir im Lande halten, auch wenn die Schulform oder das Schulfach nicht passt. Die freien Schulen machen uns vor, wie man kreative Personalpolitik betreibt und eine tolle Bildung hinbekommt.
(Beifall bei den GRÜNEN - Herr Borgwardt, CDU: Die nehmen uns doch die Guten! Das wissen Sie doch auch!)
- Das geht von meiner Redezeit ab, Herr Borgwardt. - Ich will noch ein paar Worte zur Polizei sagen. Bei der Polizei sieht man auch die ganze Fantasielosigkeit dieser Landesregierung. Im PEK steht noch immer die Zahl von 5 500 Polizisten. Der zuständige Minister spricht von einer Gefährdung der inneren Sicherheit bei weniger als 6 000 Polizisten. In diesem Korridor irrt die Landesregierung umher.
Dazu sage ich: Wir müssen auch hier eine Aufgabenanalyse haben. Es liegt uns aber keine Aufgabenanalyse vor. Es liegt uns keine Definition dazu vor, was wir tatsächlich an Qualität erwarten. Erst wenn wir das haben, dann wissen wir auch, ob wir 6 000 oder mehr Polizisten brauchen. Dann wissen wir, was wir an Ausbildungskapazität brauchen.
Daher möchte ich hier noch einmal anmahnen: Wir müssen endlich dahin kommen, uns die Dinge anzusehen, keine Angst vor der Komplexität zu haben, sondern zu sagen: Das kriegen wir hin. Wir schauen genau hin und sagen, was wir haben wollen, wohin wir wollen, wie viele Leute wir dazu brauchen und in welcher Qualität wir das wollen.
Ich will im Hinblick auf die Polizei noch einen Satz zur Qualität sagen. Ich denke, zur Qualität gehört auch, dass wir mehr Migranten und Migrantinnen für den Dienst in der Polizei gewinnen. Das würde unserer sich verändernden Gesellschaft guttun.
Abschließend möchte ich der Landesregierung sagen: Sie haben mit Ihrem vereinfachenden Politikansatz unser Land an den Rand der Funktionsfähigkeit geführt. - Herzlichen Dank.
Danke schön, Kollegin Dalbert. - Als Nächste spricht für die Fraktion der SPD Frau Abgeordnete Niestädt.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten! Frau Professor Dalbert, hinsichtlich der Vorstellung: „Das kriegen wir hin!“ sitzen wir in einem Boot. Genau das ist auch unsere Prämisse. Daran arbeiten wir seit Jahren. Ich sage auch heute: Das kriegen wir hin. Denn wir haben schon viel getan.
Seit der Wiedervereinigung hat sich in der Landesverwaltung und auch in den kommunalen Verwaltungen ein gewaltiger Reformprozess vollzogen. Die Landesverwaltung hatte im Jahr 1995 bei einer Bevölkerung von 2,7 Millionen Menschen eine Personalausstattung von etwa 88 000 Bediensteten. Ich glaube, das haben wir alles schon vergessen.
Zum Ende des Jahres 2014 waren es bei 2,3 Millionen Einwohnern noch etwa 47 000 Beschäftigte - immer alles ohne Hochschulpersonal.
Gerade für die Beschäftigten war das eine große Herausforderung, die sie bislang sehr gut und aus meiner Sicht auch ausgesprochen engagiert gemeistert haben. Dafür gebührt ihnen heute auch einmal ein Dank.
Denn wir reden immer nur über Neueinstellungen, aber nicht darüber, wie sich die Verwaltung intern umstellen muss, wie sie sich auf neue Herausforderungen, neue Strukturen einstellen muss. Ich denke, auch das muss gewürdigt werden. Darüber reden wir viel zu wenig.
Die diesem Reformprozess innewohnende Personalrückführung war und bleibt aus unserer Sicht wegen des anhaltenden Rückgangs der Bevölkerung und der Anpassung der Finanzausstattung
Zentrale Aufgaben für die Zukunft haben nicht zuletzt die beiden Enquete-Kommissionen - und zwar die der letzten Legislaturperiode und die, die in dieser Landtagssitzung ihren Abschlussbericht vorstellt - hervorgebracht. Das ist der Wechsel des Fokus von der quantitativen hin zur qualitativen Personalentwicklung.
Liebe Frau Professor Dalbert, die aufgabenorientierte Personalpolitik ist doch nichts anderes. Wir haben doch nicht nur in den Enquete-Kommissionen darüber geredet, wohin Aufgabenkritik und Aufgabenentlastung gesteuert werden müssen. Sie wissen das doch auch: Die meisten Häuser haben ihre eigene Aufgabenanalyse vollzogen, um genau darauf zu reagieren.
Ich denke, es war richtig, dass wir das auch in den Enquete-Kommissionen entsprechend ausgewertet und besprochen haben. Auch im Finanzausschuss - das kann mir jedes Mitglied bestätigen - ist das immer wieder, und zwar nicht nur zu Haushaltsberatungen, ein Thema. Ich denke, dabei sitzen wir im selben Boot. Das, was wir bisher gemacht haben, ist nichts anderes als das, was Ihnen vorschwebt.
Eine Personalausstattung wie auf gesamtdeutschem Niveau ist noch nicht erreicht; das ist richtig. Aber schon ab dem Jahr 2017 werden jedes Jahr - ich betone: jedes Jahr - mehr als 2 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landes in den Ruhestand eintreten.
Es ist überraschend, in welchem breiten Umfang die Rente mit 63 angenommen wird. Eingedenk dieser Entwicklung steht doch außer Frage, dass der quantitative Personalanpassungsprozess auch mit 18 Bediensteten je 1 000 Einwohner planmäßig abgeschlossen werden wird.
Ich finde, wir sollten bei der Zahl 18 pro 1 000 bleiben. Warum denn nicht? - Das ist eine Zahl, an der wir uns orientiert haben. Wie das innerhalb wirkt, wo wir die Prioritäten setzen, wo wir letzten Endes schauen, an welcher Stelle wir etwas ändern müssen - das war schon immer ein Prozess, der hier flexibel gehandhabt wurde. Die Reaktion haben wir im Prinzip jedes Jahr hier gesehen.
Auf die hohen Altersabgänge muss sich unser Land deswegen - aus unserer Sicht zumindest - planvoll vorbereiten. Dort, wo wir selbst unseren Nachwuchs ausbilden können, zum Beispiel bei den Lehrern, müssen die Ausbildungskapazitäten bedarfsgerecht erhöht werden.
Wir haben in dieser Legislaturperiode die ersten Schritte mit der Anhebung von Neueinstellungsmöglichkeiten im Bereich der Schule bereits getan.
Wir haben heute in den Alternativantrag eine Erhöhung der Zahl der Lehrerausbildungsplätze aufgenommen. Wenn wir diesen annehmen, dann ist das heute auch so beschlossen. Dafür werden wir im Nachtragshaushaltsplan, den wir im Oktober 2015 in der zweiten Lesung haben, zusätzliche Mittel vorsehen.
Auch die übrigen Neueinstellungskorridore werden nicht unverändert bleiben können. Künftige Einstellungsspitzen müssen geglättet werden. Ich finde, das alles kann unter der Einhaltung der Zielzahl 18 pro 1 000 geschehen.
Weil immer über Unterrichtsversorgung gesprochen wird und darüber, dass wir nur reden und jetzt hektisch etwas machen, weil wir uns ein halbes Jahr vor der Wahl befinden und reagieren müssen - nicht wahr, Herr Gallert -, will ich Ihnen kurz sagen, was wir in diesen letzten Jahren bereits gemacht haben. Das waren durchaus keine hektischen Bewegungen
oder Aktionen; vielmehr sind wir im Personalentwicklungskonzept von 220 Neueinstellungen ausgegangen. Diese Zahl haben wir für das Schuljahr 2015/2016 mit 150 zusätzlichen Neueinsstellungen aufgestockt. Das hatte das Kabinett beschlossen. Damit haben wir einen regulären Neueinstellungskorridor von 370. Wir wissen aber, dass zurzeit noch nicht alle - etwa 59 oder 60 - gebunden wurden. Aber es finden weitere Ausschreibungen statt und es wird gesucht.
Zusätzlich - ich sage das, weil immer über die Unterrichtsversorgung gesprochen wird und es auch schwierig ist, Lehrer für bestimmte Fächer zu gewinnen - haben wir einen Vertreterlehrerpool von 100 Stellen geschaffen, um reagieren zu können, wenn an der einen oder anderen Schule - warum auch immer - ein Unterrichtsausfall droht, etwa weil auf längere Sicht ein Lehrer krank ist.
Das sind die Diskussionsprozesse, die wir in den letzten Jahren im Parlament geführt haben. Das ist die Reaktion.