Berichterstatter des Ausschusses für Inneres und Sport ist der Abgeordnete Herr Dr. Brachmann. Bitte sehr.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach § 40 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Landtages sind der Elfte Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz für die Zeit vom 1. April 2011 bis 31. März 2013 sowie die Stellungnahme der Landesregierung zu diesem Tätigkeitsbericht zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Inneres und Sport sowie zur Mitberatung an nahezu alle anderen Ausschüsse und an den Ältestenrat überwiesen worden.
Sie erinnern sich vielleicht daran, dass sich der Innenausschuss bereits im Zusammenhang mit der Beratung des Zehnten Tätigkeitsberichtes darauf verständigt hatte, den Belangen des Datenschutzes einen breiteren Raum einzuräumen. Es war ja nicht immer so, dass sich nahezu alle Ausschüsse mit dem Tätigkeitsbericht befasst haben.
Mit dem Elften Tätigkeitsbericht befasste sich der Innenausschuss erstmalig in der Sitzung am 27. November 2014. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz erhielt dort Gelegenheit vorzutragen. Der Ausschuss widmete sich vornehmlich den übergreifenden Fragen des Datenschutzes und jenen Sachverhalten, die im Tätigkeitsbericht aufgezeigt wurden, die gewissermaßen seinen Zuständigkeitsbereich betreffen.
Mit den übrigen Abschnitten sollten sich, so war es angedacht, die jeweils dafür sachlich zuständigen Ausschüsse befassen. Es geschah in der Folgezeit auch, dass sich die Fachausschüsse unter Einbeziehung des Landesdatenschutzbeauftragten jeweils mit den sie sachlich betreffenden Fragen befassten. Auch dort war der Landesbeauftragte für den Datenschutz jeweils eingeladen und erhielt Gelegenheit, sich zu äußern.
Im Ergebnis der Beratungen in den mitberatenden Ausschüssen wurde der Elfte Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz sowie die Stellungnahme der Landesregierung von allen Ausschüssen, wie auch schon im Innenausschuss, einstimmig zur Kenntnis genommen.
Drei der beteiligten Ausschüsse gaben darüber hinaus einstimmige Empfehlungen ab. Der Petitionsausschuss empfahl, neben der bereits erwähnten Kenntnisnahme die Ministerien aufzufordern, den Grundsatz der Datensparsamkeit zu beachten.
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales empfahl, die Landesregierung zu bitten, an ihren Maßnahmen im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit hinsichtlich der Verbraucherschutzrechte und des allgemeinen Verbraucherschutzes festzuhalten, den Flyer zu den Datenschutzrechten weiter zu vermitteln, den Tag des Verbraucherschutzes neu zu beleben und sich noch stärker dem europäischen Datenschutzgedanken zu nähern.
Der Ältestenrat nahm ebenfalls, wie bereits erwähnt, beide Drucksachen einstimmig zur Kenntnis. Im Ältestenrat wurden insbesondere jene Fragen erörtert, die mit der Mandatsausübung im Landtag zusammenhängen. Die Landtagsverwaltung wurde gebeten, bis zur abschließenden Beratung im federführenden Innenausschuss zu diesen Fragen auch einen Formulierungsvorschlag zu unterbreiten; das geschah in der Folge auch. Es gab diesbezüglich außerdem noch eine Abstimmung unter den parlamentarischen Geschäftsführern.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem sich die Fachausschüsse und der Ältestenrat mit den Drucksachen befasst hatten, hat sich der Innenausschuss gewissermaßen in zweiter Runde am 7. Mai 2015 erneut mit dem Tätigkeitsbericht befasst. Zu dieser abschließenden Beratung wurde der Landesbeauftragte für den Datenschutz ein weiteres Mal eingeladen und bekam noch einmal Gelegenheit, sich abschließend zu den bisherigen Beratungen zu äußern. Im Ergebnis dieser Beratung erarbeitete der federführende Ausschuss die Ihnen vorliegende Beschlussempfehlung in der Drs. 6/4046; diese wurde einstimmig beschlossen.
Neben dem bisher praktizierten Verfahren, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen, sind in der Beschlussempfehlung inhaltliche Eckpunkte aufgeführt, die gewichtige Handlungserfordernisse bei der Entwicklung des Datenschutzrechts und seiner
Die Landesregierung wird gebeten, ihre Maßnahmen im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit zu Verbraucherschutzrechten zu verstärken und den Aspekten des Datenschutzes besonderen Stellenwert zu geben.
Der Landtag sieht besondere Herausforderungen rechtlicher und technischer Art für den Datenschutz und die Datensicherheit in der digitalen Welt. Es bedarf einer Ausgestaltung des Grundrechts auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme.
Der Landtag betont erneut die Bedeutung der Vermittlung von Medienkompetenz in der digitalen Informations- und Kommunikationsgesellschaft. Um die Wirksamkeit entsprechender Konzepte zu erhöhen, bedarf es verbindlicher und nachhaltiger sowie vernetzter Angebote und Maßnahmen für den schulischen und außerschulischen Bereich.
Der Landtag begrüßt, dass die Verhandlungen zur Datenschutz-Grundverordnung in den vergangenen Monaten vorangegangen sind und mit einer zeitnahen Verabschiedung der europäischen Datenschutz-Grundverordnung zu rechnen ist.
Schließlich beinhaltet diese Beschlussempfehlung aufgrund der Erörterungen im Ältestenrat eine Aussage, die gewissermaßen uns selbst betrifft. Sie erinnern sich daran, dass der Landesrechnungshof vor geraumer Zeit einige Abgeordnetenbüros prüfte, was damals auch eine Debatte hier im Landtag darüber auslöste: Was darf der Landesrechnungshof? Was darf er nicht? - Zu diesen Fragen ist damals auch der Datenschutzbeauftragte mit gehört worden. Insoweit findet sich jetzt hier die folgende Formulierung - ich darf Sie noch einmal kurz vortragen -:
„Der Landtag teilt die Rechtsauffassung des Landesbeauftragten, dass bei der Wahrnehmung der Prüfrechte gegenüber den Mitgliedern des Landtages durch den Landesrechnungshof nicht nur der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Transparenzgebot, sondern vor allem auch die - ebenfalls durch die Verfassung gewährleistete - Unabhängigkeit der Abgeordneten bei der Ausübung ihres Mandats zu beachten sind. Deshalb stellen verdachtsunabhängige Beobachtungen der Mandatsausübung durch den Rechnungshof einen schweren Eingriff in das freie Mandat dar, der nur in begründeten Ausnahmefällen gerechtfertigt ist, wie auch das Bundesverfassungsgericht unlängst klargestellt hat.“
Auch diese in der Beschlussempfehlung aufgezeigten Handlungserfordernisse hat der Innenausschuss einstimmig beschlossen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte abschließend die Gelegenheit nutzen, mich beim Landesbeauftragten für den Datenschutz - er ist hier anwesend - recht herzlich zu bedanken, nicht nur für die Erarbeitung des sehr umfänglichen Tätigkeitsberichtes - mit Anlagen sind es immerhin 280 Seiten - und für die Mitwirkung in den Ausschüssen des Landtages, sondern auch für seine unermüdlichen, fortwährenden, mitunter auch nachdrücklichen Bemühungen, dem Datenschutz in unserem Alltag Geltung zu verschaffen.
Im Namen des Ausschusses für Inneres und Sport darf ich um Zustimmung zu der Ihnen vorliegenden Beschlussempfehlung bitten. - Vielen Dank.
Danke sehr, Herr Kollege Dr. Brachmann, für die Berichterstattung. - Für die Landesregierung spricht Minister Stahlknecht.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Datenschutzbeauftragter, Ihr Elfter Tätigkeitsbericht stellt ein umfassendes Kompendium zum Stand der Debatten um den Datenschutz dar. Immerhin haben sich neun Ausschüsse mit diesem Thema befasst. Es ist deshalb auch nicht verwunderlich, dass aus diesen Debatten insgesamt fünf Empfehlungen resultieren.
Die Empfehlung unter Punkt 4 - der Kollege Brachmann hat es ausgeführt - betrifft das Verhältnis der Prüfrechte des Landesrechnungshofes gegenüber den Abgeordneten immer im Spannungsfeld zu der verfassungsrechtlich abgesicherten Unabhängigkeit des Mandates.
Zu dieser Frage und Ihrer Antwort kann ich nur sagen: Wir haben sie als Landesregierung zur Kenntnis genommen, haben sie aber nicht zu kommentieren und nicht zu bewerten, weil wir als Landesregierung in diese Problematik nicht involviert sind.
Die Empfehlungen unter den Punkten 1 bis 3 sowie 5 berühren dagegen auch Arbeitsfelder der Landesregierung. Gerade die unter Punkt 1 genannte Verstärkung der Öffentlichkeitsarbeit zu Verbraucherschutzrechten hinsichtlich des Datenschutzes begrüße ich ausdrücklich. Federführend ist allerdings hierbei das Ministerium meines geschätzten Kollegen Norbert Bischoff, nämlich das Ministerium für Arbeit und Soziales. Aber wir werden sicherlich die Verbraucherschutzarbeit dabei unterstützen.
lungen, die unter qualitativen und quantitativen Aspekten zunehmend ausgewertet werden. Auf der Basis dieser Auswertung werden schon heute Produktionsentscheidungen getroffen. Sie können beispielsweise dazu führen, dass ein neues Produkt durch Erschließung von Kundendaten nur noch in Höhe des ermittelten Bedarfes produziert wird. Das ist sicherlich ressourcenschonend, weil überschüssige Produktion vermieden werden kann.
Auch der sprechende Kühlschrank, der auf fehlende Nahrungsmittel und die dazu bekannten Sonderangebote hinweist, ist zunächst sicherlich ein Fortschritt. Aber die Gefahren der Vernetzung werden dann deutlich, wenn nur auf die Produktpalette der Supermarktkette hingewiesen wird, die sich zum Höchstpreis beim Kühlschrankhersteller ihre Präsentationsrechte gesichert hat. Es ist am Ende ein wettbewerbsrechtliches Problem, wenn ein Kühlschrank spricht und dabei diese Regeln nicht berücksichtigt.
Die mögliche Profilbildung durch die ebenfalls mögliche Speicherung von Verbrauchsgewohnheiten stellt die datenschutzrechtliche Problematik dar. Hierbei kann nur größtmögliche Transparenz weiterhelfen. Der Verbraucher muss beim Erwerb solcher Technik auf die Tatsache hingewiesen werden, dass er bei einem Kühlschrank, der den aktuellen Bedarf ermittelt, seine Verbrauchsgewohnheiten offenlegt.
Es muss - das ist noch viel wichtiger - bekannt sein, wenn seine Daten übermittelt werden. Dass über die Installation einer Handy-App mehr als 40 dem Kunden nicht bekannte Firmen Zugriff auf die Daten des Nutzers erhalten, ist ein Beispiel aus den USA und sollte nicht Maßstab für den europäischen Wirtschaftsraum sein.
Ferner muss ein bewusstes Opt-out möglich sein. Der Konsument muss die Möglichkeit haben, auf diese Dienste zu verzichten. Konsumgüter müssen also dem Kunden auch die Möglichkeit bieten, auf diese Servicedienste zu verzichten.
Ich darf in dem Zusammenhang auch daran erinnern, dass mit der derzeit in der parlamentarischen Beratung befindlichen dritten Novelle zum Datenschutzgesetz erstmals der Begriff der „Verschlüsselung von Daten“ legal definiert wird: Die Verschlüsselung ist ein Mittel zur Wahrung der Integrität und Vertraulichkeit von Daten.
Natürlich kann jeder Code geknackt werden. Aber wenn Daten häufiger verschlüsselt werden, steigt der Aufwand für die Dekodierung. Je höher der Aufwand ist, umso unattraktiver wird die Dekodierung.
Wichtig scheint mir auch die an dritter Stelle genannte Vermittlung von Medienkompetenz im schulischen und außerschulischen Bereich zu sein. Hierbei ist natürlich das Kultusministerium
Der Schüler, der unbefangen über Facebook und Whatsapp kommuniziert, muss wissen, dass er den Betreibern als Gegenleistung seine persönlichen Daten zur Verfügung stellt. Die sozialen Netzwerke sind keine gemeinnützigen Unternehmen, sondern machen ihren Gewinn mit dem Handel der gewonnenen persönlichen Daten ihrer Nutzer.
Dieser Faktor kann nicht oft genug betont werden. Schulische und Erwachsenenbildung müssen diese Erkenntnis transportieren, damit der Schüler oder der Konsument frei entscheiden kann, wie weit - und ob überhaupt - er seine persönlichen Daten preisgibt.
Dazu gehört auch die Erkenntnis, dass das Netz nicht vergisst. Selbst die viel zitierte Google-SpainEntscheidung des Europäischen Gerichtshofes verpflichtet den Betreiber der Suchmaschine nur, die Verweise zu löschen. Die Fakten bleiben im Netz. Hier muss ein sechster datenschutzrechtlicher Sinn bei den Konsumenten erwachsen.
Daher begrüße ich, dass sich die EU des Datenschutzthemas angenommen hat. Mein Haus wird die Beratung des Rates der Innen- und Justizminister zur Erarbeitung eines trialogfähigen Standpunktes zur EU-Datenschutz-Grundverordnung weiter verfolgen. Wir haben diesbezüglich ein eigenes Referat im Haus gebildet. Hierbei gilt es, das hohe deutsche Datenschutzniveau möglichst zu halten. Für den öffentlichen Bereich scheint dies möglich, da hier die Grundverordnung nur einen Mindeststandard vorschreiben soll.
Aber auch der Datenschutz im nicht-öffentlichen Bedarf darf sich nicht am schwächsten Rechtslevel eines EU-Mitgliedstaates orientieren. Ich bin daher gespannt, wie sich das Parlament im Rahmen der ab dem dritten Quartal 2015 zur erwartenden Trialogverhandlung positioniert.
Insgesamt kann ich Ihre Empfehlungen unter den Punkten 1 bis 3 und 5 nur unterstützen. - Herzlichen Dank.
Danke sehr, Herr Minister Stahlknecht. - Wir treten jetzt in eine Dreiminutendebatte ein. Als erster Debattenredner spricht der Abgeordnete Herr Wagner für die Fraktion DIE LINKE.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dr. von Bose, das war ein längeres parlamentarisches Verfahren für diesen Tätigkeitsbericht und
diese Stellungnahme der Landesregierung. Es ist jetzt Mitte 2015 und wir diskutieren den Tätigkeitsbericht für die Zeit von 2011 bis 2013. Aus meiner Sicht ist dieses parlamentarische Verfahren zu lang; denn demnach werden wir den nächsten Tätigkeitsbericht genauso wieder im parlamentarischen Verfahren haben; darauf komme ich gleich noch einmal zurück.
Prinzipiell dankt auch die Fraktion DIE LINKE dem Landesdatenschutzbeauftragten für seinen unermüdlichen Einsatz im Sinne des Datenschutzes insbesondere im Berichtszeitraum.
Herr Dr. von Bose ist wirklich umtriebig, wenn es darum geht, uns zu aktuellen Datenschutzthemen - auch zwischendurch - eine Stellungnahme zukommen zu lassen, auch zu Themen, die wir hier im Gesetzgebungsverfahren oder in regulären Antragsverfahren haben. Dabei haben sich für den Berichtszeitraum - auch im Vergleich zu vorher - noch einmal deutliche Schwerpunkte herauskristallisiert.