Es wurde uns gesagt, dass ein einheitlicher europäischer Hochschulraum geschaffen werden solle, der die Mobilität fördere und die Vergleichbarkeit der Studiengänge ermögliche. Dies war die Geschichte, die man uns im Jahr 1999 erzählt hat.
Herr Harms, ich gehöre zu denjenigen, die zu der Zeit in der Umsetzung des Bologna-Prozesses - ich war im Fachbereich Psychologie tätig - vergeblich gegen diese Umsetzung gekämpft hat.
Die internationale Wahrheit ist, dass man den Bologna-Prozess gefördert hat, um aus den Studienprogrammen Waren zu machen, die international verkäuflich sind. Das ist die Wahrheit über den Bologna-Prozess.
Das Ergebnis ist eine absolute Zersplitterung von Studiengängen - nichts ist mehr mit nichts vergleichbar; selbst zwischen den einzelnen Hochschulen nicht -, eine absolute Verschulung von Studiengängen und ein Verlust von Qualitätssiegeln, die wir hatten; beispielhaft ist der Diplomingenieur zu nennen. Dies war eine Marke in der Welt, das war ein Qualitätssiegel. Diese Dinge haben wir leichtfertig aufgegeben.
Hinzu kommen selbst gemachte Probleme. Ich will nur eines ansprechen. Die studentischen Hilfskräfte sind jetzt per definitionem nach dem ersten berufsqualifizierenden Abschluss, also nach dem Bachelor, examinierte Hilfskräfte. Dies führt dazu, dass sie teurer werden - dies sei ihnen gegönnt - und die Zeiten, in denen sie nach dem Abschluss als Hilfskraft tätig waren, auf die sechs Jahre angerechnet werden, die zur Promotion zur Verfügung stehen. Das sind selbstgemachte Probleme.
Wenn man sich die Fragen ansieht, die in Ihrem Antrag stehen, dann befürchte ich, dass die Antwort lautet, dass die Mobilität bei den Studierenden durch die Verschulung der Studiengänge massiv abgenommen hat. Wobei wir auf diese Frage nie eine endgültige Antwort bekommen, weil gleichzeitig die europäischen Mittel zur Unterstützung der Mobilität erhöht worden sind. Streng genommen müsste man es systematisch trennen, um eine Antwort darauf zu bekommen, was mit dem Bologna-Prozess und was mit mehr Geld für Mobilität zu tun hat.
Frau Dr. Pähle, Sie haben es selbst in Ihrer Einbringungsrede benannt: Die Wirtschaft will den Bachelor nicht. Wir wussten vorher, dass die Wirtschaft den Bachelor nicht will. Wenn die Wirtschaft jetzt sagt, wir finden nicht die richtigen Leute, um unsere Stellen zu besetzen, dann ist dies klar; denn sie sind verwöhnt. Sie sind verwöhnt von ganz anderen Absolventen, die viel qualifizierter waren, die viel besser in den Betrieben verwendbar waren.
Wir haben diesbezüglich eine Reihe von Problemen, die vorher absehbar waren und die willentlich in Kauf genommen worden sind, weil man weniger Geld in die Hochschulausbildung stecken wollte und weil international ein großes Interesse daran bestand - dies war in Deutschland nicht so ausgeprägt -, eine Ware zu produzieren, die international verkäuflich ist und die nach einheitlichen ECTSStandards bewertet werden kann.
Sie kennen mein Bild für diese Einheitlichkeit, nämlich die Einheitlichkeit des DIN-A4-Formates. Ob das DIN-A4-Blatt aus Büttenpapier, aus umweltfreundlichem Papier, aus Glanzpapier besteht, macht die eigentliche Qualität der Papierseite aus. Dies wird von der DIN-A4-Norm nicht erfasst, und so ist es auch mit der Vergleichbarkeit von ECTSPunkten.
Insofern ist dies ein spannendes Thema, Frau Dr. Pähle. Gleichwohl werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen, sondern uns der Stimme enthalten; denn diese Fragen hätten in eine Kleine Anfrage gepackt werden sollen.
Spannend wäre es gewesen, wenn Sie eine Kleine Anfrage gestellt und daraus Konsequenzen gezogen hätten. Dann hätten wir diese Zeit nutzen können, um in die Zukunft zu blicken und einen politischen Streit darüber zu führen, was wir verändern müssen, um im Bologna-Prozess nach vorn zu gehen. - Herzlichen Dank.
Danke sehr, Frau Kollegin Professor Dr. Dalbert. - Für die SPD-Fraktion spricht Frau Dr. Pähle. Bitte sehr.
Vielen Dank. - Meine Damen und Herren! Am Ende einer Debatte, von der - jetzt positiv gewendet - Herr Lange gesagt hat, sie schadet nichts, sind wir uns zumindest darin einig, dass es ein Bereich ist, der uns wichtig ist und zu dem uns Daten fehlen. Dies ist nicht immer bei allem so. Manchmal wissen wir schon vorab, wie sich bestimmte Dinge entwickeln.
Ich habe im Jahr 1999 als Studentin, obwohl ich auch mit auf die Straße gegangen bin, um gegen das System zu demonstrieren, noch nicht so richtig gewusst, in welche Richtung dieser Prozess geht. Dies mag damals daran gelegen haben, dass ich noch nicht so weit war. Manche Dinge können sich
Frau Kollegin Dalbert, natürlich kann man jetzt sagen, dass alles daran liegt, dass das Primat der Ökonomisierung über allem hing. Ich glaube, mit diesem Thema oder mit dieser Schlussfolgerung macht man es sich ein klein wenig zu einfach.
Wir tun hier im Hohen Haus mit Blick auf den Berufseinstieg nach dem Studium so viel dafür, um gerade jungen Menschen mit Programmen und der Änderung der Anforderungen an Gymnasien die Möglichkeit zu geben, sich vor Beginn ihres Studiums darüber zu informieren, welchen Beruf sie beispielsweise mit welcher Fachrichtung ergreifen können, und die Frage zu beantworten, wohin sie sich mit diesem Abschluss entwickeln können.
Ich glaube, vor diesem Hintergrund ist es wichtig, die jetzt aktuell angebotenen Studienprogramme an unseren Hochschulen zu analysieren. Das heißt in der Konsequenz nicht, dass man die Entscheidung treffen muss, alles, was nicht berufsspezifisch ist und im Verhältnis 1 : 1 von der Wirtschaft nachgefragt wird, ist unwichtig. Das soll es nicht heißen, das darf es nicht heißen, aber man muss zumindest ein Gefühl haben.
Dieses differenzierte Bild der Bachelorabschlüsse, das Sie beschrieben haben, ist komplett richtig. Das beschreibt auch das Gutachten des Wissenschaftsrates über unsere Hochschullandschaft. Es ist aber jetzt, ehrlich gesagt, an der Zeit, dorthin zu schauen und vielleicht in einem nächsten Schritt die Hochschulen aufzufordern, an dieser Vielfältigkeit, an diesem „Nichts ist mit nichts vergleichbar“ etwas zu ändern. Dafür brauchen wir eine Analyse, eine Aufstellung, die mit dem vorliegenden Antrag gefordert wird.
Ich möchte einen letzten Punkt anführen, wenn wir darüber reden, wo wir mit unserem System der Studienabschlüsse stehen. Es ist in der Konsequenz so, dass die Naturwissenschaftler mit dem Bachelorabschluss sehr viel besser klarkommen als die Geisteswissenschaftler.
Gerade die beschriebenen Ingenieure finden - das sagen auch die Studien, die ich zitiert habe - viel eher mit dem Bachelor einen Einstieg in die Wirtschaft, zum Teil auch mit einem sehr annehmbaren Gehalt. Die Unternehmen bieten dann oftmals Entwicklungspotenzial und Aufstieg.
Das riesengroße Problem, das wir haben, ist die Perspektive für Geistes- und Sozialwissenschaftler. Für diese Fachrichtungen ist der Bachelor noch nicht einmal ein erster berufsqualifizierter Abschluss. Es wird oftmals irgendwie als Zwischenprüfungszeugnis angesehen. Der Weg in den Mas
ter ist vorgeschrieben. Auch hierbei stellt sich die Frage, ob dies ein Prozess ist, der nicht zu ändern ist, oder ob es an den Studienprogrammen liegt, die die Hochschulen anbieten.
Deswegen denke ich, dass es es wert ist, diese Sachen einmal in Form eines Berichtes des Ministeriums zusammengetragen zu bekommen, auch wenn natürlich vieles in Form einer Kleinen Anfrage möglich ist. Ich freue mich nach diesen vielen Anregungen und auch Punkten, die angesprochen worden sind, auf eine Diskussion im Ausschuss; denn im Ausschuss soll dieser Bericht dann vorgelegt werden.
Wir treten in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 6/4095 ein. Der Natur der Sache bzw. des Antrages zufolge ist es eine Direktabstimmung. Wer der Drs. 6/4095 zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das ist niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Damit ist der Antrag angenommen worden. Der Tagesordnungspunkt 24 ist erledigt.
Die erste Beratung fand in der 75. Sitzung des Landtages am 16. Oktober 2014 statt. Der Berichterstatter ist der Abgeordnete Herr Dr. Brachmann. Bitte sehr, Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Landtag hat den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung archivrechtlicher Vorschriften in der 75. Sitzung am 16. Oktober 2014 zur Beratung und Beschlussfassung in den Ausschuss für Inneres und Sport überwiesen. Mitberatend wurde der Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung beteiligt.
Der Anlass für den vorliegenden Gesetzentwurf ist die im Frühjahr 2013 im Landtag geführte Debatte, ob und welche Unterlagen unabhängig von ihrer Speicherungsform auf der Grundlage des geltenden Rechts von der Verfassungsschutzbehörde dem Landeshauptarchiv zur Übernahme angeboten und gegebenenfalls übergeben werden müssen.
Der Ausschuss für Inneres und Sport befasste sich erstmals in der 53. Sitzung am 12. November 2014 mit dem Gesetzentwurf und lehnte eine von der Fraktion DIE LINKE beantragte Anhörung ab. Es wurde allerdings beschlossen, ein schriftliches Anhörungsverfahren durchzuführen. Das geschah dann auch.
Eine weitere Beratung über den Gesetzentwurf sowie eine Aussprache erfolgte am 15. Januar 2015. Die Beratungen wurden dann bis zum Vorliegen der Synopse des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes zunächst einmal zurückgestellt. Danach befasste sich der Innenausschuss erneut mit dem Gesetzentwurf und beschloss auf der Grundlage dieser Synopse bei vier Stimmenthaltungen eine vorläufige Beschlussempfehlung an den mitberatenden Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung. Dieser nahm den Gesetzentwurf und die vorläufige Beschlussempfehlung auf die Tagesordnung seiner Sitzung am 10. April 2015.
Im Ergebnis wurde der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst gebeten, dem Ausschuss für Inneres und Sport bis zu seiner abschließenden Beratung in Bezug auf Artikel 1 Nr. 8 Buchstabe b einen mit dem Ministerium für Inneres und Sport sowie mit dem Ministerium für Justiz und Gleichstellung abgestimmten Lösungsvorschlag im Hinblick auf die Vorgabe des Dateiformates bzw. auf die vorgebende Stelle vorzulegen. An der Abstimmung dieses Formulierungsvorschlages war auch das Ministerium der Finanzen beteiligt.