Protocol of the Session on June 4, 2015

(Zustimmung bei der CDU)

Als Nächste spricht für die Fraktion DIE LINKE Frau Abgeordnete Görke.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Gäste! Das Thema ist von immenser Bedeutung. Ich denke, darin sind wir uns alle einig. Deshalb danke ich der einbringenden Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ausdrücklich, auch wenn ich hervorheben möchte, dass wir selbst sehr viel und sehr oft an diesen Themen arbeiten. Aber ich glaube, auch darin sind wir uns sicherlich einig: Ein Zuviel kann und wird es diesbezüglich wohl kaum geben.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei den GRÜNEN)

Zu den konkreten Maßnahmen, genauer gesagt, zu den Problemen und derzeit noch bestehenden Hürden bei der beruflichen Ausbildung von Flüchtlingen und Asylantragstellerinnen und -antragstellern werde ich - das sehen Sie mir bitte nach - morgen im Plenum ausführlich zu unserem diesbezüglichen Antrag sprechen.

Lassen Sie mich an dieser Stelle einige Schwerpunkte benennen, die ich zu bedenken geben möchte, um die Integration in der Zukunft weiterhin zielführend und erfolgreich voranbringen zu können.

Ja, die Maßnahmen müssen konkret sein, auch darin stimme ich Ihnen zu 100 % zu. Aber sie müssen auch verbindlich, rechtssicher und vor allen Dingen flächendeckend sein. Gleiche Chancen und Bedingungen setzen zuallererst gleiche Mindeststandards voraus. Hierzu gehört auch - Sie sagten es bereits - eine bessere Ausstattung der Erstaufnahmestellen. Ob das in Halle oder in Halberstadt geschieht, sei dahingestellt. Es müssen qualitativ und vor allen Dingen personell untersetzt optimale Bedingungen geschaffen werden, um sowohl ankommen zu können und auch Lust aufs Bleiben zu verspüren.

Der Aufenthalt in den Erstaufnahmestellen sollte zwar so kurz wie möglich sein, aber gerade hier sollten die ersten notwendigen Schritte in Richtung Integration unternommen werden. Fachlich versiertes Personal ist eine Grundvoraussetzung; denn es geht bei der Kenntnisfeststellung eben nicht nur um einen Verwaltungsakt.

Es darf auch nicht dazu kommen - dies ist in den Landkreisen bei allen Bemühungen, auch des Personals, häufig der Fall -, dass Verwaltungsmitarbeiter feststellen sollen, ob ein Mensch eine Facharztbehandlung nötig hat oder nicht. Es darf in den Erstaufnahmestellen nicht dazu kommen; dass die Feststellung, ob jemand die Kenntnisse schon hat oder ob er einen besonderen Bedarf hat,

durch Verwaltungsmitarbeiter getroffen werden. Das überfordert - ich denke, darin sind wir uns einig - beide Seiten gleichermaßen.

In der Begründung des Antrages heißt es, dass es einen deutlichen Anstieg der Zahl der Asylbewerberinnen und Asylbewerber gab. Auch das ist eine unstrittige Tatsache. Gleichwohl möchte auch ich darauf hinweisen, dass es in unserem Land sehr wenige Asylbewerber gibt. Wir haben im Vergleich der Bundesländer einen sehr niedrigen Stand.

(Beifall bei der LINKEN)

Zur Wahrheit gehört auch, dass es in den Jahren, in denen es rückläufige Zuwanderungszahlen gab, nicht gelungen ist, konkrete Konzepte einer dezentralen Unterbringung zu erstellen und eine Willkommens- und Bleibekultur zu schaffen, wie es in dem Antrag gefordert wird.

(Zustimmung von Frau Zoschke, DIE LINKE)

Jetzt müssen wir darauf achten, dass es nicht planlosen und lediglich punktuellen Aktionismus, sondern längerfristige tragfähige Lösungsansätze gibt, die die unterschiedlichen Partner, aber auch die Rechtskreise effizient verankern.

Eine sprachliche Bildung vom ersten Moment an können wir nur begrüßen. Sprachkenntnisse und die Möglichkeit, sich verständlich zu machen, ändern alles. Es zeigt den Integrationswillen auf beiden Seiten und führt zu mehr Selbstbewusstsein und Selbstverständlichkeit im Umgang miteinander.

Mein Lieblingszitat von Anton Semjonowitsch Makarenko lautet:

„Ich achte Dich, indem ich Dich fordere.“

(Herr Schröder, CDU: Dieses Zitat stand an der Wand der Aula meiner Schule! - Beifall bei der LINKEN)

- Das zeichnet die Aula Ihrer Schule aus.

(Frau Brakebusch, CDU: Was war denn das für ein Spruch!)

Was trägt mehr Potenzial an Achtung und gleichzeitig Herausforderungscharakter als Bildungsmaßnahmen? Das frage ich Sie. Die Förderung des Spracherwerbs vom ersten Tag an muss sich an alle - Herr Kolze, an dieser Stelle haben wir einen anderen Denkansatz -, unabhängig vom Aufenthaltsstatus, richten. An dieser Stelle darf nicht bereits eine ökonomisch kalkulierte Selektion stattfinden.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein gemeinsames Aufnahme- und Integrationskonzept muss Netzwerkstrukturen von Beginn an etablieren. Genauso zwingend gehört für uns auch eine umfassende Evaluation der Weiterbildungs- und Schulungsangebote für Verwaltungsmitarbei

ter, Schulsozialarbeiterinnen, Lehrerinnen und Erzieherinnen dazu. Beim pädagogischen Personal geht es selbstverständlich um alle Lernorte, egal ob Grundschule, Gymnasium, Hochschulen oder freie Bildungsträger.

Die Arbeit mit Asylbewerbern und Flüchtlingen ist in erster Linie eine staatliche Aufgabe und sollte auch federführend beim Staat angesiedelt sein. Dennoch bedarf es für ein gutes Gelingen auch eines selbstverständlichen Miteinanders und einer Unterstützung des freiwilligen Engagements der Zivilgesellschaft, und zwar durch Privatpersonen, Vereine, Kirchengemeinden und Bildungsträger - um nur einige zu nennen. Wir alle haben bereits jetzt jede Möglichkeit der Kommunikation und sind der Sprache mächtig, also können wir sie auch nutzen.

Das Ansinnen einer besseren Integration und Teilhabe sollte für uns alle selbstverständlicher Teil unseres politischen Ansatzes einer inklusiven Gesellschaft sein. Unser Land befindet sich unübersehbar im demografischen Wandel, welcher ein Umdenken in der Ausrichtung erfordert. Erst heute konnte ich wieder in der „Volksstimme“ lesen, dass die Wirtschaft den Fachkräftemangel beklagt. Die Forderungen des Antrages zielen meiner Meinung nach in eine zukunftsfähige Richtung.

Ich muss Sie auf das Ende der Redezeit hinweisen.

Ja. Ich komme zum Schluss. - Ich möchte aber auch an unsere Forderung erinnern, das Sozialministerium als Integrationsministerium zu stärken und Zuwanderung eben nicht als ordnungspolitische Maßnahme zu sehen. - Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der LINKEN)

Als Nächste spricht für die Fraktion der SPD Frau Abgeordnete Schindler.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag der GRÜNEN spricht von Integration durch Aufnahme - Aufnahme vor allen Dingen durch Sprache, Bildung und Arbeit.

Wir haben in der letzten Zeit viel über Willkommenskultur gesprochen. Der Willkommenskultur schließt sich nun die Ankommenskultur an.

Ich weiß nicht, ob es bewusst oder unbewusst geschehen ist: Im Flur des Landtages wurde in der letzten Woche eine Ausstellung über Vertriebe und

Flüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Titel „Ankommen“ eröffnet.

(Unruhe)

Kolleginnen und Kollegen, ich bitte darum, die schwierigen akustischen Verhältnisse im Raum zu berücksichtigen.

(Herr Lange, DIE LINKE: Ja, das ist schlimm, dieses Gegrummel!)

Danke, Herr Präsident. - Es sollte so sein, dass sie nicht nur im Flur ankommen, sondern dass sie wirklich hier, in der Mitte der Gesellschaft, ankommen.

(Zustimmung von Herrn Hövelmann, SPD)

Die Flüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg sind damals unter schwierigen Bedingungen angekommen und aufgenommen worden. Diese Aufgabe ist bewältigt worden, weil es geboten und notwendig war.

Anfang der 90er-Jahre hatten wir schon einmal eine große Welle von Vertriebenen und Flüchtlingen in Deutschland aufzunehmen, damals auch hier unter schwierigeren wirtschaftlichen Bedingungen. Wir haben es bewältigt. Heute ist es umso notwendiger, dies als gemeinsame Aufgabe zu verstehen und zu meistern, eben weil es notwendig und geboten ist.

Diese Aufgabe ist eine schwierige gesellschaftliche Aufgabe, an der sich alle beteiligen müssen und alle beteiligen wollen: Bund, Länder, Kommunen und auch die Bevölkerung. Es geht um das Ankommen durch Sprache, Bildung und Arbeit, wie Sie es in Ihrem Antrag genannt haben.

Wir befinden uns seit den letzten Monaten und Wochen im Zusammenhang mit der Flüchtlingspolitik in einem intensiven Prozess, auch in einem intensiven Prozess der Weiterentwicklung.

Die eine oder andere Hürde in diesem Prozess ist bereits genommen worden. Ich möchte darauf hinweisen, dass viele Schwierigkeiten, die Sie beschrieben haben und die auch bestanden haben, teilweise schon überwunden worden sind.

Diese Entwicklung ist gut und diese Entwicklung wollen wir weiter vorantreiben. Wir als SPD wollen bei dem Ankommens- und Aufnahmeprozess nicht von vornherein danach unterscheiden, ob die Ankommenden gebraucht oder nicht gebraucht werden, ob sie willkommen oder nicht willkommen sind; vielmehr muss es von Anfang an die Leistung sein, diesen Prozess gemeinsam zu meistern.

Der Innenminister ist in seiner Rede schon auf viele Dinge eingegangen, die vorgenommen worden

sind, die bereits auf den Weg gebracht worden sind und die jetzt auf den Weg gebracht werden.

Der Ministerpräsident hat im Januar 2015 zum Asylgipfel eingeladen. Daraus sind Arbeitsgruppen entstanden. Weiterhin haben intensive Diskussionen und Gesprächskreise mit allen Beteiligten stattgefunden. Daraus sind Maßnahmenkataloge entstanden, die jetzt in Einzelmaßnahmen umgesetzt werden. Diese Maßnahmenkataloge fließen natürlich jetzt auch in die Beratungen über den Nachtragshaushalt ein. Es ist schon davon gesprochen worden, dass zusätzliche Mittel für diese einzelnen Maßnahmen in den Nachtragshaushalt eingestellt werden sollen.

Ich möchte dazu bloß die Eckdaten nennen. Höchstwahrscheinlich - so sehen es die ersten Vorlagen vor - werden für dieses Jahr mit dem Nachtragshaushalt mehr als 31 Millionen € zusätzlich zur Verfügung gestellt. Für das Jahr 2016 werden sogar Mittel in Höhe von 67 Millionen € zusätzlich zur Verfügung gestellt. - Das ist eine doch anerkennenswerte Leistung und ein großer Beitrag, den wir als Sachsen-Anhalt leisten.

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD)