Protocol of the Session on September 9, 2011

Danke, Herr Minister. - Für die CDU-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Gorr.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor der Mittagspause hat sich der Antrag zum Kulturkonvent einer breiten parlamentarischen Zustimmung erfreut, auch wenn es zunächst in Bezug auf einzelne Details unterschiedliche Nuancen in der Herangehensweise gab.

Ähnlich, sehr geehrte Damen und Herren, dürfte es sich bei den Anträgen zur Arbeitsweise der Sozialagentur, die den aktuellen Problemlagen in der Eingliederungshilfe und den Erfordernissen der UN-Behindertenrechtskonvention angepasst werden soll, verhalten.

Bereits seit vielen Jahren, so in den vorherigen Redebeiträgen erwähnt und auch in der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage zum Thema „Teilhabe behinderter Menschen ermöglichen“, ist zu erkennen, dass der Wunsch nach Inklusion und Teilhabe noch nicht optimal umgesetzt werden konnte und dass noch nicht alle Lösungen gefunden worden sind. Sicherlich sind Fortschritte gemacht worden; allerdings sind weiterhin erhebliche Anstrengungen nötig, um das Ziel echter Teilhabe zu erreichen.

Als neue behindertenpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion bin ich gerade dabei, mir einen Überblick über die vorhandenen Probleme in diesem Bereich zu verschaffen. Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen versichern, dass aus der

Sicht der Betroffenen unsere politischen Ziele leider noch nicht alle mit der Wirklichkeit, das heißt mit den Lebensumständen und Lebensnotwendigkeiten behinderter Menschen, in Übereinstimmung gebracht werden konnten. Der Minister hat einige dieser Bereiche erwähnt.

Die zeitlichen Abläufe müssen dringend verkürzt werden. Es muss Verständnis dafür entstehen, dass Teilhabe eben nicht gerade regelgerecht, sondern individuell ist, und es muss Verständnis für bürokratische Prozesse aufgebracht werden. All diese Punkte führen teilweise zu Frustration und Enttäuschung bis hin zur Politikverdrossenheit.

Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte ich um Zustimmung zu dem Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD, in dem die Landesregierung klar und deutlich gebeten wird, zu dem Stand und zu den Ergebnissen des Verhandlungsgeschehens, also zu einzelnen Aspekten, zu berichten, die uns Abgeordneten und den Menschen in diesem Land auf den Nägeln brennen.

Vielleicht zeigt es sich - der Minister hat es bereits gesagt -, dass an der einen oder anderen Stelle eine Nachjustierung nötig ist, um den Erfordernissen der UN-Behindertenrechtskonvention gerecht zu werden. Dass die Menschen in diesem Land, die für die Anträge zuständig sind, ihr Bestes tun, ist, denke ich, selbstverständlich. Das wissen wir hier alle und wir erkennen ihre Arbeit an.

Ich möchte am Ende meiner Ausführungen auf das Zitieren von Äußerungen, die mir im Laufe meiner Gespräche zu diesem Thema begegnet sind, im Gegensatz zu Herrn Miesterfeldt heute früh lieber verzichten. - Ich bitte um Zustimmung zu dem Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD.

(Beifall bei der CDU)

Danke sehr, Frau Gorr. Sie haben der Versuchung widerstanden, die neun Minuten, die Ihnen nach der verlängerten Redezeit des Ministers zugestanden hätten, voll auszuschöpfen.

Ich hoffe, das Plenum hat Verständnis.

(Herr Schwenke, CDU: Vorbildlich!)

Das denke ich auch. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abgeordnete Frau Lüddemann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich muss gestehen,

als ich den Antrag der LINKEN gelesen habe, habe ich mich zuerst gefragt: Warum wird das nicht eine Kleine Anfrage oder eine Ausschussbefassung? - Das hat sich mittlerweile geklärt.

Der Antrag der Koalitionsfraktionen unterscheidet sich in der Tat nur in einem Wort von dem der Fraktion DIE LINKE. Wir halten die Fachleistungsstunden für prüfenswert. Wir werden dem Antrag der LINKEN zustimmen; denn ich denke, darüber sollte im Ausschuss und nicht im Plenum debattiert werden. - Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Für die SPD-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Dr. Späthe.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Die Umsetzung der Sozialgesetzbücher IX, XI und XII durch die Sozialagentur Sachsen-Anhalt hat uns in den letzten Jahren schon sehr oft beschäftigt, und zwar als Gegenstand von Anträgen, Selbstbefassungen und Diskussionen.

Wir haben in den Ausschusssitzungen Ausführungen der Mitarbeiter der Agentur bis hin zu Ausführungen des Chefs gehört. Zudem haben wir, wie in den Protokollen nachlesbar ist, fraktionsübergreifend vielfach deutlich Kritik geübt. Wir haben in einigen Fällen auch Abhilfe schaffen können.

Aber es ist nicht übersehbar, dass es gerade seit Ende vergangenen Jahres im Bereich der Behindertenhilfe im Lande große verwaltungstechnische Verwerfungen - so möchte ich es einmal bezeichnen - gibt. Diese Probleme resultieren aus dem Verhältnis bzw. dem Nichtverhältnis zwischen der Sozialagentur und den Trägern der Einrichtungen der Eingliederungshilfe. Es ist richtig, diesbezüglich das Ministerium anzusprechen; denn das Ministerium macht die Vorgaben für die Arbeit der Sozialagentur.

Was ist passiert? - Die seit vielen Jahren geübte Praxis - Sie haben es ausgeführt - einer linearen, pauschalen und kollektiven Steigerung der Entgeltsätze für die Einrichtungen der Eingliederungshilfe kam im Jahr 2010 nicht zustande. Der Minister hat es erwähnt.

Daraufhin wurden - ich möchte die Zahl noch einmal nennen - 546 Einrichtungen und Dienste angehalten, Einzelverhandlungen aufzunehmen, weil sie notwendig sind. Diese 546 Fälle führten zu einer immensen Steigerung des Arbeitsvolumens der Sozialagentur und in der Folge - folgerichtig - zu einem immensen Bearbeitungsstau. Das Gleiche gilt für die anstehenden Schiedsstellenverfahren.

Insofern ist es gut und richtig, dass dem Ausschuss für Soziales über den derzeitigen Stand der Dinge sowie über die notwendigen personellen Aufstockungen berichtet wird. Wie ich eben erfahren habe, plant der Personalrat der Agentur eine Konferenz, zu der wir hoffentlich eingeladen werden. Ich denke, dass wir dort sehr gute Diskussionen führen können.

Ein weiterer Aspekt. Es ist auffallend, dass in einem zunehmenden Maße sowohl die Eingliederungshilfe Beantragenden, also potenzielle Budgetnehmer, als auch Träger von Diensten und Einrichtungen den Gerichtsweg wählen, um überhaupt zu Ergebnissen zu kommen. Uns ist auch bekannt, dass es oftmals nicht zu Urteilen kommt, weil man kurz vor dem Ende des Prozesses zu Vergleichen findet. Auch diesbezüglich ist dringend eine Berichterstattung notwendig.

Ich möchte nicht zu allen Anstrichen des Antrages etwas sagen, aber ich möchte einen Aspekt aufgreifen, der mir besonders wichtig ist, nämlich die Umsteuerung in der Eingliederungshilfe von stationären hin zu ambulanten Angeboten.

Hierbei sind wir nicht nur nach meinem subjektiven Eindruck noch nicht ausreichend vorangekommen. Ich persönlich kenne zwei Projektanträge mit Modellcharakter für Ambulantisierung, die bei der Sozialagentur beantragt wurden, aber auch nach einem langen Zeitraum noch nicht beschieden wurden bzw. mit Zusatzbedingungen verknüpft wurden, die letztlich die Aufgabe des Vorhabens nach sich zogen. Insofern wäre es durchaus wichtig zu erfahren, welche grundsätzliche Haltung der Kostenträger zu Modellprojekten wie der Leistungsvergütung auf der Basis von Fachleistungsstunden einnimmt.

Über die anderen nicht weniger interessanten Problemkreise werden wir im Ausschuss sprechen. In Anbetracht dieses für die Umsetzung der UN-Konvention wichtigen und natürlich auch haushaltsrelevanten Themas sollten wir - das ist meine Anregung - uns vor der Behandlung im Ausschuss vielleicht über die Art und Weise der Vorbereitung der Behandlung dieses Themas verständigen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Danke sehr, Frau Dr. Späthe. - Frau Zoschke hat noch einmal das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Bischoff, nun kann ich sagen: Ich freue mich jetzt auch auf die Diskussion im Ausschuss. Wenn ich ein wenig zur Aufgeregtheit beigetragen habe, dann kommen wir der Bewältigung des Themas Stückchen für Stückchen näher.

Ich bin auch sehr froh darüber, dass die Kollegen der Koalitionsfraktionen an vielen Stellen die Kritik, die ich geäußert habe, geteilt haben.

Einen Kritikpunkt würde ich gern hinzufügen, weil Sie, Herr Bischoff, auch davon sprachen, dass Verhandlungen geführt werden müssen. Wenn ich die Kritik der Wohlfahrtsverbände richtig verstanden habe, dann wären wir an dieser Stelle schon ein Stückchen weiter, wenn das Ministerium und die Sozialagentur zu den Terminen der Verhandlungen tatsächlich anwesend gewesen wären. Es gab sehr oft Kritik daran, dass beide nicht anwesend waren.

Ich bin dafür, dass wir uns unbedingt darüber unterhalten, dass wir für die Leistungen zu neuen Verpreisungen kommen. Ich bin auch dafür, dass wir über Pauschalen reden; denn ich denke, gerade im Bereich der Behindertenhilfe ist es mit Pauschalen nicht getan.

Ich möchte, da die Kritik mir gegenüber geäußert worden ist, auch gern sagen: Es soll mitnichten so sein, dass wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Sozialagentur pauschal kritisieren. Ich habe - ich denke, diesbezüglich spreche ich für alle Mitglieder meiner Fraktion - eine wahnsinnige Hochachtung vor den Mitarbeitern, die vor den Aktenbergen sitzen und diese Aktenberge trotz Fleiß nicht verringern können.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Gerade deswegen, so denke ich, liegt unsere Verantwortung darin, zu sehen, wie man genau diese Aktenberge und diese Arbeitsbelastung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Sozialagentur verhindert oder verringert. Ich denke, das ist auch eine Aufgabe, die der Ausschuss hat.

Es sei mir noch eine kleine Anmerkung gestattet. Ich glaube nicht, dass es im Wahlkampf die Mitglieder der Fraktion DIE LINKE waren, die von der Abschaffung der Sozialagenturen gesprochen haben. Das kam, so glaube ich, aus den Reihen der CDU.

(Frau Weiß, CDU: Was soll denn das? - Zu- rufe von der CDU - Beifall bei der LINKEN)

Damit ist die Debatte beendet. Wir stimmen direkt ab. Zunächst stimmen wir über den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen in der Drs. 6/371 ab. Wer diesem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Änderungsantrag angenommen worden.

Wir stimmen jetzt über den Ursprungsantrag in der Drs. 6/338 in der soeben geänderten Fassung ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Karten

zeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen und einige Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Das sind die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Mehrheit der Fraktion DIE LINKE. Damit ist der so geänderte Antrag angenommen worden und wir verlassen den Tagesordnungspunkt 17.

Wir treten ein in den Tagesordnungspunkt 18:

Erste Beratung

Für einen zukunftsfähigen Strafvollzug in Sachsen-Anhalt auf der Grundlage eines modernen Strafvollzugsgesetzes mit dem Ziel der Resozialisierung von Straftätern

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/339

Einbringerin ist Frau von Angern. Bitte schön.

Herr Kollege Borgwardt, ich habe gehört, dass Sie ob der Länge unseres Antrages ein wenig geschockt waren. Ich werde versuchen, Sie in der Einbringungsrede ein Stück weit durch den Antrag hindurchzugeleiten. Die weiteren Dinge können wir dann im Ausschuss vertiefen. Gemeinsam schaffen wir das.

(Herr Borgwardt, CDU: Ich habe den Antrag gelesen! Allein das Lesen hat zehn Minuten gedauert!)