Protocol of the Session on April 24, 2015

(Zustimmung bei der SPD)

So weit zur ersten Frage. Außerdem geht es schließlich um Energie, dann sollte man das auch mit Energie vortragen. - Herr Weihrich, bitte sehr.

Frau Budde, ich würde gern drei kurze Fragen stellen. Die erste Frage lautet: Wie bewerten Sie, wenn Sie über die Industrieproduktion in SachsenAnhalt sprechen, den Beitrag, den die erneuerbaren Energien für die Industrie in Sachsen-Anhalt leisten? - Auch diese steht hier letztendlich auf dem Spiel.

Das zweite Thema ist der Klimawandel. Sie haben in Ihrer Rede lediglich gesagt: Ich habe keine Lösung für dieses Problem.

(Herr Striegel, GRÜNE: Das glauben wir Ihnen sogar!)

Sie auch nicht.

Festzuhalten ist, dass Frau Hendricks und Herr Gabriel diese Beschlüsse auch nicht einfach so gefasst haben, weil sie die Arbeitsplätze in der Braunkohleregion in Ostdeutschland nicht weiter haben möchten, sondern es stecken klare Ziele dahinter. Es ist das Thema Klimawandel, das letztlich dazu führt, dass diese Beschlüsse so getroffen wurden. Sie haben das, wie gesagt, komplett negiert. Ich möchte Sie fragen, ob Sie zu diesen Klimazielen der Bundesregierung stehen, die letztlich dazu führen, dass diese Beschlüsse so getroffen wurden, wie sie getroffen wurden.

Das letzte Thema, das mir auch persönlich sehr am Herzen liegt, ist das Thema der fehlenden Grundlastfähigkeit der erneuerbaren Energien. Das ist nämlich immer die Mär, die in die Welt gesetzt wird. Sie haben gesagt, dass es keine technischen Möglichkeiten gebe, die erneuerbaren Energien grundlastfähig zu machen. Ich wider

spreche dem ganz vehement; denn es ist klar, dass diese technischen Möglichkeiten existieren. Aber wir haben in der Energiewende diese Chance bisher verpasst, die Speichertechnologien so anzuwenden, auch mit ganz einfachen Mitteln. Ich denke dabei an Pumpspeicherkraftwerke.

(Herr Borgwardt, CDU: Ja, wo denn? Wo wollen Sie die denn bauen? - Unruhe)

Ja, im Harz, nicht wahr? Dann habe ich die nächste Bürgerinitiative von Ihnen. Also wirklich, das ist - -

Jetzt hören Sie doch auf. Es gibt genug Möglichkeiten.

(Zurufe von der CDU)

Und Sie wissen genauso gut wie ich, dass diese Technologien existieren und im Moment nur deswegen nicht angewendet werden, weil sie sich ökonomisch nicht rechnen. Das ist das größte Problem der Energiewende auf der Bundesebene. Dazu hätte ich von Ihnen gern noch eine Aussage.

Ja, gern. Zu Punkt 1: Beitrag des industriellen Bereiches, Anlagen für erneuerbare Energien. Wir haben uns allesamt sehr dafür eingesetzt, dass sich diese Unternehmen hier ansiedeln und sich hier entwickeln. Wir haben zum Beispiel damals in der Minderheitsregierung hier sehr viele Flächen ausgewiesen. Wir waren ein Musterland dafür. Ja, dieser Bereich der Industrie leistet auch einen wichtigen Beitrag für die Erneuerung der Industrie in Sachsen-Anhalt.

Aber auch dazu muss man sagen - erinnern Sie sich an unsere Enercon-Debatte? -: Es gibt hier noch sehr viel nachzuholen. Denn wir sprechen in Bezug auf Arbeitsplätze nicht nur darüber, was hergestellt wird, sondern auch darüber, unter welchen Bedingungen und zu welchen Bedingungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer es hergestellt wird. Ich finde es gut, dass sich der Bereich der erneuerbaren Energien weiterentwickelt, ich möchte aber an dieser Stelle auch gleich sagen: Das ist nicht nur eine Medaille, die glänzt.

Die Anlagen, die hergestellt werden, sind hochmodern, sie sind neu, sie sind wichtig für die Energiewende. Es ist gut, dass wir die Firmen hier haben. Dazu würde aber auch gehören, dass wir dafür sorgen, dass es dort genauso geordnete und geregelte Arbeitsbedingungen gibt, zu ordentlichen Tarifverträgen, mit gewerkschaftlicher Betriebsratsvertretung, wie das in anderen Bereichen der Fall ist. Das muss man immer wieder ansprechen.

Denn wenn man für eine gewisse Nachhaltigkeit im Bereich der Energieerzeugung steht und diese Anlagen produziert - dabei spreche ich insbesondere über die sachsen-anhaltischen Standorte; es gibt auch andere Unternehmen, die beides als Philosophie haben; leider hat eines davon gerade den Standort in Magdeburg geschlossen, nämlich Vestas -, dann - darin sind wir uns einig - brauchen wir aber auch den zweiten Bereich.

Und wir brauchen den dritten Bereich. Wir können sie nicht nur produzieren und aufstellen, sondern wir müssen auch in der Lage sein, das, was dort an Strom erzeugt wird, dahin zu bringen, wo es benötigt wird. Wir sind schon gut, aber ich glaube nicht, dass wir das alles in Sachsen-Anhalt verbrauchen können.

Und ich glaube nicht, dass die Grundlastfähigkeit für viele hochsensible Bereiche - ich gebe zu, ich habe noch keine technische Lösung dafür gehört; zum Beispiel T-Systems, Sysco oder andere brauchen für ihre hochsensiblen Bereiche eine wirklich zuverlässige Stromversorgung, die auch nicht um ein Mikro schwankt - schon über die erneuerbaren Energien erreicht werden kann.

Was Sie so ein wenig tun, ist, dass Sie eines gegen das andere ausspielen. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass Energieerzeugung immer einen Eingriff bedeutet - immer! Es gibt keine Energieerzeugungsarten, die nur gut oder nur schlecht sind. Bei der Braunkohle gibt es die Tagebaue, die Verbrennung und über Jahrzehnte das Auspuffen in die Luft. Bei den erneuerbaren Energien, zum Beispiel beim Windstrom, haben Sie, wenn die Anlagen nicht richtig aufgestellt werden, Auswirkungen auf die Menschen, die in der Nähe leben, eine Verspargelung der Landschaft, Sie haben Vögel, die dort durchziehen und dadurch beeinträchtigt werden. Sie haben noch keine wirkliche Lösung für die Grundlastspeicherung und für den Abtransport. Also auch dort gibt es noch offene Punkte.

Bei dem Thema Grundlastherstellung über Pumpspeicherwerke bekommen wir uns sofort wieder in die Haare; denn niemand will das Pumpspeicherwerk vor der Tür haben. Wir wollen natürlich auch unsere Natur da, wo sie das über Täler vielleicht ermöglichen würde, nicht infrage stellen. Das heißt, es macht überhaupt keinen Sinn.

Wir haben keine ideale Lösung. Man muss einfach sagen: Energieerzeugung ist immer ein Eingriff, egal wo hinein, weil wir Energie umwandeln. Das ist der technische Prozess. Da wird es immer einen Eingriff und immer eine Auswirkung geben. Das muss man einfach wissen und auch akzeptieren.

Vielleicht erinnern Sie sich an die Debatte: O ja, Palmöl, Dieselmotoren mit Palmöl, wie toll! Erneuerbare Energien, nachwachsende Rohstoffe.

Was ist passiert? - Ganze Wälder wurden abgeholzt für die Förderung dieser Energieerzeugung aus Palmöl über Dieselmotoren.

Wir haben das, was wir an CO2-Einsparung in Europa realisiert haben, in Afrika, in Argentinien und sonst wo am anderen Ende der Welt als große Wolke durch den Raubbau in diesen Ländern auch wieder gehabt. Das Ideal gibt es nicht.

Immer dann, wenn wir Energie gewinnen bzw. umwandeln, wird es einen Eingriff in die Natur geben. Das muss man einfach so feststellen. Unser Job ist es, diese Eingriffe so weit zu minimieren, dass unser Erdball nicht irgendwann auseinanderplatzt oder untergeht. Die erneuerbaren Energien haben einen großen Anteil daran. Ich glaube aber, dass es dabei noch viel zu perfektionieren gibt, was die technischen Möglichkeiten angeht.

In Bezug auf das Thema Klimaschutzziele sage ich Ihnen ganz ehrlich: Unter reinen Klimaschutzaspekten ist das richtig und notwendig. Es hilft aber auch nicht, das als Schild immer vor sich herzutragen, wenn man merkt, dass man das Schrittmaß vielleicht nicht halten kann. Ich will es einmal vorsichtig formulieren. Dann muss man sich ehrlicherweise darüber unterhalten: Schaffen wir das Schrittmaß, das wir uns vorgegeben haben? Oder hätte das eine so große Auswirkung auf den Lebensstandort, Wirtschaftsstandort, Wohn- und Arbeitsstandort Deutschland, dass wir es nicht können?

Ich erinnere mich dabei immer an das Thema Atomausstieg. Wir haben doch vor Augen, was passiert, wenn man einen nicht geordneten Übergang macht. Das Thema Atomausstieg war ein geordneter Übergang, bis es von einer anderen Bundesregierung eingefangen worden ist. Dann kam Fukushima und dann waren alle ganz schnell dabei, das wieder einzufangen, ohne einen Plan zu haben.

Wir brauchen uns nur die Debatten im Landtag anzuschauen. Die kippten innerhalb eines Vierteljahres; zack - hatte man eine andere Auffassung. Es gibt eben inzwischen keinen Plan mehr, wie man einen vernünftigen und strukturierten Übergang schaffen kann. Das ist verbunden mit Klagen durch die Unternehmen und alles Mögliche. Daher plädiere ich dafür, ehrlich zu sein.

(Unruhe)

Die Klimaschutzziele sind richtig. Man muss sich darüber unterhalten, ob man das Schrittmaß halten kann, ob wir dazu jetzt schon die Möglichkeiten haben. Ich sage aber für meine Partei auch ganz deutlich, wir sind nicht bereit, etwas vor uns herzutragen und nachher dafür Konsequenzen zu tragen, die im Einzelnen heißen: Deindustrialisierung Deutschlands, keine Arbeitsplätze und keine wirtschaftliche Grundstruktur mehr. Dieser Preis ist mir

zu hoch. Dann würde ich die Ziele nicht aufgeben, aber vielleicht das Schrittmaß ändern.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Frau Kollegin Budde, es gibt noch eine allerletzte Frage von der Kollegin Frederking. - Frau Kollegin Frederking, Sie haben das Wort.

Frau Budde, Sie fordern anständige und gut bezahlte Arbeitsplätze bei den erneuerbaren Energien. Meine Frage ist: Wie wollen Sie das erreichen? Ist Ihre Antwort darauf: Durch Fortführung der Braunkohleverstromung?

Jetzt muss ich aufpassen, dass ich keine Rüge bekomme, wenn ich darauf antworte. Also werde ich mich lieber am vermeintlichen Sachthema orientieren. Die Antwort auf die Frage, wie man ordentliche Arbeitsbedingungen hinkriegt, ist ganz einfach. Indem man ordentliche gewerkschaftliche Betriebsräte installiert und diese mit den Arbeitgebern verhandeln lässt. Das ist eine Sache zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretung. Das ist in der Bundesrepublik Deutschland ganz klar geregelt.

Im diesem Bereich kann es nicht daran liegen, dass nicht dafür gezahlt wird. Die Begründung, die wir ansonsten immer zu hören bekommen, dass man die Löhne nicht zahlen könne, weil die Margen nicht darin enthalten seien, wenn man die Produkte verkaufe, kann im Bereich der erneuerbaren Energien und der Windenergie nicht greifen. Deshalb ist das etwas, das ganz klar und deutlich geregelt ist.

Wir hatten dazu schon einmal eine Debatte. Auch dazu gibt es unterschiedliche Auffassungen. Vielleicht sind es auch nur persönliche unterschiedliche Auffassungen im Landtag.

Ich sage ganz klar, das ist geregelt. Ich bin dafür, dass das in dem Bereich, der sich inzwischen zu einer Industrie entwickelt hat - ich bin auch dafür, das in jedem kleinen Unternehmen zu machen, aber erst echt, wenn es um eine industrielle Produktion geht -, nach den Regeln der Bundesrepublik Deutschland stattfindet, mit Betriebsräten, gewerkschaftlich organisiert mit entsprechender

Durchsetzungskraft für die Arbeitnehmerinteressen auf der einen Seite und mit einem ordentlichen Arbeitgeberverband auf der anderen Seite. Das ist ganz einfach.

(Beifall bei der SPD)

Danke sehr, Frau Kollegin Budde. - Für die Landesregierung spricht Minister Herr Möllring. Doch zuvor können wir Schülerinnen und Schüler der Gorki-Sekundarschule aus Schönebeck begrüßen. Seien Sie recht herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Die Kollegin Budde - es war nicht zu überhören - hat ihre Redezeit überzogen. Ich war großzügig; es war spannend. Ich würde sagen, dass die Redezeit etwa um vier Minuten überzogen worden ist. Diese Zeit steht allen anderen dann auch zur Verfügung, sie muss aber nicht ausgeschöpft werden. Bitte sehr, Herr Minister.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Dezember 2014 hat die Bundesregierung das Aktionsprogramm „Klimaschutz 2020“ vorgelegt. Dieses Aktionsprogramm benennt zusätzliche Maßnahmen, um das klimapolitische Ziel des Bundes zu erreichen. Dieses besteht darin, bis zum Jahr 2020 die nationalen CO2-Emissionen im Vergleich zum Jahr 1990 um mindestens 40 % zu senken. Die Jahreszahl 1990 ist besonders wichtig.

Nach dem Aktionsprogramm „Klimaschutz 2020“ sollen im Bereich der Stromerzeugung durch eine Weiterentwicklung des fossilen Kraftwerkparks zusätzlich 22 Millionen t CO2 eingespart werden. Das vom Bundeswirtschaftsministerium Ende März in seinem Eckpunktepapier vorgeschlagene zusätzliche nationale Instrument zur Emissionsminderung, der sogenannte Klimabeitrag, läutet den Anfang vom Ende der Braunkohle ein, wenn es denn so kommt. Der vorgeschlagene Klimabeitrag ist deshalb ohne Wenn und Aber abzulehnen.

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU)

Meine Damen und Herren! Der Klimabeitrag wird den bisherigen Leistungen des Landes SachsenAnhalt bei der Erreichung des Klimaschutzziels des Bundes nicht gerecht. Sachsen-Anhalt muss sich auch als Braunkohleland in punkto Klimaschutz hinter niemandem verstecken. SachsenAnhalt hat zusammen mit anderen ostdeutschen Bundesländern bereits einen überproportional hohen Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele des Bundes geleistet; Frau Budde hat soeben schon darauf hingewiesen.

Sachsen-Anhalt ist Vorreiter bei den erneuerbaren Energien. Sachsen-Anhalt verfügt schon heute über einen hohen Ausbaustand bei den erneuerbaren Energien. Die vom Bund für das Jahr 2020 gesetzten Ausbauziele hat Sachsen-Anhalt längst erreicht.

Ich will ein Beispiel nennen. Ziel des Bundes ist es, dass bis zum Jahr 2020 der Anteil der erneuerbaren Energie am Bruttoendenergieverbrauch bei 18 % liegen soll. In Sachsen-Anhalt lag der Anteil der erneuerbaren Energie am Bruttoendenergieverbrauch bereits vor zwei Jahren bei 21 %.