Protocol of the Session on March 26, 2015

Unterm Strich waren die Ausschussberatungen absolut enttäuschend. Im Rahmen der Anhörung im Verkehrsausschuss wurden sehr viele Sachargumente für die Strecken vorgebracht, die allerdings an der Mehrheitsentscheidung nichts geändert haben. So wurde beispielsweise absolut überzeugend dargestellt, dass der Busverkehr eben keinen gleichwertigen Ersatz für die Wipperliese darstellen kann. Die Fahrzeiten verlängern sich und im Winter entstehen durch die steilen Fahrstrecken und die schwierige Topographie zusätzliche Probleme, die kaum zu bewältigen sind. Auch die Mitnahme von Fahrrädern ist im Bus praktisch nicht möglich.

(Herr Schröder, CDU: Ist möglich! Das ist Bestandteil des Buskonzeptes! - Zuruf von Herrn Leimbach, CDU)

Das ist gerade für den Tourismus ein entscheidender Nachteil; denn Radtourismus ist einer der entscheidenden, wichtigen Trends im Tourismus. Angebote werden aber nur dann wahrgenommen, wenn auch die Randbedingungen stimmen. Dazu gehört in erster Linie eine gute Verknüpfung mit dem Bahnverkehr.

Die ganze Südharzregion bietet mit dem Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz und mit den Lutherstätten in Eisleben ein riesiges Potenzial. Die Wipperliese hätte einen zentralen Baustein in einem Tourismuskonzept darstellen können.

Vonseiten der CDU wurde im Ausschuss kritisiert, dass der Landkreis noch kein Tourismuskonzept vorgelegt hat. Ich teile diese Kritik an dem ehemaligen Landrat Schatz ausdrücklich, der das Thema während seiner Amtszeit nämlich schlicht verschlafen hat.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Nun aber hat der Landkreis deutlich gemacht, dass er große Potenziale für den Tourismus sieht und in Kürze ein Konzept vorlegen wird. Auch das begrüße ich sehr.

Auch - darauf möchte ich eingehen - das Argument Rückgang der Schülerbeförderung wurde durch den Landkreis relativiert. Der Rückgang ist vergleichsweise gering und konnte bereits anderweitig aufgefangen werden. Nach der Aussage des Landkreisvertreters wurde der Grundschulstandort in Wippra im Schulentwicklungsplan langfristig gesichert. Somit kann die Schließung der Strecke auch nicht mit dem Verweis auf den Rückgang der Schülerzahlen begründet werden.

Meine Damen und Herren! Noch im Januar 2014 wurde der Wipperliese-Vertrag groß gefeiert. Aber schon wenige Monate später wurde die Einstellung der Strecke beschlossen. Das hat mit einer vorausschauenden Verkehrspolitik nichts zu tun, meine Damen und Herren. Ich wiederhole hier meine Kritik an der Einstellung der Wipperliese. An dieser Kritik ändert auch der touristische Gelegenheitsverkehr nichts, der wahrscheinlich ohnehin nur bis zum 13. März 2016 aufrechterhalten werden wird.

(Zustimmung von Frau Frederking, GRÜNE)

Zur Heidebahn. Auch hierbei hat sich durch die Ausschussberatungen bekanntlich nichts an der Situation geändert. Die Heidebahn ist eingestellt worden und der Verkehrsbetreiber hat sich zurückgezogen. Damit wurde das sogenannte Schmiedeberger Modell eingestellt, obwohl die Fahrgastzahlen seit 2007 deutlich gestiegen sind. Nach Aussagen der Koalition möchte man nun prüfen,

ob es einen Interessenten für Gelegenheitsverkehre gibt. Das ist noch viel unsicherer und unkonkreter als bei der Wipperliese.

Auch hierzu sage ich ganz deutlich: Die Heidebahn nach dem so erfolgreichen Verlauf seit 2007 und so kurz vor dem Luther-Jubiläum aufzugeben, ist schlicht unverantwortlich.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Durch das Modellprojekt sollte eine enge Verknüpfung der Bahn- mit den Busangeboten vorgegeben werden, im Übrigen nicht nur die Verknüpfung von Schiene und Bus, sondern auch intermodal die Verknüpfung mit dem Radverkehr; denn auf dieser Strecke wurden jährlich immerhin rund 6 700 Fahrräder transportiert. Somit wurde mit der Heidebahn ein wirklich zukunftsweisendes Konzept umgesetzt.

Doch auch hier verhallten die Argumente ungehört. Die Heidebahn ist Geschichte. Stattdessen gab und gibt es nun große Probleme bei der ordnungsgemäßen Abwicklung des Schülertransports, wie es in den Medien hinlänglich kommuniziert wurde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Koalition hat angekündigt, in den Jahren 2015 und 2016 keine weiteren Abbestellungen mehr vorzunehmen.

(Herr Dr. Köck, DIE LINKE: Das stimmt!)

Das ist erst einmal löblich. Aber es ist auch keine große Leistung; denn es ist klar, dass die Nasa in diesen Jahren den Schienenpersonennahverkehr noch aus Haushaltsresten finanzieren kann. Wir halten diese Verlautbarung für völlig unzureichend; denn es ist weder von einer Schließung der Haltepunkte noch von sonstigen Leistungseinschränkungen die Rede. Wir wissen nicht, wie die Zukunft des Schienenpersonennahverkehrs aussehen wird.

Wir alle wissen, dass es - das hat Herr Webel ausgeführt - erst in den Folgejahren spannend wird. Um eine weitere Abbestellungswelle ab dem Jahr 2017 zu vermeiden, die dann möglicherweise Strecken wie Stendal - Tangermünde, Zeitz - Weißenfels oder Merseburg - Querfurt betrifft, brauchen wir schon jetzt eine Diskussion über den Schienenpersonennahverkehr in Sachsen-Anhalt. Wir brauchen eine Verständigung darauf, dass das Netz in der jetzigen Form erhalten werden soll. Wir müssen ferner die Möglichkeiten zur Erweiterung des Netzes ausloten. Wir brauchen also einen Konsens zum künftigen Bahnverkehr und den Verkehrsleistungen in Sachsen-Anhalt, damit die Finanzierung im Landeshaushalt gesichert werden kann. Nur dann haben die Nasa und die ausführenden Verkehrsunternehmen langfristig Planungssicherheit.

Herr Webel, an Ihre Adresse gerichtet: Ich sehe eindeutig auch die jetzige Landesregierung noch in der Pflicht, die Weichen zu stellen, damit diese Diskussion jetzt beginnt, damit diese Einigung noch vor der Landtagswahl herbeigeführt werden kann und die neue Landesregierung nicht bei null anfangen muss und dann möglicherweise wieder gezwungen ist, Entscheidungen zu treffen, die keiner haben will.

Herr Scheurell, das sage ich an Ihre Adresse: So wie Sie das darstellen, wenn Sie sagen, die Nasa hat Vorschläge gemacht und die Regierung hat sie umgesetzt, ist es wirklich völlig verkehrt dargestellt.

(Zuruf von Herrn Scheurell, CDU)

Es ist so, dass die Nasa gesagt hat, zu welchen Maßnahmen sie gezwungen ist, wenn sie mit dieser Finanzausstattung den Nahverkehr organisieren soll. Damit hat sie nur auf die Konsequenzen aufmerksam gemacht. Es war Ihre Entscheidung, mit den Haushaltsansätzen sozusagen die Konsequenzen zu erzwingen. Sie hätten es in der Hand gehabt, die Konsequenzen abzuwenden und die drei Strecken nicht zu schließen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Um den Schienenpersonennahverkehr in Sachsen-Anhalt zu sichern, ist aber auch eine Einigung über die Regionalisierungsmittel des Bundes eine wichtige Voraussetzung. Ich denke, wir alle müssen uns dafür einsetzen, dass die Mittel erhöht werden und dass eine jährliche Dynamisierung erfolgt, um Kostensteigerungen abzufangen. Aber - auch das ist wichtig -: Um diese Forderungen gegenüber dem Bund mit Nachdruck vertreten zu können, müssen wir in Sachsen Anhalt wieder reguläre Haushaltsmittel für den Ausbildungsverkehr bereitstellen. Wir können vom Bund nicht mehr Regionalisierungsmittel fordern, diese dann aber in Sachsen-Anhalt völlig zweckentfremdet verwenden. Das funktioniert so nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Forderung meiner Fraktion ist ganz klar: Es darf keine weiteren Leistungseinschränkungen im Schienenpersonennahverkehr geben. Ein Bahnanschluss ist wichtig für die Mobilität im ländlichen Raum. Und die Attraktivität ländlicher Gebiete steigt ungemein, wenn ein Anschluss an das Bahnnetz existiert.

Wenn wir der negativen demografischen Entwicklung im ländlichen Raum wirklich entgegenwirken wollen, dann verbietet es sich, die Mobilität weiter einzuschränken und damit der Abwanderung aus dem ländlichen Raum Vorschub zu leisten.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Meine Damen und Herren! Die Deutsche Bahn hat erkannt, dass sie in die Fläche gehen muss. Sie setzt das im Fernverkehr um. Entsprechend müssen wir in Sachsen-Anhalt auch im Nahverkehr vorgehen. Das Motto der Zukunft lautet: Die Fläche erschließen, statt Strecken stilllegen. Denn die Bahn wird auch in künftigen Mobilitätsszenarien eine wichtige Rolle spielen.

Bereits jetzt ist erkennbar, dass die Bedeutung des Autos immer weiter sinkt. Insbesondere in urbanen Räumen hat das Auto längst seine Bedeutung als Statussymbol eingebüßt. Viele jüngere Menschen und auch ältere verzichten bereits ganz auf ein eigenes Auto und nutzen verstärkt Carsharing-Angebote. All dies zeigt ein verändertes Mobilitätsverhalten in der Bevölkerung.

Wenn wir wollen, dass sich diese Entwicklung in ländlichen Räumen gleichermaßen vollzieht, dann müssen wir ein gutes Angebot der öffentlichen Verkehrsträger und insbesondere der Bahn gewährleisten und sicherstellen, dass diese Angebote mit überregionalen Angeboten gut vernetzt sind.

Wir alle, meine Damen und Herren hier im Hohen Hause, haben die Verantwortung, dafür zu sorgen, dass die Bahn auf der politischen Agenda und im öffentlichen Bewusstsein einen höheren Stellenwert erhält. Nur dann kann sich der Schienenpersonennahverkehr im Verteilungskampf um die knappen Haushaltsmittel künftig besser behaupten.

Abschließend noch ein Wort zu den Änderungsanträgen der Fraktion DIE LINKE. Meine Fraktion wird dem Änderungsantrag zur Wipperliese zustimmen. Das ist ganz klar. Wir sehen es auch so, dass die Wipperliese erhalten bleiben soll. Dem Änderungsantrag zur Heidebahn werden wir jedoch nicht zustimmen. Wir sehen zwar sozusagen - -

(Unruhe bei der CDU)

Herr Kollege, Sie haben jetzt länger gesprochen als der Kollege Scheurell. Sie wollten, dass ich aufpasse, ja?

(Herr Scheurell, CDU: Aber wir hören ihm al- le gern zu!)

Das freut mich. - Zwei Sätze.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Die subjektive Wahrnehmung war anders!)

Also, wir sehen, dass Sie etwas erreichen wollen, um sozusagen die Heidebahn aufrechtzuerhalten und nicht zu einer Schließung zu kommen. Wir sehen aber nicht,

(Unruhe bei der CDU)

dass das Projekt Heidebahn

mit einem Wochenendverkehr gesichert werden kann. Wir brauchen den Vollverkehr oder das Projekt funktioniert nicht.

Ein letzter Satz:

(Oh! bei der CDU)

Wir werden die Beschlussempfehlung natürlich ablehnen.

(Herr Güssau, CDU: Mann, Mann, Mann!)

Vielen Dank, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)