Frau Lüddemann, in den Frauenhäusern kümmern wir uns auch um die Kinder. Ich weiß um das Problem, dass wir dafür keine adäquate Lösung haben, dass wir hierfür spezielle Kräfte in allen Frauenhäusern zur Verfügung stellen müssen. Ich weiß aber, dass sich die Kolleginnen und Kollegen natürlich auch intensiv um die Kinder kümmern.
Wir haben in den letzten Jahren erreicht, dass die Angebote insbesondere im Bereich der Prävention verbessert worden sind. Die Einrichtungen sind vor Ort sehr gut vernetzt. Sie ermöglichen für alle Frauen einen niedrigschwelligen Zugang.
Unsere Fachkräfte sind hoch qualifiziert und kompetent. Ich finde, an dieser Stelle ist es angebracht, allen Kolleginnen und Kollegen, stellvertretend denjenigen, die heute anwesend sind, für ihre engagierte Arbeit zu danken.
In Bezug auf die fachliche Arbeit haben wir landesweite Qualitätsstandards entwickelt. Es gibt noch Defizite - darin haben Sie vollkommen Recht, Frau Lüddemann - im Hinblick auf die Barrierefreiheit. Dabei haben wir noch eine Wegstrecke vor uns.
Ich bin froh darüber, dass es uns gemeinsam mit den Abgeordneten des Hohen Hauses gelungen ist, die Finanzierung zu verbessern. Wir haben bereits im Jahr 2014 den Haushaltsansatz für die Frauenhäuser erhöht. Mit dem Doppelhaushalt 2015/2016 haben wir die Haushaltsansätze für alle Unterstützungseinrichtungen erhöht. Damit stehen in diesem Haushaltsjahr 1 345 000 € und im Jahr 2016 1 346 300 € zur Verfügung.
Das ist nur ein Anfang. Auch das ist mir bewusst. Mit dieser Erhöhung haben wir erreicht, dass von Landesseite eine tarifgerechte Bezahlung sichergestellt ist. Nun müssen wir die Kommunen überzeugen, den kommunalen Anteil zu erhöhen, damit eine tarifgerechte Entlohnung insgesamt möglich ist.
Ich habe diesbezüglich bereits das Gespräch mit den kommunalen Spitzenverbänden gesucht, die sich die Sache recht einfach machen. Es wird immer wieder darauf verwiesen, dass die Frauenhausarbeit eine freiwillige Aufgabe ist. Sie sind gern bereit, ihren Anteil zu erhöhen, wenn sie die Finanzmittel vom Land bekommen.
Ich glaube, so einfach kann man es sich an dieser Stelle nicht machen. Wir werden natürlich in unseren Bemühungen mit Blick auf die kommunale Seite nicht nachlassen, um eine tarifgerechte Entlohnung insgesamt zu ermöglichen.
Es bedurfte nicht der vorgelegten Entschließungsanträge; denn ich weise bereits seit vielen Jahren darauf hin, dass das Dilemma, dass die Arbeit der Frauenhäuser und der Beratungsstellen als freiwillige Leistung eingestuft wird, dazu führt, dass in Zeiten schwieriger Haushaltslagen die kommunalen Anteile manchmal gar nicht erbracht werden. Das könnten wir dadurch ändern, indem wir bundesgesetzlich einen Rechtsanspruch einführen, dass Opfer von Gewalt Zugang zu Unterstützungseinrichtungen haben. Das fordere ich seit Jahren.
Bisher ist es uns leider noch nicht gelungen, dazu im Rahmen der Gleichstellungsministerkonferenz einen entsprechenden Beschluss zu fassen. Ich bin froh darüber, dass die Gleichstellungsministerkonferenz im letzten Jahr eine Arbeitsgruppe eingesetzt hat, die den Auftrag hat, sich zunächst die Situation im Bundesvergleich anzuschauen und dann Vorschläge zu machen, wie wir die Situation verbessern können.
Sachsen-Anhalt hat die Federführung für diese Arbeitsgruppe übernommen. Wir haben mittels eines Fragenkatalogs eine erste Bestandsaufnahme gemacht. Die erste Sitzung dieser Arbeitsgruppe hat im Januar 2015 stattgefunden.
Als ich mir diese Übersicht angeschaut habe, war ich echt erschrocken, wie groß unser Nachholbedarf ist. Es ist tatsächlich so, dass jedes Bundesland für sich eine Lösung gefunden hat. Alle
Bundesländer sagen, dies sei nicht die Lösung, die man sich wünsche, aber alle Länder haben Angst, dass sie aufgrund der Entwicklung von bundesweit einheitlichen Standards hinter den derzeit erreichten Zustand zurückfallen müssen. Deshalb haben wir in den Arbeitsauftrag dieser Arbeitsgruppe ausdrücklich hineinformuliert, dass es nicht darum geht, das Niveau abzusenken, sondern dass es um Verbesserungsvorschläge geht.
Ich gestehe: Hier müssen wir tatsächlich ganz dicke Bretter bohren. Ich bin gespannt, welche konkreten Vorschläge diese Arbeitsgruppe bis zum Juli dieses Jahres vorlegen wird.
Der Bund - Manuela Schwesig - hat Unterstützung zugesagt. Konkrete Dinge sind aber noch nicht gekommen. Sie hat mir gesagt, sie könnte sich einen solchen Rechtsanspruch auf Bundesebene vorstellen. Allerdings hat sie auch ganz deutlich gesagt, hinsichtlich der Finanzierung sehe sie den Bund nicht in der Pflicht.
Sie hat angeboten, dass ein Modellprojekt durchgeführt wird, um herauszufinden, welche Standards wir brauchen, damit eine verlässliche Arbeit von Frauenhäusern möglich ist. Projekte helfen uns an der Stelle auch nicht weiter. Vielmehr geht es darum, verlässliche, zukunftsfähige Lösungen zu finden. Das betrifft in der Tat die Frage der Kinderbetreuung.
Der Vorschlag, ein mobiles Team von zwei Kinder- und Jugendtherapeuten durch das Land in die 20 Frauenhäuser zu schicken, führt aus meiner Sicht nicht zu einer adäquaten Versorgung. Es geht darum, für die Kinder auch nach dem Verlassen des Frauenhauses ein stabiles Angebot vor Ort zu finden.
Das Problem ist schlichtweg - diesbezüglich bin ich auch im Gespräch mit Herrn Bischoff -, dass wir im Land zu wenig Therapeuten haben,
nicht nur für die Kinder, sondern auch allgemein für die Frauen, die mit psychischen Problemen in die Frauenhäuser kommen und die dann ein Jahr warten müssen, bis sie einen Behandlungstermin bekommen.
Deshalb bin ich froh, dass ich von Herrn Bischoff gehört habe, dass es jetzt Überlegungen bei der Kassenärztlichen Vereinigung gibt, für SachsenAnhalt in diesem Jahr 50 zusätzliche Zulassungen zu ermöglichen.
Ich glaube, das ist dringend notwendig, weil wir in diesem Bereich einfach zu wenige Angebote haben und allgemein festgestellt haben, dass der Bedarf an Behandlungsmöglichkeiten im psychischen Bereich ansteigt. Davon sind wir natürlich besonders betroffen.
Wir haben dicke Bretter zu bohren. Ich glaube, wir haben in den letzten Jahren nicht nur geredet, sondern wir haben tatsächlich auch Verbesserungen erreicht. Das ist noch nicht das, was wir uns wünschen, aber ich glaube, Sachsen-Anhalt hat mittlerweile bundesweit den Ruf, dass wir uns tatsächlich ernsthaft für eine Verbesserung der Situation der Frauenhäuser einsetzen.
Ich werde an diesem Thema dran bleiben. Ich sehe Frau Schwesig dabei in der Pflicht. Sie kennt das aus ihrer eigenen Erfahrung auf Landesebene. Sie war in Mecklenburg-Vorpommern als Gleichstellungsministerin auch für die Frauenhäuser zuständig. Deshalb ist das Angebot, uns vonseiten des Bundes zu unterstützen, ernst gemeint. Dem müssen jetzt konkrete Taten folgen.
Ich denke, dass wir im Herbst dieses Jahres nach der Gleichstellungsministerkonferenz mit konkreten Vorschlägen einen weiteren Schritt zur Verbesserung der Situation in den Frauenhäuser machen können.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Die Debatte wird durch die CDU-Fraktion eröffnet. Das Wort hat die Kollegin Frau Koch-Kupfer. Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Melanie Schmied hat eines ihrer Gedichte über ein Frauenhaus mit dem Titel „Haus der schreienden Seelen“ überschrieben. Das wirft Fragen auf und das macht betroffen.
Ja, Frauenhäuser sind in unserem Land eine unverzichtbare Hilfseinrichtung für Frauen und Kinder. Die 20 Frauenhäuser in Sachsen-Anhalt sind Beratungsstelle vor Ort und bieten Frauen in Not spezielle und überparteiliche Hilfe.
Das Frauenhaus ist ein Ort, der Frauen und Kindern unbürokratisch vorübergehend Schutz vor sexueller und häuslicher Gewalt und Missbrauch bietet, an dem von Gewalt betroffene Frauen die notwendige fachkundige und persönliche Beratung und individuelle Unterstützung gewährt wird, an dem Frauen in Krisensituation geholfen wird und neue Lebensperspektiven erarbeitet werden und an dem die Frau ihren Alltag selbständig organisieren kann.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin den Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN, insbesondere der Frau Kollegin Lüddemann, außerordentlich dankbar dafür, dass sie dieses wichtige
Thema in dieser Wahlperiode zunehmend durch parlamentarische Anfragen in den Fokus des für Gleichstellung zuständigen Ausschusses gerückt hat.
Uns liegt nunmehr die Beantwortung der Großen Anfrage der GRÜNEN mit dem Titel „Verlässliche Finanzierung und Weiterentwicklung der Frauenhausarbeit in Sachsen-Anhalt“ vor. Ich möchte die Gelegenheit der Aussprache zu dieser Großen Anfrage nutzen, um auf die für meine Fraktion maßgeblichen Punkte einzugehen.
Neben den bereits erwähnten 20 Frauenhäusern im Land gibt es acht ambulante Beratungsstellen, vier Interventionsstellen, vier Beratungsstellen für Opfer sexualisierter Gewalt und sieben Frauenzentren, die Beratung und Unterstützung für von Gewalt betroffene Frauen und Mädchen anbieten.
Wie uns die Beantwortung der Großen Anfrage gezeigt hat, ist trotz der demographischen Entwicklung in unserem Land leider kein Rückgang von Zugangs- und Beratungszahlen zu verzeichnen. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Frau Ministerin ist in ihrem Redebeitrag bereits darauf eingegangen.
Wir haben einen nahezu gleichbleibenden Bedarf in unserem Land. Das macht auch nachdenklich. Deshalb ist es gut, dass die Anzahl der Frauenhäuser und Schutzplätze in Sachsen-Anhalt den Empfehlungen des Europarates folgend unter Berücksichtigung des tatsächlichen Bedarfes erfolgt.
Darauf aufbauend haben wir eine Richtlinie zur Finanzierung der Frauenhäuser, die konkrete qualitative Vorgaben macht und eine fortwährende Evaluierung vorsieht, erarbeitet. Es besteht aufgrund der Kapazitätsprüfung die Sicherheit, dass der Bedarf an Plätzen im Frauenhaus immer durch eine entsprechende Belegung sichergestellt werden kann.
Die Beantwortung der Großen Anfrage hat gezeigt, dass keine Frau vor verschlossenen Türen stehen muss, weil kein Platz für sie und ihre Kinder frei ist. Selbst wenn eine Aufnahme aufgrund kurzfristigen Platzmangels nicht erfolgen kann, so erfolgt eine Weitervermittlung an ein anderes Frauenhaus oder an eine andere Einrichtung.
Gegenwärtig kann für jede Frau und ihre Kinder eine notwendige Schutzunterbringung ermöglicht werden. Auch hat die Anfrage bestätigt, dass wir in Sachsen-Anhalt ein bedarfsgerechtes und flächendeckendes System und Angebot von Frauenhäusern und anderen Unterstützungseinrichtungen vorhalten.
haus. Von Gewalt betroffene Frauen müssen mit ihren Kindern keine weiten Entfernungen zurücklegen, um in einem Frauenhaus unterzukommen. Das ist auch wichtig, gerade vor dem Hintergrund des Erhalts des stützenden sozialen Umfeldes und der oft eingeschränkten Mobilität der Betroffenen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses flächendeckende Angebot an Unterstützungseinrichtungen wird - das zeigen die Zahlen - auch gebraucht. Wir haben landesweit in unseren Frauenhäusern 125 Plätze für Frauen und 171 für Kinder, die im Schnitt zwischen 70 % und 80 % ausgelastet sind.
Jährlich werden mehr als 700 misshandelte, missbrauchte und diskriminierte Frauen und 600 Kinder in den Frauenhäusern betreut. 6 500 Betroffene besuchen jährlich die Beratungsstellen für Opfer sexualisierter Gewalt, die Interventionsstellen und Beratungsangebote in den Frauenzentren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kommen wir nun zur Seite der Finanzierung der Frauenhausarbeit. Die Zuwendungen für die Frauenhäuser in Sachsen-Anhalt, insbesondere die Zuwendungshöhe des Landes, der Kommunen, Dritter und Träger sind ausführlich dargestellt worden.
Im Rechtsausschuss bestand immer - und das ist gut so - ein politischer Konsens über alle Fraktionen hinweg, dass die finanzielle Ausstattung der Frauenhäuser und auch der anderen Beratungsangebote trotz der angespannten Haushaltssituation langfristig und verlässlich sichergestellt werden muss.