Protocol of the Session on February 26, 2015

Alleinige Effizienzorientierung marktbeherrschender Flächennutzer ist der Entwicklung unseres Landes nicht zuträglich und widerspricht der Forderung nach Nachhaltigkeit. Hierbei ist der Gesetzgeber gefordert, Position zu beziehen und auch Grenzen aufzuzeigen. Grenzen für die Regulierung des Bodenmarktes sind die rechtlichen Bestimmungen zum Schutz des Eigentums und die damit verbundene Verfügungsfreiheit über den Boden.

Auch die Unternehmensfreiheit ist ein hohes Gut. Marktwirtschaftliche Mechanismen sollen nicht ausgeschaltet werden. Wir wollen Marktmechanismen schützen, aber das Bundesverfassungsgericht hat bereits im Jahr 1967 entschieden, dass die Besonderheit des Bodens durchaus einen Eingriff in die grundrechtlich gewährte Vertragsfreiheit rechtfertigt. Ich zitiere:

„Eine gerechte Rechts- und Gesellschaftsordnung zwingt … dazu, die Interessen der Allgemeinheit beim Boden in weit stärkerem Maße zur Geltung zu bringen als bei anderen Vermögensgütern.“

Daraus lässt sich eine deutlich stärkere Gemeinwohlorientierung beim Wirtschaftsgut Boden ableiten, als dies bei anderen Wirtschaftsgütern der Fall ist.

Unsere Ziele in der Bodenmarktpolitik sind:

Erstens der Landwirtschaft einen Vorrang beim Flächenerwerb einzuräumen;

zweitens den Preisanstieg zu dämpfen und die Markttransparenz zu erhöhen;

drittens einer nachhaltigen landwirtschaftlichen Nutzung der Agrarflächen Vorrang zu geben;

viertens eine breite Streuung des Bodeneigentums sicherzustellen, um damit

fünftens marktbeherrschende Positionen auf regionalen Bodenmärkten zu verhindern.

Bei diesen Zielen sehe ich eine breite Übereinstimmung mit den von einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe definierten Zielen und einem Zielpapier des Deutschen Bauernverbandes. Dieses wird sich im Zusammenhang mit unseren Gesetzesvorhaben auch in einem Leitbild wiederfinden.

Der Deutsche Bauernbund mit seinem Präsidenten Klamroth hat schon seit langem warnend auf die Entwicklungen am Bodenmarkt hingewiesen. Ich freue mich sehr, dass sich auch der Deutsche Bauernverband engagiert um Fragen des Bodenmarktes kümmert. Der Präsident Herr Rukwied äußerte kürzlich, dass so eine Art Satallitenlandwirtschaft nicht dem Leitbild des Bauernverbandes entspreche.

Unsere Ziele, die Ziele des Berufsstandes, wollen wir im Rahmen eines Agrarstruktursicherungsgesetzes erreichen. Aber haben Sie bitte nicht die Befürchtung, dass ein zusätzliches Gesetz geschaffen wird, das neben die bestehenden rechtlichen Bestimmungen tritt und das Bodenrecht unnötig verkompliziert.

Das Agrarstruktursicherungsgesetz soll das Grundstücksverkehrsgesetz, das Landpachtverkehrs

gesetz, das Reichssiedlungsgesetz und die bisherigen landesrechtlichen Ausführungsvorschriften dazu vereinen. Gleichzeitig sollen landesspezi

fische Besonderheiten, die im bisherigen Recht nicht berücksichtigt waren, integriert werden. Die Zahl der Vorschriften könnte dadurch um ca. ein Drittel reduziert werden.

Wir wollen zum Beispiel Folgendes besser regeln:

Erstens. Unbebaute und bebaute land- und forstwirtschaftlich genutzte oder nutzbare Grundstücke werden im aktuellen Recht unterschiedlich behandelt. Ist es bebaut, muss eine Genehmigung schon bei 0,25 ha Grundstücksgröße erfolgen, ist es unbebaut, bei 2 ha. Warum, das ist für mich nicht ersichtlich. Neben einer Vereinfachung sehe ich hierin auch die Möglichkeit, den Kauf aufgegebener oder leerstehender Hofstellen wieder attraktiver werden zu lassen - ein für viele Dörfer wichtiges Thema.

Zweitens. Den Kreis der zum Kauf privilegierten Bauern im Bodenrecht sollte man auch um hauptberuflich in juristischen Personen tätige Landwirte erweitern. Warum sollen ausscheidende Gesellschafter nicht auch in Land abgefunden werden? - Dafür wollen wir Kriterien entwickeln.

Neu im Agrarstruktursicherungsgesetz wird sein, dass reine Anteilsverkäufe an landwirtschaftlichen Unternehmen und Betriebsverkäufe auch dem Grundstücksverkehrsrecht unterliegen. Dies war bisher nicht der Fall, auch wenn die Gesellschaft teils erhebliche land- und forstwirtschaftliche Flächen im Eigentum hatte. Diese Ungleichbehandlung, die übrigens auch bezüglich der Grunderwerbsteuer gegenüber den Geschäften unter Privaten existiert, ist zu beseitigen. Auch bei diesen Geschäften soll es ein Genehmigungsverfahren geben, denn hier ist das Einfallstor für außerlandwirtschaftliche Anleger.

(Beifall bei der CDU)

Wir sollten auch offen darüber diskutieren, welche Rolle unsere Landgesellschaft, die eine anerkannt gute Arbeit leistet, zukünftig am Bodenmarkt spielen soll.

Wir halten übrigens auch daran fest, dass die Landgesellschaft BVVG-Flächen übernehmen soll. Wir sind dazu in guten Gesprächen mit der Bundesregierung. Ich bin unserem Ministerpräsidenten Herrn Dr. Haseloff sehr dankbar, dass er hier den Karren bei der Bundesregierung wieder flott gemacht hat, meine Damen und Herren.

Sie sehen, wir haben im Bereich des Bodenmarktes ganz wesentliche Verbesserungen vor. Aussagen von Wissenschaftlern, von Politikern verschiedener Parteien und von vielen Bäuerinnen und Bauern bescheinigen uns, dass der vorgesehene Weg der richtige ist.

Es gibt allerdings auch Kritik an diesem Weg. Wenn aber Kritiker die vorgesehenen Maßnahmen mit der Enteignung von Landwirten im Zuge der

Bodenreform nach dem Zweiten Weltkrieg gleichsetzen, meine Damen und Herren, dann wird einer sachlichen Diskussion jede Grundlage entzogen.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Was ich sehr bedauere: Wer so argumentiert, verhöhnt die Opfer der Bodenreform, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

80 % der Teilnehmer einer Umfrage einer führenden Agrarzeitschrift sind für ein konsequenteres Bodenrecht. Alle Parteien im Brandenburger Landtag sehen Handlungsbedarf. Meine Kollegen Vogelsänger in Brandenburg und Dr. Backhaus in Mecklenburg-Vorpommern haben sich positiv zur Notwendigkeit weiterer bodengesetzlicher Regelungen geäußert. „Bauernland statt Bankenland“ hat mein niedersächsischer Kollege Meyer von den GRÜNEN als Devise ausgegeben.

Ich möchte an dieser Stelle auch Frau Dr. Tackmann, die agrarpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion DIE LINKE, nennen. Als Reaktion auf das Rechtsgutachten der Professoren Schmidt-De Caluwe und Lehmann, das für uns sehr hilfreich ist, hat auch sie sich positiv zu einem Agrarstruktursicherungsgesetz geäußert.

Ich freue mich natürlich besonders über Rückhalt aus unserem Parlament. Frau Budde hat völlig zutreffend betont: Ackerflächen sind keine Spekulationsobjekte; die Bewirtschaftung der Böden durch heimische Betriebe ist nicht nur für die Produktion von Nahrungsmitteln wichtig, sie ist ein wichtiger Beitrag für die Wertschöpfung in der Region.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Der CDU-Fraktion des Hohen Hauses bin ich sehr dankbar dafür, dass sie mir anlässlich ihrer Klausurtagung vor wenigen Wochen den Rücken für dieses für unser Land so wichtige Vorhaben gestärkt hat. Vielen Dank dafür.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Ich bin froh darüber, dass weithin Einigkeit über die Notwendigkeit eines Agrarstruktursicherungsgesetzes besteht. Nunmehr bitte ich Sie um Ihre Unterstützung bei der Ausgestaltung. Bitte bringen Sie sich konstruktiv in die weiteren Diskussionen ein. Wir bereiten zurzeit die erste Kabinettsbefassung vor, um in eine Anhörung einzutreten.

Lassen Sie mich an dieser Stelle auch auf einen zweiten Bereich eingehen, der uns, wenn wir über die Landwirtschaft in Sachsen-Anhalt diskutieren, sehr stark beschäftigt und uns auch zukünftig noch stark beschäftigen wird. Das ist die Tierhaltung. Auch hierbei gilt es, die Diskussion anhand wissenschaftlich belegter Erkenntnisse zu führen. Vor

schnelle Initiativen, die nur vermeintlich dem Tierwohl dienen, lehne ich ab. Sie nutzen vielleicht denen, die dies einfordern, nicht aber den Tieren.

In der öffentlichen Diskussion gehen Begriffe wie Tierwohl, Tierschutz, Tiergesundheit sowie tiergerechte und artgerechte Haltung zum Teil wild durcheinander. Hier sollte man genau hinsehen.

Ich verfolge mit großem Interesse die Aktivitäten der Deutschen Agrarforschungsallianz zur Entwicklung von Strategien zur zukünftigen Nutztierhaltung. Fachleute der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, der Hochschule Anhalt und unserer Landesanstalt in Iden waren bei den Abstimmungen im Fachforum Nutztiere aktiv beteiligt. Ich bedanke mich bei den Wissenschaftlern unseres Landes sehr herzlich für die engagierte Arbeit in diesem Bereich.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Im Rahmen des von mir durchgeführten Forums Nutztierhaltung wurden schwerpunktmäßig auch notwendige Verbesserungen der Tiergesundheit und des Tierwohls als ein wesentlicher Lösungsansatz in den Fokus gestellt. Wir brauchen geeignete allgemeinverbindliche Tierschutzindikatoren, die frühzeitig auf dauerhafte Beeinträchtigungen des Wohlbefindens der Tiere hinweisen. Ein wesentliches Ergebnis des Forums Nutztierhaltung war die Herausarbeitung solcher Indikatoren.

Mit dem Ziel der wissenschaftlichen Begleitung und pilothaften Umsetzung dieser Erkenntnisse haben wir Kooperationspartnerschaften mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, der

Hochschule Anhalt, dem Berufsstand und dem Zentrum für Tierhaltung und Technik in Iden initiiert. So leisten wir in Sachsen-Anhalt unseren Beitrag zur wissenschaftlichen Unterstützung in Fragen des Tierwohls.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Ich möchte nur einige ausgewählte Beispiele nennen. Die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg befasst sich mit der Validierung von tierbezogenen Indikatoren in Schweinemastbetrieben. Am Professor-Hellriegel-Institut der Hochschule Anhalt wird ein wissenschaftliches Projekt zur Analyse von Haltungssystemen in der Ferkelerzeugung durchgeführt. Ebenfalls an der Hochschule Anhalt wurde ein Forschungsvorhaben zur Entwicklung von praxisorientierten Verfahren zur Bewertung des Tierwohls in Milchviehbeständen in SachsenAnhalt initiiert.

Ich begrüße diese Forschungen ausdrücklich. Sie helfen den Tierhaltern, den Verbrauchern und auch uns in der Politik beim Ringen um die beste Lösung und sie helfen vor allem den Tieren.

Es gilt dann, die wissenschaftlichen Erkenntnisse in die landwirtschaftliche Praxis umzusetzen. Ich

begrüße sehr das Engagement der Bundesregierung bei der Frage der Optimierung der Haltungsbedingungen für unsere Nutztiere. Vorgesehen ist die Einführung eines obligatorischen Prüf- und Zulassungsverfahrens für serienmäßig hergestellte Stalleinrichtungen. Diese Zulassungsverpflichtung soll sich auf alle Einrichtungen eines Stalles beziehen, die Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Tiere haben können. Auch dadurch werden wir zu mehr Tierwohl kommen.

Wie ist es um den Vollzug des Tierschutzrechts in Sachsen-Anhalt bestellt, meine Damen und Herren? - Der Umgang mit Tieren wird im Rahmen von tierschutzrechtlichen Kontrollen der zuständigen Landkreise und kreisfreien Städte in den Beständen überprüft. Die Grundlagen für diese Kontrollen bilden die geltenden Rechtsgrundlagen, die Vorgaben des Handbuchs Tierschutzüberwachung in Nutztierhaltungen sowie das Qualitätsmanagementsystem der Veterinärverwaltung.

Leider gibt es immer wieder Tierhalter, die gegen Tierschutzbestimmungen verstoßen, einige auch in gravierender Weise. Das ist nicht akzeptabel und nicht hinnehmbar. Unsere Behörden haben in den letzten Jahren 27 Tierhaltungsverbote ausgesprochen.