Protocol of the Session on February 26, 2015

Leider gibt es immer wieder Tierhalter, die gegen Tierschutzbestimmungen verstoßen, einige auch in gravierender Weise. Das ist nicht akzeptabel und nicht hinnehmbar. Unsere Behörden haben in den letzten Jahren 27 Tierhaltungsverbote ausgesprochen.

Das betrifft auch einen der Größten der Schweinebranche, der sich gegen diese Maßnahmen wehrt. Das Verwaltungsgericht Magdeburg hat am 24. Februar 2015 entschieden, das Verfahren zunächst ruhen zu lassen, weil noch zwei weitere Verfahren beim Oberverwaltungsgericht des Landes anhängig sind, deren Ausgang abgewartet werden soll. Insofern ist der Rechtsstreit weiter offen.

Es gibt noch einen zweiten Fall dieser Größenordnung in Sachsen-Anhalt. Derzeit erwägt ein weiterer Landkreis die Einleitung eines Tierhaltungs- und Betreuungsverbotes für Schweine. Die Anhörungsfrist für den Tierhalter läuft in Kürze ab. Zudem ist ein Bescheid in Vorbereitung, der weitere Anordnungen enthält.

Meine Damen und Herren! Die Herstellung rechtskonformer Haltungsbedingungen für unsere Tiere muss oberste Priorität haben, zu allererst natürlich für die Schweine selber, aber auch aufgrund der berechtigten Interessen der Verbraucher und derjenigen Tierhalter, die sich an das geltende Recht halten. Dabei möchte ich hervorheben, dass die übergroße Mehrheit unserer Tierhalter ihrer Verantwortung gewissenhaft nachkommt.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Einseitige und pauschalierende Darstellungen schaden dem Ruf der verantwortungsvoll arbeitenden Landwirte. Das ist unredlich, das gehört sich

nicht das haben diese Landwirte auch nicht verdient, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Aber wir haben, was die Kontrollen von Betrieben angeht, auch Verbesserungsbedarf. Die Ergebnisse der amtlichen Überwachungen und die Erfahrungen der zuständigen Behörden lassen den Schluss zu, dass die derzeitigen Kontrollmechanismen in bestimmten Betrieben offensichtlich nicht so effektiv und wirksam sind, wie es erforderlich wäre.

In Betrieben mit wiederholten und gravierenden Rechtsverstößen ist es notwendig, die Kontrollintensität zu erhöhen, damit Verstöße beseitigt und zukünftige Verstöße verhindert werden. Erfahrungen der Vollzugsbehörden belegen, dass selbst stringente behördliche Maßnahmen nicht immer erfolgreich sind. Um Abhilfe zu schaffen, bedarf es daher nach meiner Auffassung im Einzelfall einer stärkeren behördlichen Präsenz, auch fachrechtsübergreifend.

Wir müssen auch über Fragen der Zuchtziele nachdenken, meine Damen und Herren. Wir müssen über Fragen der Gesundheit und der Robustheit in der Tierzüchtung stärker nachdenken und entsprechend handeln. Kann es richtig sein, dass Sauen pro Wurf immer mehr Ferkel auf die Welt bringen, die sie gar nicht mehr ernähren können?

Bei der Beurteilung der Tiergerechtheit eines Haltungsverfahrens werden in der Regel das Verhalten der Tiere und die Tiergesundheit berücksichtigt. Die bei der Schweinezucht in der Kritik stehende Kastenhaltung von Sauen schränkt ohne Frage das Bewegungs- und Sozialverhalten der Tiere ein. Praxistaugliche Alternativen zu diesem Haltungsverfahren müssen entwickelt werden, wobei neben der Tiergerechtheit - auch das muss man sehen - auch arbeitsrechtliche und ökonomische Erwägungen zu berücksichtigen sind.

(Zustimmung von Frau Budde, SPD)

Unsere Spezialisten im Zentrum für Tierhaltung und Technik testen bereits alternative Haltungseinrichtungen. Es ist gut, dass wir diese Einrichtung in Iden haben. Ich danke den tüchtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ausdrücklich für ihre engagierte Arbeit.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Sachsen-Anhalt hat auf der Agrarministerkonferenz am 6. September 2014 in Potsdam ein zielführendes Konzept mit Vorschlägen zur Verbesserung der Tierschutzsituation vorgelegt. Mit diesem Konzept befasst sich jetzt eine Arbeitsgruppe aus Vertretern des Bundes und der Länder. In diesem Konzept geht es um konkrete Maßnahmen, um Vorschläge zur Überprüfung und zur Weiterent

wicklung des Managements in der Tierhaltung, zur weiteren Verbesserung der Haltungsbedingungen sowie zur Bewertung bereits geltender Schutz- und Kontrollstandards und deren Wirksamkeit.

Dabei werden die Anforderungen an die betrieblichen Eigenkontrollen und an die Sachkunde der Tierhalter in den Blick genommen. Zudem geht es um die Einführung einer weisungsbefugten sachverständigen Person - man kann sie als Tierschutzbeauftragten bezeichnen - in landwirtschaftlichen Nutztierhaltungen ab einer bestimmten Größenordnung. Ich halte das für einen ganz wesentlichen Schritt zur Verbesserung des Tierwohls. Wir brauchen Menschen in den Betrieben, die sich in besonderer Weise für die Belange des Tierschutzes verantwortlich fühlen, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Weiterhin wird geprüft, ob besonders auffällige Betriebe - davon haben wir einige - auf eigene Kosten einen amtlichen Tierarzt beschäftigen müssen. Zudem fehlt in Deutschland bisher ein bundesweites Register über Tierhaltungs- und Tierbetreuungsverbote.

Ich weiß, dass das ambitionierte Vorhaben sind. Und ich hoffe, dass ich für diese zielführenden Vorschläge eine Mehrheit in der Agrarministerkonferenz erhalte.

Um weitere Fortschritte zu erzielen, ist die Beratung der Tierhalter auszubauen und ständig zu verbessern. Dies kann in Sachsen-Anhalt nachhaltig nur dann umgesetzt werden, wenn das Zentrum für Tierhaltung und Technik in Iden zu einem Kompetenzzentrum für art- und umweltgerechte Nutztierhaltung weiterentwickelt wird und dafür auch personelle und finanzielle Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.

(Zustimmung von Frau Schindler, SPD)

Ich bin dankbar dafür, dass der Landtag von Sachsen-Anhalt am 26. April 2012 die Landesregierung gebeten hat, das Zentrum für Tierhaltung und Technik und seinen landwirtschaftlichen Betrieb zu einem solchen Kompetenzzentrum weiterzuentwickeln.

Eine Voraussetzung dafür ist auch das Vorhalten moderner Tierhaltungsanlagen. Dazu sind eine Reihe von Investitionen und Modernisierungsmaßnahmen in der Nutztierhaltung und in den überbetrieblichen Ausbildungsstätten des Standortes erforderlich. Mit diesen Investitionen sollen dann beispielhafte Baulösungen der modernen tierschutzgerechten Nutztierhaltung geschaffen werden. Ich kann Ihnen, meine Damen und Herren, mitteilen, dass wir uns mit dem Bund in guten Verhandlungen bezüglich der förderseitigen Umsetzung unserer Vorhaben befinden.

Der Erfolg der Tierhaltung in Deutschland wie in Sachsen-Anhalt wird sich in Zukunft noch mehr als bisher im Spannungsfeld zwischen gesellschaftlichen und ökonomischen Fragen entscheiden. Dazu zählt auch die Frage: Wie viele Tiere verträgt eine Region? Wie viele Tiere verträgt ein Standort?

Wir wollen den Erfolg der Tierhaltung in SachsenAnhalt. Wir sind schon das viehärmste Flächenland in Deutschland. Wir brauchen auch die Wertschöpfung aus der Tierhaltung in unseren ländlichen Regionen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Zur Zukunft der Landwirtschaft gehört auch die Gewinnung von Berufsnachwuchs. Sachsen-Anhalt hat hierfür hervorragende Rahmenbedingungen. Ich kenne kein Land vergleichbarer Größe, geschweige denn mit einer vergleichbaren Finanzausstattung, das landwirtschaftliche Bildungseinrichtungen in diesem Umgang vorhält.

Neben den Berufsschulen möchte ich hier unsere landwirtschaftliche Fachschule in Haldensleben nennen. Darüber hinaus halten wir als überbetriebliche Ausbildungsstätten Iden und QuedlinburgDitfurt vor. Weiterhin möchte ich die Hochschule in Bernburg nennen, die es Studenten ermöglicht, sowohl den Bachelor- als auch den Masterabschluss zu erwerben. Des Weiteren gibt es die universitäre Ausbildung an der Martin-Luther-Universität HalleWittenberg. Darüber hinaus gibt es Agrarforschung in Gatersleben und am Julius-Kühn-Institut in Quedlinburg. Außerdem ist es uns gelungen, das internationale Pflanzenbauzentrum der DLG in Bernburg zu verankern.

(Zustimmung bei der CDU)

Forschung und Ausbildung im Agrarbereich spielen in Sachsen-Anhalt eine hervorragende Rolle. Dennoch klagen verschiedene Betriebe über einen Mangel an Auszubildenden und an Fachkräften. Aber offensichtlich ist die Situation in den Betrieben sehr unterschiedlich. Es gibt auch Ausbildungsbetriebe, die über Jahre im Vorhinein ausgebucht sind.

Wichtig ist, dass sich Ausbildungsbetriebe ihrer Verantwortung bewusst sind und für eine gute Ausbildung sorgen. Dazu gehören auch ein angenehmes Betriebsklima und eine adäquate Bezahlung der jungen Auszubildenden.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Offenbar ist auch im Bereich der Bezahlung ausgebildeter Fachkräfte bei einigen Betrieben manches im Argen. Erfolgreiche Nachwuchsgewinnung im Agrarsektor kann nur gelingen, wenn Fachkräfte auch adäquat bezahlt werden. Der Agrarsektor

darf hierbei nicht hinter anderen Branchen zurückstehen, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Zur sozialen Marktwirtschaft gehört eine adäquate Teilhabe der Arbeitnehmer an den Erträgen eines Betriebes. Wir wollen kein Billiglohnland sein, weder in der Landwirtschaft noch in anderen Branchen.

Zur Attraktivität eines Berufes gehört ebenfalls die Entwicklung von Zukunftsperspektiven. Dazu gehören für mich im Falle der Landwirtschaft auch erleichterte Möglichkeiten, einen Betrieb zu gründen oder als Gesellschafter in einen Betrieb einzutreten. Start-ups in der Landwirtschaft sind mir lieber und aus meiner Sicht wertvoller für den ländlichen Raum als börsennotierte Aktiengesellschaften - um das einmal deutlich zu sagen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Auch in der Landwirtschaft muss der Schritt in die Selbständigkeit und in Führungsverantwortung erleichtert werden. Sachsen-Anhalt ist mit seinen günstigen natürlichen und strukturellen Voraussetzungen ein attraktives Agrarland.

Wir wollen bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen im Bereich der Tierhaltung und im Bereich des Bodenmarktes dafür Sorge tragen, dass sich unsere Landwirtschaft zukunftsgerecht weiterentwickelt. Wir wollen eine Landwirtschaft, die in und mit dem Dorf lebt, eine Landwirtschaft, die schonend mit unseren Böden umgeht und das Wohl der Tiere achtet. Wir wollen damit Akzeptanz für unsere Landwirtschaft erreichen. Wir wollen eine Landwirtschaft, die regional verankert ist, eine Landwirtschaft, die die Wertschöpfungspotenziale für unser Land und seine Menschen nutzt. Dafür bitte ich Sie um Ihre Unterstützung. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Danke schön, Herr Minister Dr. Aeikens.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 b auf:

Aussprache zur Regierungserklärung

Im Ältestenrat wurde die Redezeitstruktur „E“, also 90 Minuten, vereinbart. Die Reihenfolge lautet: DIE LINKE, SPD, GRÜNE, CDU.

Als Erster spricht für die Fraktion DIE LINKE Herr Abgeordneter Krause. Ich darf, bevor er beginnt, Gäste im Haus begrüßen. Wir begrüßen Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums in Hettstedt. Willkommen im Haus!

(Beifall im ganzen Hause)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Erneut beschäftigen wir uns heute mit dem Thema Landwirtschaft. Das ist gut so; denn hierbei geht es um nichts Geringeres als um die Sicherung der menschlichen Ernährung.

Angesichts der Tatsache, dass bei uns eher ein Überangebot an Nahrungsmitteln besteht, ist die Frage nach der Ernährungssicherheit bei uns kaum ein Thema. Mehr noch: Während bei uns bzw. in den entwickelten Industrienationen die Menschen an den Folgen einer üppigen Ernährung leiden und vielleicht sogar sterben, hungern, vornehmlich auf der südlichen Halbkugel unserer Erde, annähernd 850 Millionen Menschen, darunter 150 Millionen Kinder, von denen jährlich 2,6 Millionen sterben.