Protocol of the Session on February 26, 2015

(Zustimmung bei der SPD und von Herrn Leimbach, CDU)

Sie haben etwas zur Milchwirtschaft gesagt - das geht auch die Verbraucher etwas an, Herr Krause. In einem Artikel von Professor Lemke in der letzten Ausgabe der Zeitschrift „Geo“ heißt es wie folgt: Die Macht unserer Kaufentscheidung ist wirksamer, als wählen zu gehen. Im Supermarkt stimmen alle kaufkräftigen Bürger über politische Angelegenheit ab; dort entscheiden wir, welche Wirtschaft wir wollen, auch welche Landwirtschaft und welche Viehwirtschaft, und darüber, was wir bereit sind, dafür zu zahlen. - Das heißt, es ist eine gesellschaftliche Aufgabe und darf nicht immer an die Landwirte geschoben werden.

(Zustimmung bei der SPD und von Herrn Leimbach, CDU)

In der gesamten Debatte dürfen wir auch nicht vergessen, zu fragen, warum sich Veränderungen ergeben haben und warum wir die Tierhaltung weiterentwickelt haben. Dahinter stand auch immer das Ansinnen und die Notwendigkeit, dass schwere körperliche Arbeit abgelöst wird durch bessere und leichtere Arbeit in der Landwirtschaft. Landwirtschaftliche Arbeit wird immer schwierig und schwer bleiben. Aber Vereinfachungen hierbei und Verbesserungen in der Hygiene trugen zu Veränderungen in der Tierhaltung bei.

Diese hierbei erreichten Ergebnisse - diesbezüglich darf das Kind nicht mit dem Bade ausgeschüttet werden - müssen Bestand haben. Sie, Herr Dr. Aeikens, haben das mit arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen beschrieben. Wir sehen das genauso.

Es bestehen zahlreiche Regelungen, bei denen es einfach nur um deren Einhaltung gehen muss. Sie sind ja vorhanden. Das wird beim Fall Straathof deutlich. Es geht um die Einhaltung der bestehenden Gesetze. Der zuständige Landkreis hat unter der Führung seines Landrates vorbildlich gehandelt, indem er Konsequenzen gezogen hat.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Mi- nister Herrn Dr. Aeikens)

Wir wissen, was kommt. Herr Straathof hat Spitzenanwälte, die er in die Auseinandersetzung einbringen und dort einsetzen wird. Deshalb müssen auch wir im Parlament - deshalb sage ich es hier so deutlich - und auch seitens des Ministeriums dem Landkreis in den folgenden juristischen Auseinandersetzungen Unterstützung geben. Das müssen wir durchhalten. Wenn wir das wollen - ich

sehe in den Fraktionen, dass wir das gemeinsam wollen -, dann müssen wir als Land dahinter stehen und Unterstützung gewähren.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Frau Frederking, GRÜNE)

Ein weiterer Aspekt in der Debatte über das Thema Tierschutz und Tierwohl sind die Tierärzte. Die Beratung durch Tierärzte sollte einen deutlich höheren Stellenwert einnehmen, um das Management in der Nutztierhaltung durch Prophylaxe zu verbessern. Beratung, Beratung, Beratung - das ist das entscheidenden Stichwort.

Es gibt bereits das Instrument der Betreuungsverträge, das an der einen oder anderen Stelle bereits gut funktioniert. Dieses Instrument sollte stärker aktiviert und verstärkt zum Einsatz gebracht werden. Dies sollte als Appell an den Berufsstand zu mehr Konsequenz dabei gelten.

(Beifall bei der SPD)

Zum zweiten Thema: Bodenmarkt. - Ja, die Entwicklung des Bodenmarktes bereitet zunehmend Sorgen. Der Anstieg der Kauf- und Pachtpreise hat allerdings unterschiedliche Ursachen. In die fachliche Diskussion hierzu will ich nicht einsteigen. Damit würde ich mich überfordern. Es würden auch viele im Hause nicht bis ins letzte Komma verstehen, auch wenn wir natürlich alle Generalisten sind. Aber ich denke, das ist ein spezielles Themengebiet, das in den Ausschüssen einen besseren Platz hat als in der allgemeinen Debatte im Landtag.

Aber natürlich ist klar, dass der Verwaltung aus dieser Sorge heraus eine höhere Verantwortung erwächst, die vorhandenen rechtlichen Instrumentarien wirksam einzusetzen, damit sich diese Sorgen nicht bewahrheiten. Für den Gesetzgeber erwächst die Aufgabe, zu prüfen, ob neue Regelungen notwendig sind, und, wenn ja, welche das sind.

Für die Laien unter uns ist das von außen vielleicht nicht ganz so deutlich erkennbar, aber die Konzentration von Bodeneigentum und Bodenbesitz in den Händen immer weniger juristischer und natürlicher Personen nimmt zu. Boden befindet sich immer seltener im Besitz einzelner Personen.

Es erfolgt inzwischen häufiger der Verkauf von Boden im Rahmen der Übernahme von Geschäftsanteilen oder ganzer Unternehmen und nicht mehr nur über den direkten Kauf oder die Pachtung landwirtschaftlicher Flächen; dafür gibt es eine Regelung. Aber wenn es um das Thema Verkauf und Übernahme von Geschäftsanteilen geht, dann sind wir 25 Jahre nach der Umgestaltung der Landwirtschaft wieder in einer neuen Situation. Dass der Kauf und vor allem der Verkauf der Anteile nun wieder vermehrt anstehen, hat auch etwas mit

dem Alter zu tun und auch mit 25 Jahren erfolgreicher Entwicklung der Unternehmen.

Derartige Unternehmen unterliegen bisher eben noch keiner Kontrolle, und doch ist mit dem Übergang von Geschäftsanteilen auch mittelbar der Übergang von landwirtschaftlichen Flächen in die Hände anderer, nämlich der Anteilseigner, der Eigentümer der Geschäftsanteile, verbunden.

Herr Minister Aeikens ist auf dieses Phänomen eingegangen und hat die Absicht der Landesregierung vorgetragen, die bestehenden bundesrechtlichen Vorschriften zum landwirtschaftlichen Grundstücksverkehr in einem Landesgesetz zu vereinigen und darin die Kontrolle des Handels mit Geschäftsanteilen von Agrarunternehmen zu integrieren. Das soll das neue Agrarstruktursicherungsgesetz sein. Ich glaube, dass es vernünftig ist, darüber zu reden, wie man das alles zusammenpacken kann.

Ich weiß auch, dass die Ankündigung des Gesetzes in Teilen des Berufsstandes für erhebliche Irritationen gesorgt hat. Diese Irritationen müssen natürlich aufgenommen, besprochen und auch ausgeräumt werden. Es gibt aber wahrscheinlich ganz unterschiedliche Interessen, wenn ich das hier als Nichtfachpolitikerin einmal etwas unkonventionell vortragen darf.

Die Zweifel oder Befürchtungen sind einerseits der Tatsache geschuldet, dass mit dem Gesetz möglicherweise in Teilen der einen Partei oder anderswo Ziele verbunden werden, die Ergebnisse der Weichenstellung für die Landwirtschaft in Ostdeutschland Anfang der 90er-Jahre des vorigen Jahrhunderts ein Stückchen zu revidieren oder zu verändern. Das wollen wir als Sozialdemokraten nicht.

Andererseits sind die Zweifel der Tatsache geschuldet, dass es zu Beginn der 90-Jahre verhindert und nicht gestattet wurde, dass Genossenschaftler Boden direkt kaufen konnten. Daraus sind zum Teil die juristischen Personen oder die Gesellschaften entstanden, über die wir heute reden, die natürlich auch Anteile veräußern wollen. Sie sind mittlerweile in ein Alter gekommen, insbesondere bei den ehemaligen LPGen und den Genossenschaften, dass sich die Frage stellt - dazu haben Sie schon einen Satz gesagt, Herr Minister Aeikens -, ob man sie auch mit Boden abfinden kann. Das würde dem Streubesitz zum Beispiel wieder entgegenkommen, was wir wollen: ein breitgestreuter Besitz.

Das sind alles Punkte, die in der Debatte angesprochen werden müssen. Darüber muss geredet werden und wir müssen natürlich zu einem vernünftigen Ergebnis kommen.

Am Ende wird es aber vermutlich so sein, dass wir es nicht allen recht machen können. Das Ent

scheidende ist, dass es für eine vernünftige landwirtschaftliche Produktion und für den wirtschaftlichen Erfolg unserer Betriebe im Land SachsenAnhalt richtig sein wird.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Herrn Weihrich, GRÜNE)

Das Gesetzesvorhaben ist nicht Bestandteil des Koalitionsvertrages. Wir unterstützen es trotzdem. Wir haben das signalisiert und die Absicht, uns aktiv in die Ausgestaltung einzubringen.

Ein erster Schritt auf diesem Weg ist die Erarbeitung eines Leitbilds für die Landwirtschaft. Das ist angesprochen worden. Das ist quasi die Fortschreibung der Grundsätze aus dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz von 1990.

(Zuruf von Herrn Daldrup, CDU)

- Ein bisschen schon, Herr Daldrup. - Das sollten wir dann auch tun und das auf der Grundlage eines Entwurfes der Landesregierung in den entsprechenden Ausschüssen des Landtages inhaltlich und fachlich besprechen.

Ein paar Punkte vorab dazu, was die Sozialdemokratie als notwendig für ein solches Leitbild ansieht: Die Landwirtschaft in Sachsen-Anhalt soll von nachhaltig und Generationen übergreifend ausgerichteten Unternehmen verschiedenster

Rechtsformen betrieben werden. Die in der Landwirtschaft tätigen Unternehmer und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen ein angemessenes Einkommen erzielen, das ihnen eine Teilhabe an der ökonomischen und sozialen Entwicklung der Gesellschaft gestattet.

(Zustimmung bei der SPD)

Eigentümer landwirtschaftlicher Unternehmen und Bewirtschafter landwirtschaftlicher Flächen sollen regional verankert sein.

Ein weiterer Punkt: die breite Eigentumsstreuung. Das ist in der Tat die beste Grundlage für eine gute Integration der Landwirtschaft in die Dörfer und Regionen. Wettbewerbs- und sozialstrukturschädlichen Eigentums- und Besitzkonzentrationen, die es geben könnte, muss entgegengewirkt werden. Ich will auch nicht, dass eine Gesellschaft, die ihren Sitz irgendwo in Hamburg hat, hier zwei Drittel des Landes bewirtschaftet und alle Gesellschafteranteile aufkauft.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Zu- stimmung von der Regierungsbank)

Und natürlich: Junglandwirte und Existenzgründer sollen bei der Übernahme von Betrieben ohne Hofnachfolger oder beim Einstieg in bestehende Unternehmen unterstützt werden. Wir sind d’accord, sicherlich auch über die Fraktionsgrenzen hinweg, dass das nötig ist.

Spekulativ erhöhte Kauf- und Pachtpreise für landwirtschaftliche Flächen sind mit geschärften gesetzlichen Mitteln zu bekämpfen. Das ist auch ein Punkt, der aus unserer Sicht deutlich in das Leitbild gehört.

Schließlich das Thema von eben noch einmal: Der unmittelbare oder mittelbare Erwerb landwirtschaftlicher Flächen durch außerlandwirtschaftliche Investoren ist zu überwachen und so weit wie möglich zu unterbinden.

Es bleibt die Frage, um deren Beantwortung ich mich jetzt zugegebenermaßen etwas drücke - ich muss sie auch nicht als Erste beantworten, aber sie ist da -, die auch in dem Leitbild beantwortet werden muss: was mit landwirtschaftlichen Unternehmen passiert, die dann dem Leitbild möglicherweise nicht mehr entsprechen.

Ich setze auf die Fachpolitiker, dass eine vernünftige Antwort auf diese Frage und eine gute Lösung gefunden wird. Auch, welche Unternehmen das sein werden, kann ich heute hier nicht beantworten.

Für eine umfassende Diskussion über ein Leitbild ist selbstverständlich mehr nötig, als nur über das Thema Tierhaltung oder über das Thema Boden zu sprechen. Dazu gehört zum Beispiel das Thema Generationen, Generationenwechsel. Das ist in der Landwirtschaft nicht anders als in der Wirtschaft. Wir haben genau das gleiche Problem: Die Betriebe sind 25 Jahre alt. Sie sind gewachsen und haben sich gut aufgestellt. Die Menschen sind schlichtweg älter geworden. Nicht alle waren im Jahr 1990 erst 25 Jahre alt, sondern es gab auch viele Ältere, die die Betriebe mit gegründet und entwickelt haben.

Wir brauchen Nachfolgerinnen und Nachfolger für die Betriebe, Übernehmerinnen und Übernehmer. Wir brauchen aber nicht nur diese. Wir brauchen natürlich diejenigen aus dem akademisch ausgebildeten Bereich, aber auch diejenigen aus dem nichtakademisch ausgebildeten Bereich. Auch in diesem Bereich haben wir ein Problem, das auf uns zurollt.

Es ist so, dass nie so viele wie heute in der Ausbildung in Bernburg und anderswo waren. Diejenigen, die das zum Beispiel im Fernstudium machen, die von ihren Höfen kommen, gehen auch wieder dorthin zurück. Für alle anderen, die dort sind und ausgebildet werden, wäre es für die Landwirtschaft doch vernünftig, einmal zu schauen, wie das die Wirtschaft schon wesentlich länger macht, welche Beratungsangebote und Scharniere es geben kann, um das passend zu machen, damit die jungen Leute dort hingehen und unsere landwirtschaftliche Entwicklung, die Entwicklung unserer landwirtschaftlichen Betriebe, unterstützen, wenn wir sie hier schon ausbilden.

Ich glaube, Herr Dr. Aeikens, es würde sich lohnen, sich das noch einmal anzuschauen, damit wir sie, lieber André Schröder, nicht erst zurückholen müssen, sondern damit sie hierbleiben und hier ihre Familien gründen,

(Zustimmung bei der SPD - Herr Schröder, CDU: Darin sind wir uns einig!)

wie wir sie wegfangen können von Bernburg und nicht erst irgendwo hingehen lassen, damit sie hier unsere Höfe übernehmen.

Meine Damen und Herren! Aus den Berichten unserer Mitglieder im Agrarausschuss des Landtags habe ich den Eindruck gewonnen, dass es über Parteigrenzen hinweg eine relativ große Übereinstimmung hinsichtlich wesentlicher Eckwerte des Gesetzes, aber vor allen Dingen auch hinsichtlich des Leitbilds für die Landwirtschaft gibt.

Lassen Sie uns die Gemeinsamkeiten zum Ausgangspunkt nehmen, um ein Agrarstrukturgesetz für Sachsen-Anhalt auf den Weg zu bringen, das - das ist das Wichtigste - einer erfolgreichen Weiterentwicklung unserer Landwirtschaft im Einklang mit den Ansprüchen der Natur und der wirtschaftlichen und auch sozialen Entwicklung ländlicher Räume gerecht wird.

Es lohnt sich, darauf im letzten Jahr das Augenmerk zu legen und sehr viel Kraft darin zu investieren, sodass diese Koalition mit einem guten Ergebnis aus dieser Legislaturperiode herausgehen kann. Ich freue mich auf unsere Zusammenarbeit.