Protocol of the Session on February 26, 2015

Dessau-Roßlau und Volkstedt sollen in Betrieb bleiben, solange die Haftplätze noch benötigt werden.

Nach Angaben des Justizministeriums werden bereits heute in der Anstalt Dessau-Roßlau - darauf wurde bereits eingegangen - 400 Haftplätze nicht genutzt, die - das ist die Aussage - schnellstmöglich durch eine vorzeitige Schließung dieser Altanstalt abgebaut werden sollen.

Da eine Neugliederung der JVA unter Parlamentsvorbehalt steht, möchte die Landesregierung mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nun das Einvernehmen mit dem Hohen Haus herstellen, um die Anstalt Dessau zu schließen. Im Gegenzug wird vom Justizministerium zugesagt, dass das bei der sofortigen Schließung dieser Anstalt freigesetzte Personal den Personalmehrbedarf in den übrigen Anstalten des Landes, der offensichtlich unbestritten ist, decken könnte und dass es damit keiner über das PEK hinausgehenden Neueinstellung bedarf. Diese Aussage, Frau Ministerin Kolb, ist für die CDU-Fraktion maßgeblich.

(Herr Gallert, DIE LINKE, spricht mit Ministe- rin Frau Prof. Dr. Kolb)

- Frau Kolb, ich hoffe, Sie haben jetzt zugehört. - Herr Gallert, Sie stören gerade meine Rede; ich habe nämlich versucht, die Ministerin anzusprechen.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Es ist mein Job, die Koalition zu stören!)

- Ja, das merke ich. Ihr bildet gelegentlich auch schon jetzt Koalitionen.

Meine Damen und Herren! Meine Fraktion befürwortet, dass die Landesregierung den Standort Dessau nicht einfach dichtmachen wird, sondern ihn weiterhin etablieren wird

(Zustimmung bei der CDU)

- wir gingen darauf ein; das muss dann noch im Gesetz verankert werden -, nämlich die zentralen Dienstleistungen und den offenen Vollzug.

Ich mache relativ wenig Hehl daraus, dass unsere Fraktion in den Ausschussberatungen auch versuchen wird, weitere Dienstleistungseinrichtungen an diesem Standort zu etablieren. Wir könnten uns beispielsweise vorstellen, die Transportabteilung dort zu integrieren. Wir kennen die Argumente Ihres Hauses, Frau Ministerin Kolb, glauben aber, dass wir darüber im Ausschuss noch einmal intensiv sprechen müssen.

Frau Ministerin, ich gehe fest davon aus, dass mein Kollege Wunschinski - teilweise war das heute schon die Reaktion - auf seine schriftlich gestellte Frage, wie hoch die Umzugs- und Bauinves

titionskosten für eine zusätzliche Verlegung der zentralen Transportabteilung nach Dessau-Roßlau wären, schnellstmöglich eine Antwort bekommt. Die Frist zur Beantwortung ist jedenfalls am Dienstag abgelaufen, haben mir meine Referenten zugearbeitet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur geplanten Strukturreform hat meine Fraktion mehrfach öffentlich erklärt, dass wir den Justizvollzug langfristig optimieren wollen, damit ein zukunftsfähiger Strafvollzug in wirtschaftlicher und personeller Hinsicht gewährleistet werden kann.

Unsere Haftanstalten in Sachsen-Anhalt sind zuletzt zum 1. März 2010 umfassend organisiert worden. Das war die bisher umfassendste Reform des Strafvollzugs in Sachsen-Anhalt überhaupt.

Wir möchten vermeiden, dass wir gleich zu Beginn der nächsten Wahlperiode erneut eine Diskussion darüber führen müssen, dass wir zu viele oder zu wenige Haftplätze in Sachsen-Anhalt haben.

In unser Reformvorhaben sind selbstverständlich auch die Gewerkschaften und Personalvertretungen umfassend einzubeziehen. Wie die Ausschussbefassung bereits gezeigt hat, bestehen bei diesen Vertretungen die größten Vorbehalte und Bedenken insbesondere im Hinblick auf die vom Ministerium angegebenen Investitions- und Sanierungskosten in den Altanstalten.

Aus der Sicht meiner Fraktion sind im Rahmen der Ausschussbefassung folgende Beratungsschwerpunkte abzuarbeiten:

Erstens. Wie werden sich die Gefangenenzahlen zukünftig entwickeln?

Richtig ist, dass die Anzahl der Gefangenen seit 2003 stetig rückläufig ist. Im Jahr 2002 waren es noch 2 833 Gefangene; im Jahr 2014 waren es nur noch 1 767 Gefangene. Das Justizministerium prognostiziert aufgrund des anhaltenden Rückgangs der Bevölkerungszahlen einen Bedarf von 1 650 Haftplätzen für das Jahr 2025.

Ich erlaube mir einmal die Kritik, dass vor drei Jahren noch mit ganz anderen Zahlen gerechnet wurde und daher ein Neubau einer JVA in Halle mit 900 Haftplätzen geplant war. Erst die Korrektur des Haftplatzbedarfes führte zu einer Überarbeitung der Pläne. Wir müssen sichergehen, dass die Prognosen realistisch sind; eine Fehleinschätzung wäre fatal.

Zweitens. Die angegebenen Investitions- und Sanierungskosten in den Altanstalten werden von eigenen Anstaltsmitarbeitern in Zweifel gezogen. Zwischenergebnis der Ausschussbefassung ist, dass die grundsätzliche Aussage, dass die Erweiterung der Aufgabe der Altstandorte generell kostengünstiger sei und die gesetzeskonforme Sanierung der Altanstalten weiterer Erläuterungen

bedürfe. Auch hiefür möchten wir die noch laufende Ausschussberatung nutzen.

Drittens. Das Strafvollzugsgesetz ist ein wesentlicher Bestandteil der Gesamtkonzeption der Justizstrukturreform. Dass durch die Schaffung eines Landesstrafvollzuggesetzes ein erhöhter personeller und sächlicher Aufwand bestehen wird, bestreitet niemand.

Das Strafvollzugsgesetz ist das Fundament für den Justizvollzug. Für gewöhnlich werden Wände erst dann hochgezogen, wenn das Fundament steht. Daher kann ich die allgemeine Bemerkung untersteichen, dass wir es durchaus besser gefunden hätten, hätten wir uns erst mit dem Strafvollzugsgesetz - dieses hat 253 Seiten und bedarf weiterer Erläuterungen - beschäftigt hätten.

(Zustimmung von Herrn Wunschinski, CDU)

Wir nehmen zur Kenntnis, dass beide Gesetzentwürfe eingebracht werden. Wir werden uns dem nicht verschließen. Das wird aber sicherlich nicht in einer Sitzung zu schaffen sein.

Viertens. Frau Ministerin, der Justizvollzug im Container ist ein großer Kritikpunkt meiner Fraktion. Das sprechen wir nicht zum ersten Mal an, aber ich will es dennoch noch einmal erwähnen.

Wir haben derzeit in Volkstedt und Halle Hafthäuser in Containerbauweise in Betrieb. Die Container wurden aufgestellt, um dem damaligen Aufwärtstrend bei der Gefangenenentwicklung - so etwas gab es in Sachsen-Anhalt auch schon - und dem steigenden Bedarf an Haftplätzen kurzfristig gerecht werden zu können.

Nach der Auskunft der Landesregierung ist aufgrund der noch verbliebenen und unbefristeten Standzeiten der Containergebäude sowie des guten bautechnischen Zustandes der Weiterbetrieb dieser Containerlösung essentieller Bestandteil der Justizstrukturreform.

Hierzu vertreten wir als Fraktion der CDU die grundsätzliche Auffassung, dass ein Weiterbetrieb dieser Gebäude in Modulbauweise nicht alternativlos ist, vor allem im Hinblick auf die energetischen Aspekte und das zukünftige behandlerische Gesamtkonzept im Justizvollzug.

(Zustimmung von Herrn Wunschinski, CDU)

Fünftens. Gemäß Vollstreckungsplan ist die Jugendanstalt Raßnitz zuständig für die Vollstreckung der Jugendstrafe an männlichen Verurteilten, die Untersuchungshaft an männlichen Jugendlichen und Heranwachsenden und die Untersuchungshaft an männlichen Erwachsenen. In der Presse war zu lesen, dass das Ministerium für Justiz und Gleichstellung plant, den Regelvollzug auch mit bis zu 25 Jahre alten Straftätern zu belegen.

Die Nutzung der Jugendanstalt Raßnitz mit unterschiedlichen Vollzugsarten auch für Erwachsene

erachtet meine Fraktion im Hinblick auf das Trennungsgebot - das haben wir übrigens nicht zum ersten Mal diskutiert - als nicht zielführend. Auch hierzu sehen wir Beratungsbedarf.

Meine Damen und Herren! Ich freue mich auf die konstruktiven Beratungen im Rechtsausschuss und bitte Sie abschließend um Ihre Zustimmung zur Überweisung des Gesetzentwurfes in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke schön, Kollege Borgwardt. - Als Nächste spricht für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau von Angern.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Bereits im Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD aus dem Jahr 2011 wurde die weitere Optimierung und Konzentration der Justizvollzugsstrukturen im Land Sachsen-Anhalt vereinbart. Ferner vereinbarten Sie als Koalition, dass zur Sicherung dieser Justizvollzugsstruktur eine zukunftsfähige und bedarfsgerechte Personalausstattung unverzichtbar sei.

Also, meine Damen und Herren, kommt der heutige Beratungsgegenstand nicht wirklich überraschend, vielleicht etwas spät; darüber kann man streiten.

Bereits zu Beginn der Wahlperiode gab es die erste Ankündigung der Landesregierung, aufgrund rückläufiger Gefangenenzahlen bei den Strukturen nachbessern zu wollen und auch zu müssen. Schon früh in dieser Wahlperiode gab es die eindeutige Ansage der Justizministerin, einen Vollzug an drei Standorten in Sachsen-Anhalt anzustreben.

Ehrlicherweise muss aber auch an dieser Stelle eingeräumt werden, dass der Grund dafür nicht allein nur die rückläufigen Gefangenenzahlen waren, sondern insbesondere auch der im Personalentwicklungskonzept festgelegte und von Ihnen, Frau Ministerin, im Kabinett unterstützte Personalabbau bei den Bediensteten im Vollzug. Ihrerseits gab es in dieser Legislaturperiode zu keiner Zeit einen vehementen bzw. wenigstens verhaltenen Aufschrei bezüglich der vorgegebenen Sparpläne des Finanzministers verbunden mit entsprechenden Forderungen nach Personalaufwüchsen.

Ihre Positionierung erweckte stets den Eindruck, dass die vorgegebenen Zahlen für Sie, wie auch für die gesamte Landesregierung für die Ewigkeit in Stein gemeißelt seien. In diesem Zusammenhang möchte ich es nicht versäumen, Sie, sehr geehrte Frau Ministerin, mit Ihren Aussagen im

öffentlichen Teil der Enquetekommission „Die Gestaltung einer zukunftsfähigen Personalentwicklung im öffentlichen Dienst des Landes SachsenAnhalt“ vom 24. Oktober 2008 zu konfrontieren.

Sie sagten damals Folgendes - ich zitiere -:

„Legt man den Personalschlüssel von

51 Beschäftigten pro 100 Gefangenen zugrunde … Wenn man berücksichtigt, dass wir bis zum Jahr 2020 520 Personalabgänge - altersbedingt oder aus sonstigen Gründen - im Justizvollzug gerade in der Gruppe des allgemeinen Vollzugsdienstes haben werden - das heißt, 341 Angehörige des allgemeinen Vollzugsdienstes werden ausscheiden -, wird unter Beachtung der Stellenabbauverpflichtung selbst dann, wenn man den Korridor von 137 Neueinstellungen vorsieht, eine Personalunterdeckung entstehen. Nach den derzeitigen Überlegungen stellt sich daher die Frage, inwieweit möglicherweise weitere Einstellungsmöglichkeiten geschaffen werden müssen, um das Verhältnis von 51 : 100 zu erreichen.“

Inzwischen sind mehr als sechs Jahre vergangen. Lösungsansätze der Landesregierung werden hauptsächlich in einer notwendigen Veränderung der Justizvollzugsstruktur gesehen. Diese Veränderungen beinhalten allein Schließungspläne für Gefängnisse, um das vorhandene zu knappe Personal auf die restlichen Gefängnisse aufzuteilen. Dazu haben Sie heute bereits genug Kritik eingesteckt.

Das wiederum wird letztlich auch den voraussichtlichen Ausbau der JVA Halle am Standort „Frohe Zukunft“ zur Folge haben. Die Außenstelle der JVA Burg in Magdeburg wurde bereits geschlossen. Da es sich hierbei um eine Außenstelle handelte, bedurfte es keines Änderungsgesetzes und keiner Entscheidung durch das Parlament. Man kann zweifelsohne behaupten, dass diese Schließung äußerst geräuschlos und medial kaum begleitet vollzogen wurde. Lediglich der Einzug einer Künstlerszene lässt noch an die JVA Magdeburg erinnern.

Sehr geehrte Damen und Herren! Durch den nun vorliegenden Gesetzentwurf soll die Voraussetzung für die Schließung der JVA Dessau zum 1. Juli 2015 wegen Überkapazitäten an Haftplätzen geschaffen werden. Die Gefangenen sollen auf verschiedene Standorte verteilt werden, die Bediensteten sollen versetzt werden. Von Geräuschlosigkeit kann hierbei aber wahrlich nicht die Rede sein. Das ist mit Blick auf die Stadt Dessau-Roßlau und deren Entwicklung in den letzten 25 Jahren durchaus politisch verständlich bzw. nachvollziehbar.

(Zustimmung bei der LINKEN)