Protocol of the Session on December 12, 2014

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/3646

Es ist vereinbart worden, diesen Tagesordnungspunkt unmittelbar an die Aktuelle Debatte anzuschließen und ohne Aussprache eine Abstimmung über den Antrag herbeizuführen. Im Rahmen der Aktuellen Debatte wurde eine Überweisung des Antrags beantragt. Darüber stimmen wir als erstes ab. Beantragt wurde eine Überweisung in den Ausschuss für Inneres und Sport. Weitere Ausschüsse habe ich mir nicht notiert. - Der Kollege Striegel meldet sich zu Wort. Bitte.

Da wir im Hause auch einen Ausschuss haben, der sich jenseits des Innenausschusses um das Thema Wahlen und entsprechende Standards kümmert, würde ich beantragen, dass der Antrag additiv in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung überwiesen wird.

Gut. Damit ist eine Überweisung in den Ausschuss für Inneres und Sport sowie in den Ausschuss für Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung beantragt worden. Darüber stimmen wir jetzt ab. Anschließend stimmen wir über die Federführung ab.

Wer dafür ist, dass der Antrag in den Ausschuss für Inneres überwiesen wird, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Zustimmung von der SPD, der CDU und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Enthält sich jemand der Stimme? - Niemand. Dann ist der Antrag in den Innenausschuss überwiesen worden.

Wer dafür ist, dass der Antrag in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung überwiesen wird, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die gleichen Fraktionen: SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? - Die Fraktion DIE LINKE. Möchte sich jemand der Stimme enthalten? - Es gibt eine Enthaltung bei der Fraktion DIE LINKE. Damit ist der Antrag auch in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung überwiesen worden.

Soll mit der Federführung der Innenausschuss oder der Rechtsausschuss betraut werden?

(Herr Borgwardt, CDU: Innen!)

- Innenausschuss. - Wer dafür ist, dass der Ausschuss für Inneres die Federführung erhält, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die gleichen Fraktionen, die der Überweisung zugestimmt haben. Dann liegt die Federführung beim Ausschuss für Inneres. Der Tagesordnungspunkt 9 ist hiermit erledigt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 17 auf:

Erste Beratung

Richtlinie zur Förderung von Kunst und Kultur überarbeiten

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/3648

Einbringer ist der Abgeordnete Herr Gebhardt.

(Unruhe)

- Ich weiß, dass es nach so lebhaften Debatten immer ziemlich unruhig ist. Ich bitte zu versuchen, auch diesem wichtigen Thema Aufmerksamkeit zu schenken. - Bitte schön, Herr Gebhardt.

Frau Präsidentin! Ich gebe zu, dass es nach der Debatte eben nicht einfach ist, das Thema abrupt zu wechseln. Ich versuche es einfach, indem ich Ihnen in Erinnerung rufe, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass den Mitgliedern des Fachausschusses für Bildung und Kultur und auch den Mitgliedern des Finanzausschusses das Ansinnen dieses Antrages nicht ganz unbekannt sein dürfte.

Die Überarbeitung der Förderrichtlinie für Kunst und Kultur war bereits Thema während der Haushaltsberatungen. Unter dem Strich ging es in diesem Antrag während der Haushaltsberatungen nicht um mehr oder weniger Geld für bestimmte Kultursparten oder für eine explizite, sondern es ging darum, die Förderrichtlinie so anzupassen, dass ein maximaler Fördermittelabfluss gewährleistet werden kann.

Aktueller Anlass war hierbei die Förderung der Museen. Für diese war im Haushaltsplanentwurf der Landesregierung eine deutliche Kürzung der Landesmittel vorgesehen. Nicht nur bei uns, sondern auch bei den Koalitionsfraktionen war hierzu Widerspruch zu hören. Schließlich war es dann aber so, dass von meiner Fraktion ein Zuwendungsbericht beantragt wurde. Durch diesen Zuwendungsbericht sind alle Mitglieder des Ausschusses schlauer geworden; denn darin war der konkrete Mittelabfluss zu finden.

Die Mittel, die in den letzten Jahren für die Museumsförderung in den Landeshaushalt eingestellt worden sind, flossen - um es salopp zu sagen - schlecht ab. Im Jahr 2013 hatten wir Ausgabereste in Höhe von fast 300 000 €. Die Ausgabereste waren höher als die Kürzung, die die Landesregierung in diesem Bereich bei den Museen vorgesehen hatte.

Die entscheidende Ursache hierfür liegt in der Förderrichtlinie für Kunst und Kultur; denn diese schreibt vor, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts ein Zuschuss in Höhe von maximal 50 % durch das Land gewährt werden kann. Die Einschätzung, dass die Förderrichtlinie die Ursache auch für diese Ausgabereste von 300 000 € ist, ist keine, die DIE LINKE exklusiv hat; der Fachverband, der Museumsverband, teilt diese Einschätzung.

Dass das Problem nicht neu ist, wird offenkundig, wenn man sich den Bericht des Kulturkonvents ansieht. Auch hierin findet man im Kapitel Museen die unzureichende Wirkung der derzeit geltenden Regionalförderung beschrieben.

Wir möchten mit unserem Antrag zum einen erreichen, dass die Förderrichtlinie überarbeitet wird und dass künftig auch die Möglichkeit besteht, einen Landeszuschuss von bis zu 70 % zu beantragen, was übrigens für alle anderen in der Förderrichtlinie genannten Kulturbereiche schon längst möglich ist.

Das gilt im Bereich Kunst und Kultur nicht nur für die Museen, sondern es gilt auch für die Bereiche Musik, für darstellende Kunst, bildende Kunst, Literatur, Kinder- und Jugendkultur, Soziokultur, Bibliotheken, Traditions- und Heimatpflege und auch für die Projekte im Rahmen des Reformationsjubiläums 2017 und des Bauhausjubiläums 2019.

Meine Damen und Herren! Mir kann man nicht logisch erklären, warum beispielsweise beim Reformationsjubiläum 2017 für sämtliche Projekte eine 70-prozentige Landesförderung möglich ist, für kommunale Museen jedoch eine maximal 50-prozentige Förderung durch das Land gegeben werden kann. Auch der Kultusminister konnte im Ausschuss für Bildung und Kultur nur darlegen, dass der Mittelabfluss eben ein Problem sei und dass gemeinsam mit dem Museumsverband an einer Verbesserung dieser Situation gearbeitet werde.

Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister! Die Förderrichtlinie für Kunst und Kultur erfuhr ihre letzte Änderung im Jahr 2008. Die Entwicklungen in der Kulturlandschaft, die sich seitdem zweifelsfrei vollzogen haben, kann also die heute geltende Fassung demnach gar nicht abbilden.

Im Übrigen hört man seit ein paar Jahren aus dem Kultusministerium auch wieder, dass man an einer Veränderung der Förderrichtlinie arbeiten würde. Auch auf der Internetseite des Landesverwaltungsamtes findet man seit geraumer Zeit einen Hinweis auf die Überarbeitung der Richtlinie.

Herr Minister, insofern müsste Ihnen unser Antrag sehr gelegen kommen, wenn Sie es denn mit der angekündigten Überarbeitung ernst meinen; davon gehe ich jetzt einfach aus. Um einem Missver

ständnis vorzubeugen: Uns geht es keinesfalls darum, allen möglichen Projekten pauschal eine Landesförderung von 70 % zukommen zu lassen. Das Problem besteht aber darin, dass die aktuelle Fassung der Richtlinie diese Möglichkeit für kommunale Museen komplett ausschließt.

Wenn man sich die Haushaltssituation vieler Kommunen ansieht, dann stellt man fest, dass viele überhaupt nicht in der Lage sind, eine Kofinanzierung von 50 % zu leisten. Es gibt mittlerweile leider genügend Beispiele für kommunale Museen, für die die Fördermittel vom Land nicht geflossen sind, weil die Kofinanzierung durch die Kommune schlicht und einfach nicht möglich war. Beispielhaft möchte ich das Deutsche Chemiemuseum in Merseburg und das Museum Schloss Moritzburg in Zeitz nennen. Diese Beispiele wurden uns vom Museumsverband explizit als Beispiele für Fälle genannt, bei denen aufgrund der Förderrichtlinie eine Landesförderung gescheitert ist, obwohl jährlich Landesmittel als Ausgabereste im Haushaltstopf verblieben sind.

Letztlich haben die Fördermodalitäten dazu geführt, dass für das aktuelle Haushaltsjahr nur noch acht Anträge im Bereich der Regionalförderung gestellt wurden. Das geschah nicht aufgrund fehlenden Bedarfs oder aufgrund von fehlenden Landesmitteln, sondern weil eine Antragstellung einfach nicht möglich war.

Meine Damen und Herren! Der Ihnen vorliegende Antrag der Linksfraktion macht noch ein weiteres Feld auf, wo wir Handlungsbedarf im Hinblick auf die Überarbeitung der von mir genannten Richtlinie sehen. Die Richtlinie nennt alle Kulturbereiche, die im besonderen Landesinteresse liegen und deshalb förderfähig sind. Aus unserer Sicht müssen diese um den Bereich Provenienzforschung, also um die Forschung nach der Eigentumsbiografie eines Gegenstandes, ergänzt werden.

Spätestens mit dem Beschluss von Bund, Ländern und Kommunen, ein Deutsches Zentrum Kulturgutverluste als Stiftung bürgerlichen Rechts einzurichten, ist diesem Thema nochmals besondere Aufmerksamkeit gewidmet worden. Wir denken, dass es deshalb notwendig ist, das Thema Provenienzforschung in die Richtlinie aufzunehmen, und nicht nur, weil unsere Landeshauptstadt Magdeburg den Zuschlag als Standort für die Stiftung erhalten hat.

Die Kulturstaatsministerin Frau Grütters stellte unlängst völlig zu Recht fest, dass der Weg der Aufarbeitung des nationalsozialistischen Kunstraubs in Deutschland noch lange nicht abgeschlossen sein wird. Diesem Thema müssen sich auch die Museen und Sammlungen, Archive und Bibliotheken in Sachsen-Anhalt widmen. Sie benötigen hierfür zweifelsfrei die Unterstützung des Landes. Denn es ist völlig klar, dass insbesondere die

kleineren Museen dazu allein nicht in der Lage sind; sie haben auch nicht die Möglichkeit, von den bereitgestellten Bundesmitteln zu profitieren, wenn das Land nicht mitfinanziert.

Der Forschungsstand und das Bewusstsein für das Thema Provenienzforschung haben durch die öffentlich bekannt gewordenen und zum Teil auch spektakulären Fälle - ich erinnere an den Fall Gurlitt - in den vergangenen Jahren noch einmal eine enorme Entwicklung vollzogen. Im Internet stehen neue Quellen für die Recherche zur Verfügung. Viele Einrichtungen in Sachsen-Anhalt sind jedoch nicht so einfach in der Lage, diesen neuen Herausforderungen auch erfolgreich zu begegnen.

Oftmals sind die hochkarätigen Sammlungen in den kommunalen Museen so groß, dass andere Ländern daraus längst ein Landesmuseum gemacht hätten. Zugleich ist die personelle Ausstattung der jeweiligen Einrichtungen so unzureichend, dass eine umfangreiche Provenienzforschung

kaum möglich ist. Umso wichtiger ist es, dass die Förderrichtlinie für Kunst und Kultur geändert wird und dass das Land diesem Thema durch die Anerkennung eines besonderen Landesinteresses eine entsprechende Bedeutung verleiht.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie deshalb um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke sehr, Kollege Gebhardt. - Für die Landesregierung spricht Herr Minister Dorgerloh.

(Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Gebhardt, Sie haben sehr stark auf die Museumsförderung abgehoben. Ich komme darauf noch kurz zurück. Aber zunächst möchte ich allen im Haus die Sorge nehmen. Ja, wir sind schon kräftig dabei, die Richtlinie zur Kulturförderung zu überarbeiten, weil wir auch sehen, dass sich seit 2008 einiges verändert hat. Wir hatten inzwischen auch einen Kulturkonvent. Es gibt eine Reihe von Empfehlungen, die wir versuchen zu übernehmen. Die von Ihnen aufgemachte Forderung haben wir dort nicht gefunden, aber das hindert uns nicht, auch darüber nachzudenken.

Wir tun das aber vor allem auch im Verbund der Länder. Wir haben nämlich etwas zu berücksichtigen, was derzeit alle 16 Bundesländer in besonderer Weise betrifft: die EU-Beihilferechtsproblematik in der Kulturförderung. Daran muss die neue Rechtslage angepasst werden. Deswegen sind wir

hierzu in Gesprächen sowohl mit dem Bund als auch den Kommunen und mit den anderen Bundesländern.

Im Kulturausschuss der KMK gab es hierzu bereits eine Abstimmung zwischen den Ländern, weil wir eine Problemlösung wollen, die natürlich eine hohe Rechtssicherheit bietet und die auch einen möglichst einheitlichen Umgang gewährleistet. Dazu sind weitere Workshops und Schulungen verabredet worden.

Der KMK-Kulturausschuss hat in seiner letzten Sitzung beschlossen, das Thema als Schwerpunkt in das Arbeitsprogramm 2015 aufzunehmen. Das Land Sachsen-Anhalt ist daran natürlich auch beteiligt. Wir werden uns bei dieser Gelegenheit auch anschauen, wie die Lösungsvorschläge in den anderen Bundesländern aussehen und was wir daraus für die Neugestaltung der Förderrichtlinie in Sachsen-Anhalt lernen können.

Eines möchte ich an dieser Stelle aber auch sagen, meine Damen und Herren: Es wird deswegen nicht zu Verzögerungen bei der Bewilligung von dringend benötigten Fördermitteln kommen.

Herr Gebhardt, Sie haben auf die Deutsche Stiftung Kulturgutverluste aufmerksam gemacht, die wir zum 1. Januar 2015 hier in Magdeburg gründen können. Die einzige Unterschrift, die noch aussteht, ist die des Landes NRW. Wir hoffen, dass sie am 17. Dezember 2014, wie annonciert, dann auch in Berlin bzw. in Magdeburg eintrifft. Diese Stiftung setzt auf die sehr gute Arbeit der Koordinierungsstelle auf, die sich seit vielen Jahren in Magdeburg um das ganze Thema Provenienzforschung und kriegsbedingte Verluste bzw. Raubkunst kümmert und in diesem Bereich eine hohe Professionalität erworben hat.

Ich darf an dieser Stelle auch sagen, dass es mir in den Koalitionsverhandlungen beim Bund gelungen ist, das Thema Provenienzforschung 1945 bis 1989 in der DDR bzw. in der SBZ mit einzutragen, sodass dies auch im Koalitionsvertrag in Berlin vermerkt ist. Sie merken schon, dass das Thema Provenienzforschung in Sachsen-Anhalt eine ganz besondere Geschichte hat und eine große Aufmerksamkeit genießt. Deswegen kann ich Ihnen zusagen, dass wir das bei der Erarbeitung mit bedenken, ohne dass ich Ihnen jetzt schon sagen kann, wie das im Einzelnen in die Richtlinie aufgenommen wird.

Schon heute sind viele Museen, kleine Museen, aber auch unsere großen Museen, mit dem Thema Provenienzforschung intensiv beschäftigt. Das tun sie schon vor dem Hintergrund, dass die Nießbrauchregelung am 30. November 2014 ausgelaufen ist im Kontext der Regelung offener Vermögensfragen, wie es im Einigungsvertrag festgehalten ist.