Protocol of the Session on December 10, 2014

Das ist nämlich das Geld, das wir über die normale Haushaltsplanung hinaus zur Stabilisierung unserer finanzpolitischen Kennziffern benötigen. Wir

sollten nicht durch zusätzliche Ausgabenversprechungen das Ganze noch verkomplizieren.

Kollege Barthel, möchten Sie Zwischenfragen zulassen?

Nein, am Ende bitte. - Ich war auch etwas enttäuscht darüber, welches Bild Sie zu Beginn von Sachsen-Anhalt gemalt haben, gerade was die Einlassung Dessau und den dortigen JVA-Standort betrifft. Ich kann wirklich voller Stolz sagen: Ich war schon immer stolz, in Sachsen-Anhalt zu leben, von Beginn an, seit 1990.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich bin gebürtiger Magdeburger und bin auf meine Heimatstadt extrem stolz, und diesen Stolz teilen inzwischen mehr als 70 % der Menschen, die in Sachsen-Anhalt leben. Das ist auch ein Verdienst derer, die in den letzten Jahren die Politik hier gestaltet haben und

(Zustimmung bei der CDU)

einen erheblichen Beitrag zur positiven Entwicklung unseres Landes geleistet haben.

Ich bin erst seit 2011 in diesem Landtag und ich kann Ihnen sagen - das ist für Sie vielleicht von geringem Wert -, ich freue mich, dass ich meinen Kindern einmal erzählen kann, dass wir heute mit diesem Doppelhaushalt ein finanzpolitisches Bild gezeichnet haben, das es in dieser Form in der Vergangenheit in Sachsen-Anhalt nie gegeben hat.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD - Zuruf von der CDU: So ist es!)

Wir haben - das muss man sicherlich auch dem Finanzminister zugute halten - unter der Regierung Haseloff erstmalig die Situation, dass der Haushalt über eine komplette Legislaturperiode hinweg ohne neue Schulden auskommt.

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU)

Wenn Sie sagen, das sei eine Selbstverständlichkeit, es sei kein Kunststück, weil diese tollen Rahmenbedingungen vorhanden seien, und es sei auch kein Erfolg politischen Handelns, dann frage ich mich, welches Problem eigentlich unsere Brüder und Schwestern in den anderen Bundesländern momentan haben.

(Zuruf von Herrn Gallert, DIE LINKE)

In Nordrhein-Westfalen - -

(Herr Gallert, DIE LINKE: Ja, im Westen sieht das anders aus!)

- Ja, im Westen ist das natürlich alles anders. Die im Westen haben ja auch ganz große Sorgen. Sie

haben eine Steuerkraft, die Lichtjahre von unserer entfernt ist. Sie haben eine Wirtschaftsleistung - bis wir dorthin kommen, brauchen wir noch Jahrhunderte.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Allein Branden- burg hat im letzten Jahr einen Überschuss von 700 Millionen € gehabt! - Zurufe von der CDU)

- Herr Gallert, man kann sich natürlich immer die Länder heraussuchen, die gerade die eigene Argumentationslinie stärken. Aber ich sage Ihnen: Wenn Hessen und Baden-Württemberg 700 Millionen € mehr an Schulden aufnehmen im Haushaltsplanentwurf 2015 und Nordrhein-Westfalen 2 Milliarden € mehr an Schulden im Haushaltsplanentwurf 2015 aufnimmt - diese Länder haben die gleichen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen wie wir; sie haben sogar noch bessere Voraussetzungen, da ihre Steuerkraft, wie gesagt, eine völlig andere ist als unsere.

Sie haben völlig Recht: Wer momentan zeigt, wie ordentliche Finanzpolitik geht, das sind die ostdeutschen Bundesländer - allesamt. Allesamt kommen sie schon seit Jahren ohne neue Schulden aus. Allesamt müssen sie mit viel weniger Geld auskommen, als es die anderen, teilweise auch die Geberländer, zur Verfügung haben.

Deshalb ist es eben kein Selbstläufer, was wir hier tun, sondern das Ergebnis solider Finanzpolitik. Und es ist auch das Ergebnis der Tatsache, dass Sie bei vielen Dingen nicht dabei waren

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der SPD)

und dass Sie in vielen Stunden gegen den Haushalt gestimmt haben.

Ich möchte einem Grundmissverständnis vorbeugen, das der Kollege Knöchel hier zum Ausdruck gebracht hat, als er sagte, das sei aus der Sicht der LINKEN der erfolgreichste Haushalt, den es bislang gegeben hat. Das ist erst einmal ein Lob, auch auf die Ausgewogenheit unseres Haushaltsplanentwurfes, den im Wesentlichen die regierungstragende Koalition auch durch die Ausschusssitzungen getragen hat.

Aber es muss doch so sein, dass sich in diesem Haushalt Dinge wiederfinden lassen, die auch der Opposition gefallen; denn wir sind doch hier nicht gewählt, um CDU-, SPD-, linke oder grüne Politik zu machen, sondern um richtig oder falsch zu entscheiden, um das zu tun

(Zurufe von der LINKEN)

- doch -, was unserer Auffassung nach für die Bürgerinnen und Bürger in Sachsen-Anhalt das Beste ist. Und ich muss sagen: So unterschiedlich können doch die Auffassungen über das, was für die Bürger, die in diesem Land leben, richtig ist, über

haupt nicht sein. Deshalb ist es, wenn es zufälligerweise deckungsgleiche Projekte gibt, der Tatsache geschuldet, dass Sie in ganz wenigen Punkten unsere Auffassungen teilen. Es ist aber bei Weitem nicht so, dass das Ihr Verdienst ist und Sie uns in irgendeiner Weise wachrütteln mussten, dass wir bestimmte Dinge im Haushalt einplanen.

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Frau Bull, DIE LINKE)

Das redet man sich natürlich an dieser Stelle gern ein, aber es ist bei Weitem nicht so, wie Sie sagen.

Ich werde auf die Frage der globalen Minderausgaben in meiner Rede eingehen, da dies sicherlich ein Punkt ist, über den man an der passenden Stelle berichten muss. Eines möchte Ihnen schon sagen: Die globale Minderausgabe im Bereich des Wirtschaftsministeriums, die Sie immer wieder ansprechen und als Beispiel zitieren, dient - das ist bereits mehrfach zu Protokoll gegeben worden; ich glaube, auch bei meiner letzten Rede - einzig und allein der kompletten Bewilligung im Bereich der GRW und ist Ergebnis des Wissens, dass in der Vergangenheit durch Projektverzögerungen und Dinge, die nicht zum Tragen kamen, immer ein gewisser Rest an Projektmitteln übrig blieb.

Damit wir die vollen 100 % bewilligen können, haben wir dort mit einer GMA gearbeitet, einer QuasiGMA, die aber aus dem Einzelplan erwirtschaftet wird. Diese 100 % Bewilligungen werden in der Zukunft durch die globale Minderausgabe gedeckt. Das hat die letzten beiden Male funktioniert.

Insofern ist das nicht schlimm. Ich wäre froh, wenn wir die Barmittel im letzten Haushalt als Spielraum gehabt hätten, aber das kann man an dieser Stelle einmal tun. Zu schlussfolgern, dass man deswegen eine GMA im Eckwerteverfahren über den gesamten Haushalt legen kann, zeigt, dass dort finanzpolitisch noch eine Menge Arbeit zu leisten ist, zumindest was das Vermitteln der Idee des Top-down-Verfahrens betrifft. Daran werden wir auch im Ausschuss weiter arbeiten.

Ich habe lange überlegt - nun möchte ich zu meiner eigentlichen Rede kommen -, wie man in dieser letzten Haushaltsrede, die es in dieser Legislaturperiode gibt und die das finanzpolitische Bild, das wir zeichnen wollten, abrundet, Schwerpunkte setzt und worauf man eingehen sollte.

Ich denke, wir haben in der Berichterstattung von Herrn Knöchel bereits eine ganze Reihe von Zahlen gehört. Wir haben vom Finanzminister schon eine ganze Reihe von Aspekten gehört. Deshalb möchte ich mich auf die finanzpolitischen Leitlinien konzentrieren, die meiner Fraktion wichtig waren. Vor allem möchte ich mich der Frage stellen, warum ein Haushalt ohne neue Schulden überhaupt etwas Erstrebenswertes ist, warum die schwarze Null aus unserer Sicht ein hohes Gut ist und

warum das sehr viel mit Generationengerechtigkeit und der Frage zu tun hat, wie jene, die nach uns kommen, Politik in Sachsen-Anhalt gestalten können.

Ich habe mich in diesem Zusammenhang daran erinnert, dass mich die Kollegin Dalbert bei meiner ersten Rede zum Doppelhaushalt fragte: Was ist denn eigentlich Ihr Konzept, Ihr Plan, Ihre Vision von dem Haushalt, den Sie vorlegen? Ich habe geantwortet: Wir möchten Haushalte ohne neue Schulden aufstellen. Frau Professor Dalbert antwortete - das weiß ich noch -, das sei kein Plan, das sei selbstverständlich.

(Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE: So ist es! - Heiterkeit bei der LINKEN)

- Dass Sie lachen, kann ich verstehen. - Nun gestehe ich den GRÜNEN zu, dass der Nachhaltigkeitsbegriff nicht nur im Zusammenhang mit Umwelt und Ähnlichem eine große Rolle spielt, sondern auch in der Finanzpolitik, insbesondere dann, wenn man selbst auch Regierungsverantwortung trägt. Mein Kollege aus Hessen hat mir erzählt, dass sein grüner Kollege dort teilweise auch finanzpolitisch so als Hardliner unterwegs ist, dass es gestandenen CDU-Leuten die Tränen in die Augen treibt. Insofern gibt es auch gute Beispiele dafür, dass das funktioniert.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Das ist aber Hes- sen! - Unruhe bei der LINKEN)

Ich möchte gern auf die Frage zurückkommen, ob das tatsächlich selbstverständlich ist. Ich habe schon ein wenig vorgegriffen. Nein, es ist eben nicht selbstverständlich, dass es ohne neue Schulden geht, dass auf neue Schulden verzichtet wird. Es ist auch überhaupt nicht selbstverständlich, dass wir das in Sachsen-Anhalt hinbekommen.

Unstrittig ist, dass wir momentan extrem günstige Rahmenbedingungen haben. Wir haben eine Niedrigzinsphase, die wahrscheinlich noch längere Zeit anhalten wird. Wir haben extrem günstige Steuereinnahmen. Es ist tatsächlich so, dass die Steuern weiter wachsen, dass die Konjunkturdelle, die man eigentlich nicht mehr als solche bezeichnen kann, momentan nur ein Abflachen der Wachstumskurve darstellt und dass die Steuern weniger stark steigen als erwartet.

Dass wir in einer solchen Situation schon auf die Schwankungsreserve zurückgreifen müssen, ist der Tatsache geschuldet, dass wir nicht um jeden Preis sparen, sondern dass wir weiterhin politische Gestaltungsfähigkeit im Haushalt erhalten wollen und dies eben nicht zulasten von Kürzungen an anderer Stelle tun wollen.

(Zustimmung bei der CDU)

Im Übrigen ist auch die Idee der Steuerschwankungsreserve genau die, dass man eben nicht in

neue Schulden ausweichen muss, wenn es einmal eng wird, sondern dass man die Möglichkeit hat, zur Not auch auf diese Rücklagen zurückzugreifen. Dies gilt auch für Investitionen und andere Dinge. Schuldenfinanzierte Investitionsimpulse machen eben keinen Sinn. Deshalb gibt es bei uns die Steuerschwankungsreserve.

Finanzpolitisch macht das momentan Schule in der Bundesrepublik; der Finanzminister hat es bereits erwähnt. Selbst erklärte Gegner dieser Schwankungsreserve, der Vorsorgeelemente stellen plötzlich in Regierungsverantwortung fest, dass es eben doch nicht so einfach ist, die Wünsche, die man alle vorher gehört hat, auch zu bezahlen, und dass man gut beraten ist, wenn man für jeden Ausgabewunsch auch eine Einnahmequelle hat und zumindest versucht, das zu decken.

Ich weiß, an dieser Stelle sprechen Politiker immer gern vom sogenannten Kassensturz, der jetzt erst einmal gemacht werden muss. Das ist immer der Punkt, an dem einen die Zusagen der Vergangenheit einholen und an dem man feststellt: So viel Geld ist ja gar nicht da. Dann wird ein Kassensturz gemacht, der suggeriert, man wisse gar nicht, wie viel Geld vorhanden ist. Offenbar hat in den Finanzausschussberatungen vorher nur die regierungstragende Koalition gesessen und nicht die Oppositionsparteien, die dann regieren. Man schaut erst einmal nach, und dann ist unerwartet wenig Geld vorhanden, und man kann viele Dinge, die man vorher im Wahlkampf versprochen hat, plötzlich nicht mehr bezahlen. Das ist natürlich die Schuld der Vorgängerregierung, weil diese im Haushaltsplan ein falsches Bild gezeichnet hat.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Leimbach, CDU: Ja, genau!)

So einfach ist die Welt in der Regel aber leider nicht; denn wir versuchen als regierungstragende Koalition sehr wohl, einen Haushaltsplanentwurf aufzustellen, der transparent ist und den Grundsätzen von Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit entspricht. Das ist zugegebenermaßen beim Top-down-Verfahren nicht so einfach, wie wir erfahren haben. Ich werde über die Mängel des Verfahrens nachher noch ein, zwei Sätze verlieren.