Manchmal lohnt es sich dann doch - lassen Sie mich das mit einem kleinen Augenzwinkern sagen -, auf den Koalitionspartner zu hören.
Wir regieren mittlerweile acht Jahre gemeinsam in einer großen Koalition. Es gab in den vergangenen acht Jahren in der Tat viele Strukturentwicklungen. Sie haben darauf hingewiesen, dass das Land daraus jetzt auch eine Rendite einfahren kann. Das ist richtig und das ist gut so.
Eines hatten diese Veränderungen alle gemein: Es war immer schwierig, sie in Gesetze zu gießen und sie gemeinsam zu verantworten. Damit meine ich zunächst die Vorhaben, die in den letzten zwei Koalitionsverträgen vereinbart waren: die Gemeindegebietsreform, die Finanzamtsreform, die Gerichtsreform und die Schulreform zur Einführung des längeren gemeinsamen Lernens. Sie alle haben am Ende die Koalitionsklippen geschafft, und das ist gut so. Ich habe eben auch mit ehrlicher Freude vernommen, dass wir auch die Strafvollzugsreform gemeinsam durchführen werden.
In finanzpolitischer Hinsicht hat Sachsen-Anhalt eine gute und vernünftige Perspektive. Das muss man deutlich sagen. Wir stehen heute besser da. Wir stehen besser da, als man das im Jahr 2006 hätte erwarten können. Daran hat das Finanzministerium den entscheidenden Anteil. Wir haben dabei sogar die Finanz- und Wirtschaftskrise überstanden und haushalterisch verarbeitet.
Jetzt müssen wir allerdings die nächsten großen strukturellen Herausforderungen angehen. Wir müssen im Jahr 2019 auf eigenen Füßen stehen. Das werden wir auch. Die Eckdaten, die der Finanzminister in der letzten Woche vorgestellt hat, sind dafür gut geeignet. Dafür, meine Damen und Herren, - das möchte ich ausdrücklich sagen - verdient er unsere Anerkennung; denn diese Perspek
Das Erwartungsbarometer für das Land SachsenAnhalt ist damit aus dem roten in den grünen Bereich gestiegen. Das meine ich nur in finanzpolitischer Hinsicht, nicht dass mir jemand etwas anderes unterstellt. In finanzpolitischer Hinsicht ist das ein Erfolg.
Am 12. Mai 2014 hat die Tageszeitung „Die Welt“ getitelt: „Der Osten zeigt dem Westen, wie man Schulden tilgt“. Ich glaube, es könnte 25 Jahre nach der friedlichen Revolution schlechtere Überschriften geben.
Unser Hausaufgabenheft ist dennoch voll. Wir werden jede der Aufgaben lösen müssen, bis das selbständige Stehen gelungen ist.
Wie sehen diese insbesondere auch finanzpolitischen Hausaufgaben aus? - Unstrittig ist und bleibt, dass wir den Haushalt in Ordnung halten müssen. Erstens gibt es die Schuldenbremse im Bund. Man kann sie gut finden oder auch nicht, sie ist da. Es wäre ein finanzpolitischer Blindflug, wenn man sie ignorieren würde.
Zweitens können wir es uns nicht leisten, die Konsolidierungshilfen zu verlieren. Das würde reales Geld aus dem Landeshaushalt abziehen.
Drittens werden wir in absehbarer Zeit wachsende Versorgungsaufwendungen für die Altersversorgung unserer Beamtinnen und Beamten haben. Das ist schon absehbar. Das muss das Land aus eigenen Mitteln stemmen, deshalb ist es gut, dass wir den Pensionsfonds weiter füllen.
Denn wenn wir neben dem Auslaufen des Solidarpaktes, neben den sinkenden Einnahmen infolge des demografischen Wandels, neben dem Risiko möglicherweise steigender Zinsen und neben dem Absinken der EU-Förderung auch noch ohne Vorsorge die Pensionsleistungen stemmen müssten, dann muss man kein Prophet sein, um zu erkennen, dass das das Land Sachsen-Anhalt überfordern würde. Deshalb ist es wichtig, diese Töpfe zu füllen.
Das gilt im Übrigen auch für die konjunkturellen Risiken. Es ist richtig, dass die Steuerschwankungsreserve als weiteres Vorsorgeelement ausgebaut wird. Ja, wir sind in finanzpolitischer Hinsicht in einer guten Verfassung.
gerinnen und Bürgern aus dem MDR-Land mit ihren Sorgen zum Zuge. Die hören sich dann so an: Wieso wird unsere Schule nicht saniert? Warum gibt es in den Kommunen zu wenige Beratungsstellen? Warum werden unsere Kitas nicht bei notwendigen Erneuerungen und Sanierungen unterstützt? Wieso sind die Privatschulen so schlecht finanziert? Welche Unterstützung können Kommunen zum Schuldenabbau bekommen?
Regelmäßig zucke ich dann zusammen und denke: Mist, wieder Negativwerbung für unser Land. - Nein, in der Regel sind es nämlich nicht Menschen aus Sachsen-Anhalt, sondern aus Sachsen, die das fragen.
- Da hört noch einer MDR Info. - Dort gibt es nämlich kein Stark II und kein Stark III, kein Entschuldungsprogramm des Landes für die Kommunen, kein Sanierungsprogramm des Landes für Kitas und Schulen und keine solide Mitförderung der Beratungslandschaft wie in unserem Land. Dort mussten die Privatschulen, die bei uns immer so klagen und jammern, die Finanzierung beim Verfassungsgericht einklagen.
Fazit, meine Damen und Herren: Es gibt gute Dinge in Sachsen-Anhalt. Nur werden sie ganz oft nicht wahrgenommen, weil sie selbstverständlich zu sein scheinen. Herr Gallert, diese Dinge wahrzunehmen, ohne die verbliebenen Probleme zu ignorieren, das ist die Kunst, die wir erlernen müssen, auch damit das Selbstwertgefühl und - zu Recht - ein wenig Stolz in uns Sachsen-Anhaltern wächst.
(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Zu- stimmung von der Regierungsbank - Herr Leimbach, CDU: Kann er nicht!)
Als geneigter MDR-Hörer - nicht nur in den Morgenstunden - sage ich dann immer: Sachsen ist eben nicht das gelobte Land und Sachsen-Anhalt ist nicht die Wüste, sondern Sachsen-Anhalt ist ein starkes Land.
Bei all den Aufgaben werden wir das mit unseren Stark-Programmen natürlich auch weiterhin tun. Wir werden den Kommunen weiter unter die Arme greifen und sie weiter bei der Sanierung von Kitas und Schulen unterstützen. Wir werden auch die Beratungslandschaft im Land weiterhin mitfinanzieren.
Ich glaube, das ist nicht selbstverständlich. Doch es ist notwendig; denn wir wissen, dass ein gesundes Land Sachsen-Anhalt nicht nur bedeutet, den Landeshaushalt in Ordnung zu haben. Dazu gehört natürlich auch eine gesunde kommunale Ebene. Wir als SPD finden, dass Sachsen-Anhalt
Was gehört noch zu einer guten Verfassung des Landes? - Zur Verfassung des Landes gehört vor allem die Frage: Wie sieht es mit dem alltäglichen Leben aus, mit dem, was die Menschen unmittelbar berührt? Wie sieht es mit der wirtschaftlichen Entwicklung aus, die eng mit Arbeitsplätzen zusammenhängt? Wie sieht es mit sozialem Frieden und sozialer Gerechtigkeit in Sachsen-Anhalt aus?
Bei der wirtschaftlichen Entwicklung haben wir selbstverständlich noch Aufholbedarf. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsförderung, das DIW, hat am Wochenende erklärt, dass die Angleichung der Wirtschaftsleistung in Ostdeutschland an das Niveau im Westen nur noch schleichend erfolge. Im Moment hat die Wirtschaftsleistung 71 % des Westniveaus erreicht.
Aber nach der Aussage des DIW haben wir im Osten eine Reindustrialisierung geschafft. Die Industrieproduktion ist höher als zu DDR-Zeiten, gemessen am Industrialisierungsgrad. Auch gemessen am Industrialisierungsgrad hat der Osten Länder wie zum Beispiel Frankreich weit abgehängt.
Allerdings ist heute - wir haben noch immer die Zeit vor dem Jahr 1989 und um das Jahr 1989 herum im Kopf - der Maßstab ein ganz anderer. Die Anzahl der Industriearbeitsplätze, die es im Jahr 1989 gab, haben wir natürlich nicht mehr. Trotzdem sehen die Wirtschaftsforscher des DIW das als einen Erfolg an. Ich glaube, es ist auch ohne Zweifel ein Erfolg. Wir haben wieder eine wirtschaftliche Basis aufgebaut, sowohl im mittelständischen als auch im industriellen Bereich, die gut ist. Diese gilt es zu pflegen, diese gilt es zu erweitern, diese gilt es auszubauen.
Wer heute durch Sachsen-Anhalt geht, die Augen schließt und sich vorstellt, wie das vor 25 Jahren ausgesehen hat, für den ist, glaube ich, die Aufbauleistung der Menschen in Sachsen-Anhalt auch mit Händen zu greifen. Das gilt für den Marktplatz in Halle genauso wie für den Domplatz in Magdeburg, für die Meisterhäuser in Dessau genauso wie für die schönen Hansestädtchen in der Altmark. Das gilt auch für die Fachwerkhäuser in der bunten Stadt im Harz, wo am Wochenende natürlich der Sachsen-Anhalt-Tag toben wird. Das gilt auch für die Weinstraße an Saale und Unstrut und für alle anderen Regionen.
Das DIW zieht aus dem Stand der Entwicklung zwei Schlüsse. Erstens wird ein Strategiewechsel gefordert. Man sollte nicht mehr wie bisher darauf
setzen, mit möglichst niedrigen Löhnen und niedrigen Kosten im Wettbewerb mithalten zu können. Darin gebe ich dem DIW unumwunden Recht. Ich habe es von diesem Pult aus schon öfter gesagt und ich sage es gern noch einmal: Sachsen-Anhalt hat als Billiglohnland schon lange ausgedient.
Ich bin froh, dass wir als SPD im Bund den Mindestlohn durchgesetzt haben, auch wenn er nicht die Lösung aller Probleme ist. Wir wissen, das ist kein Allheilmittel - nicht für alle, die auf dem Arbeitsmarkt tätig sind, und nicht für viele Menschen, die über den ersten Arbeitsmarkt gar nicht erreicht werden. Die Arbeitslosigkeit ist in Sachsen-Anhalt in den letzten Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Aber es haben auch ganz viele Arbeitslose, vor allen Dingen Langzeitarbeitslose, davon nicht profitiert.
Wir haben heute auch nicht die Zeit dafür, eine tiefgehende arbeitsmarktpolitische Debatte zu führen. Aber einen Punkt, den ich im Hinblick auf eine gute Entwicklung der Verfassung Sachsen-Anhalts für wichtig halte, möchte ich nennen: die Bürgerarbeit. Sie ist ein gutes Instrument, für das wir weiter kämpfen werden und auch kämpfen müssen.
Ich komme zurück zum DIW und zu den Schlussfolgerungen. Neben dem Ende des Daseins als Niedriglohnsektor fordern sie als zweiten Punkt ein Ende der staatlichen Wirtschaftsförderung im Osten. Die Begründung lautet: Für die staatliche Förderung der ostdeutschen Wirtschaft gebe es immer weniger Begründungen, weil die Standortbedingungen, soweit man sie durch Förderung beeinflussen kann, optimal seien und nicht schlechter als im Westen.
Dem würde ich vehement widersprechen, und zwar aus zwei Gründen. Erstens ist Osten nicht gleich Osten. Ich glaube, Sie alle kennen das oft bemühte Beispiel mit der Kuh und dem durchschnittlich wenig tiefen Teich, in dem die Kuh trotzdem ersäuft. So ist das auch mit der wirtschaftlichen Situation der Regionen und so ist das bei uns im Osten.
Wir haben starke Regionen, die gut dastehen. Wir haben aber auch Regionen mit Aufholbedarf. Den Menschen zum Beispiel in der Altmark, im Jerichower Land oder wo auch immer zu erklären, dass jegliche Förderung passé ist, weil der Ballungsraum Leipzig so tolle Wirtschaftsdaten hat, ist völliger Unsinn.
Und weil das im Übrigen nicht nur für den Osten, sondern auch für den Westen gilt, brauchen wir weiterhin eine Wirtschaftsförderung im Osten und