Protocol of the Session on July 8, 2011

(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Letztlich dient aber Gender-Budgeting mehr Transparenz und einer exakteren Steuerung. Das ist nicht einfach, das habe ich eben schon betont. Wenn Geschlechterpolitik und Finanzpolitik miteinander verbunden werden, kann man diese Bekenntnisse entsprechend umsetzen, und Gleichstellungspolitik wird dann nicht nur immer nachrangig und anhängig oder als sozialpolitisches Randthema betrachtet, sondern man kann Gleichstellungspolitik dann wirklich leben. Durch GenderBudgeting kann man auch die Regierung gegenüber ihren Gleichstellungsversprechen rechenschaftspflichtig machen.

(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Kommen Sie bitte zum Schluss, Frau Feußner.

Ich komme zum Schluss. - Bis heute gibt es - das will ich einmal sagen, wenn Sie denken, dass das etwas super Neues ist - ca. 60 Initiativen weltweit, die schon Gender-Budgeting ausführen. Australien macht das übrigens schon seit 1984. Frau Lüdde

mann hat auch betont, dass es Länder wie Berlin und Städte wie München gibt, die Gender-Budgeting berücksichtigen. Österreich hat es ab 1. Januar 2009 sogar in seiner Bundesverfassung verankert. Es ist also nicht neu, viele Länder machen es schon. Wir sollten uns da ein bisschen umschauen, wie sie das praktizieren. Es gab eine Anhörung im Bundestag dazu.

Frau Feußner, formulieren Sie Ihren letzten Satz.

Dort gab es gute Empfehlungen. Daran sollten wir uns orientieren und endlich beginnen. Den Auftrag haben wir in diesem Kalenderjahr bereits der Landesregierung erteilt. Ich hoffe, dass nun entsprechende Initiativen vonseiten der Landesregierung kommen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Das war ein sehr langer letzter Satz. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abgeordnete Frau Edler.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! „Gender-Budgeting“ ist Denglisch. „Schon wieder solch ein unverständlicher Begriff“, werden manche von Ihnen gedacht haben und ihn vielleicht erst einmal gegoogelt haben. Dabei haben sich viele von Ihnen erst einmal an den Begriff Gender-Mainstreaming gewöhnen müssen. Dass Gender-Budgeting ein Bestandteil von Gender-Mainstreaming-Prozessen und nicht etwas davon Losgelöstes ist, sollte an dieser Stelle benannt werden. Gesagt werden sollte auch, dass Gender-Mainstreaming-Prozesse und die damit verbundenen Strategien im Land Sachsen-Anhalt durch einen pragmatisch geführten Gender-Budgeting-Prozess gefördert werden könnten.

Im Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der den Antrag meiner Fraktion aus der vergangenen Wahlperiode aufgreift, geht es also um geschlechtersensible Haushaltspolitik. So würde ich es jedenfalls übersetzen. Das ist nun einmal ein Thema, das uns alle angeht. Haushalt - das wissen wir, meine Damen und Herren - ist das, worin politische Inhalte sich materiell verfestigen und damit auch festgelegt und materiell unterfüttert werden. Finanzer und Finanzerinnen sollten aus diesem Grunde dafür sensibilisiert werden, dass Zahlenwerke nicht geschlechtsneutral zu bewerten sind.

Auch die Finanzwissenschaft hat eigentlich nie Zweifel daran gehabt, dass sich die Grundsätze

der Haushaltsführung im Einklang mit den Gleichstellungszielen im Grundgesetz befinden. Deshalb könnte man meinen, es sei direkt fragwürdig, wenn man demokratische Finanzentscheidungen nach den unterschiedlichen Auswirkungen auf Frauen und Männer hinterfragt. Das ist aber nicht nur nicht fragwürdig, es ist im Gegenteil notwendig und erforderlich. Zum einen aus rechtlicher Sicht: Die EU-Kommission hat schon vor vielen Jahren die Mitgliedsländer aufgefordert, ihre Haushalte auf Geschlechtergerechtigkeit zu untersuchen. Des Weiteren waren Länder wie Berlin und NRW zum Beispiel bereits aktiv und haben mit ihren Modellprojekten gezeigt, wie effizient Gender-Budgeting wirken kann.

In Sachsen-Anhalt ist allerdings bisher noch nichts geschehen. Nirgendwo bei uns gibt es so etwas wie einen Gender-Check einer Titelgruppe, geschweige denn eines Kapitels. Vor allem aber geht es an dieser Stelle um die inhaltliche Notwendigkeit einer geschlechtersensiblen Haushaltspolitik. Dabei ist Gender-Politik bzw. in diesem Fall Gender-Budgeting keine reine Frauenförderung. Geschlechtersensibel heißt eben, kein Geschlecht zu benachteiligen.

Aus diesen Gründen befürworten wir es, dass die Landesregierung Gender-Budgeting als Instrument einsetzt, damit Geschlechtergerechtigkeit im Landeshaushalt umgesetzt werden kann. Meine Fraktion wird daher den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unterstützen, um den Weg zu einer neuen und besseren, geschlechtersensibleren Ausrichtung des Doppelhaushaltes unseres Landes zu gehen.

Uns ist der Änderungsantrag der Regierungsfraktionen zum Thema zu unverbindlich. Daher werden wir uns bei dessen Abstimmung der Stimme enthalten. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Danke sehr, Frau Edler. - Für die SPD-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Niestädt. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Was Gender-Budgeting bedeutet, haben wir jetzt schon ausführlich gehört, es ist erörtert worden. Aber was war eigentlich unser Beschluss damals, im Januar im Finanzausschuss und im Februar in der Landtagssitzung? - Dieser Beschluss ging über Gender-Budgeting im Haushaltsaufstellungsverfahren hinaus. Darin eingeführt sollten ebenfalls sein: Demokratierelevanz, Barrierefreiheit und Familienfreundlichkeit. Ich kann mich gut erinnern, dass wir im Finanzausschuss lange und breit erörtert haben, wie weit das geht.

Ich sehe Eva von Angern an. Wir waren alle, glaube ich, ein Stück weit erstaunt, als der Antrag im Finanzausschuss das erste Mal beraten wurde und der Finanzminister sagte: Da bin ich ganz aufgeschlossen. - Eigentlich hatten wir gedacht, dass es da eine kleine Barriere oder ein Schmunzeln geben wird. Nein, er sagte, dass es okay ist, dass er es in Ordnung findet. Denn es ist genau das, was von Frau Lüddemann und von anderen ausgeführt wurde: Es ist eine direkte Möglichkeit, im Haushalt zu steuern und mehr Gerechtigkeit in den Haushalt zu bringen. Ich denke, das ist wichtig.

Ja, es gibt diesen Beschluss eigentlich schon, Frau Lüddemann. Es hätte wahrscheinlich auch dieses Antrages nicht bedurft. Aber Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, denn es kann durchaus auch in Vergessenheit geraten. Das wäre auch nichts Neues, sage ich jetzt einmal. Daher haben wir Ihren Antrag in einen Änderungsantrag mit dem Inhalt umgewandelt, dass die jährliche Berichterstattung erfolgen soll. Ich denke, dass das gut und richtig ist - nicht nur wegen des Vergessens, sondern damit wir auch den Fortschritt erkennen können, der sich mitunter nicht überall gleich darstellt. Wenn uns nicht gesagt wird, wo das eingebracht worden ist und wie sich das Konzept insgesamt entwickelt, können wir das nicht nachvollziehen.

Schwierig wird es für mich und meine Fraktion, wenn an eine Zeitschiene gedacht wird. Sie haben zu Recht gesagt, dass man bei vielen Dingen eine gewisse Terminvorgabe haben muss, damit sich das dementsprechend dahin entwickelt. Ich bin mir sicher, dass schon viel gemacht wird. Ich weiß nicht - das wird der Finanzminister sagen -, wie weit die Aufstellung des Konzeptes ist. Ich sehe das als schwierig an und bin da eher auf die Diskussion in den Ausschüssen und auf die Berichterstattung, wie sich das Ganze darstellen soll, gespannt. Denn das ist das Eigentliche.

Die Bedeutung von Gender-Budgeting, GenderMainstreaming und anderen Dingen haben wir alle erkannt. Wir waren auch einstimmig für diesen Beschluss. Von daher ist das nicht nur eine Symbolpolitik, auch nicht für meine Partei und Fraktion, sondern es soll wirklich unterfüttert und untersetzt werden. Daher haben wir es uns mit diesem Antrag nicht leicht gemacht und haben ihn insgesamt einstimmig verabschiedet. Wir haben das Thema auch in unserem Koalitionsvertrag untermauert. Auch dort spielt es für uns eine Rolle.

Daher bin ich mir sicher, dass daran gearbeitet wird, und erwarte die Berichterstattungen in den Ausschüssen. Daran werden wir erkennen, Frau Feußner, inwieweit die Regierung schon angefangen hat. Man muss bedenken: Es wurde im Monat Februar beschlossen, dann gab es Landtagswahlen und alles, was dazu gehört. - Aber es ist richtig, man muss nachdrücklich sein und es darf nicht in Vergessenheit geraten. Daher bitte ich um Zu

stimmung zu unserem Änderungsantrag. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich das Wort Herrn Erdmenger.

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Gender-Budgeting - das haben schon mehrere gesagt - ist nicht nur eine Frage dessen, wie der Haushalt auf Frauen wirkt, sondern eine Frage, wie er auf Frauen und Männer wirkt, und das will ich doch wohl auch meinen. Deswegen bin ich auch froh, dass in dieser Debatte die Mehrzahl der Redner Mitglieder des Finanzausschusses waren. Ich will mich dem gerne anschließen. Denn im Finanzausschuss - das müssen wir ehrlich zugeben - ist die traditionelle Sichtweise auf den Haushalt manchmal ein Vom-letzten-Jahr-in-dasnächste-Jahr-Schauen und zu fragen: Wie verändern wir die Position? - Mit etwas mehr Weitblick verfolgt er finanzwirtschaftliche Ziele, wie den Schuldenabbau oder die Investitionsquote, je nach Geschmack.

Wichtig ist doch eigentlich, dass wir im Haushalt gesellschaftspolitische Ziele verfolgen und Wege dahin finden, dass wir dieses auch umsetzen können. Genau dazu ist Gender-Budgeting ein Beitrag.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich will das noch einmal kurz am Personal für die Kinderbetreuung festmachen. Wir haben im Zusammenhang mit unserem Antrag gesagt: Für den Doppelhaushalt 2012/2013 werden wir es nicht schaffen, ein umfassendes Konzept für GenderBudgeting zu haben. Aber gerade in Bezug auf die Personalfragen und das Personal für die Kinderbetreuung sollten wir schon jetzt genderspezifisch, gendersensibel vorgehen.

Anhand des Budgets im Haushalt auch für die Ganztagsbetreuung entscheidet sich, wie gut die Ausstattung sein wird. Wir haben heute schon angesprochen, dass sich danach auch das Betreuungsverhältnis von Erzieherinnen und Erziehern zu den Kindern richtet, das wir in den Kinderbetreuungseinrichtungen für unsere Kinder haben werden.

Das wirkt sich natürlich unmittelbar darauf aus, inwieweit die Kinderbetreuungseinrichtungen ihrem Bildungsauftrag für die Kinder nachkommen können oder ob es in erster Linie um eine Verwahrung, ein Aufpassen, eine Betreuung geht. Das wiederum wirkt sich natürlich unmittelbar darauf aus, was junge Eltern, Frauen und Männer, aus diesen Betreuungseinrichtungen mitnehmen.

Weiterhin wirkt es sich auch darauf aus, von wem unsere Kinder erzogen werden. Damit sind wir bei einem männerspezifischen Thema. Dass unsere Kinder in den Betreuungseinrichtungen zurzeit in erster Linie von Frauen erzogen werden, werde ich nie als Problem bezeichnen. Aber es führt dazu, dass manche Jungen - das weiß man aus der Forschung; ich finde das als Vater unmittelbar einsichtig - offenbar Probleme damit haben, ihre Rollenvorbilder in jungen Jahren zu finden. An der Stelle müssen wir auch im Hinblick auf den Haushalt etwas ändern.

(Zustimmung bei den GRÜNEN, bei der LINKEN und von Herrn Kurze, CDU)

Ich will noch kurz auf die formalen Argumente eingehen. Zunächst haben Sie, Frau Feußner, darauf hingewiesen, dass wir auch erst einmal hätten nachfragen können, wie der Bearbeitungsstand ist.

Nun ja, das hätten wir tun können. Aber andere Fraktionen stellen hier auch Anträge, die als Selbstbefassungsanträge im Ausschuss behandelt werden könnten.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Ich denke, der Erfolg dieser Debatte liegt doch darin, dass wir uns tatsächlich alle noch einmal darauf verständigt haben, dass wir an dieser Stelle vorankommen wollen. In diesem Zusammenhang kann ich mich nur den Worten der LINKEN anschließen. Ihr Änderungsantrag, der eine jährliche Berichtspflicht vorsieht, ist uns nicht ambitioniert genug. Wir wollen, dass wir bei der Aufstellung unseres Haushaltsplans im Jahr 2014 wirklich ein GenderBudgeting vornehmen.

Deswegen können wir diesen Änderungsantrag zu unserem Antrag nicht mittragen. Davon ist natürlich unbenommen, dass wir vielleicht am Ende alle zusammenfinden. - Danke schön.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Danke sehr, Herr Erdmenger. - Für die Landesregierung spricht jetzt der Finanzminister Herr Bullerjahn.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin jetzt ein bisschen ratlos. Das muss ich einmal sagen.

Erstens. Diese Debatte haben wir hier schon vor Monaten wiederholt geführt. Ich kann mich gut daran erinnern. Frau von Angern und andere haben das sehr engagiert gemacht. Tun wir also bitte jetzt nicht so, als ob diese Debatte etwas ganz Neues wäre.

Zweitens. Ich habe etwas dagegen, dass der Haushalt für alles herhalten muss. Wir haben heute mehrere Debatten gehabt, in denen gesagt wurde, woran ich alles schuld bin und was Sie sich alles vorstellen können.

(Zurufe von der LINKEN und von den GRÜ- NEN: Ach!)

- Lassen Sie mich doch einmal ausreden. - Sie selbst haben in den letzten Haushaltsberatungen ein Vierteljahr Zeit gehabt, das alles dort hineinzuschreiben.

Herr Erdmenger, ich frage mich jetzt: Was erwarten Sie eigentlich von einem Finanzminister? Soll ich jetzt eine Quote für Kindergärtnerinnen oder Kindergärtner vorgeben? - Das geht gar nicht.

Was machen wir derzeit? - Wir haben uns vorgenommen, aus der Kameralistik heraus in die KLR zu gehen, und zwar nicht zuerst mit dem Thema geschlechterbezogene Diskussion, sondern mit der Frage: Was passiert eigentlich mit dem Geld, das wir ausgeben? Das ist viel weitreichender.

Es ist also die Frage zu stellen: Was ist das politische Ziel? - Zum Beispiel weniger Schulabbrecher zu haben. Das ist noch nicht in dem jetzigen Doppelhaushalt, der avisiert ist, vorgesehen; das gebe ich gern zu. Aber ich habe schon vor Monaten hier erzählt, dass das im Moment nicht mein Schwerpunkt ist.