Protocol of the Session on June 20, 2014

Die Energiewende bleibt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der die Akzeptanz stets im Fokus bleiben muss. Es geht um Energiepreise, die weder die Lebensqualität der Menschen im Lande gefährden noch den Wirtschafts- und Industriestandort Deutschland in seiner Entwicklung zurückwerfen dürfen.

Sie ist aber auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, von der wir dann, wenn sie bewältigt sein wird, alle profitieren werden. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass wir die ohne Frage anfallenden Mehrkosten gerecht verteilen müssen. „Gerecht“ heißt, niemanden damit zu überfordern; „gerecht“ heißt aber auch, niemanden zu bevorteilen.

Am Ende der Energiewende steht für uns also eine regenerative Energievorsorgung, die die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffimporten begrenzt und somit langfristig zu einer Preisstabilität führt. Um dies zu erreichen, bedarf es aber nicht nur einer gerechten Kostenverteilung, über die wir heute vordergründig debattieren. Es bedarf auch der technischen Rahmenbedingungen, um den Umstieg auf erneuerbare Energieträger zu realisieren.

Dazu gehören dann auch die folgenden Themenfelder, die sich in der Beschlussempfehlung wiederfinden und zu denen ich lediglich Schlagworte nennen möchte: Speichertechnologien, Netzausbau, Netzmanagement, Power to Gas usw.

Meine Damen und Herren! Die Beschlussempfehlung hat konkret folgende Inhalte:

Erstens. Die besondere Ausgleichsregelung nach §§ 40 ff. des EEG. Wie oft haben wir hier über die maßlose Ausuferung der Befreiungstatbestände gesprochen. Ob es sich wirklich um Golfplätze gehandelt hat oder nicht - die Absurdität der breit gefächerten öffentlichen Debatte hat im Wesentlichen nur die Absurdität der Befreiungstatbestände aufgegriffen.

Auch die Europäische Kommission hat hierbei Missstände erkannt, nicht etwa in der grundsätzlichen Zulässigkeit von besonderen Ausgleichsregelungen, sondern in dem Maße und unter den Rahmenbedingungen, wie wir sie bis zum letzten Jahr vorgefunden haben. Dies hat die neue Bundesregierung erkannt. Ich bin davon überzeugt, dass die Neuregelung aus dem Wirtschafts- und Energieministerium dem Rechnung tragen wird.

Zweitens. Haftungskosten von Offshore-Windkraftanlagen. Nach wie vor kann ich persönlich nicht nachvollziehen, dass die Versäumnisse beim Anschluss von Offshore-Windkraftanlagen einseitig auf die Verbraucher umgelegt werden. Dazu passt auch der Artikel in der heutigen Ausgabe der „MZ“.

Es könnte sein, dass sich der Offshore-Windstrom im Vergleich zu dem auf dem Land erzeugten Windstrom nicht rechnet. Ich wiederhole mich an dieser Stelle gern: Es darf nicht sein, dass sich die Münchner Zahnarztschickeria ihre Steuerrendite im Offshore-Bereich von den Verbrauchern in Sachsen-Anhalt finanzieren lässt.

(Zustimmung von Herrn Felke, SPD, und von Herrn Hövelmann, SPD)

Drittens. Der breite Energiemix. Ich nenne das Kind gleich beim Namen: Braunkohle. Die Braunkohle ist im Moment unentbehrlich für unsere Energieversorgung. Wir brauchen die Grundlastfähigkeit für unsere Industrie. Wir brauchen die vergleichsweise günstigen Energiepreise, um die Kosten der Energiewende auf einem sozialverträglichen Niveau zu halten. Aber: Auf Dauer ist die Braunkohle für die reine Verstromung viel zu wertvoll.

Viertens. Unsere Energiesysteme. Dazu hatte ich bereits im allgemeinen Teil meiner Rede etwas ausgeführt. Die technologischen Aufgaben, die hier vor uns liegen, sind sicherlich nicht klein, aber sie müssen zum Gelingen bewältigt werden.

Fünftens. Das verbesserte Wohngeld, wie es im Koalitionsvertrag angekündigt ist. Hierbei gilt es zügig voranzukommen. Deshalb bitten wir die Landesregierung, tätig zu werden und sich für die zügige Umsetzung des Koalitionsvertrages für den Bereich des sozialen Wohnungsbaus, des Wohngelds und des energieeffizienten Bauens und

Sanierens und insbesondere für das verbesserte Wohngeld einzusetzen.

Meine Damen und Herren! Uns ist bewusst, dass wir nicht in allen Punkten mit der Opposition Einigkeit erzielt haben, die in dem Ursprungsantrag der Fraktion DIE LINKE bzw. in dem Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN enthalten sind. Es wird sicherlich nicht das letzte Mal sein, dass wir uns mit dem Thema der Energiewende beschäftigen. Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserer Beschlussempfehlung. - Danke schön.

(Zustimmung bei der SPD)

Danke schön, Kollege Mormann. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Abgeordnete Frau Frederking.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach anderthalb Jahren Beratung in den Ausschüssen ist diese Beschlussempfehlung in den wesentlichen Punkten von der Zeit und den aktuellen Entwicklungen überholt worden. Die Ursprungsanträge der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hatten das Ziel, eine Korrektur bei den extrem ungleich verteilten Kosten der Energiewende herbeizuführen.

Gerecht und sozial sollten die Kosten eigentlich sein. Die Industrieprivilegien bei der EEG-Umlage sollten zur Entlastung der Haushalte und der kleineren Betriebe reduziert werden. Doch Bundesminister Gabriel hat in Brüssel inzwischen eine besondere Ausgleichsregelung ausgehandelt, von der noch mehr Industrieunternehmen profitieren können; 219 sollen es nun sein.

Durch das Festhalten an der ausufernden Privilegierung wird aber die Akzeptanz für wirklich erforderliche Industriebegünstigungen im EEG gefährdet, etwa für die Stahl- und die Chemieindustrie. Damit erweist Gabriel letztlich auch der im internationalen Wettbewerb stehenden stromintensiven Industrie einen Bärendienst. Statt der von ihm versprochenen Senkung um 1 Milliarde € werden Privathaushalte und mittelständische Stromkunden weiterhin mit 5 Milliarden € jährlich, vermutlich sogar mit noch mehr - das Öko-Institut spricht von zusätzlichen Kosten in Höhe von 2,5 Milliarden € - belastet. Sozial ist das nicht. Das ist glatter Wortbruch.

Herr Möllring, ich kann nicht erkennen, wie wir jetzt eine faire Kostenverteilung hinbekommen. Unsere Versuche, den EEG-Zug wieder auf die richtige Spur zu setzen, wurden leider auch in diesem Parlament von CDU und SPD torpediert.

In der Maisitzung des Landtages, also vor gut einem Monat, wurde unser Vorschlag, die Aus

nahmen auf 15 Branchen zu begrenzen, abgelehnt. Im Ausschuss wurde es abgelehnt, die Industrie mit 0,5 Cent pro Kilowattstunde an der EEG-Umlage zu beteiligen, obwohl die Industrie von den gesunkenen Börsenstrompreisen massiv profitiert. Der heutige Strompreisindex ist auf dem Niveau von 2005 und die Industriestrompreise sind gesunken, auch wenn die Industrie immer wieder etwas anderes behauptet.

Union und SPD treiben die Entsolidarisierung der Energiewende auf die Spitze: Solaranlagenbetreiber werden mit einer neuen Abgabe belegt, während die Industrie großzügig befreit wird. Diese Schieflage droht der Energiewende die Akzeptanz zu entziehen.

In Deutschland laufen die Menschen Sturm dagegen, dass auf selbsterzeugten und selbstverbrauchten Strom eine Abgabe gezahlt werden soll. Gerade der umlagebefreite Eigenstromverbrauch stellte bislang insbesondere bei Photovoltaikdachanlagen eine preisgünstige Stromversorgung dar.

Wenn einkommensschwache Mieterinnen und Mieter aus der hauseigenen PV-Anlage direkt, das heißt ohne Durchleitung durch ein öffentliches Netz, umlagefreien Strom beziehen könnten, dann wäre das eine wirklich soziale Maßnahme. Stattdessen soll eine Sonnensteuer kommen. Diese lehnen wir ab, wie viele andere auch, unter anderem Bundestagsabgeordnete der CDU bzw. der CSU aus Baden-Württemberg und Bayern.

Liebe Kollegen von der SPD, wenn Sie sich im Maiplenum nicht zu einer Ablehnung der Sonnensteuer bekannt haben, tun Sie es jetzt und überzeugen Sie Ihre Bundestagskolleginnen und Bundestagskollegen. Es geht um unsere Zukunft, es geht um das Klima - die erneuerbaren Energien müssen es schaffen, den Markt zu durchdringen -, es geht um Arbeitsplätze in der Branche der erneuerbaren Energien; denn diese verliert in erheblichen Größenordnungen Aufträge.

Leider hat sich die Kohlelobby in Berlin bisher durchsetzen können. Deshalb muss das Nötigste noch jetzt getan werden. Wir wissen: In der nächsten Woche findet die zweite Lesung des Gesetzentwurfs im Bundestag statt.

Sozial wäre es auch - wir haben es im Ausschuss angesprochen, Frau Hunger hat es erwähnt -, wenn es Menschen mit wenig Geld ermöglicht werden würde, sich stromsparende Geräte zu kaufen. Dieser Vorschlag wurde in den Beratungen des Ausschusses abgelehnt.

Wir GRÜNEN haben ein umfangreiches Konzept für einen Energiesparfonds mit einem Volumen von 3 Milliarden € vorgelegt. Dazu gehört die Möglichkeit, dass sich einkommensschwache Haushalte mit energiesparenden Geräten versorgen können, aber auch dass Wohnquartiere mit dem

Fokus auf eine Vielzahl von einkommensschwachen und investitionsschwachen Haushalten saniert werden.

Insofern bringt diese Beschlussempfehlung gar nichts. Sie ist überholt, sie benennt unzureichend soziale Flankierungen

Verehrte Kollegin, ich muss Sie an Ihre Redezeit erinnern.

und bekennt sich leider immer noch zu den klimaschädlichen Energieträgern. Wir werden die Beschlussempfehlung deshalb ablehnen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Danke schön, Kollegin Frederking. - Nun spricht für die Fraktion der CDU Herr Abgeordneter Rosmeisl - nein, Herr Abgeordneter Czapek.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Rosmeisl ist krank und lässt sich entschuldigen. Ich werde ihn hier vertreten.

Die Versorgung mit Energie ist in der heutigen Zeit eines der drängendsten Themen überhaupt. Die Ressourcen nehmen ab. Trotzdem brauchen wir immer mehr Energie auf der Welt, um die Versorgung der Menschen und der Betriebe mit Energie sicherzustellen. Deutschland und insbesondere das Land Sachsen-Anhalt nehmen schon jetzt eine Vorreiterrolle beim Aufbau der erneuerbaren Energien ein. Darauf können wir stolz sein, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Ich denke, wir alle sind uns darin einig, dass fossile Energien nicht unendlich vorhanden sind und dass wir die Nutzung von erneuerbaren Energien weiterhin ausbauen müssen. Die CDU steht geschlossen hinter diesem Ziel.

Andererseits müssen wir die Energie bezahlbar machen. Wir können nicht um jeden Preis die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie gefährden. Sonne und Windkraft sind nun einmal nicht ständig vorhanden, und gerade nachts und bei Stromspitzen muss eine Grundversorgung gewährleistet bleiben. Diese Grundversorgung muss mit konventionellen Energieträgern sichergestellt werden. Wir haben in Sachsen-Anhalt keines der stark umstrittenen Atomkraftwerke. Wir können aber auf eigene Rohstoffe zurückgreifen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die heimische Braunkohle ist subventionsfrei und noch in großer

Menge vorhanden. Wir stehen für einen Energiemix, der auf eine nachhaltige Energieform ausgerichtet ist, aber unsere eigene Kohle nicht verteufelt.

In meinem Wahlkreis wird seit mehr als 100 Jahren Kohle gefördert, die dann verstromt wird. Die Menschen leben von und mit der Braunkohle, wobei die Technologie mittlerweile sehr emissionsarm geworden ist. Warum sollten wir diese Errungenschaften von heute auf morgen aufgeben, zumal Tausende Arbeitsplätze in einer ohnehin strukturschwachen Region daran hängen und wir eine Übergangstechnologie weiterhin brauchen?

Eine solche Übergangstechnologie stellt in meiner Region die Mibrag zur Verfügung. Es ist von enormer Bedeutung für die Arbeitsplätze der Menschen in meinem Wahlkreis, diese Technologie weiterhin zu nutzen.

Auch aus diesem Grund unterstützt die CDU mit ihrem Koalitionspartner die Forderung in der Beschlussempfehlung, die vorhandene Technologie zu nutzen und die Energiewende nicht auf dem Rücken der Menschen und übereilt zu vollziehen.

„Nur bezahlbare Energie schafft Akzeptanz, um die Energiewende erfolgreich zu meistern“, sagt Michael Heym, Wirtschaftspolitiker der CDU-Fraktion in Thüringen. Dem kann ich uneingeschränkt zustimmen. Die Ausklammerung der Kohle ist ein Fehler. So kann aus unserer Sicht eine sozial gestaltete Energiewende nicht vonstatten gehen.

Die Energiewende ist von uns allen gewollt, aber sie darf nicht ungerechtfertig die Preise steigen lassen, Arbeitsplätze kosten und zu einem Standortnachteil werden. Wir müssen uns auf unsere eigene Wirtschaft fokussieren, aus sie aufpassen und gleichzeitig behutsam mit unseren Ressourcen und den Menschen umgehen. Deshalb bitte ich Sie, der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Wirtschaft zuzustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön, Kollege Czapek. - Damit schließen wir die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt ab und treten in das Abstimmungsverfahren zu der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Wirtschaft in der Drs. 6/3150 ein. Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Enthält sich jemand der Stimme? - Niemand. Damit ist die Mehrheit des Hauses der Beschlussempfehlung gefolgt und der Tagesordnungspunkt 14 ist erledigt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf:

Zweite Beratung