Ja, im ZDF-Rundfunkrat ging es nicht mit rechten Dingen zu. Ja, der Journalismus wurde zum Opfer einer parteipolitischen Machtdemonstration. Denn jetzt hat Karlsruhe entschieden: Der ZDF-Staatsvertrag verstößt gegen die Verfassung.
Bitte, liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie sich folgende Sätze des Bundesverfassungsgerichts, das ich heute zum wiederholten Mal zitieren darf, zum ZDF-Staatsvertrag auf der Zunge zergehen. Es sind wirklich sehr schöne Formulierungen:
„Beim Fernsehrat haben sich daneben - außerhalb gesetzlicher Grundlagen - zwei sogenannte ‚Freundeskreise’ etabliert, die auch als ‚CDU-Freundeskreis’ und ‚SPDFreundeskreis’ bezeichnet und regelmäßig von jeweils einem politisch erfahrenen Mitglied der CDU oder CSU bzw. der SPD koordiniert werden. Nahezu jedes Mitglied des Fernsehrats gehört einem der beiden Freundeskreise an. Die Freundeskreise treffen sich üblicherweise nach den Ausschusssitzungen am Vortag der Sitzungen des Gesamtgremiums und stimmen die im Gesamtgremium zu treffenden Beschlüsse im Voraus informell ab.“
Diese Aussage des Bundesverfassungsgerichts ist eine der prägnantesten und bedeutungsreichsten zugleich. Es ist die Aussage des Gerichts, die in aller Deutlichkeit aufzeigt, wie groß der Einfluss der Parteien und der Politik im ZDF war und noch
immer ist. Das dürfte nicht nur für das ZDF gelten, sondern nach einfachem Durchzählen beispielsweise auch für den MDR.
Meine Damen und Herren! Der öffentlich-rechtliche Rundfunk darf nicht länger im Dienst von irgendwelchen Freundeskreisen stehen.
Die Funktionen, die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gesetzlich und demokratietheoretisch zugerechnet werden, sind einfach zu wichtig. Sie sind auf das Öffentlichkeitsideal der Aufklärung zurückzuführen, und dem müssen wir als Politik, meine Damen und Herren, bei der Ausgestaltung Rechnung tragen.
Zu meinen Kolleginnen und Kollegen von der Linksfraktion sage ich: Ihr Antrag geht natürlich in die richtige Richtung und es ist schön, dass Sie das Thema heute hier auf die Tagesordnung setzen. Aber, wir denken, der Antrag geht nicht weit genug. Das Gericht hat doch der Politik ziemlich klare Aufgaben ins Heft geschrieben. Daran orientieren wir uns auch mit unserem Alternativantrag.
„1. Der Einfluss der staatlichen und staatsnahen Mitglieder in den Aufsichtsgremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist konsequent zu begrenzen. Ihr Anteil darf ein Drittel der gesetzlichen Mitglieder des jeweiligen Gremiums nicht übersteigen.“
Der MDR wird dem nicht gerecht, wie ich es bereits gesagt habe. Man muss einfach nur einmal durchzählen: Im Rundfunkrat ist mehr als ein Drittel der Mitglieder staatsnah oder sogar staatlich.
Zweitens sagt das Gericht: Jenseits des staatsnahen Drittels muss konsequente Staatsferne herrschen:
„Regierungsmitglieder und sonstige Vertreterinnen und Vertreter der Exekutive dürfen auf die Auswahl und Bestellung der staatsfernen Mitglieder keinen bestimmenden Einfluss haben.“
Drittens sind wir aufgefordert und zudem gut beraten, für die nichtstaatlichen Mitglieder der Rundfunkräte eine Inkompatibilitätsregelung zu schaffen, um die Staatsferne auch in persönlicher Hinsicht, beispielsweise bei der Bestellung durch Vereine oder Verbände, zu gewährleisten.
Viertens hält es das Gericht für wichtig und für richtig, eine Karenzzeit einzuführen, wie wir es auch im Ministergesetz für ehemalige Regierungsmitglieder gefordert haben.
Meine Damen und Herren! Die Regierungsfraktionen werden mit ihrem Antrag ihrer Verantwortung schon gar nicht gerecht. Wieso, liebe Kolleginnen
und Kollegen von CDU und SPD, delegieren Sie die Verantwortung an die Landesregierung, Vorschläge zu unterbreiten und Position in der Sache zu beziehen? Was halten Sie denn von dem, was das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich der Freundeskreise aufgeschrieben hat? Das hätte mich auch interessiert. Dazu schweigen Sie leider
zum Anlass, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu modernisieren. Wir möchten nicht nur an dem vom Bundesverfassungsgericht Festgelegten festhalten, sondern wir möchten auch einen Schritt darüber hinausgehen.
- Jawohl, Herr Borgwardt. - Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist für unsere Demokratie und für die Menschen in unserem Land von elementarer Bedeutung.
Nach Jahrzehnten im Dornröschenschlaf dürfte jetzt jeder erkennen, dass wir dringend Änderungsbedarf haben. Mit unserem Antrag, meine Damen und Herren, leisten wir als grüne Fraktion unseren Beitrag. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Herbst. - Für die CDU-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Herr Kurze. Bitte schön, Herr Kollege.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Bundesverfassungsgericht hat am 25. März 2014 festgestellt, dass der Anteil staatsnaher Vertreter in den Aufsichtsgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und in den vorbereitenden Ausschüssen, die von den Aufsichtsgremien gebildet werden, grundsätzlich nicht höher sein darf als ein Drittel der Gesamtmitgliederzahl.
Für das ZDF bedeutet das, dass der Anteil staatsnaher Vertreter zu hoch ist. Die Länder müssen im ZDF-Staatsvertrag bis 30. Juni 2015 eine Neuregelung nach Maßgabe der Gründe des Urteils schaffen.
Berechtigung. Es muss natürlich geprüft werden, was das Urteil für die Länderanstalten der ARD, in Mitteldeutschland konkret für den MDR, bedeutet.
Dennoch gibt es einen Unterschied zwischen Ihrem Antrag und dem Alternativantrag der Koalitionsfraktionen. Denn wir wollen kein neues Gremium schaffen, sondern an einem geordneten Verfahren festhalten.
Sie wollen eine neue Arbeitsgruppe ins Leben rufen, in der Abgeordnete über Ländergrenzen hinweg mit Regierungen beraten und gemeinsam mit nicht näher definierten Sachverständigen vorverhandeln. Wir wollen die Einhaltung des Grundprinzips der Gewaltenteilung. Wie sagen ganz klar: Staatsverträge werden von den Landesregierungen verhandelt; deswegen sind jetzt auch die Landesregierungen der drei mitteldeutschen Länder am Zug.
Wir wollen, dass die Landesregierung die Auswirkungen des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes prüft und den Landtag über das Ergebnis dieser Prüfung und über entsprechende Änderungsbedarfe informiert. Denn es fällt auf, dass der MDR-Staatsvertrag vom 31. Mai 1991 stammt und seither unverändert geblieben ist.
Soweit es Änderungsbedarfe auch im MDR-Staatsvertrag gibt, ist die Landesregierung aufgerufen, den Medienausschuss zu informieren und den mitteldeutschen Nachbarländern entsprechende Verhandlungen vorzuschlagen. Sollte es zu Verhandlungen kommen, ist der Fachausschuss des Landtages fortwährend zu unterrichten. Denn nur so kann sich auch der Landtag, meine sehr verehrten Damen und Herren, eine Meinung bilden.
Wir wollen letztlich keinen Schnellschuss, kein neues Gremium, sondern eine fachliche Prüfung der Auswirkungen des Urteils auf den MDR-Staatsvertrag. Das ist der richtige Weg. Das ist das richtige Verfahren. Deswegen bitte ich um Zustimmung zum Alternativantrag der Koalitionsfraktionen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Kurze. - Herr Gebhardt? - Sie möchten nicht mehr sprechen. Damit ist die Debatte beendet. Wir treten in das Abstimmungsverfahren ein. Es gab keinen Wunsch auf eine Überweisung. Ich lasse als erstes über den Ursprungsantrag der Fraktion DIE LINKE abstimmen. Falls dieser keine Mehrheit finden sollte, lasse ich über den Alternativantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der aus meiner Sicht etwas weitergehend ist, abstimmen. Zum Schluss lasse ich über den Alternativantrag der Koalitionsfraktionen abstimmen.
Zunächst lasse ich über den Antrag der Fraktion DIE LINKE in Drs. 6/3049 abstimmen. Wer stimmt dem zu? - Das ist die Antragstellerin. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Antrag in Drs. 6/3049 abgelehnt worden.
Wir stimmen jetzt ab über den Alternativantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Drs. 6/3091 ab. Wer stimmt dem zu? - Die Antragstellerin. Wer stimmt dagegen? - Die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - Die Fraktion DIE LINKE. Damit ist der Alternativantrag ohne Mehrheit geblieben.
Wir stimmen jetzt ab über den Alternativantrag der Koalitionsfraktionen in Drs. 6/3090. Wer stimmt dem zu? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Alternativantrag der Koalitionsfraktionen angenommen worden. Wir verlassen den Tagesordnungspunkt 20.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!. Ich weiß, dass wohl jeder, der hier schon einmal die zweifelhafte Freude hatte, den letzten Tagesordnungspunkt am Freitag vorstellen zu dürfen, für sich in Anspruch nahm, dass es der Tagesordnungspunkt nicht verdient hat, als letzter behandelt zu werden.
Ohne das Thema der interkommunalen Zusammenarbeit und ohne die Frage, wie die Zusammenarbeit künftig steuerlich beurteilt wird, zu überhöhen, muss man doch sagen, dass drei Themenkreise berührt sind, die es wert sind, dass über sie hier im Landtag diskutiert wird.