Wo stehen wir nun in der eigenständigen Regionalentwicklung in Sachsen-Anhalt und wie wollen wir auf diesem Wege weitergehen?
Ich komme zum Stand der eigenständigen Regionalentwicklung. Wir haben in Sachsen-Anhalt bei jedem Amt für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten je eine Arbeitsgemeinschaft „Ländlicher Raum“ eingerichtet. Dies geschah auf der Grundlage des Landwirtschaftsgesetzes und einer diese Grundlage ausfüllenden Verordnung über Arbeitsgemeinschaften zur Gestaltung der ländlichen Entwicklung.
Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft sind die Landkreise und die kreisfreien Städte im Gebiet des jeweiligen Amtes für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten. Vertreten werden die Landkreise und kreisfreien Städte durch den Landrat bzw. den Oberbürgermeister oder einen von diesen benannten Vertreter und je zwei Mitglieder des Kreistages bzw. des Stadtrates. Dabei ging es uns insgesamt um eine stärkere Einbeziehung der regionalen Ebene, die Verantwortung für ihre Region übernehmen will und - davon bin ich fest überzeugt - auch übernehmen kann.
Nach der vorgenannten Verordnung erfolgt die Einbeziehung der Region aktuell für die Maßnahmen der integrierten ländlichen Entwicklung, zum Beispiel der Dorferneuerung, der Dorfentwicklung, des Wegebaues und der Bodenordnung, um die in der Vergangenheit vom Mittelvolumen her bedeutsamsten zu nennen.
Da wir nun für diese Maßnahmen europäische Gelder einsetzen, sind Spielregeln zu beachten, unter denen die EU die Mittel zur Verfügung stellt. Das bedeutet praktisch, dass die ELER-Verordnung vorsieht, dass die Auswahlkriterien von der Verwaltungsbehörde ELER vorab festgelegt werden. Natürlich verbleibt noch ein erheblicher Gestaltungsspielraum der Region. Wir haben schon in der Vergangenheit den Regionen die Möglichkeit gegeben, auf besondere Situationen hinzuweisen und Vorschläge für auf die Region zugeschnittene Auswahlkriterien zu unterbreiten. Daran soll sich auch künftig nichts ändern. Die Verwaltungsbehörde ELER kann so regionspezifische Lösungen zulassen.
Die Erfahrungen, die wir nach Inkrafttreten der Verordnung im Jahr 2010 sammeln konnten, sind positiv und zeigen, dass die Regionen verantwor
tungsvoll mit diesen Rahmenbedingungen umgehen. Die Bewertung, meine Damen und Herren, ist eindeutig. Die Arbeitsgemeinschaften haben zu einem effektiveren Fördermitteleinsatz der einzelnen Maßnahmen beigetragen, die Einführung der Arbeitsgemeinschaften hat zu einer Stärkung der eigenständigen Regionalentwicklung geführt, der beschrittene Weg war erfolgreich. Deshalb will die Landesregierung diesen erfolgreichen Weg fortsetzen.
Zweitens. Ich komme nun zu den Planungen für die EU-Förderperiode ab 2014. Gemeinsam mit den Arbeitsgemeinschaften sollen für die kommende Förderperiode Schwerpunkte zum Einsatz der Fördermittel festgelegt werden, die dann über die von der VB ELER festgelegten Auswahlkriterien regionale Differenzierungen ermöglichen.
Die Methode der Arbeitsgemeinschaften ist ganz im Sinne fondsübergreifender Ansätze auch auf andere Förderbereiche übertragbar. Das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt hat in verschiedenen Ausschüssen im Nachgang zum Beschluss des Landtages vom 12. Juli 2012 entsprechend vorgetragen.
Die VB ELER und die EU-Verwaltungsbehörde für die Strukturfonds wurden im vergangenen Jahr im Ministerium der Finanzen konzentriert. Eine fondsübergreifende Betrachtung ist damit sichergestellt.
Aus dem ELER wird die Palette der Themen, zu deren Vorhaben ausgewählt werden können, in der neuen Förderperiode breiter werden. Dominierten bisher der klassische ländliche Wegebau und die Dorferneuerung, so soll zukünftig auch die Förderung von Sportstätten in den Arbeitsgemeinschaften beraten werden.
Mit dem Kultusministerium haben wir uns darauf verständigt, das Anliegen des Kultusministeriums zur Förderung der kulturellen Einrichtungen bei der Vorhabensauswahl ebenfalls zu berücksichtigen. Weitere Themen, wie Tourismusförderung, Existenzgründerförderung oder die Koordinierung von Wege-, Radwege- und Straßenbau, können ebenfalls sinnvoll in den Arbeitsgemeinschaften abgestimmt werden.
Mitarbeiter meines Hauses stehen gegenwärtig dazu in Gesprächen mit den kommunalen Spitzenverbänden und mit den übrigen Ressorts der Landesregierung.
Unter Leitung der VB ELER fand bereits vor einem halben Jahr eine Dialogveranstaltung zu CLLD - Community Led Local Development - und Leader statt. Dabei wurde auch das zukünftige Zusammenwirken der Leader-Akteure einerseits und der Arbeitsgemeinschaften ländlicher Raum und der Landkreise andererseits thematisiert. Allein die
Diskussion und die trotz aller Gemeinsamkeiten zum Teil unterschiedlichen Auffassungen zeigen, dass es für dieses Zusammenwirken klare Regelungen zu entwickeln gilt.
Mit dem jetzt vorliegenden Antrag der Regierungsfraktionen steht der Landtag in einer guten Kontinuität seines Beschlusses vom Juli 2012 und gibt - darin stimme ich dem Einbringer, Herrn Stadelmann, ausdrücklich zu - der kommunalen Familie zum richtigen Zeitpunkt ein gutes Signal. Ich begrüße diesen Antrag ausdrücklich.
Zu einer weiteren Stärkung der regionalen Entwicklung gibt es keine vernünftige Alternative. Die dabei im Bereich der integrierten ländlichen Entwicklung gesammelten Erfahrungen zu nutzen, auf Institutionen wie die Arbeitsgemeinschaften zurückzugreifen ist nur sinnvoll.
Wir wollen unsere Potenziale noch besser nutzen, meine Damen und Herren. Mit einem weiteren Ausbau der Regionalentwicklung wird uns das noch besser gelingen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke, Herr Minister Dr. Aeikens. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht nun der Abgeordnete Herr Dr. Köck.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der heißen Phase der Vorbereitung der FußballWM 2014 gehört es sich auch für das fachkundige Publikum, seine Regelkenntnisse aufzufrischen. Was eine Gelbe Karte ist, weiß jeder. Nach der zweiten Gelben Karte heißt es, ein Spiel aussetzen. Und die zweite in einem Spiel zieht unweigerlich die Rote Karte nach sich. Als neutraler Beobachter des Spieles Landesregierung gegen regierungstragende Fraktionen CDU und SPD um die Regionalbudgets bin ich eindeutig im Fanblock der Landtagsabgeordneten zu finden.
Der Antrag, den die Koalitionsfraktionen hier vorlegen, ist inhaltlich nahezu identisch mit dem Antrag zur Regionalentwicklung, den wir im Landtag vor fast zwei Jahren, am 12. Juli 2012, beschlossen haben. Wenn man so will, kann man sagen, dass nach dem Hinspiel jetzt das Rückspiel folgt, weil sich nichts getan hat. Ob es ein Entscheidungsspiel sein wird, muss sich erst noch zeigen.
Damals hat sich die Landesregierung die erste gelbe Karte verdient. Heute kassiert sie möglicherweise die zweite. Denn trotz des damaligen Landtagsbeschlusses windet sich das Finanzministerium noch immer wie ein Aal, wenn es um die Einführung der Regionalbudgets geht. Mal stellt es sich unwissend, in der nächsten Ausschusssitzung
erklärt es sich für nicht zuständig und außerdem - so heißt es weiter - gebe es den Begriff der Regionalbudgets gar nicht; die Landtagsabgeordneten mögen sich erst einmal selbst informieren.
Ja, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, selbst wenn das Regionalbudget nur eine Schöpfung des Magdeburger Landtags wäre, wäre es für die Ministerialverwaltung eine Pflicht, dem Willen des Landtags zu folgen.
Aber so ist es nicht. In Brandenburg hat bereits jeder Landkreis ein Regionalbudget. In Baden-Württemberg und Thüringen ist es längst Normalität. Gäbe es das Regionalbudget nicht, dann müsste man es glatt erfinden, weil es eine wirklich gute Möglichkeit darstellt, ländliche Regionalentwicklung ressortübergreifend und unbürokratisch zu fördern.
Gegen den ressortübergreifenden Charakter sperrt man sich jedoch nicht nur im Finanzministerium, sondern auch im Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft. Keinen Cent aus dem EFRE gibt man dort freiwillig her. Beim ESF - darauf haben der Minister und Herr Stadelmann hingewiesen - sieht es etwas besser aus.
Herr Minister Möllring, wissen Sie überhaupt, dass die Regionalbudgets, von denen das Finanzministerium meint, es gebe sie gar nicht, in SachsenAnhalt schon längst aus der Gemeinschaftsaufgabe bedient werden? Beispielsweise ist in der Planungsregion Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg das Regionalbudget bereits ein Instrument der Wirtschaftsförderung geworden.
Bei der Investitionsbank des Landes gibt es für die potenziellen Antragsteller sogar eine Checkliste für die Beantragung eines Regionalbudgets. Auf der Homepage des Altmarkkreises Salzwedel, Herr Stadelmann, finden Interessierte unter der Überschrift „Regionalbudget - eine neue Fördermaßnahme der Gemeinschaftsaufgabe ‚Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur’“ folgende aufschlussreiche Information:
„Innerhalb der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe ‚Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur’ ist mit dem Modellprojekt Regionalbudget eine neue Fördermöglichkeit eröffnet worden, die bis zum Jahr 2013 gilt. Ähnlich wie in anderen Bundesländern können in Sachsen-Anhalt Gebietskörperschaften oder kommunale Zweckverbände, die der Kommunalaufsicht unterstehen, Mittel aus diesem Budget beantragen und für Projekte nutzen, die der Stärkung regionseigener Kräfte, der Verbesserung der regionalen Kooperation und der Mobilisierung von Wachstumspotenzialen dienen.“
„Für solche Vorhaben stehen den fünf Planungsregionen jeweils 300 000 € jährlich zur Verfügung... Mit dem Regionalbudget haben die Planungsregionen die Möglichkeit, in Eigenverantwortung regional bedeutsame Vorhaben gezielt voranzubringen.“
So weit, so gut oder so weit, so schlecht. - Der Beschluss des Landtags hatte und hat aber noch eine weiterführende Intention. Die EU-Strukturfonds sollen fondsübergreifend für die Speisung der Regionalbudgets eingesetzt werden. Das ist bis heute eben nicht der Fall. Also: Rote Karte für die Landesregierung, runter vom Platz und dazu eine deftige Sperre. Und überlegen Sie sich, wer das nächste Mal zu dem Thema Regionalentwicklung spricht. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke schön, Herr Kollege Dr. Köck. - Als nächster Redner spricht für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Barth.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Regionale Entwicklung stärken, darum geht es. Ich bin meinem Koalitionskollegen Herrn Stadelmann sehr dankbar. Er hat nämlich vom Prinzip her schon all die fachlichen Dinge gebracht, die ich in einem Redemanuskript vorgesehen habe. So kann ich mich auf einige Schwerpunkte konzentrieren, die an dieser Stelle auch einmal erwähnt werden sollten.
Im Koalitionsvertrag steht alles. Seit dem Jahr 2012 diskutieren wir über dieses Thema. Wir sind - so sage ich einmal - wenig vorangekommen, Herr Dr. Köck, darin muss ich Ihnen Recht geben. Allerdings ist es so, dass wir in der Vergangenheit immer von einem Modellvorhaben gesprochen haben, das bis zum Jahr 2013 lief. Diese Phase ist nun abgeschlossen. Wir sollten jetzt dazu übergehen, diese Dinge endlich in die Praxis zu überführen.
Herr Dr. Aeikens, ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihre Worte. Ihr Ministerium hat sicherlich seine Hausaufgaben gemacht, was dieses Thema betrifft. Es geht jedoch nicht nur um den ELER, sondern es geht auch um den ESF. Wir haben gehört, dass es zwar funktioniert. Aber bei den anderen Ministerien ist nach wie vor zu verzeichnen, dass wenig Bemühen vorhanden ist.
Ich habe ein gewisses Verständnis für die einzelnen Häuser. Denn das heißt, man muss Kompetenzen abgeben, man muss Geld abgeben und hat über bestimmte Dinge keine Gewalt mehr. Das ist sicherlich sehr schwierig. Aber uns immer wieder
vorzuhalten, es gehe aufgrund von EU-Bestimmungen nicht, das ist zu kurz gesprungen. Vor diesem Hintergrund bitte ich Sie, endlich Ihre Hausaufgaben zu machen.
Zu dem ländlichen Raum und den Arbeitsgemeinschaften. Ich bin selber Mitglied in einer solchen Arbeitsgemeinschaft. Ich weiß, was wir dort verhandeln. Aber gerade diese Arbeitsgemeinschaften sollten in Zukunft noch mehr gestärkt werden. Es sollten mehr Kompetenzen nach unten verlagert werden. Denn eines ist doch klar: Wenn wir die Menschen vor Ort stärker mitnehmen, dann identifizieren sie sich mit den Projekten viel besser. Darüber hinaus sind sie eher bereit, eigenes Kapital einzubringen, um die Fördersumme auf diese Weise zu erhöhen. Ich denke, das ist ein wichtiger Ansatz, um hier weiter voranzuschreiten. Ich denke, das sollten wir auch tun.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in der Altmark ein Modellprojekt. Wir haben den Regionalverein. Ich denke, das ist ein Gremium, das sich andere Landkreise und andere Regionen ruhig einmal anschauen sollten. Sie sollten sehen, wie die Entscheidungsfindungen dort laufen. Man muss das Rad schließlich nicht neu erfinden.
Wir brauchen keine Parallelstrukturen. Ich denke, hier kann man sich darüber informieren, wie das funktioniert. Vor diesem Hintergrund können diese neuen Dinge aus dem ELER und aus dem EFRE sicherlich mit eingebunden werden, um an dieser Stelle weiter voranzukommen.
Sicherlich ist LEADER ein gutes Programm; Herr Stadelmann hat schon darauf hingewiesen. Aber LEADER ist nicht alles. LEADER verfolgt einen ganz anderen Ansatz als wir mit dem Regionalbudget. Deshalb sollten wir langsam, aber sicher weiter voranschreiten.
Die regionalen Akteure brauchen Planungssicherheit. Deshalb können wir jetzt nicht mehr nur reden und diskutieren, sondern es müssen endlich Taten folgen. Insofern bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen, um diese Dinge zu mobilisieren für die Zukunft in unserem Land. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.