Wenn diesem Antrag jedoch die Absicht unterstellt wird, an Aussagen in Wahlprogrammen zu erinnern, dann ist es im weitesten Sinne zumindest nachvollziehbar, wobei wir gerechterweise aber auch sagen müssen, dass diese Bundesregierung wohl erst 102 Tage im Amt ist.
Mit Sicherheit beziehen sich die Antragsteller auch auf Pressemeldungen, nach denen die Erhöhung des Kindergeldes erst ab dem Jahr 2016 erfolgen soll.
Unstrittig ist, dass für Kinder ein eigenständiger Existenzsicherungsbetrag festzulegen ist, um die Sicherstellung der Ernährung, der Bildung und der gesellschaftlichen Teilhabe zu gewährleisten.
Unstrittig ist auch, dass sich Bedarfe verändern und somit auch die Anpassung - in diesem Fall eine Erhöhung - erfolgen muss.
Unstrittig ist auch, dass für viele Familien das Kindergeld ein wichtiges finanzielles Standbein ist und nicht nur im Einzelfall als existenziell betrachtet werden kann.
Unstrittig ist auch die Sorge, dass das Kindergeld nicht in jedem Fall dort ankommt, wo es hingehört. Instrumentarien und Regularien zur Kontrolle der Verwendung des Kindergeldes sind jedoch sehr schwer zu beschreiben und zu definieren. Somit ist der sogenannte Missbrauch jedenfalls zurzeit nicht vollständig auszuschließen. Auch an dieser Stelle sehen wir neben der Anpassung eine sehr wichtige Aufgabe für die Zukunft.
Wie bereits erwähnt bildet der letzte Existenzminimumbericht der Bundesregierung die Grundlage für die Festlegung des Kindergeldes und des Kinderfreibetrages. Die Summen wurden schon genannt. Es wurde auch erwähnt, dass es sich um einen Anstieg von knapp 2 € pro Monat handelt. Hinsichtlich dieses läppischen Betrages gibt es sicherlich unterschiedliche Meinungen. Ich habe Verständnis dafür, dass hierbei nach anderen Lösungen gesucht wird.
Inwieweit die verwendeten Berechnungsgrundlagen für Regelsätze für Erwachsene und die daraus abgeleiteten Regelsätze für Kinder transparent sind und sich an der Realität orientieren, möchte ich an dieser Stelle nicht bewerten.
Sicher ist, dass Berechnungsgrundlagen transparent sein müssen, um die Höhe der Bedarfe nachvollziehen zu können. Sicher ist auch, dass die verschiedenen Fassetten des gesellschaftlichen Lebens, die unterschiedlichen regionalen, aber auch innerfamiliären Randbedingungen die Begriffe „elterlicher Bedarf“ oder „Existenzsicherung“ in einem unterschiedlichen Licht erscheinen lassen.
Auch deshalb hat sich die Festlegung von Regelsätzen bewährt. Mir ist gegenwärtig kein anderes Instrument bekannt, mit dem die Unterstützung von Familien bzw. Eltern hinsichtlich der Kindergrundsicherung gerechter gestaltet werden kann.
Hinsichtlich der Forderung, eine vom jeweiligen Vermögen und Erwerbseinkommen der Eltern unabhängige Kindergrundsicherung einzuführen, schließe ich mich den Ausführungen des Ministers weitestgehend an und denke, dass man mit Blick auf das Grundgesetz und auch aus Gründen der Gerechtigkeit dazu noch einige Diskussionen führen muss.
Uns geht es um die Bedürfnisse der Kinder. Eine Debatte, die allein auf die Erhöhung finanzieller Mittel setzt, greift, denke ich, an dieser Stelle zu kurz. Natürlich werden wir die Diskussion über
eine armutsfeste Ausgestaltung der Leistungen für Kinder und Jugendliche weiterführen. Es macht aber meines Erachtens wenig Sinn, jetzt den Bund aus dem Landtag heraus aufzufordern, aktiv zu werden.
Ich bin davon überzeugt, dass unsere Bundesregierung in naher Zukunft, um einen anderen Begriff als den Begriff „zeitnah“ zu verwenden, die Anpassung des Kindergelds bzw. des Kinderfreibetrags regelt, und zwar nicht nur, weil im Landtag von Sachsen-Anhalt über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN diskutiert wird, sondern auch weil es Aussagen dazu in Wahlprogrammen gibt und vor allem weil die vorliegende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Anpassung verpflichtet.
Dem vorliegenden Antrag kann die Fraktion der SPD leider nicht folgen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Born. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt noch einmal Frau Lüddemann. Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich muss mich bei Ihnen wegen der fortgeschrittenen Zeit entschuldigen. Möglicherweise liegt es daran. Man kann es nur hoffen. Aber es tut mir leid, dass ich Sie offensichtlich mit der Komplexität unseres Antrags überfordert habe, also sowohl den Herrn Minister als auch die Koalition. Es tut mir leid.
(Minister Herr Bischoff: Total überfordert! Er hat mich total überfordert! - Zuruf von der CDU: Hey!)
Wir haben es extra in drei Punkte eingeteilt, die, wie wir meinen, auch deutlich voneinander unterscheidbar sind.
Im ersten Punkt steht, was sofort passieren muss. Ich habe dazu ausgeführt, dass es eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist, weil es bei allem um die Umsetzung eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts geht. Dass das der Koalition in vielen Fällen schwer fällt, wissen wir. Jetzt haben wir einen weiteren Beweis dafür.
Der zweite Punkt beschreibt, was als Nächstes zu geschehen hat, also was von der Logik her als Nächstes zu erfolgen hat.
Zu dem dritten Punkt habe ich mehrfach eindeutig gesagt, dass wir eine Diskussion anstoßen wollen. Wir haben kein abschließendes Konzept. Ich habe nie etwas von Steuererhöhungen gesagt. Ich habe
maximal etwas vom Umbau steuerlicher Subventionsleistungen erzählt. Alles andere will ich hier für meine Fraktion auch ausdrücklich weit von mir weisen.
2 € sind im Einzelfall nicht viel. Das weiß ich und das gebe ich zu. Aber hier geht es auch um ein ganz kleines Zeichen dahingehend, dass man denen, die wirklich darauf angewiesen sind, nicht noch das vorenthält, was ihnen vom Bundesverfassungsgericht zugebilligt wurde.
Und zu Herrn Jantos: Ich habe vorhin extra gesagt, dass es mir in der Seele weh tut, dass wir im fünfreichsten Industrieland der Welt, in dem wir uns so viele Dinge leisten, ausgerechnet an den Ärmsten sparen.
Deutschland ist kein Ort der sozialen Kälte. Gerade weil Deutschland ein Sozialstaat ist, dürfen wir nicht bei den Ärmsten sparen.
Wenn man über Sozialleistungen für alle spricht, dann muss man sich einfach auch einmal die Geschichte der sozialen Leistungen ansehen. Vor 100 Jahren war es noch üblich, dass man für den Schulbesuch Geld bezahlen musste. Noch vor rund fünf Jahren musste man in manchen Bundesländern für einen Universitätsbesuch richtig viel Geld bezahlen.
Das sind alles Leistungen, die heute - Gott sei Dank, sage ich ausdrücklich dazu, da man hier ganz oft missverstanden wird - unabhängig vom Einkommen der Eltern zu Recht allen Kindern zur Verfügung gestellt werden.
Ich freue mich auf den Tag, an dem auch ein gesundes Mittagessen und andere Dinge kostenfrei allen Kindern unabhängig vom Einkommen der Eltern zur Verfügung gestellt werden. In diese Rich
Ich kann es nur wiederholen: Wir wollten eine Diskussion anstoßen. Vielleicht können wir sie auf anderer Ebene fortsetzen, wenn sie im Hohen Haus nicht gewünscht ist.
Ich beantrage für meine Fraktion nochmals die Überweisung in die Ausschüsse für Finanzen und für Arbeit und Soziales. - Danke.
Vielen Dank, Frau Lüddemann. - Damit ist die Debatte beendet. Wir kommen zum Abstimmungsverfahren. Die Antragstellerin hat eine Überweisung in den Ausschuss beantragt. Darüber lasse ich zuerst abstimmen. Wenn das keine Mehrheit finden sollte, dann lasse ich über den Antrag selbst abstimmen.
Wer dafür ist, dass der Antrag in der Drs. 6/2909 in den Ausschuss für Arbeit und Soziales überwiesen wird, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit ist die Überweisung abgelehnt worden.
Ich lasse jetzt über den Antrag also solchen abstimmen. Wer stimmt dem Antrag zu? - Die Fraktion DIE LINKE und die Antragstellerin. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit ist der Antrag abgelehnt worden. Der Tagesordnungspunkt 22 ist erledigt.
Wir sind am Ende der 64. Sitzung des Landtages angelangt. Die morgige 65. Sitzung beginnt wie üblich um 9 Uhr. Wir beginnen mit dem Tagesordnungspunkt 13 - Aktuelle Debatte.